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  • 24.02.2004 · IWW-Abrufnummer 040480

    Bundesgerichtshof: Urteil vom 22.01.2004 – IX ZR 65/01

    Schließt sich ein Rechtsanwalt mit einem bisher als Einzelanwalt tätigen anderen Rechtsanwalt zur gemeinsamen Berufsausübung in einer Sozietät in der Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts zusammen, so haftet er nicht entsprechend § 28 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 128 Satz 1 HGB für die im Betrieb des bisherigen Einzelanwalts begründeten Verbindlichkeiten.


    BUNDESGERICHTSHOF
    IM NAMEN DES VOLKES
    URTEIL

    IX ZR 65/01

    Verkündet am:
    22. Januar 2004

    in dem Rechtsstreit

    Der IX. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 11. September 2003 durch den Vorsitzenden Richter Dr. Kreft und die Richter Dr. Fischer, Kayser, Dr. Bergmann und Vill

    für Recht erkannt:

    Tenor:

    Die Revision gegen das Urteil des 21. Zivilsenats des Kammergerichts vom 9. Januar 2001 wird auf Kosten des Klägers zurückgewiesen.

    Von Rechts wegen

    Tatbestand:

    Der Beklagte war vom 3. Januar 1993 bis Anfang 1996 Sozius des Rechtsanwalts K. . Dieser ist in einem Rechtsstreit, den der Kläger aus abgetretenem Recht des F. S. (im folgenden: Zedent) führte, rechtskräftig zur Zahlung von 1.435.926,90 DM verurteilt worden. Das dieser Zahlungsklage zugrunde liegende Vertragsverhältnis zwischen Rechtsanwalt K. und dem Zedenten war vor der Gründung der Sozietät mit dem Beklagten zustande gekommen. Der Kläger nimmt nunmehr den Beklagten mit der Begründung in Anspruch, dieser hafte als ehemaliger Sozius gesamtschuldnerisch für die von Rechtsanwalt K. während des Bestehens der Sozietät begangenen Pflichtverletzungen, die in der Veruntreuung von Mandantengeldern bestünden. Die Vorinstanzen haben die im Berufungsrechtszug nur noch auf Zahlung von 259.722,84 DM an den Kläger sowie von 65.645,09 DM an die Sparkasse B. gerichtete Klage abgewiesen. Mit der Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.

    Entscheidungsgründe:

    Die Revision hat keinen Erfolg.

    I.

    Das Berufungsgericht hat ausgeführt, eine Haftung des Beklagten aus einem zwischen Rechtsanwalt K. und dem Zedenten geschlossenen Vertrag ergebe sich nicht allein daraus, daß der Beklagte nach Abschluß des Vertrages mit Rechtsanwalt K. eine Sozietät gegründet habe. Zwar werde bei Erteilung eines Mandats an ein Mitglied einer Sozietät in der Regel die gesamte Sozietät beauftragt. Vorliegend sei jedoch lediglich Rechtsanwalt K. als seinerzeitiger Einzelanwalt beauftragt worden, nicht also der Beklagte, der erst nach Vertragsschluß Sozius von Rechtsanwalt K. geworden sei. Der Beklagte sei auch nicht durch Vereinbarung mit dem Zedenten dem Vertrag zwischen diesem und Rechtsanwalt K. beigetreten. Auch auf den Zeitpunkt der behaupteten Pflichtverletzung von Rechtsanwalt K. , nämlich während des Bestehens der Sozietät mit dem Beklagten, komme es aus diesen Gründen nicht an.

    II.

    Diese Ausführungen des Berufungsgerichts halten im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung stand.

    1. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes erstrecken sich bei der Gründung einer Anwaltssozietät die bereits vorher den einzelnen Anwälten erteilten Einzelmandate nicht ohne weiteres auf die übrigen Mitglieder der Sozietät. Vielmehr bedarf es einer zumindest stillschweigenden Einbeziehung der Sozien in das bisherige Einzelmandat (BGH, Urt. v. 4. Februar 1988 - IX ZR 20/87, NJW 1988, 1973). Das Erfordernis einer vertraglichen Einbeziehung des neu hinzutretenden Sozius in das Mandatsverhältnis ist nach dieser Rechtsprechung darin begründet, daß bei Auftragserteilung weder der Mandant noch der Anwalt den Willen haben, das Auftragsverhältnis mit (allen) Mitgliedern der noch gar nicht bestehenden Sozietät abzuschließen, und ein entsprechender Wille der Vertragsschließenden auch bei der späteren Gründung der Sozietät nicht vorliegen kann (aaO). Dieses Erfordernis entspricht auch dem - nach der früheren Rechtsprechung zur Haftungsverfassung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts (vgl. BGHZ 74, 240, 242 f) bestehenden - Grundsatz, daß der in eine Anwaltssozietät Eintretende für vorher begründete Verbindlichkeiten nur kraft besonderer Vereinbarung mit dem Gläubiger haftet. Nach diesen Rechtsprechungsgrundsätzen hat das Berufungsgericht eine Haftung des Beklagten rechtsfehlerfrei verneint.

    Unstreitig ist der Vertrag, dessen Pflichten Rechtsanwalt K. verletzt haben soll, mit dem Zedenten vor der Gründung der Sozietät mit dem Beklagten geschlossen worden. Eine vertragliche Einbeziehung des Beklagten in dieses vor der Bildung der Sozietät begründete Vertragsverhältnis hat das Berufungsgericht verneint. Den dagegen gerichteten Angriffen der Revision muß der Erfolg versagt bleiben. Die Würdigung des Berufungsgerichts, der Umstand, daß nach der Gründung der Sozietät diese in anderen Angelegenheiten von dem Zedenten bzw. von dessen GmbH beauftragt worden sei, indiziere nicht, der Beklagte habe auch von dem streitigen, vor seinem Eintritt als Sozius geschlossenen Vertrag Kenntnis gehabt und sei stillschweigend in dieses Vertragsverhältnis einbezogen worden, ist rechtlich möglich und für das Revisionsgericht bindend.

    2. Der Beklagte ist auch nicht kraft Gesetzes infolge der Gründung der Sozietät in das bereits bestehende Mandatsverhältnis einbezogen worden. Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich die Haftung des Beklagten nicht aus einer entsprechenden Anwendung der §§ 28, 128 ff HGB.

    a) Sofern die Mitglieder einer Rechtsanwaltssozietät - wie hier - eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts bilden, erstreckt sich die nunmehr nach der neueren Rechtsprechung des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofes bestehende akzessorische Haftung des Gesellschafters einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts entsprechend § 128 Satz 1 HGB (vgl. BGHZ 142, 315, 318; 146, 341, 358) nur auf die Verbindlichkeiten der Gesellschaft, nicht aber auf solche Verpflichtungen, die lediglich in der Person einzelner Mitgesellschafter begründet worden sind.

    Bestand das streitige Vertragsverhältnis mangels vertraglicher Einbeziehung des Beklagten weiterhin nur zwischen dem Zedenten und Rechtsanwalt K. , so haftete auch nur dieser für Verletzungen der sich daraus ergebenden Pflichten, selbst wenn von ihm Pflichtverletzungen während des Bestehens der Sozietät mit dem Beklagten begangen wurden. Eine entsprechende Anwendung des § 130 Abs. 1 HGB (dazu BGH, Urt. v. 7. April 2003 - II ZR 56/02, ZIP 2003, 899; z.V.b. in BGHZ) scheidet hier - unabhängig davon, wann die streitgegenständliche Verbindlichkeit begründet worden ist - schon deshalb aus, weil der Beklagte nicht in eine bestehende Gesellschaft eingetreten ist.

    b) Eine persönliche Haftung des Beklagten entsprechend § 128 Satz 1 HGB läßt sich nicht mit einer entsprechenden Anwendung des § 28 Abs. 1 Satz 1 HGB begründen.

    aa) Dem steht allerdings nicht entgegen, daß § 28 Abs. 1 Satz 1 HGB für vor der Gründung der Gesellschaft im Betrieb des früheren Geschäftsinhabers entstandene Verbindlichkeiten nur die Haftung der Gesellschaft anordnet. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entsteht die Haftung der Gesellschaft nach § 28 Abs. 1 Satz 1 HGB mit ihrer Gründung, so daß der Eintretende für diese Verbindlichkeit der Gesellschaft gemäß § 128 Satz 1 HGB persönlich haftet (vgl. BGH, Urt. v. 6. Juli 1966 - VIII ZR 92/64, NJW 1966, 1917, 1918; v. 22. November 1971 - II ZR 166/69, NJW 1972, 1466, 1467; ebenso die herrschende Meinung im Schrifttum, vgl. Ammon, in Röhricht/Graf v. Westphalen, HGB 2. Aufl. § 28 Rdn. 31; Baumbach/Hopt, HGB 31. Aufl. § 28 Rdn. 5; K. Schmidt, Handelsrecht 5. Aufl. § 8 III 2 a; a.A. Canaris, Handelsrecht 23. Aufl. § 7 Rdn. 92; differenzierend Lindacher NZG 2002, 113, 114 m.w.Nachw. zum Streitstand).

    bb) Nach seinem Wortlaut und nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGHZ 31, 397, 400 f; BGH, Urt. v. 29. November 1971 - II ZR 181/68, WM 1972, 21, 22; v. 25. Juni 1973 - II ZR 133/70, WM 1973, 896, 899) setzt § 28 Abs. 1 Satz 1 HGB jedoch voraus, daß jemand in das Geschäft eines Einzelkaufmanns eintritt (ebenso die herrschende Meinung im Schrifttum vgl. Ammon aaO § 28 Rdn. 9 Fn. 16; Baumbach/Hopt aaO § 28 Rdn. 2; Canaris aaO § 7 Rdn. 88, 92; Ensthaler/Nickel, GK-HGB § 28 Rdn. 3; Roth, in: Koller/Roth/Morck, HGB 4. Aufl. § 28 Rdn. 5). Rechtsanwalt K. war bei Begründung der Sozietät mit dem Beklagten nicht Einzelkaufmann im Sinne des § 28 Abs. 1 Satz 1 HGB, da er kein Handelsgewerbe betrieb, § 2 Abs. 2 BRAO (vgl. BGHZ 72, 282, 287).

    Im handelsrechtlichen Schrifttum wird allerdings die Ansicht vertreten, jeder Unternehmensträger, nicht bloß der Kaufmann nach den §§ 1 bis 5 HGB, sei Einzelkaufmann im Sinne des § 28 Abs. 1 HGB; ebenso soll es genügen, wenn durch den Eintritt in das Geschäft des bisherigen Einzelunternehmers eine (das Unternehmen tragende) Gesellschaft bürgerlichen Rechts entsteht (so insbesondere K. Schmidt aaO § 8 III 1 a bb und b bb; ders. NJW 2003, 1897, 1903; vgl. ferner MünchKomm-HGB/Lieb, § 28 Rdn. 10). Zur Begründung wird angeführt, bei § 28 Abs. 1 HGB handele es sich nicht um eine spezielle kaufmännische Regelung, sondern um einen Ausdruck des Gedankens der Unternehmenskontinuität (K. Schmidt aaO § 8 III 1 a bb, S. 257).

    Ob einer solchen erweiternden Auslegung des § 28 Abs. 1 HGB wegen der Annäherung des Haftungsrechts der Gesellschaft bürgerlichen Rechts an dasjenige der offenen Handelsgesellschaft durch die jüngere Rechtsprechung des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs allgemein zu folgen ist (offengelassen in BGHZ 143, 314, 318; befürwortend Arnold/Dötsch DStR 2003, 1398, 1403 f; Bruns ZIP 2002, 1602, 1606 f; Ulmer ZIP 2003, 1113, 1116; ders. MünchKomm/BGB, 4. Aufl. § 714 Rn. 75; ablehnend Römermann BB 2003, 1084, 1086), kann dahingestellt bleiben. Ebenso kann die weitere Frage offenbleiben, ob § 28 Abs. 1 Satz 1 HGB nur die Mithaftung der neuen Gesellschaft für die einzelnen Verbindlichkeiten des früheren Geschäftsinhabers begründet (so die herrschende Meinung, vgl. Roth aaO § 28 Rdn. 10; Ensthaler/Nickel aaO § 25 Rdn. 18 a, 20; Beuthien NJW 1993, 1737 f) oder ob auch ganze Rechtsverhältnisse auf den neuen Unternehmensträger übergehen, dieser also nicht nur für bereits entstandene Altverbindlichkeiten haftet, sondern selbst Vertragspartei wird (so K. Schmidt aaO § 8 I 4 c bb sowie ders., Gedächtnisschrift für Sonnenschein S. 497, 508; Lieb aaO § 25 Rdn. 80 ff, § 28 Rdn. 29; für Mietverhältnisse verneinend BGH, Urt. v. 25. April 2001 - XII ZR 43/99, ZIP 2001, 1007, 1008). Es bedarf auch nicht der näheren Überprüfung, welche Vereinbarungen der Beklagte mit Rechtsanwalt K. über die Einbringung von dessen "Geschäft" in die neu gegründete Sozietät getroffen hat und ob gegebenenfalls der Rechtsgrund für die streitgegenständliche Verbindlichkeit auch dann "im Betriebe" dieses "Geschäftes" des Rechtsanwaltes K. entstanden ist, wenn es sich, wie das Landgericht angenommen hat, lediglich um einen Treuhandauftrag ohne rechtsberatende Tätigkeit gehandelt haben sollte. Denn jedenfalls für die hier in Rede stehenden Verpflichtungen aus dem zwischen Rechtsanwalt K. als Einzelanwalt und dem Zedenten begründeten Vertragsverhältnis kommt ein Übergang der Haftung auf die später von Rechtsanwalt K. und dem Beklagten gegründete Sozietät in entsprechender Anwendung des § 28 Abs. 1 Satz 1 HGB wegen der besonderen Ausgestaltung der zwischen einem Einzelanwalt und seinen Mandanten bestehenden Rechtsverhältnisse nicht in Betracht.

    cc) Das Rechtsverhältnis zwischen einem Rechtsanwalt und seinem Mandanten ist - selbst wenn sich der Anwalt mit anderen zur beruflichen Zusammenarbeit verbunden hat - in erster Linie durch die persönliche und eigenverantwortliche anwaltliche Dienstleistung geprägt (BVerfG NJW 2003, 2520). Das einem Einzelanwalt erteilte Mandat ist in besonderem Maße dadurch gekennzeichnet, daß die zu erbringende Dienstleistung an die Person des beauftragten Anwalts geknüpft ist. Der Mandant, der gerade keine Sozietät von mehreren Anwälten beauftragt, darf bei Auftragserteilung davon ausgehen, daß der beauftragte Anwalt die ihm aufgrund besonderen Vertrauens (vgl. § 627 Abs. 1 Satz 1 BGB) übertragene Dienstleistung persönlich erbringt (vgl. § 664 Abs. 1 Satz 1 BGB). In der maßgeblichen Sicht des Rechtsverkehrs wird jedenfalls der Einzelanwalt als Person und nicht als Unternehmen zum unabhängigen Berater und Vertreter des Mandanten in Rechtsangelegenheiten berufen. Ob und gegebenenfalls unter welchen Voraussetzungen eine andere Beurteilung geboten sein kann, wenn das Mandat sogleich einer Sozietät erteilt wird (vgl. dazu BGHZ 124, 47, 50), steht hier nicht zur Überprüfung. Soll aber das Vertragsverhältnis nach dem Willen der Vertragsparteien persönlicher Art sein, wovon bei der Beauftragung eines Einzelanwalts auszugehen ist, dann greift der Gedanke einer auf die Kontinuität eines Unternehmens gestützten Haftungserstreckung nicht (K. Schmidt aaO § 8 I 4 c bb, S. 232 lehnt gleichfalls einen Vertragsübergang ab, wenn das Rechtsverhältnis nach dem Willen der Parteien persönlicher Art ist wie etwa gegenüber dem Hausanwalt, Steuer- oder Unternehmensberater). Da die persönliche Leistungserbringung die berufliche Tätigkeit des Einzelanwalts insgesamt charakterisiert, sind nicht etwa nur einzelne Rechtsverhältnisse oder Verbindlichkeiten von einem Übergang der Haftung auszunehmen, sondern es ist eine entsprechende Anwendung des § 28 Abs. 1 Satz 1 HGB auf den Eintritt in das "Geschäft" eines Einzelanwalts grundsätzlich zu verneinen.

    Die Anwendung des § 28 Abs. 1 Satz 1 HGB auf den Zusammenschluß von bisher als Einzelanwälten tätigen Rechtsanwälten zu einer Rechtsanwaltsozietät ist ferner deshalb abzulehnen, weil ihnen nicht wie den Gesellschaftern einer offenen Handelsgesellschaft (§ 28 Abs. 2 HGB) die Möglichkeit offensteht, einer abweichenden Vereinbarung durch Eintragung in das Handelsregister Dritten gegenüber Geltung zu verleihen. Andernfalls wären Nichtkaufleute schlechter gestellt als Kaufleute.

    dd) Eine entsprechende Anwendung des § 28 Abs. 1 Satz 1 HGB folgt auch nicht daraus, daß nach der neueren Rechtsprechung des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs die Haftung des Gesellschafters einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts nicht nur derjenigen eines Handelsgesellschafters nach §§ 128, 129 HGB entspricht, sondern der in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts eintretende Gesellschafter wie der Handelsgesellschafter nach § 130 Abs. 1 HGB für vor seinem Eintritt begründete Verbindlichkeiten der Gesellschaft grundsätzlich auch persönlich und als Gesamtschuldner mit den Altgesellschaftern einzustehen hat (BGH, Urt. v. 7. April 2003 aaO).

    Es ist bereits fraglich, ob die analoge Anwendung des § 130 Abs. 1 HGB die entsprechende Anwendbarkeit des § 28 Abs. 1 Satz 1 HGB zur Folge haben muß (verneinend etwa Römermann aaO). § 130 Abs. 1 HGB betrifft die Haftung des in eine bestehende Gesellschaft Eintretenden, während bei § 28 Abs. 1 Satz 1 HGB erst mit dem Eintritt in das Geschäft des früheren Einzelunternehmers eine Gesellschaft entsteht. Ob deshalb den Vorschriften der §§ 28, 130 HGB unterschiedliche Normzwecke zugrunde liegen oder ob man sie als vergleichbare Sachverhalte regelnde rechtsähnliche Bestimmungen anzusehen hat, ist umstritten (zum Meinungsstand vgl. BGH, Urt. v. 6. Juli 1966 - VIII ZR 92/64, NJW 1966, 1917, 1918 f; Baumbach/Hopt aaO § 28 Rdn. 1, § 130 Rdn. 1; Gerlach, Die Haftungsordnung der §§ 25, 28, 130 HGB 1976 S. 49 ff, 62 f; Heymann/Emmerich, HGB 2. Aufl. § 28 Rdn. 7 f; Honsell/Harrer ZIP 1983, 259, 262 f; Zimmer/Scheffel, in Ebenroth/Boujong/Joost HGB § 28 Rdn. 2 ff m.w.N.). Dieser Problematik braucht hier aber nicht nachgegangen zu werden. Denn wie schon unter II 2 b cc der Entscheidungsgründe ausgeführt, ist jedenfalls für die hier vorliegende Fallgestaltung eine unter dem Gesichtspunkt der Unternehmens- und Haftungskontinuität identische oder vergleichbare Lage nicht gegeben, so daß schon aus diesem Grunde aus der entsprechenden Anwendung des § 130 HGB auf den Eintritt in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechtes eine Analogie zu § 28 Abs. 1 Satz 1 HGB beim "Eintritt" eines Rechtsanwalts in das von einem anderen bisher als Einzelanwalt betriebene "Geschäft" nicht hergeleitet werden kann.

    c) Ob zwischen Rechtsanwalt K. und dem Zedenten ein Anwaltsdienstvertrag geschlossen wurde, wie der Kläger geltend gemacht hat, oder ob Rechtsanwalt K. von dem Zedenten nur als Treuhänder ohne rechtsberatende Tätigkeit beauftragt wurde, wie das Landgericht angenommen hat, ist ohne Belang. Unabhängig von der rechtlichen Einordnung des zwischen Rechtsanwalt K. und dem Zedenten geschlossenen Vertrages käme eine Haftung des Beklagten nur in Betracht, wenn § 28 Abs. 1 Satz 1 HGB entsprechend anzuwenden wäre. Sowohl Verpflichtungen aus einem Anwaltsvertrag als auch solche aus einem Treuhandverhältnis wären "Altverbindlichkeiten" des früheren Geschäftsinhabers im Sinne dieser Vorschrift. Denn zu den "im Betriebe des Geschäfts entstandenen Verbindlichkeiten des früheren Geschäftsinhabers" gehören alle Verpflichtungen, die mit dem Geschäftsbetrieb in einer solchen engen, inneren Verbindung stehen, daß sie als dessen Folge erscheinen (RGZ 15, 51, 54; 58, 21, 23; 143, 154, 156). Gleichgültig ist, auf welchem Rechtsgrund die Haftung beruht; sie umfaßt sowohl gesetzliche Ansprüche beispielsweise aus Delikts- und Bereicherungsrecht (vgl. BGH, Urt. v. 22. November 1971 - II ZR 166/69, NJW 1972, 1466, 1467) als auch Schadensersatzansprüche aus Vertragspflichtverletzungen. Vom Übergang erfaßt werden alle Verbindlichkeiten, deren Rechtsgrund vor dem "Eintritt" gelegt worden ist (Ammon aaO § 28 Rdn. 29, § 25 Rdn. 30; Lieb aaO § 28 Rdn. 28, § 25 Rdn. 95; Zimmer/Scheffel aaO § 28 Rdn. 31, § 25 Rdn. 64). Maßgeblich ist grundsätzlich der Zeitpunkt des Vertragsschlusses (Zimmer/Scheffel aaO); die Verbindlichkeit muß noch nicht fällig, sie kann bedingt oder betagt sein (vgl. BGH, Urt. v. 15. Mai 1990 - X ZR 82/88, WM 1990, 1573, 1576; Urt. v. 25. April 1996 - I ZR 58/94, NJW 1996, 2866, 2867). Entscheidend für die Einordnung ist danach der Zeitpunkt der Entstehung der Verpflichtung aus dem Mandats- oder Treuhandverhältnis mit dessen Begründung, nicht dagegen der Zeitpunkt ihrer Verletzung. Das Vertragsverhältnis ist hier aber unstreitig vor dem "Eintritt" des Beklagten begründet worden. Kommt aber eine entsprechende Anwendung des § 28 Abs. 1 Satz 1 HGB aus den genannten Gründen in Bezug auf das hier in Rede stehende Vertragsverhältnis nicht in Betracht, weil es sowohl im Falle eines Anwaltsdienstvertrages als auch im Falle eines Treuhandvertrages nach dem Willen der Vertragsparteien persönlicher Natur sein sollte, so ist dieses Rechtsverhältnis wie ein zweites, von dem bisherigen Geschäftsinhaber selbständig weiter geführtes Geschäft (vgl. dazu BGHZ 31, 397, 399) von dem Übergang der Haftung auf die von dem Beklagten und Rechtsanwalt K. neu gegründete Gesellschaft nicht erfaßt worden. Letzterer haftet für Verbindlichkeiten, die aus diesem Rechtsverhältnis herrühren, vielmehr allein.

    RechtsgebieteBGB, HGBVorschriftenBGB § 705 HGB § 28