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  • · Fachbeitrag · Arzneimittelregress

    Arzneimittelregress wegen Verordnung von Methadon ohne Substitutionsgenehmigung

    von Rechtsanwalt Philip Christmann, Fachanwalt für Medizinrecht, Berlin/Heidelberg, www.christmann-law.de

    | Verordnet ein praktischer Arzt seinen Patienten Methadon, ohne diese Leistungen nach EBM abzurechnen und ohne eine Substitutionsgenehmigung zu besitzen und verordnet er diesen Patienten zusätzlich auch noch Benzodiazepine, so hat er die erhaltenen Entgelte im Wege des Arzneimittelregresses zurückzuzahlen (Landessozialgericht [LSG] Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 05.04.2017, Az. L 11 KA 72/14). |

     

    Der Fall

    Der Kläger ist praktischer Arzt. Er ist zur Substitution Opiatabhängiger zugelassen, allerdings beschränkt auf 80 kassenübergreifende Fälle im Quartal. Im Quartal IV/2007 substituierte er 65 Patienten und verordnete bei weiteren 156 Patienten Methadon bzw. L-Polamidon oder Methaddict, obwohl eine Abrechnung nach dem EBM nicht erfolgte und eine Substitutionsgenehmigung nicht vorlag. Zusätzlich verordnete er Mittel mit hohem Suchtpotenzial wie Benzodiazepam. Dies führte er in den Folgequartalen fort. Im Prüfverfahren wegen eines Regresses wandte er ein, die Gabe von Benzodiazepinen sei indiziert gewesen, weil es sich um eine supportive Verordnung zur Behandlung von Angstsyndromen gehandelt habe. Belege dafür hatte er nicht. Die Prüfstelle setzte einen Regress von rund 120.000 Euro für mehrere Quartale fest. Widerspruch und Klage des Arztes blieben erfolglos, er legte Berufung ein.

     

    Die Entscheidung

    Das LSG wies die Berufung des Arztes ab und bestätigte den Regress. Der Arzt habe gegen die Richtlinien zur Verordnung von Substituten verstoßen. Eine Genehmigung zur Substitution habe nur in einem geringen Teil der Fälle vorgelegen. Auch habe der Arzt die erforderliche Anzeige der Substitutionen bei der KV unterlassen. Die Verordnung von Benzodiazepinen verstoße auch gegen die Prüfvereinbarungen, weil eine Substitution unzulässig sei, solange eine Abhängigkeit z. B. von Benzodiazepinen vorliege, was hier der Fall gewesen sei. Benzodiazepine dürften laut Fachinformation nicht eingenommen werden bei einer bestehenden Abhängigkeitsanamnese. Der Vortrag des Klägers, der Benzodieazepinbeigebrauch sei differenziert zu betrachten, sei zu pauschal. Der Kläger hätte hierzu und zur Indizierung der Verwendung von Benzodiazepinen, im Einzelnen patientenbezogen vortragen müssen. Das LSG wies darauf hin, dass die Prüfstelle nicht verpflichtet sei, dies von sich aus zu ermitteln oder den Arzt darauf hinzuweisen, dass er noch präziser vortragen soll.

     

    FAZIT | Einmal mehr zeigt sich hier, dass der Arzt bei Regressen gehalten ist, zeitnah, umfassend und vor allem unter Vorlage von Daten der Patienten vorzutragen, warum die von ihm durchgeführte Behandlung, die grundsätzlich kontraindiziert war, ausnahmsweise doch medizinisch erforderlich war. Der Arzt kann sich nicht darauf verlassen, dass die Prüfstelle dies ermittelt. Die Beweislast liegt insofern beim Arzt.

     
    Quelle: Ausgabe 11 / 2017 | Seite 16 | ID 44933301