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  • · Fachbeitrag · Gebührenrecht

    Dürfen Ärzte Gebührenvorschüsse verlangen?

    von Rechtsanwalt Till Sebastian Wipperfürth, LL.M., DIERKS+BOHLE Rechtsanwälte Partnerschaft mbB, Berlin, www.db-law.de

    | Die Frage, ob und unter welchen Voraussetzungen Ärzte vor der ambulanten Behandlung von Privatpatienten oder gesetzlich versicherten Selbstzahlern Vorschüsse auf das zu erwartende Honorar verlangen dürfen, ist bislang nicht abschließend geklärt. Gesetzlich finden sich - im Gegensatz zum stationären Bereich, wo in bestimmten Situationen beim Patienten eine Vorauszahlung für die Krankenhausbehandlung erhoben werden darf - weder Regelungen, die den ärztlichen Gebührenvorschuss ausdrücklich erlauben, noch solche, die ihn verbieten. |

    Vorschusszahlung vertragsrechtlich zulässig

    Geht man vom zentralen Grundsatz der Vertragsfreiheit aus, steht es dem Arzt frei, mit seinem Patienten individuell einen Vorschuss zu vereinbaren. Zwar steht dem Arzt seine Vergütung nach den maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen erst nach der abgeschlossenen Behandlung zu (§§ 614 Satz 1, 630b BGB) und die GOÄ knüpft die Fälligkeit des ärztlichen Honorars zudem an eine formell ordnungsgemäße Rechnungsstellung. Dem steht allerdings nicht entgegen, dass der Arzt von der grundsätzlich bestehenden Vorleistungspflicht abweicht, indem er eine - ggfs. sogar nur mündlich oder stillschweigend getroffene - Vorschussvereinbarung mit dem Patienten schließt. Bei Vorauszahlungen für verauslagte Fremdkosten (z. B. Implantate) bestehen diesbezüglich in der Rechtsprechung auch keine Bedenken, wie ein Urteil des Oberlandesgerichts (OLG) München vom 11.05.1995 zeigt (Az. 1 U 5547/97). Wenn also für Fremdkosten ein Vorschuss vereinbart werden darf, spricht vertragsrechtlich nichts dagegen, dass eine solche Abrede auch für das eigentliche Honorar getroffen werden kann.

    Einschränkungen durch das Berufsrecht?

    Das ärztliche Gebührenrecht wird jedoch nicht nur durch das BGB geprägt, sondern gleichermaßen durch das in den Berufsordnungen der Landesärztekammern kodifizierte ärztliche Standesrecht. Dies hat zur Folge, dass nicht alles, was Arzt und Patient nach vertragsrechtlichen Grundsätzen vereinbaren können, auch berufsrechtlich zulässig ist. Wenngleich ein Verstoß gegen Abrechnungsvorschriften nicht per se als berufsrechtswidrig anzusehen ist, können vorsätzlich fehlerhaft vorgenommene oder offensichtlich außerhalb jeder vertretbaren rechtlichen Meinung liegende Abrechnungspraktiken als Berufspflichtverstoß geahndet werden - so das Landesberufsgericht NRW in seinem Beschluss vom 25.11.2015 (Az. 6t E441/13.T). Leider haben die Gerichte, die sich bislang mit der berufsrechtlichen Vereinbarkeit von Honorarvorschüssen befassen mussten, es bislang vermieden, generalisierende Aussagen zur (Un-)Zulässigkeit von Vorschüssen zu treffen, sodass ein erhebliches Maß an Rechtsunsicherheit verbleibt.