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  • 27.06.2013 · IWW-Abrufnummer 132005

    Oberlandesgericht Düsseldorf: Urteil vom 19.06.2012 – I-24 U 215/11

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Oberlandesgericht Düsseldorf

    I-24 U 215/11

    Auf die Berufung der Beklagten wird das am 9. September 2011 verkündete Urteil der 1. Zivilkammer des Landgerichts Kleve teilweise abgeändert und unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung wie folgt neu gefasst:

    Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 23.733,70 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23. Februar 2011 sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von 559,78 EUR zu zahlen; die weitergehende Klage wird abgewiesen.

    Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen der Kläger zu 15 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 85 %. Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen der Kläger zu 7 % und die Beklagten als Gesamtschuldner zu 93 %.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Beiden Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung von 110 % des zu vollstreckenden Betrages abzuwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in dieser Höhe leistet.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

    Streitwert für das Berufungsverfahren: 25.473,00 EUR

    G r ü n d e

    A.

    Der Kläger war seit dem 23. Juli 1996 bei der A GmbH (im Folgenden: Arbeitgeber) als Lagerist beschäftigt. Am 8. November 2010 warf deren Personalleiter dem Kläger in einem gemeinsam mit dem Geschäftsführer des Arbeitgebers geführten Gespräch vor, Kleineisenteile der Firma entwendet zu haben. Der Beklagte bestritt dies und räumte lediglich ein, in 2008 vier Eisenwinkel mitgenommen zu haben, was ihm seinerzeit von dem Betriebsleiter ausdrücklich gestattet worden sei. Am 10. November 2010 suchte der Kläger die Beklagten auf, führte ein Gespräch mit dem Beklagten zu 1) und beauftragte diesen mit der Wahrnehmung seiner Rechte. Die näheren Einzelheiten der Beauftragung sind zwischen den Parteien streitig. Mit Schreiben vom 11. November 2010 erklärte der Arbeitgeber des Klägers die fristlose, hilfsweise die fristgerechte Kündigung des Arbeitsverhältnisses zum 31. Mai 2010.

    Mit Schreiben vom 15. November 2010 widersprachen die Beklagten beiden Kündigungen, forderten den Arbeitgeber auf, bis zum 19. November 2010 die Kündigung zurückzunehmen, und kündigten an, bei fruchtlosem Fristablauf Kündigungsschutzklage zu erheben. Der Arbeitgeber des Klägers reagierte nicht auf dieses Schreiben. Die Beklagten erhoben keine Kündigungsschutzklage.

    Der Kläger hat behauptet, er habe den Beklagten in dem Beratungsgespräch beauftragt, Rechtsmittel gegen eine etwaige Kündigung einzulegen. Eine Rechtsschutzversicherung habe er nicht; dies habe er dem Beklagten zu 1) auch mitgeteilt. Eine Kündigungsschutzklage hätte jedenfalls dazu geführt, dass die fristlose Kündigung für unbegründet erklärt worden wäre, so dass er sechs Monate länger Lohn von seinem Arbeitgeber erhalten hätte, woraus sich bei einem durchschnittlichen Bruttomonatslohn von ca. 2.500,00 € ein Betrag von 15.000,00 EUR ergebe. Hiervon sei das erhaltene Arbeitslosengeld in Höhe von insgesamt 6.553,80 EUR in Abzug zu bringen. Da auch die fristgerechte Kündigung unbegründet gewesen sei, hätte er eine Regelabfindung von zumindest 7 Monatsgehältern erhalten, also einen Betrag von 17.500,00 EUR.

    Der Kläger hat weiter behauptet, nach dem Gespräch mit dem Beklagten zu 1) mehrmals telefonisch Kontakt zu der Kanzlei der Beklagten aufgenommen zu haben. Er sei jeweils nicht zu den Beklagten durchgestellt worden. Ihm sei gesagt worden, es sei alles auf dem Weg. Am 5. Januar 2011 habe der Beklagte zu 1) ihn angerufen und erklärt, die Frist zur Einlegung der Kündigungsschutzklage sei versehentlich verstrichen.

    Der Kläger hat in erster Instanz zunächst schriftsätzlich vorgetragen, er habe gewusst, dass Anfang Dezember 2010 die Frist zur Einlegung der Kündigungsschutzklage abliefe. In seiner Anhörung vor dem Landgericht hat er erklärt, diese Frist sei ihm unbekannt gewesen.

    Der Kläger, der zunächst einen Antrag auf Zahlung von 31.200,00 € angekündigt hatte, hat nach Teilklagerücknahme sodann beantragt,

    die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 25.946,20 EUR nebst 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 23. Februar 2011 zu zahlen, sowie weitere 1.313,17 EUR für vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten.

    Die Beklagten haben beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Sie haben behauptet, der Kläger habe in dem Beratungsgespräch im November 2010 auf Nachfrage des Beklagten zu 1) erklärt, er meine auch über eine Rechtsschutzversicherung zu verfügen, und habe die Versicherungsunterlagen kurzfristig einreichen wollen. Ohne Deckungszusage der Rechtsschutzversicherung habe keine Klage erhoben werden sollen. Der Kläger habe sich in der Folgezeit dann nicht mehr um die Angelegenheit gekümmert. In dem Telefonat vom 5. Januar 2011 habe der Kläger erklärt, er habe bereits am 14. November 2010 eine anderweitige Stelle antreten können, dies aber in Erwartung einer möglichen Abfindung aus taktischen Gründen zunächst unterlassen.

    Die Beklagten haben weiter vorgetragen, es seien von Anfang an erhebliche Zweifel daran angebracht gewesen, dass der Arbeitgeber des Klägers das Arbeitsverhältnis fristlos wegen eines Eigentumsdeliktes kündigen würde, ohne über entsprechende Beweise zu verfügen. Schon die fristlose, jedenfalls aber die ordentliche Kündigung sei begründet gewesen. Aufgrund des zugrundeliegenden Eigentumsdeliktes wäre auch nicht die Regelabfindung gezahlt worden.

    Das Landgericht hat der Klage in Höhe von 25.473,00 EUR stattgegeben und zur Begründung ausgeführt, die Beklagten seien dem Kläger schadensersatzpflichtig, weil sie ihnen im Rahmen des Mandatsvertrages obliegende Pflichten verletzt hätten und dies kausal für einen bei dem Kläger eingetretenen Schaden geworden sei. Der Beklagte zu 1) sei seiner Verpflichtung zur umfassenden Beratung des Mandanten nicht nachgekommen, dies unabhängig davon, ob der Kläger bereits in dem Beratungsgespräch vom 10. November 2010 den unbedingten Auftrag erteilt habe, gegen die erwartete Kündigung im Klagewege vorzugehen, oder ob insoweit zunächst noch die Frage des Eintretens einer Rechtsschutzversicherung habe geklärt werden sollen. Denn der Beklagte zu 1) habe den Kläger jedenfalls umfassend darüber belehren müssen, welche Möglichkeiten es gegeben habe, sich gegen eine solche ausgesprochene Kündigung zu wehren, und habe ihn insbesondere auf die Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage hinweisen müssen. Dass er dieser Verpflichtung nachgekommen sei, sei nicht ersichtlich.

    Dass zum Zeitpunkt der mündlichen Beratung des Klägers durch den Beklagten zu 1) die schriftliche Kündigungserklärung noch nicht vorgelegen habe, rechtfertige keine abweichende Bewertung. Denn die Beklagten hätten das Kündigungsschreiben jedenfalls am 15. November 2010 gekannt. Dass der Kläger den Beklagten dieses habe zukommen lassen, habe zudem erkennen lassen, dass er an der Angelegenheit weiter festhalte und ein Tätigwerden der Beklagten erwartet habe. Die Beklagten hätten in dieser Situation Kontakt zu dem Kläger aufnehmen und ihn spätestens jetzt über die bestehende Fristgebundenheit einer Kündigungsschutzklage und die Folgen von deren Versäumung belehren müssen. Selbst wenn man am 10. November 2010 so verblieben sei, dass der Kläger sich zunächst um seine Rechtsschutzversicherungsunterlagen habe kümmern und sich dann wieder habe melden wollen, hätte dies die Beklagten nicht von ihrer Beratungspflicht enthoben.

    Dafür, dass der Kläger einem Rat der Beklagten, fristwahrend Kündigungsschutzklage zu erheben, gefolgt wäre, spreche eine tatsächliche Vermutung. Es sei weiter davon auszugehen, dass eine Kündigungsschutzklage Erfolg gehabt hätte. Soweit die Beklagten vorgetragen hätten, die Kündigung sei begründet gewesen, und hierfür Beweis durch Zeugnis des Personalleiters des ehemaligen Arbeitgebers des Klägers angetreten hätten, sei dem nicht nachzugehen, da der pauschale Vortrag dem Zeugenbeweis nicht zugänglich sei.

    Der Höhe nach belaufe sich der Schaden auf den ausgeurteilten Betrag.

    Gegen dieses Urteil wenden sich die Beklagten mit der Berufung, mit der sie ihr Begehren auf Abweisung der Klage weiter verfolgen. Sie tragen vor, der Kläger sei am 10. November 2010 auf die 3-wöchige Klagefrist hingewiesen worden. Er habe diese im Übrigen gekannt. Weitergehende Belehrungs- oder Beratungspflichten hätten nicht bestanden. Im Übrigen träfe den Kläger ein erhebliches Mitverschulden.

    Die Kündigung sei zudem berechtigt gewesen. Hierzu tragen sie ergänzend zu den Diebstahlsvorwürfen gegen den Kläger vor; Einzelheiten hierzu hätten sie erst am

    8. Mai 2012 von dem Personalleiter des Arbeitgebers erfahren.

    Von dem zugesprochenen Betrag seien im Übrigen jedenfalls die Kosten abzusetzen, die dem Kläger für die Durchführung eines Kündigungsschutzverfahrens entstanden wären.

    Die Beklagten beantragen,

    das erstinstanzliche Urteil abzuändern und die Klage abzuweisen.

    Der Kläger beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Er verteidigt unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vorbringens das erstinstanzliche Urteil.

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

    B

    Die zulässige Berufung der Beklagten ist ganz überwiegend nicht begründet.

    I.

    Das Landgericht hat der Klage zu Recht in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang stattgegeben. Die hiergegen gerichteten Einwendungen der Beklagten sind nur zu einem geringen Teil begründet.

    1.

    Die Beklagten sind dem Kläger dem Grunde nach wegen der Verletzung von sie treffenden Pflichten aus dem Rechtsbesorgungsvertrag gemäß §§ 675, 611, 276, 280 Abs. 1 S. 1, 249 ff. BGB schadensersatzpflichtig.

    a)

    Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass der Beklagte zu 1) den Kläger auf den wegen einer Kündigungsschutzklage drohenden Fristablauf und dessen Folgen hätte hinweisen müssen, dies unabhängig davon, ob der Kläger die Beklagten bereits unbedingt beauftragt hatte, Kündigungsschutzklage zu erheben, oder ob er noch das Eintreten einer Rechtsschutzversicherung prüfen wollte. Ob ein unbedingter Klageauftrag vorlag, kann mithin offen bleiben.

    Richtig ist allerdings, dass der Mandant für einen Regressanspruch, der sich nur aus einem unbeschränkten Mandat ergeben kann, dieses zu beweisen hat, wenn der Anwalt einen beschränkten Auftragsgegenstand behauptet (Zugehör/Fischer/Sieg/ Schlee, Handbuch der Anwaltshaftung, 2. Auflage, Rdn. 505; BGH, WM 1996, 1832, 1834; 1997, 1392, 1394). Die Frage, ob dem Rechtsanwalt ein umfassendes oder ein beschränktes Mandat erteilt worden ist, ist vom Tatrichter aufgrund der Umstände des Einzelfalles gemäß § 286 ZPO zu beantworten. Es gibt keinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass ein Auftraggeber dem Rechtsanwalt ein unbeschränktes Mandat erteilt.

    Im Streitfall waren die Beklagten jedenfalls mit der arbeitsrechtlichen Angelegenheit des Klägers beauftragt, die sich aus der zunächst nur mündlich, dann auch schriftlich erklärten Kündigung ergeben hatte. Dabei bezog sich ihr Mandat auf die Abwehr der Kündigung; dies ergibt sich ohne Weiteres aus dem von den Beklagten gefertigten Schreiben vom 15. November 2010 (Bl. 11 f. GA), mit dem eine Kündigungsschutzklage bereits angekündigt wurde. In dieser Situation waren die Beklagten gehalten, den Kläger vor Fristablauf noch einmal zu kontaktieren und es ihm so zu ermöglichen, rechtzeitig den Klageweg zu beschreiten.

    Der Rechtsanwalt hat dem Mandanten diejenigen Schritte anzuraten, die zu dem erstrebten Ziel zu führen geeignet sind, und Nachteile für den Auftraggeber zu verhindern, soweit solche voraussehbar und vermeidbar sind. Dazu hat er dem Auftraggeber den sichersten und gefahrlosesten Weg vorzuschlagen und ihn über mögliche Risiken aufzuklären, damit der Mandant zu einer sachgerechten Entscheidung in der Lage ist (BGH WM 1993, 1376; WM 2007, 419; NJW 2007, 2485; WM 2008, 1560). Der konkrete Umfang der anwaltlichen Pflichten richtet sich nach dem erteilten Mandat und den Umständen des einzelnen Falles (BGH WM 1996, 1824; 2008, 1560). Ziel der anwaltlichen Rechtsberatung ist es, dem Mandanten eigenverantwortliche, sachgerechte (Grund-) Entscheidungen („Weichenstellungen“) in seiner Rechtsangelegenheit zu ermöglichen (BGH NJW 2007, 2485; WM 2008, 1560; Zugehör/Fischer/Sieg/Schlee, a.a.O., Rn. 558).

    Orientiert an diesen Grundsätzen oblag es dem Beklagten zu 1) selbst dann, wenn dem Kläger – was er im Übrigen, den abweichenden Vortrag seines Prozessbevollmächtigten klarstellend, in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 10. August 2011 bestritten und mithin nicht zugestanden hat – der grundsätzliche Lauf der Klagefrist bekannt gewesen sein sollte, ihm rechtzeitig noch einmal den Fristablauf und dessen Folgen vor Augen zu führen. Der Kläger hatte ohnehin nur vorgetragen, gewusst zu haben, dass die Klagefrist „Anfang Dezember“ 2010 ende und zudem ein dahingehendes Geständnis in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht nicht abgegeben, vielmehr angegeben, nicht gewusst zu haben, dass die Klage innerhalb einer bestimmten Frist zu erheben war. Auch stimmt die Angabe der Beklagten zum Zugang der Kündigung in deren Schreiben vom 15. November 2010 (Bl. 11 GA: Zugang am 11. November 2010) nicht mit der des Klägers überein (Schreiben vom 5. Januar 2011, Bl. 13 GA: 12. November 2010). Der Beklagte zu 1) durfte somit nicht davon ausgehen, dass dem Kläger der genaue Tag des Fristablaufs bekannt und er sich der rechtlichen Konsequenzen bewusst war; auch durfte er nicht darauf vertrauen, dass der Kläger von sich aus das Erforderliche veranlassen werde. Dies gilt auch dann, wenn der Kläger, wie es die Beklagten behaupten, sich noch um die Frage der Deckung durch eine Rechtsschutzversicherung hatte kümmern wollen. Das Landgericht hat zutreffend darauf hingewiesen, dass der Kläger den Beklagten im Anschluss an den Beratungstermin vom 10. November 2010 jedenfalls die schriftliche Kündigung hat zukommen lassen und damit zu erkennen gegeben hat, dass er die Angelegenheit weiter verfolgen wollte.

    Dagegen, dass ihnen eine Pflichtverletzung anzulasten ist, wenden sich die Beklagten mit ihren Einwänden gegen den Hinweisbeschluss des Senats vom 19. März 2012 auch nicht mehr.

    b)

    Dem Kläger ist entgegen der Auffassung der Beklagten kein Mitverschulden anzulasten. Dem geschädigten Mandanten kann ein Mitverschulden nicht angerechnet werden, das darin besteht, dass er eine Gefahr nicht selbst erkannt und abgewandt hat, zu deren Vermeidung er den fachkundigen Berater hinzugezogen hat. Dies gilt selbst bei einschlägiger Vorbildung des Mandanten, weil dieser sich auf eine einwandfreie Vertragserfüllung durch seinen Rechtsanwalt verlassen darf (vgl. Zugehör/Fischer/Sieg/Schlee, a.a.O., Rdn. 1234 m.N.). Dem Kläger wäre daher selbst dann, wenn er zugesagt hatte, sich zunächst noch einmal wegen der Kostenfrage bzw. eines bestehenden Versicherungsschutzes bei den Beklagten zu melden, kein Mitverschulden anzulasten. Der Kläger musste nicht damit rechnen, dass er im Falle seiner Untätigkeit der Möglichkeit verlustig gehen würde, sich gegen die Kündigung gerichtlich zur Wehr zu setzen. Auch hierauf hinzuweisen gehörte zum Pflichtenkreis allein der Beklagten. Sonstige „Informationsobliegenheiten“, denen der Kläger nicht nachgekommen sein soll, sind nicht ersichtlich.

    c)

    Es ist davon auszugehen, dass der Kläger bei ordnungsgemäßer Beratung rechtzeitig Kündigungsschutzklage erhoben hätte (vgl. zur Vermutung beratungsgerechten Verhaltens BGHZ 123, 311, 314 f.; NJW 2009, 1141; Zugehör/Fischer/Sieg/ Schlee, a.a.O., Rdn. 1005 m.w.N.).

    2.

    Dem Kläger ist durch die Pflichtverletzung der Beklagten ein Schaden entstanden; auch insoweit ist das erstinstanzliche Urteil nicht zu beanstanden.

    Den Ursachenzusammenhang zwischen der pflichtwidrigen Beratung und dem beim Auftraggeber eingetretenen Schaden hat dieser zu beweisen (BGHZ 123, 311, 313 ff.). Hängt im Regressprozess die Frage, ob eine für einen Schaden kausale Pflichtverletzung des Rechtsanwalts vorliegt, vom hypothetischen Ergebnis des Ausgangsverfahrens ab, muss das Regressgericht selbst prüfen, wie jenes Verfahren richtigerweise zu entscheiden gewesen wäre. Dabei ist der Sachverhalt zugrunde zu legen, der auch dem Ausgangsgericht zur Entscheidung vorgelegt worden wäre. Die Darlegungs- und Beweislast im Regressprozess richtet sich grundsätzlich nach der Darlegungs- und Beweislast im Ausgangsverfahren (vgl. BGHZ 163, 223 = NJW 2005, 3071, 3072; BGHZ 133, 110, 111 f. = NJW 1996, 2501, 2502; Senat, FamRZ 2010, 392).

    In einem arbeitsgerichtlichen Kündigungsschutzverfahren wäre festgestellt worden, dass die ausgesprochene Beendigungskündigung sozial nicht gerechtfertigt gewesen ist, § 1 Abs. 2 KSchG. Darlegungs- und beweisbelastet für die Tatsachen, die die Kündigung bedingen, ist der Arbeitgeber (§ 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG), d.h. im Regress­prozess die Beklagten (vgl. BGHZ 72, 328, 330; 133, 110; Zugehör/Fischer/Sieg/Schlee, Handbuch der Anwaltshaftung, 2. Auflage, Rdn. 1078 m.w.N.). Diese räumen selbst ein, dass der Vorfall aus dem Jahr 2008 die Kündigung nicht rechtfertigte. Ihr weiterer erstinstanzlicher Vortrag, die Kündigung habe sich erfolgreich auf den angeblichen Diebstahl großer Mengen von Eisenschrott durch den Kläger stützen lassen, war ohne jede Substanz und einer Beweisaufnahme nicht zugänglich.

    Das ergänzende Vorbringen der Beklagten zu möglichen Kündigungsgründen ist verspätet und gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht zuzulassen, weil die Beklagten zu diesem Punkt bei sorgfältiger Prozessführung unter Berücksichtigung ihrer allgemeinen Prozessförderungs­pflicht (§ 282 ZPO) bereits erstinstanzlich hätten substantiiert vortragen können und müssen. Gründe für die Zulassung des neuen Vorbringens und vor dem Hintergrund, dass der Kläger den Diebstahlsvorwürfen durchgehend entgegengetreten ist, liegen nicht vor.

    Die Beklagten hätten erstinstanzlich nicht darauf hingewiesen werden müssen, dass ihnen die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen eines Kündigungsgrundes oblag. Die dahingehende ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. die vorstehenden Zitate) und des Senats ist ihnen nicht erst durch den Senatsbeschluss vom 19. März 2012 bekannt geworden, was sich daran zeigt, dass sie bereits mit Schriftsatz vom 18. Mai 2011 (S. 3, Bl. 35 GA) vorgetragen haben, die Kündigung sei berechtigt gewesen, und sich zum Beweis auf den Zeugen Denter berufen haben. Dass es ihnen nicht möglich gewesen wäre, hierzu bereits im Verfahren erster Instanz näher vorzutragen, ist nicht ersichtlich; insbesondere hätten sie frühzeitig den von ihnen bereits im Mai 2011 benannten Zeugen Denter kontaktieren können. Gründe, aus denen sie von diesem Informationen erst im Mai 2012 erlangen konnten, tragen die Beklagten nicht vor und sich auch nicht ersichtlich.

    3.

    Der Höhe nach ist die Verurteilung der Beklagten auf den aus dem Tenor ersichtlichen Betrag zu reduzieren.

    a) Die Schadensberechnung wegen des Verdienstausfalls des Klägers hat anhand der allgemeinen, aus §§ 249 ff BGB folgenden materiell-rechtlichen Grundsätze zu erfolgen.

    Dagegen, dass der Kläger als Schadensersatz grundsätzlich den geltend gemachten Bruttomonatslohn für sechs Monate nebst einer Regelabfindung in Höhe weiterer sieben Monatsgehälter beanspruchen kann, haben die Beklagten keine Einwände erhoben.

    Zutreffend ist allerdings, dass sich der Kläger im Wege der Vorteilsanrechnung die Kosten entgegen halten muss, die bei Durchführung einer arbeitsgerichtlichen Kündigungsschutzklage entstanden wären und die er selbst hätte tragen müssen. Dies sind die Kosten für die Zuziehung eines Prozessbevollmächtigten, die gemäß § 12a Abs. 1 Satz 1 ArbGG auch im Falle des Obsiegens nicht erstattungsfähig sind.

    Der Höhe nach belaufen sich diese, wie von den Beklagten mit der Berufungsbegründung vom 14. Dezember 2011 (S. 8, Bl. 115 GA) berechnet, auf 1.249,02 EUR. Darüber hinaus ist davon auszugehen, dass eine Einigungsgebühr angefallen wäre, weil der Kläger die geltend gemachte Abfindung nur im Wege eines Vergleichs vor dem Arbeitsgericht erhalten hätte. Dazu, dass die Voraussetzungen des § 9 KSchG vorliegen, nach dem eine angemessene Abfindung auch durch Urteil zugesprochen werden kann, hat der Kläger nichts vorgetragen.

    Es bleibt damit ein dem Kläger als Schadensersatz zuzusprechender Betrag in Höhe von 23.733,70 EUR (= 25.473,00 EUR – 1.249,02 EUR – 490,28 EUR).

    b) Zu kürzen ist weiter – auf 559,78 EUR – der von dem Landgericht zugesprochene Betrag für die außergerichtliche Rechtsverfolgung:

    Dem Grunde nach besteht ein Anspruch des Klägers gegen die Beklagten auf Zahlung der Kosten einer zweckentsprechenden Rechtsverfolgung aus § 280 Abs. 1 BGB. Von den entstandenen Kosten in Höhe einer 1,3 Geschäftsgebühr nach einem Wert von 24.223,98 EUR kann der Kläger im vorliegenden Verfahren allerdings nur eine 0,65 Geschäftsgebühr geltend machen. Im Übrigen besteht kein Rechtsschutzbedürfnis, weil die weitere Gebühr auf die im Kostenfestsetzungsverfahren geltend zu machende Verfahrensgebühr anzurechnen ist.

    Nach Inkrafttreten des § 15 a RVG am 15. August 2009 hat der Bundesgerichtshof in mehreren Entscheidungen klargestellt, dass danach gegenüber dem Gegner die volle Verfahrensgebühr auch in den Fällen festzusetzen ist, in denen schon eine Geschäftsgebühr entstanden ist (BGH, Beschluss vom 22. Juni 2011, I ZB 86/10, bei Juris; BGHZ 187, 227; BGH, ZIP 2009, 1927; BGH, AGS 2010, 54; 263; 473; FamRZ 2010, 1068). Diese Verfahrensweise entsprach der ganz überwiegenden Praxis (vgl. etwa HansOLG, MDR 2007, 57-58; OLG Frankfurt, NJW-RR 2007, 1189; KG, JurBüro 2006, 202; OLG Stuttgart, JurBüro 2008, 23-25) vor Erlass der Entscheidung des VIII. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs vom 22. Januar 2008 (VIII ZB 57/07, NJW 2008, 1323); die Einführung des § 15 a RVG sollte der Klarstellung dienen, dass weiterhin in diesem Sinne verfahren werden solle (vgl. BGH, AGS 2010, 263). Dann besteht aber umgekehrt kein Bedürfnis, zusätzlich auch den Teil der Geschäftsgebühr zu titulieren, der in der Verfahrensgebühr durch Anrechnung aufgeht.

    Es ergibt sich damit folgende Berechnung:

    686,00 EUR Gebühr, x 0,65 = 445,90 EUR

    Kopien 4,50 EUR

    Kostenpauschale 20,00 EUR

    470,40 EUR

    19 % Mehrwertsteuer 89,38 EUR

    559,78 EUR

    II.

    1.

    Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 Abs. 2 ZPO.

    2.

    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 709 Satz 2 ZPO.

    3.

    Es besteht kein Anlass, die Revision zuzulassen, § 543 Abs. 2 ZPO.