Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • 01.12.2007 | Verordnung

    Regressgefahr bei Verordnungen von nicht für Kinder zugelassenen Arzneimitteln!

    von Rechtsanwalt Dr. Ronny Hildebrandt, Dierks + Bohle Rechtsanwälte, Berlin, www.db-law.de

    Nach wie vor sind nur vergleichsweise wenig Arzneimittel in klinischen Studien an Kindern geprüft und für diese zugelassen. Mit Stand vom 24. November 2006 waren dies von den im Zuständigkeitsbereich des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) zugelassenen 53.608 Arzneimitteln gerade einmal 20 Prozent. Daher müssen Pädiater häufig auf Arzneimittel für Erwachsene zurückgreifen, um ihre kleinen Patienten adäquat behandeln zu können.  

     

    In diesem Zusammenhang ist es unerlässlich, die Dosierungen anzupassen. Das Fehlen von eigens für Kinder angepassten Arzneimitteln führt jedoch zu Problemen. So erhöhen beispielsweise die fehlenden Dosierungsinformationen in der Fachinformation das Risiko von Nebenwirkungen. Zudem geht der therapeutische Fortschritt noch viel zu oft an Kindern vorbei. Daher hat der europäische Gesetzgeber gehandelt und eine Verordnung über Kinderarzneimittel erlassen, die Anfang des Jahres in Kraft getreten ist. Sie soll den Arzneimittelherstellern Anreize schaffen, eine (gegebenenfalls auch nachträgliche) Zulassung ihrer Arzneimittel für die Anwendung bei Kindern anzustreben. In der Zwischenzeit werden Pädiater aber weiterhin gezwungen sein, „Erwachsenenarzneimittel“ bei Kindern einzusetzen, wenn zugelassene Alternativen fehlen.  

    Der Fall

    Ein sogenannter „Off-Label-Use“ von Arzneimitteln in der Kinderheilkunde könnte allerdings zur Regressfalle werden, wenn sich die anlässlich einer mündlichen Verhandlung vom 7. November 2007 geäußerte Rechtsauffassung der 3. Kammer des Sozialgerichts (SG) Schwerin (Az: S 3 KA 70/05) durchsetzen sollte. In dem zugrundeliegenden Fall hatte eine Kinderärztin einem eineinhalbjährigen Patienten ein Arzneimittel verordnet, das EU-weit zur Behandlung mittelschwerer bis schwerer atopischer Dermatitis bei Patienten zugelassen ist, die auf die Standardbehandlung nicht ausreichend ansprechen. Neben der Anwendung bei Erwachsenen ist laut Fachinformation eine Anwendung dieses Präparats bei Kindern ab zwei Jahren zugelassen. Eine Anwendung des Arzneimittels bei Kindern unter zwei Jahren wird nicht empfohlen, da ausweislich der Fachinformation hierzu bislang keine Daten vorliegen.  

     

    Die Krankenkasse des Patienten hatte die Verordnung als unzulässig beanstandet und einen Antrag auf Feststellung eines sonstigen Schadens gestellt. Sowohl der Prüfungsausschuss als auch der Beschwerdeausschuss gaben dem Antrag der Krankenkasse statt und setzten einen Regress gegen die Ärztin in Höhe der Verordnungskosten mit der Begründung fest, dass die Ärztin das Präparat außerhalb der zugelassenen Indikation, nämlich bei einem Kind unter zwei Jahren verordnet habe.  

    Entscheidungsgründe des Sozialgerichts