· Fachbeitrag · GOÄ-Themen im Fokus
Behandlungsfall nach GOÄ ‒ so vermeiden Sie die Quartalsfalle!
von Dieter Jentzsch, GOÄ-Experte für Büdingen Med
| Zahlreiche Arztpraxen verlieren Jahr um Jahr viel Geld dadurch, dass sie die Möglichkeiten der GOÄ nicht optimal nutzen. Eine besondere Rolle nimmt der Begriff des Behandlungsfalls in der GOÄ ein. Abgegrenzt gegenüber der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ist er im GOÄ-Bereich völlig anders zu verstehen ‒ mit Chancen und Risiken für das Honorar. |
Behandlungsfall nach GOÄ
Der Behandlungsfall nach GOÄ ist eine wirkliche Besonderheit. Für die Liquidation nach GOÄ zählen die erbrachten Einzelleistungen kombiniert mit dem Begriff des Behandlungsfalls. Die einschlägige Regel in der GOÄ lautet eher kryptisch:
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Etwas einfacher ausgedrückt: Ein Behandlungsfall beginnt für ein und dieselbe Krankheit am Folgetag des folgenden Monats von Neuem.
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Wird ein Patient am 03.06.2025 erstmals wegen einer Krankheit behandelt, beginnt für dieselbe Krankheit der neue/nächste Behandlungsfall bereits am 04.07.2025! |
Eine neue bzw. weitere eigenständige Diagnose innerhalb dieser Monatsfrist löst nochmals einen neuen Behandlungsfall aus. Dadurch können Leistungen, die laut GOÄ „nur einmal im Behandlungsfall“ gemeinsam mit weiteren GOÄ-Positionen berechnet werden dürfen, innerhalb des neuen Behandlungsfalls auch erneut angesetzt werden.
Teure Missverständnisse zu den Ausschlüssen vermeiden
Auch die oben unter Punkt 2 genannte Beschränkung führt zu kostspieligen Missverständnissen. Richtig ist, dass die Nrn. 1 und/oder 5 im selben Behandlungsfall nur einmal gemeinsam mit Leistungen aus den Abschnitten C bis O ansatzfähig sind. Aber richtig ist auch, dass eine solche Kombination aus den Nrn. 1 und 5 GOÄ plus weitere Leistungen aus den Abschnitten C bis O nicht zwingend für den ersten Arzt-Patienten-Kontakt (APK) innerhalb des Behandlungsfalls reserviert ist.
Stehen die Nrn. 1 und 5, 6, 7 oder 8 GOÄ jeweils alleine, können sie so oft berechnet werden, wie medizinisch notwendig und vollständig erbracht. Die besser vergüteten Untersuchungspositionen gemäß den Nrn. 6, 7, oder 8 GOÄ sind neben Leistungen der Abschnitte C bis O nicht beschränkt!
Ein weiterer Aspekt betrifft Nr. 3 GOÄ, die nur einmal im Behandlungsfall angesetzt werden kann ‒ es sei denn, es wird ein triftiger Grund genannt, weshalb wegen derselben Krankheit eine weitere längere Beratung nach Nr. 3 GOÄ nötig war. Allerdings ist beim Ansatz der Nr. 3 GOÄ zu beachten, dass diese
- nur alleine stehend oder ausschließlich kombiniert mit den
- Nrn. 5, 6, 7, 8, 800, 801 GOÄ abgerechnet werden darf.
Weitere Leistungen der Abschnitte C bis O schließen den Ansatz der Nr. 3 GOÄ aus.
Auch Nr. 4 GOÄ (Fremdanamnese) kann nur einmal im selben Behandlungsfall berechnet werden.
Manchmal ist weniger mehr ‒ Weglassen erbrachter Leistungen ist erlaubt!
Die GOÄ und das System „Behandlungsfall“ bergen noch einen wesentlichen Vorteil: Im Gegensatz zur KV-Abrechnung ist es gegenüber Selbstzahlern erlaubt, erbrachte Leistungen nicht abzurechnen, wenn sich durch die Liquidation anderer erbrachter Leistungen ein höheres Honorar ergibt.
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07.05.2025: Abrechnung der Nrn. 1, 7, 651 GOÄ, d. h. Beratung, vollständige Untersuchung, EKG 09.05.2025: Abrechnung der Nrn. 1, 5, 250 GOÄ, d. h. Beratung, symptombezogene Untersuchung, Blutentnahme
Kalkulation: Die Blutentnahme für 4,20 Euro (2,3-fach) ist geringer bewertet als die Kombination der Nrn. 1 und 5 GOÄ mit 21,44 Euro. Die Blutentnahme wurde erbracht, dies ist zu dokumentieren. Ihr Ansatz neben den Nrn. 1 und 5 GOÄ ist am 09.05.2025 jedoch nicht wirtschaftlich, weil das höhere Honorar für die Nrn. 1 und 5 GOÄ dadurch wegfiele. Unterbleibt aus dem oben beschriebenen Grund der Ansatz gering bewerteter Leistungen (z. B. Nr. 200 oder Nr. 252 GOÄ) und sind dafür Auslagen angefallen (z. B. Verbandmaterial oder injizierte Medikamente), dürfen die Auslagen nach Maßgabe des § 10 GOÄ angesetzt werden. |
FAZIT | Das „System Behandlungsfall“ ist eine Besonderheit der GOÄ-Abrechnung ‒ wird der Behandlungsfall nicht richtig angewandt, können vermeidbare Honorarverluste entstehen.
Daneben erlaubt es den Ärztinnen und Ärzten insbesondere im GOÄ-Bereich, zu dem auch IGeL gehören, ihre erbrachten Leistungen zu einem für sie wirtschaftlich sinnvollen Zeitpunkt zu liquidieren. |