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  • · Nachricht · Editorial AK 09/2021

    Wer mehrere Verfahren zur gleichen Rechtslage führt, wird schlechter gestellt

    von RA Martin Huff, Geschäftsführer der RAK Köln, LLR Rechtsanwälte Köln

    | Liebe Kolleginnen und Kollegen, der Trend und die Notwendigkeit zur Spezialisierung ist nicht nur bei den größeren Kanzleien zu beobachten. Denn nur wer sich in einer Rechtsfrage auskennt und Literatur und aktuelle Rechtsprechung auswertet, kann ‒ auch aus betriebswirtschaftlicher Sicht ‒ Mandate inhaltlich gut und effizient bearbeiten. Kommen deshalb neue Mandanten, hat das Empfehlungsmarketing funktioniert. |

     

    Wie sehr aber die Justiz mit dieser Entwicklung hadert und nun sogar zulasten spezialisierter Kollegen entscheidet, erlebe ich zurzeit in Bezug auf die Kostenfestsetzung nach § 14 RVG bei einer Vielzahl von Sozialgerichten (SG) in ganz Deutschland. Ausgangspunkt war: Das BSG hatte am 23.9.20 zugunsten von Syndikusrechtsanwälten die spezielle Rechtsfrage des Befreiungsrechts geklärt. Danach sind die Mindestbeiträge zum Versorgungswerk „einkommensbezogene Pflichtbeiträge“ i. S. d. § 231 Abs. 4b SGB VI. Die DRV erließ daraufhin die Bescheide (wenn auch außerhalb des Verfahrens, um die fiktive Terminsgebühr zu sparen!) und gab ein Kostengrundanerkenntnis ab.

     

    Bei dem Kostenrahmen gemäß § 14 RVG habe ich in mehreren Verfahren jeweils die besondere Bedeutung des Verfahrens für die Kläger (Altersvorsorge), die lange Verfahrensdauer, die meist guten Einkommensverhältnisse und die neue Rechtsfrage (Entscheidung erst durch das BSG) ins Feld geführt und mir erlaubt, 75 Prozent der Höchstgebühr anzusetzen. Dass die DRV dies ohne jede Begründung nicht mitmacht, sondern auf der Mittelgebühr beharrt, war zu erwarten. Aber ich habe nicht mit der Reaktion der Gerichte gerechnet. Das SG Köln etwa schrieb: „Durch die Parallelen in diesen Verfahren sind erhebliche Synergieeffekte entstanden, durch die der Umfang der Vertretungstätigkeit erheblich reduziert ist“. Nach dem SG Frankfurt gilt: „Gebührenmindernd zu berücksichtigen sind allerdings arbeitserleichternde Kenntnisse aus einem Parallelverfahren …“.

     

    Bei der Gebührenfeststetzung sind bekanntermaßen insbesondere die Merkmale des § 14 RVG zu prüfen (AK 21, 130). Die Spezialisierung des Rechtsanwalts als gebührenminderndes Element kommt darin gerade nicht vor. Die SG führen jetzt also ein im Gesetz nicht vorgesehenes Merkmal zur Reduzierung der Gebühren ein. Diese Auffassung führt dazu, dass ein Rechtsanwalt, der mehrere Verfahren zur gleichen Rechtslage führt, im Gegensatz zu einem Kollegen schlechter gestellt wird, der nur ein Verfahren führt. Große Auseinandersetzungen um zu niedrig festgesetzte Gebühren lohnen sich für uns alle nicht. Darauf spekulieren die Gerichte. Richtig ist dies nicht. Und dass die festgesetzten Gebühren in solchen Verfahren im Übrigen in einer Spanne von rund 700 bis 950 EUR liegen, ist dem Mandanten kaum zu erklären.

     

    Mit besten kollegialen Grüßen

    Ihr Martin W. Huff

    Quelle: Ausgabe 09 / 2021 | ID 47579519