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  • · Fachbeitrag · Privatliquidation

    GOÄ-Abrechnung von Hausbesuchen

    von Dr. med. Bernhard Kleinken, Pulheim

    | Das Thema „Hausbesuch und GOÄ“ beschäftigt Hausärzte regelmäßig. In AAA berichten wir auf Bitten unserer Leser immer wieder zu dieser Problematik - in größerem Ausmaß zuletzt in AAA 01/2007, Seite 12 . Wir aktualisieren an dieser Stelle unsere damalige Berichterstattung, insbesondere unter Berücksichtigung zwischenzeitlich gestellter Leserfragen. |

    • Nr. 50 GOÄ

    Besuch, einschließlich Beratung und symptombezogener Untersuchung, 320 Punkte. Die Leistung nach Nummer 50 darf anstelle oder neben einer Leistung nach den Nummern 45 oder 46 nicht berechnet werden. Neben der Leistung nach Nummer 50 sind die Leistungen nach den Nummern 1, 5, 48 und/oder 52 nicht berechnungsfähig.

     

    MERKE | Zu Besuchen (nicht nur nach Nr. 50 GOÄ, aber nicht nach Nr. 52 GOÄ) kann Wegegeld oder Reiseentschädigung berechnet werden (§ 8, 9 GOÄ).

     

    Allgemeine Beratungen neben Nr. 50 GOÄ

    In der Nr. 50 sind „Beratung und symptombezogene Untersuchung“ obligat enthalten. Mit „Beratung“ ist aber nicht nur die Berechnung der ausdrücklich in der Anmerkung genannten Nr. 1 GOÄ beim Hausbesuch ausgeschlossen.

     

    Der Ausschluss betrifft auch die Nr. 3 GOÄ. Das folgt aus der Anmerkung zu Nr. 3: „nur berechenbar als einzige Leistung oder im Zusammenhang mit den Nrn. 5 bis 8, 800 oder 801“. „Im Zusammenhang“ heißt hier nicht, dass Nr. 3 GOÄ berechenbar wäre, wenn daneben eine der genannten Leistungen, zum Beispiel Nr. 7 berechnet wird, es heißt, dass jede andere als eine der in der Anmerkung genannten Leistungen (also auch die Nr. 50 GOÄ) die Abrechnung der Nr. 3 verbietet. Ansonsten wäre der Sinn der Bestimmung nicht erfüllt, so auch das Oberverwaltungsgericht NRW im Urteil vom 26. Juni 2012 (Az. 1 A 125/11).

     

    Im Umkehrschluss ergibt sich daraus aber, dass andere Beratungsleistungen wie die Nr. 4 GOÄ (Fremdanamnese oder Unterweisung) neben der Nr. 50 GOÄ berechnet werden können.

    Allgemeine Untersuchungen neben Nr. 50 GOÄ

    Ausdrücklich nicht berechenbar neben der Nr. 50 GOÄ ist die Nr. 5 GOÄ. Andere allgemeine Untersuchungsleistungen sind aber nicht neben der Nr. 50 GOÄ ausgeschlossen. Am häufigsten ist das die Nr. 7 GOÄ (Untersuchung der Thoraxorgane oder Untersuchung der Bauchorgane).

    Spezielle Leistungen neben der Nr. 50 GOÄ

    Die speziellen Beratungen und Untersuchungen des Abschnitts B III der GOÄ (zum Beispiel die Nr. 34 GOÄ [Erörterung] oder Nr. 30 [homöopathische Erstanamnese] sind nicht neben der Nr. 50 GOÄ ausgeschlossen. Deren Erbringung anlässlich eines Hausbesuchs dürfte aber selten angezeigt sein. Von den anderen Leistungen des Abschnitts B der GOÄ fällt im Rahmen eines Hausbesuchs durchaus häufiger das Konsil nach Nr. 60 GOÄ an (worunter auch die Abstimmung mit einem Krankenhausarzt fallen kann).

     

    Die im engeren Sinne speziellen Leistungen der GOÄ, zum Beispiel Nr. 200 (Verband) oder die Nrn. 252 oder 271 (Injektion bzw. Infusion) sowie 650 (Rhythmus-EKG) sind nicht neben der Nr. 50 GOÄ ausgeschlossen. Das gilt auch für im Rahmen eines Hausbesuchs anfallende spezielle Leistungen des Abschnitts G der GOÄ (zum Beispiel psychiatrische Untersuchung oder Behandlung).

    Faktor zu Nr. 50 GOÄ

    Besuchsgebühren (außer der Nr. 52 GOÄ - Helferinnenbesuch) sind bis zum 3,5-fachen Gebührensatz berechnungsfähig. Leider ist aber eine erschwerte Anfahrt kein zulässiger Grund für die Steigerung (das wäre Sache des nicht steigerungsfähigen Wegegelds). Zulässige Steigerungsgründe könnten zum Beispiel erschwerte äußere Bedingungen (häufiger vorliegend im Rahmen von Notarzteinsätzen), eine längere Dauer wegen Wartens auf den Notarzt (wenn dafür nicht Nr. 56 GOÄ berechenbar ist) oder auch eine schwierige Beratung sein.

    Wegegeld oder Reiseentschädigung

    Zum Hausbesuch ist Wegegeld nach § 8 GOÄ berechnungsfähig. Bei der Berechnung des Wegegelds ist der Radius der Entfernung von der Praxis ausschlaggebend, nicht die tatsächlich gefahrene Strecke („Fleurop-Prinzip“). Wird der Besuch von der Wohnung des Arztes aus durchgeführt, so wird bei der Entfernungsmessung davon ausgegangen (§ 8 Abs. 2 GOÄ). Die im Absatz 1 des § 8 GOÄ aufgeführte Staffelung ist selbsterklärend.

     

    Das Wegegeld ist für jeden nach Nr. 50 GOÄ besuchten Patienten voll berechenbar, also auch dann, wenn der Arzt von einem Patienten zum anderen nur die Wohnungstür oder Straßenseite wechselt.

     

    Das gilt aber nicht, wenn mehrere Patienten in einer häuslichen Gemeinschaft oder in einem Heim besucht werden. Im Gegensatz zu Nr. 51 GOÄ bezieht sich der § 8 Abs. 3 GOÄ auch auf „oder in einem Heim, insbesondere in einem Alten- oder Pflegeheim.“ Auch wenn jeweils Nr. 50 GOÄ berechnet werden kann (zur Abgrenzung zwischen Nr. 50 und 51 s.u.), muss das Wegegeld entsprechend der Zahl der in der häuslichen Gemeinschaft bzw. Heim besuchten Patienten aufgeteilt werden. Dabei ist gleich, wie die Patienten versichert sind (Kasse oder privat) - entscheidend ist die Anzahl. Falls das GKV-Wegegeld aber niedriger ist als der entsprechende Bruchteil am GOÄ-Wegegeld, darf dem Privatpatienten mehr als der Bruchteil, nämlich die Differenz, berechnet werden.

     

    Anstelle des Wegegelds wird ab einer Entfernung von mehr als 25 km Reiseentschädigung (nach § 9 GOÄ) berechnet. Für das Überschreiten dieser Grenze gilt der Radius von der Praxisstelle oder gegebenenfalls von der Wohnung des Arztes aus. Ist diese Grenze überschritten, werden aber die tatsächlich zurückgelegten Kilometer Berechnungsgrundlage. Für jeden Kilometer sind 26 Cent berechenbar. Wird nicht das eigene Auto benutzt, sind die tatsächlichen Kosten berechenbar. Eine Tag/Nacht-Differenzierung gibt es hier nicht. Zusätzlich zu den Fahrtkosten wird Abwesenheitsgeld berechnet (§ 9 Abs. 2 Nr. 2) und ggf. Übernachtungskosten (§ 9 Abs. 2 Nr. 3).

    Nr. 50 oder Nr. 51?

    Nr. 51 GOÄ ist auf den Besuch eines weiteren Kranken „in derselben häuslichen Gemeinschaft in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Leistung nach Nr. 50“ abgestellt. Nr. 51 tritt also erst dann ein, wenn vorher schon ein Privatpatient in derselben häuslichen Gemeinschaft behandelt und mit der Nr. 50 GOÄ abgerechnet wird. Deshalb kann für den ersten Privatpatienten, auch wenn unmittelbar ein Kassenpatient in derselben häuslichen Gemeinschaft besucht wurde, trotzdem Nr. 50 GOÄ berechnet werden. Da Nr. 51 GOÄ sich nur auf die „häusliche Gemeinschaft“ bezieht, darf beim Besuch mehrerer Patienten im Altenheim (sofern die Patienten jeweils abgeschlossene Appartements bewohnen) jeweils die Nr. 50 GOÄ berechnet werden. Als „häusliche Gemeinschaft“ gelten die hinter einer Wohnungstür lebenden Personen, unabhängig davon, ob und wie diese miteinander verwandt sind.

    Besuch im Altenheim: Nr. 50 oder Nr. 48?

    Nr. 48 ist nur für Besuche auf der Pflegestation zutreffend. Zudem ist Nr. 48 nur dann zutreffend, wenn die Besuche regelmäßig und zu vorher vereinbarten Zeiten stattfinden - sozusagen als „Visite des Hausarztes“. Wird für einen Patienten auf der Pflegestation „außer der Reihe“ ein Besuch angefordert und nicht zu den für die Pflegestationsvisite vereinbarten Zeiten durchgeführt (dringliche Anforderung im Einzelfall), so ist das ein Besuch nach Nr. 50 GOÄ (gegebenenfalls Nr. 51 GOÄ) und nicht nach Nr. 48.

    Patient nicht angetroffen

    Ein Hausbesuch ist auch dann berechenbar, wenn der Patient nicht angetroffen wird (zum Beispiel weil er inzwischen ins Krankenhaus gefahren ist). Entscheidend ist, dass der Hausbesuch vom Patienten oder jemandem, der in seinem Auftrag handeln darf, angefordert wurde.

    Hausbesuche in dichter zeitlicher Folge

    Wenn es medizinisch erforderlich ist (zum Beispiel bei akuten Verschlechterungen oder der Versorgung tumor- oder schwer schmerzkranker Patienten), können auch mehrere Hausbesuche an einem Tag jeweils mit der Nr. 50 GOÄ (und Wegegeld) berechnet werden. Auch eventuell anfallende „Unzeitzuschläge“ („E “ ff.) können zu jedem dieser Hausbesuche berechnet werden.

     

    Die Plausibilität von Hausbesuchen in dichter zeitlicher Folge oder gar von mehreren an einem Tag sollte aus der Rechnung heraus erkennbar sein. Die GOÄ fordert das nicht, um unnötige Nachfragen zu vermeiden, sollte man aber so vorgehen. Entsprechend sollten die Diagnoseangaben die Notwendigkeit häufiger Hausbesuche erkennen lassen. Bei mehreren Hausbesuchen an einem Tag sollten diese einzeln und mit verschiedenen Uhrzeiten angeführt werden. Dies ermöglicht dann auch die Einhaltung der Bestimmung, wonach Zuschläge in der Rechnung unmittelbar im Anschluss an die auslösende Leistung angeführt werden müssen.

    Zuschläge

    Zur Nr. 50 GOÄ sind die Zuschläge des Abschnitts B V der GOÄ (E ff.) berechnungsfähig.

     

    MERKE | Die Zuschläge zu Nr. 51 sind nur mit dem halben Satz berechnungsfähig und F bis H sind nicht zu Nr. 48 GOÄ berechenbar.

     

    Der Zuschlag „E“ (dringende Ausführung) setzt kein Verlassen der Praxis oder Sprechstunde voraus. Auch wenn der Besuch von der Wohnung des Arztes erfolgt, kann „E“ berechnet werden - entscheidend ist die dringliche Anforderung und Durchführung. Dazu, was „unverzüglich“ ist, vergleichen Sie bitte den Beitrag in AAA 12/2013, Seite 2.

     

    Beachten Sie | Um den Beitrag nicht zu überfrachten, werden wir weitere Hinweise zu den Zuschlägen E bis K2 in einem Folgebeitrag behandeln.

    Zuschlag A beim Hausbesuch

    Die Berechenbarkeit des Zuschlags A anlässlich eines Hausbesuchs haben wir in AAA 5/2013, Seite 21 ausführlich dargestellt. Der darin erwähnte Versuch mancher GOÄ-Experten, die Berechenbarkeit auf den Mittwochnachmittag einzugrenzen, läuft offensichtlich ins Leere. Nur ein einziger Fall wurde in einem Internet-Forum zur Privatabrechnung berichtet, wo jemand die Berechenbarkeit anlässlich eines Hausbesuchs in der Mittagszeit infrage stellte. Dieser Fall war schnell mit dem Hinweis erledigt, dass der Zuschlag A nicht zum Hausbesuch, sondern zu der außerhalb der Sprechstunde erbrachten Leistung nach Nr. 7 GOÄ berechnet wird.

     

    Hinweis | In diesem Beitrag ist die Systematik der Abrechnung von Hausbesuchen nach der GOÄ berücksichtigt und es sind die häufigsten Fragen aus der Praxis aufgegriffen worden. Bitte beachten Sie jedoch zu einzelnen anderen Leistungen außer der Nr. 50 GOÄ (sowie deren Bestimmungen) unsere Beiträge im Archiv von AAA unter www.aaa.iww.de. Gerne können Sie Ihre weiteren Fragen auch im Rahmen unseres Leserservices stellen.

    Quelle: Ausgabe 04 / 2014 | Seite 6 | ID 42585268