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  • · Fachbeitrag · Vertragsarztrecht

    BSG: Entzug der Kassenzulassung nach NS-Vergleichen rechtmäßig

    von RAin, FAin MedR Dr. Birgit Schröder, Hamburg, dr-schroeder.com

    | Die Kassen(zahn)ärztliche Vereinigung (KZV) darf einem (Zahn-)Arzt die Zulassung entziehen, nachdem dieser Vergleiche mit einem Konzentrationslager (KZ) angestellt und die Mitarbeiter als Antisemiten beschimpft hatte (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 11.09.2019, Az. 6 KA 14/19 B). |

     

    Sachverhalt

    Über Jahre hatte ein Zahnarzt aus Rheinland-Pfalz, der sich zum Judentum bekennt, die KZV und deren Mitarbeiter in die Nähe des NS-Regimes gerückt. Daraufhin verlor er seine Zulassung. Mehr als 20 Jahre hatte es im Zuge seines Insolvenzverfahrens Auseinandersetzungen gegeben. Immer wieder warf er den KZV-Mitarbeitern vor, Antisemiten zu sein. Der Kläger wies auf KZ-ähnliche Bedingungen seiner Behandlung durch die KZV und auf die von dieser angestrebten Vernichtung seiner Existenz hin, allerdings führte er keine nachvollziehbaren Gründe an. 2016 hatte die KZV wegen der Diffamierungen und Beleidigungen den Entzug der Zulassung beantragt. Widerspruch und schließlich Klage des Zahnarztes blieben ohne Erfolg.

     

    Inhaltlich kam es zu Differenzen wegen ständig wechselnder Abtretungen der Honoraransprüche. Streitig war beispielsweise, ob die Abtretung an den eigenen Vater zur Absicherung eines Privatdarlehens zulässig ist. Die KZV wollte die Abtretung allein auf Banken beschränken.

     

    Entscheidungsgründe

    Der Zahnarzt hatte zwar in einem anderen Verfahren vor dem BSG recht bekommen, aber: Eine Diskriminierung sah das BSG in der Position der KZV nicht. Da es sich um wiederholende Angriffe über eine lange Zeit gehandelt hat, lag auch keine momentane Erregung vor. Die KZV war auch nicht verpflichtet, zunächst zu Disziplinarmaßnahmen als milderes Mittel zu greifen. Sie habe vielmehr unterstellen dürfen, dass sich nichts an den lange anhaltenden und grundlosen Beleidigungen geändert hätte.

     

    FAZIT | Die Meinungsfreiheit, grundgesetzlich in Artikel 5 garantiert, deckt nicht jede Art von Äußerungen. Grenzen bestehen immer dann, wenn der Inhalt diffamierend und/oder beleidigend ist. Weder die KZV als Institution noch deren Mitarbeiter müssen dieses lang anhaltende Verhalten hinnehmen.

     

    Das BSG hat nicht einmal als milderes Mittel Disziplinarmaßnahmen verlangt, da nicht angenommen wurde, dass diese eine Verhaltensänderung hätten herbeiführen können. Anders als bei einer temporären Erregung, in der eine verbale Entgleisung ggf. noch eher verständlich sein mag, handelte es sich bei dem Zahnarzt um eine über 20 Jahre geführte Auseinandersetzung von besonderer Schärfe.

     
    Quelle: ID 46282548