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  • · Fachbeitrag · GOÄ

    Nr. 15 GOÄ für Chroniker ‒ die verdeckte Pauschale

    von Dr. Dr. med. Peter Schlüter, Östringen-Tiefenbach

    | Pauschalen im EBM wie z. B. die Chronikerzuschläge kennt die GOÄ im Grunde nicht. Die Abrechnung verläuft vielmehr über Einzelleistungen. Doch keine Regel ohne Ausnahme: Betrachtet man die Gebühr nach Nr. 15 GOÄ, so liegt durchaus der Vergleich mit den Chronikerpauschalen des EBM nahe. Schließlich wird mit der Gebühr nach Nr. 15 der Aufwand für die medizinische Begleitung chronisch Kranker honoriert. Da diese Leistungsinhalte zwar recht offen formuliert, aber gleichzeitig komplex sind, treten häufig Fehler auf, die es zu vermeiden gilt. |

    Abrechnungsvoraussetzungen für Nr. 15 GOÄ

    Die Nr. 15 GOÄ weist klar definierte Leistungsinhalte auf, die zwingend zu erbringen sind, um die Gebühr ordnungsgemäß abrechnen zu können. Gerade wegen des komplexen Leistungsinhalts dieser Ziffer gibt es bei der Abrechnung immer wieder Schwierigkeiten mit den Privatversicherungen.

     

    GOÄ
    Legende
    Euro/2,3-fach

    15

    Einleitung und Koordination flankierender therapeutischer und sozialer Maßnahmen während der kontinuierlichen ambulanten Betreuung eines chronisch Kranken

     

    • Die Leistung nach Nr. 15 darf nur einmal im Kalenderjahr berechnet werden.
    • Neben der Leistung nach Nr. 15 ist die Leistung nach Nr. 4 im Behandlungsfall nicht berechnungsfähig.
    • Nr. 15 darf nicht neben den Nrn. 3, 4, 33, 34, 45, 46 und 435 berechnet werden.

    40,22

     

    Die Betreuung chronisch Kranker einschließlich der Koordination therapeutischer und sozialer Maßnahmen gehört zu den zentralen Aufgaben des Hausarztes. Die GOÄ enthält mit der Nr. 15 eine für diese Aufgaben spezielle Leistungsposition. Für die Abrechnung der Nr. 15 sind drei Aspekte interessant.

     

    1. Voraussetzung: Einleitung und Koordination flankierender Maßnahmen

    Abrechnungsvoraussetzung ist erstens die Einleitung und Koordination flankierender therapeutischer und sozialer Maßnahmen. Es handelt sich um Tätigkeiten, die neben der direkten „Arbeit am Patienten“ anfallen, nämlich in der Zusammenarbeit mit externen Leistungserbringern.

     

    Angesprochen ist hier die ganze Bandbreite der Betreuung eines Patienten. Dazu zählen:

    • Veranlassung der therapeutischen Mitbehandlung durch einen anderen Arzt oder eine ermächtigte ärztlich geleitete Einrichtung.
    • Verordnung von Arznei-, Heil- und Hilfsmitteln.
    • Mitbehandlung durch einen ambulanten oder stationären Rehabilitationsträger.
    • Gespräche mit dem Arbeitgeber über die Bedingungen am Arbeitsplatz oder die Möglichkeiten zu einer stufenweisen Wiedereingliederung in den Arbeitsprozess.
    • Kontakt mit der Schule bei Gesundheitsproblemen von Kindern und Jugendlichen.
    • Einleitung und Koordination der Tätigkeit von ambulanten Pflegediensten.
    • Gespräche mit Familienangehörigen über die soziale Betreuung des Patienten.

     

    Diese Punkte müssen nicht alle erfüllt sein. Es handelt sich vielmehr um eine beispielhafte Aufzählung verschiedener infrage kommender Leistungen. Die Maßnahmen sollen fortlaufend im Sinne einer positiven Beeinflussung des Behandlungs- und Betreuungsprozesses sein.

     

    Ein Hinweis auf der Rechnung zu Nr. 15 GOÄ schafft Klarheit. Beschreiben Sie mit ein oder zwei Schlagworten, wie diese Maßnahmen aussehen. Es sollte nachvollziehbar sein, welche therapeutischen und welche sozialen Maßnahmen eingeleitet wurden. Das erspart Rückfragen und Diskussionen.

     

    Beispiele für therapeutische Maßnahmen:

    • Einleitung von Krankengymnastik
    • Verordnung einer Logopädie-Behandlung
    • Einleitung von Ergotherapie
    • Vor- und Nachbereitung von Klinik- und Kuraufenthalten

     

    Beispiele für soziale Maßnahmen:

    • Kontakt zu Pflegeheimen, Pflegediensten, sozialen Einrichtungen
    • Kontakt zu Krankenversicherungen
    • Kontakt zu Sozialarbeitern
    • Kontakt zu Arbeitgebern, Lehrern, Betreuern bei beruflicher Wiedereingliederung über Bedingungen am Arbeitsplatz, Schule oder Kindergarten bzw. die Möglichkeiten einer stufenweisen Eingliederung
    • Initiierung der Wohnungsauflösung bis zum Übergang in eine Pflegeeinrichtung
    • Kontakt zum ambulanten Pflegedienst, zu „Essen auf Rädern“ oder der Krankenkasse wegen einer Haushaltshilfe

     

    MERKE | Die beschriebenen Koordinationsleistungen von sozialen und therapeutischen Maßnahmen können übrigens auch von verschiedenen Ärzten (verschiedener Fachrichtungen) parallel wahrgenommen werden. In diesem Fall könnten mehrere Ärzte die Nr. 15 GOÄ berechnen.

     

    In jedem Fall sollten die jeweils eingeleiteten bzw. koordinierten Maßnahmen in der Patientenakte mit Textbausteinen (das vereinfacht die Dokumentation) vermerkt werden, damit bei ggf. auftretenden Nachfragen darauf zurückgegriffen werden kann.

     

    2. Voraussetzung: kontinuierliche ambulante Betreuung

    Zweitens ist die kontinuierliche ambulante Betreuung eines chronisch Kranken erforderlich. Der Umfang der notwendigen Betreuung ist nicht verbindlich festgelegt.

     

    MERKE | Als Faustregel kann gelten, dass erst nach drei Arzt-Patienten-Kontakten von einer kontinuierlichen Betreuung gesprochen werden kann.

     

    Eine einmalige Konsultation berechtigt nicht zur Berechnung der Nr. 15. Vor allem auch die Tatsache, dass die Nr. 15 nur einmal im Kalenderjahr berechnungsfähig ist, legt nahe, dass diese nicht gleich zu Beginn eines Jahres abgerechnet werden kann.

     

    3. Voraussetzung: chronisch kranker Patient

    Drittens muss es sich bei der Koordination der flankierenden Maßnahmen um einen chronisch kranken Patienten handeln. Auch hier fehlt eine verbindliche Definition. Chronisch Kranke benötigen eine kontinuierliche ärztliche Betreuung über mindestens ein Jahr. Unstrittig ist dies beispielsweise bei der Behandlung von:

    • Diabetes mellitus
    • Zustand nach Apoplex mit Hemiplegie
    • Morbus Hodgkin
    • Systemischen Erkrankungen, z. B.
      • COPD
      • Asthma
      • Bösartige Tumore (Karzinome)
      • Hypertonie

     

    Die Ziffer ist aber auch bei Krankheiten mit Aussicht auf Heilung abrechenbar, wenn die sonstigen Voraussetzungen erfüllt sind.

    Abrechnung der Nr. 15 GOÄ nicht an einen APK gebunden

    Die Leistungsposition Nr. 15 stellt eine Betreuungspauschale dar. D. h., dass die Abrechnung nicht an einen bestimmten Arzt-Patienten-Kontakt (APK) gebunden ist, sondern zu irgendeinem Zeitpunkt (wenn die Leistungsinhalte erfüllt sind) in Rechnung gestellt werden kann. Das ist wichtig im Zusammenhang mit den Abrechnungsausschlüssen. So besteht gegenüber den Nrn. 3, 33, 34 und 435 ein Leistungsausschluss entsprechend der Formulierung „nicht neben“. Diese Formulierung bezieht sich auf dieselbe Sitzung. Die Ausschlussregelung bezüglich der Nr. 4 bezieht sich auf den Behandlungsfall (Zeitraum von einem Monat nach erster Inanspruchnahme wegen derselben Erkrankung).

     

    PRAXISTIPP | Um eine angemessene Abgeltung der erbrachten Leistungen zu erhalten, sollte die Nr. 15 GOÄ daher grundsätzlich unabhängig von einem APK abgerechnet werden. Es bietet sich an, die Nr. 15 jeweils zum Jahresende hin abzurechnen. Überprüfen Sie die Abrechnung durch eine Statistik, um dieses Honorar nicht zu verschenken!

     
    Quelle: Ausgabe 09 / 2020 | Seite 7 | ID 45983106