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  • · Weiterbildung/Praxisführung

    „Die Zeit, die eine Digi-Managerin kostet, ist gut investiert!“

    Bild: utah51 - stock.adobe.com - bearbeitet IWW

    | In Arztpraxen nehmen die digitalen Prozesse zu. Doch je mehr Praxisinhaber sich um elektronische Patientenakte (ePA) und Co. kümmern, desto weniger Zeit bleibt ihnen für ihre Patienten. Und desto weniger Leistungen können sie abrechnen. Ein externer IT-Dienstleister kann jederzeit beauftragt werden, verlangt allerdings ein gutes Honorar. Eine Alternative ist die Digi-Managerin aus dem MFA-Team, denn IT-Aufgaben lassen sich gut delegieren. Stefan Spieren, MBA, ist Facharzt für Allgemeinmedizin und betreibt gemeinsam mit seiner Frau Julia Spieren die Arztpraxis Spieren & Kollegen in Wenden im Sauerland. Im Gespräch mit Ursula Katthöfer ( textwiese.com ) stellt er die Digi-Managerin vor. |

     

    Frage: Welche Aufgaben delegieren Sie an die Digi-Managerin Ihrer Praxis?

     

    Antwort: Als ich die Praxis 2015 von meinem Vater übernahm, gehörte sie bereits zu den Vorreitern der Digitalisierung. Ich überlegte mir damals, wann der IT-Dienstleister vor Ort, der bei uns auf dem Land recht weit entfernt ist, eingeschaltet wird: Der Computer fährt nicht hoch, der Drucker funktioniert nicht, die Patrone im Toner muss gewechselt werden. Das kostete viel Zeit. Unsere MFA haben sehr schnell verstanden, dass sie diese Fragen schneller selbst lösen, als in der Warteschleife des Supports zu hängen. Die Digi-Managerin würde den Server neu starten und wenn nötig, den Support anrufen. Außerdem informiert sie sich über neue Tools und schaut, welche Arbeiten in der Praxis von einer „Maschine“ übernommen werden könnten. Beispiel digitale Anamnese: Ein digitales Tool ersetzt zahlreiche Formulare, die vorgehalten, ausgegeben, per Hand ausgefüllt, gescannt, in die richtige Patientenakte sortiert und vernichtet werden müssen.

     

    Frage: Gehören auch Aufgaben am Patienten dazu, etwa die ePA zu erläutern?

     

    Antwort: Die Patienten zu überzeugen, ist noch eine Kunst. Die Digi-Managerin darf nicht so klingen, als habe der Chef sich etwas ausgedacht, was das MFA-Team nicht mitträgt. Sie muss hinter der Digitalisierung stehen. Wenn sowohl das MFA-Team als auch die Patienten verstanden haben, wie z. B. die ePA funktioniert, entlastet sie die Praxis sehr. Und wer könnte die ePA besser erklären als die Menschen, denen die Patienten in Gesundheitsfragen vertrauen ‒ Ärzte und MFA. Wir haben einen mittlerweile 83-jährigen Patienten, der früher täglich mit einem anderen Anliegen in die Praxis kam. Jetzt nutzt er den Computer, um Rezepte zu bestellen und Termine zu machen.

     

    Frage: Wie viel Arbeitszeit pro Woche kostet eine Digi-Managerin?

     

    Antwort: Natürlich braucht sie Zeit. Bevor sie ein digitales Tool vorschlägt, muss sie sich die Prozesse ansehen. Denn wenn das Tool die Prozesse nicht verbessert, lohnt es sich nicht. Beispiel Videosprechstunde: Wenn ein Patient über ein digitales Tool eine Videosprechstunde vereinbart, eine MFA ihm aber einen Link per E-Mail zusenden muss, entsteht für sie eine zusätzliche Aufgabe. Dann ist es für sie einfacher, dem Patienten doch einen Präsenztermin zu geben. Besser eignen sich Tools, bei denen Patienten sich in die Videosprechstunde einbuchen und automatisch einen Link erhalten, ohne dass eine MFA etwas damit zu tun hat. Digitale Lösungen mit automatisierten Prozessen sind zwar etwas teurer, rentieren sich jedoch. Ich mache sehr viele Videosprechstunden am Tag, im Fünf-Minuten-Takt. Die Zeit, die eine Digi-Managerin kostet, ist daher keine verschwendete Zeit.

     

    Frage: Wann wendet die Digi-Managerin sich an Sie?

     

    Antwort: Mindestens einmal pro Woche schlägt die Digi-Managerin oder eine andere Mitarbeiterin vor, über eine Veränderung nachzudenken. Wir beziehen das MFA-Team immer in die Entscheidungen ein. Ich habe einmal den Fehler gemacht, ein Tool allein auszusuchen. Das haben wir nach einem Monat aussortiert.

     

    Frage: Wann schaffen Sie digitale Lösungen grundsätzlich wieder ab?

     

    Antwort: Spätestens nach einem halben Jahr müssen wir feststellen, dass das Tool uns Zeit schenkt. Falls nicht, müssen wir die Ursache suchen. Es kann ja sein, dass das Tool funktioniert, wir uns aber selbst nicht an unseren Plan halten. Wenn wir zulassen, dass ein Patient trotz digitalem Assistenten in die Praxis kommen muss, liegt der Fehler bei uns. Dann müssen wir nachschärfen. Manchmal gibt es auch keine digitale Lösung, die eine Praxis entlasten kann.

     

    Frage: Jede MFA kann ihr Smartphone bedienen. Aber wie lässt sich eine gute Digi-Managerin identifizieren?

     

    Antwort: Es ist wie bei der Frage, wer Versorgungsassistentin sein und Hausbesuche machen möchte: Die MFA muss Spaß daran haben. Wir haben es im Team entschieden. Häufig haben MFA-Teams die Sorge, dass sie durch digitale Tools wegrationalisiert werden. Doch wir können uns im Gesundheitswesen nicht einerseits über zu wenig Fachkräfte und zu viel Arbeit beschweren und andererseits entlastende Lösungen ablehnen. Eine hohe Akzeptanz im MFA-Team entsteht, wenn gefragt wird, was am meisten nervt. Das ist in der Regel das Telefon.

     

    Frage: Betrachten wir es wirtschaftlich. Wo ist der Return on Investment?

     

    Antwort: Seitdem unsere MFA nicht mehr ans Telefon gehen, hat jede von ihnen im Schnitt pro Tag zwei Stunden mehr Zeit. Sie können Dinge tun, die ihnen Spaß machen, sei es z. B. über Vorsorgeuntersuchungen aufzuklären oder Patientinnen und Patienten einfach „nur“ zuzuhören, wenn sie von ihren Enkeln erzählen. Durch die Digitalisierung bekommen wir mehr Zeit für das Wesentliche. Wenn Praxen sich für die Digitalisierung entscheiden, sparen sie langfristig Geld, Nerven und Zeit ‒ in der Reihenfolge. Der Invest für die Fortbildung zur Digi-Managerin ist im Vergleich dazu überschaubar.

    Quelle: Ausgabe 12 / 2025 | Seite 16 | ID 50639577