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  • · Fachbeitrag · Sozialrecht

    Fragwürdiges Vorgehen der Krankenkassen:Ärzte werden mithilfe ihrer Patienten kontrolliert

    von Rechtsanwältin Dr. Anna Lauber, LL.M., Kanzlei am Ärztehaus, Münster

    | Immer häufiger bitten Krankenkassen ihre Versicherten, Fragebögen zu ihren behandelnden Ärzten auszufüllen. In den Fragebögen geht es neben Fragen nach der Zufriedenheit mit Terminvergabe, Wartezeit und Beratung häufig um konkrete Fragestellungen zu ganz bestimmten Leistungen oder Behandlungen sowie zu der Art und Weise, in der sie durch den Arzt durchgeführt worden sind. Sind diese Befragungen zulässig? |

     

    Kontrolle des Abrechungsverhaltens rechtlich fragwürdig

    Die Patientenbefragungen haben oft den Hintergrund, dass Krankenkassen über diesen Weg das Abrechnungsverhalten der Ärzte überprüfen wollen. Abgesehen von der zweifelhaften Aussagekraft dieser Befragungen - wie soll ein Patient angewandte Untersuchungs- oder Behandlungsmethoden beurteilen? - ist vor allem festzuhalten, dass sie auf sehr unsicherer Rechtsgrundlage stattfinden.

     

    Krankenkassen sind zwar nach den §§ 284, 285 SGB V ausdrücklich befugt, zur Durchführung von Wirtschaftlichkeitsprüfungen, Qualitätsprüfungen und Plausibilitätsprüfungen Einzelangaben über Versicherte zu erheben und zu speichern. Eine Patientenbefragung zu erhaltenen Arztleistungen kann auf diese Vorschriften des Sozialgesetzbuchs jedoch nicht gestützt werden.

     

    Erlaubt sind Patientenbefragungen gemäß § 51 Abs. 3 Ersatzkassenvertrag und § 60 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä). Jedoch nur unter der Voraussetzung, dass die Befragung durch eine Ersatzkasse im Rahmen eines Disziplinarverfahrens in Bezug auf die Behandlung durch einen Vertragsarzt vorgenommen wird. Und auch nur dann, wenn die notwendige Aufklärung des Sachverhalts ohne eine Befragung nicht möglich ist. Ferner darf die Patientenbefragung nur im Benehmen mit der zuständigen KV erfolgen. Bei der Befragung ist darauf zu achten, dass durch Form und Art der Befragung Ansehen und Ruf des Vertragsarztes nicht geschädigt werden. Eine fernmündliche oder formularmäßige Befragung ist gemäß § 51 Ersatzkassenvertrag unzulässig. Bei der Befragung gemäß § 60 BMV-Ä ist ebenfalls darauf zu achten, dass sie gezielt und individualisiert erfolgt.

    Befragung wegen vermeintlicher Falschabrechnung nicht ungeprüft erlauben

    Ärzten, die von einer Befragung ihrer Patienten durch eine Krankenkasse im Rahmen vermeintlicher Falschabrechnungen erfahren, ist zu raten, zunächst anwaltlich prüfen zu lassen, ob die Voraussetzungen für eine Patientenbefragung überhaupt vorliegen und die inhaltlichen Anforderungen an die Befragungstechnik eingehalten sind. Erst dann lassen sich Aussagen darüber treffen, ob die Ergebnisse der Befragungen im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens oder sogar im Rahmen eines Klageverfahrens zu Beweiszwecken gegen den Arzt verwendet werden können.

    Quelle: Ausgabe 02 / 2012 | Seite 20 | ID 31415640