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  • · Fachbeitrag · Chipmangel

    Elektronische Gesundheitskarte und Abrechnung: Was tun bei Patienten ohne Karte?

    von RAin, FAin für MedizinR Taisija Taksijan, LL.M., Hamburg, legal-point.de

    | 2015 hat die elektronische Gesundheitskarte (eGK) die alte Krankenversichertenkarte abgelöst. Seitdem müssen gesetzlich versicherte Patienten bei jedem Arztbesuch ihre eGK vorlegen, damit ihre Krankenkasse die Kosten der Behandlung übernimmt. Die eGK ist aufgrund ihrer Zertifikate im Chip regelmäßig maximal fünf Jahre gültig und muss danach von der Krankenkasse durch eine neue eGK ersetzt werden. Aktuell gibt es Engpässe bei Lieferung neuer Karten wegen des weltweiten Chipmangels. Die Chips werden auch für die neuen eGK zur Speicherung der Versichertendaten benötigt. So können viele Versicherte gerade von ihren Krankenkassen nicht mit der neuen, gültigen eGK ausgestattet werden und erhalten eine sogenannte Ersatzbescheinigung. Wie ist vorzugehen bei Patienten ohne gültige eGK? |

    Patient ohne Versichertennachweis muss selbst zahlen

    Jeder Versicherte muss vor Beginn der Behandlung eine gültige eGK vorlegen. Jedenfalls muss die eGK oder ein anderer Versichertennachweis innerhalb von zehn Tagen vorgelegt werden. Geschieht dies nicht, können Ärztinnen und Ärzte die Behandlung dem Patienten als Privatbehandlung in Rechnung stellen. Die Vergütung des Arztes auf Basis einer Privatrechnung nach Ablauf der Frist ist allerdings zurückzuzahlen, wenn der Praxis bis zum Ende des Quartals eine ‒ zum Zeitpunkt der Behandlung gültige ‒ eGK oder ein anderer gültiger Anspruchsnachweis vorgelegt wird.

     

    PRAXISTIPP | Veranlasste Leistungen können Sie in solchen Fällen ohne Angabe der Kassenzugehörigkeit mit dem Vermerk „ohne Versicherungsnachweis“ privat verordnen.

     

    Das BSG bestätigt die eGK-Pflicht

    Auch das Bundessozialgericht (BSG) hat bestätigt, dass Versicherte verpflichtet sind, ihren Versichertenstatus durch Vorlage einer eGK nachzuweisen (Urteil vom 20.01.2021, Az. B 1 KR 7/20 R; lesen Sie hierzu „Klarheit auch für Vertragsärzte: Elektronische Gesundheitskarte muss sein!“ in AAA 02/2021, Seite 1). Zwei Versicherte hatten geklagt, weil sie wegen Datenschutzbedenken eine Alternative zur eGK in Papierform verlangten.

     

    „Eine absolute Datensicherheit kann es nicht geben“, entschied das BSG zugunsten der eGK. Die Forderung nach der eGK sei gerechtfertigt. Diese verhindere Missbrauch von Sozialleistungen und diene der Abrechnung. Beides diene der finanziellen Stabilität der Krankenkassen und damit einem überragend wichtigen Gemeinschaftsgut.

    Ersatzverfahren: Ersatzbescheinigungen ohne eGK

    Wegen des Chipmangels erhalten viele Versicherte von ihren Krankenkassen aktuell sogenannte Ersatzbescheinigungen, wie sie auch im Fall eines Kartenverlusts oder Wechsels der Krankenkasse eingesetzt werden. Diese Bescheinigung stellt einen gültigen Anspruchsnachweis dar. Die Versichertenstammdaten sind bei Vorlage dieser Ersatzbescheinigung manuell in das Praxisverwaltungssystem (PVS) zu übernehmen. Bei dem Ersatzverfahren sind ‒ aufgrund von Unterlagen in der Patientendatei oder von Angaben des Versicherten ‒ folgende Daten zu erheben:

    • Bezeichnung der Krankenkasse
    • Name und Vorname sowie das Geburtsdatum des Versicherten
    • Versichertenart
    • Postleitzahl des Wohnorts
    • Krankenversichertennummer (sofern bekannt)

     

    Im Ersatzverfahren hat der Versicherte oder sein Vertreter durch seine Unterschrift das Bestehen des Versicherungsschutzes auf dem Abrechnungsschein (Vordruckmuster 5) zu bestätigen. Dies gilt nicht für Vordruckmuster 19, sofern es im Notfalldienst verwendet wird. Kontrollieren Sie daher, ob Ihre Patienten ggf. das Muster 5 auch unterschrieben haben.

    Versichertenstammdatenmanagement

    Im Übrigen sind Sie in der Praxis verpflichtet, mithilfe der Telematik-Infrastruktur (TI) zu prüfen, ob auf der eGK aktuelle Informationen über die versicherte Person gespeichert sind. Ziel des Versichertenstammdatenmanagements (VSDM) ist es, die Versichertenstammdaten auf der eGK aktuell zu halten. Der Abgleich muss bei jedem ersten Arzt-Patienten-Kontakt im Quartal erfolgen und gegenüber der KV nachgewiesen werden. Sowohl die Prüfung als auch die Aktualisierung erfolgen automatisiert beim Einlesen der eGK. Die Online-Prüfung wird bei jedem ersten Einlesen der Karte im Quartal durchgeführt, die Aktualisierung nur dann, wenn das System neue Informationen meldet. Ohne die eGK sind die Versichertendaten im Ersatzverfahren händisch zu erfassen (siehe oben, Abschnitt „Ersatzverfahren: Ersatzbescheinigungen ohne eGK“).

     

    FAZIT | Der Kartenmangel erschwert zurzeit die Praxisprozesse und führt gerade in Zeiten von Grippewellen zu Mehraufwand am Empfang. Die Krankenkassen geben sich jedoch zuversichtlich, im Laufe des Quartals IV/2022 ihren Versicherten die gültige eGK ausliefern zu können. Sofern Sie in Ihrer Praxis Patienten behandeln sollten, die weder die eGK noch eine Ersatzbescheinigung vorlegen können, besteht auch die Möglichkeit, die Leistungen nach einer Frist privat in Rechnung zu stellen. Es empfiehlt sich, diesen Schritt nur zu gehen, wenn begründete Zweifel an einem Versicherungsschutz bestehen, da bei der Nachreichung eines Versicherungsnachweises der Betrag zurückerstattet werden muss.

     

    Weiterführender Hinweis

    • In welchen Fällen GKV-Patienten abgelehnt werden können ‒ und in welchen Fällen nicht (AAA 02/2022, Seite 14)
    Quelle: Ausgabe 10 / 2022 | Seite 15 | ID 48573684