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  • Recht

    Kann der Arzt bei einem nicht zum Termin erschienenen Patienten ein Ausfallhonorar verlangen?

    Ärzte ärgern sich häufig darüber, daß Patienten vereinbarte Termine nicht einhalten, ohne rechtzeitig abzusagen, oder die Absage erst sehr kurzfristig kommt. Hier stellt sich dann die Frage, ob dem Patienten ein “Ausfallhonorar” in Rechnung gestellt werden kann. So schreibt beispielsweise ein Leser: “Welche Gebühren kann ich in Rechnung stellen, wenn der Patient einen vereinbarten Akupunkturtermin (45 Minuten Behandlungzeit) nicht wahrnimmt, ohne rechtzeitig (48 Stunden vorher) abzusagen? Muß auf der Rechnung der Betrag als ‘Ausfallgebühr’ ausgewiesen werden?”

    Die rechtlichen Grundlagen im Überblick

    Mit der Terminvereinbarung schließt der Patient mit dem Arzt einen Behandlungsvertrag. Grundsätzlich kann der Patient diesen Vertrag jederzeit kündigen, auch wenn kein wichtiger Grund vorliegt. Entsteht dem Arzt daraus jedoch ein wirtschaftlicher Schaden derart, daß er in der für den Patienten reservierten Zeit keine anderen Leistungen erbringen kann, so ist damit ein Erstattungsanspruch entstanden. Der Arzt ist nämlich grundsätzlich nicht verpflichtet, die Leistung zu einem anderen Zeitpunkt zu erbringen (Nachleistung) und dann den Schaden als ausgeglichen zu betrachten. Es spielt im übrigen keine Rolle, ob und aus welchen Gründen der Patient überhaupt nicht erscheint oder unpünktlich ist, ausschlaggebend ist der entstandene Schaden.

    Unter welchen Voraussetzungen kann ein Ausfallhonorar geltend gemacht werden?

    Eine wesentliche Voraussetzung für die Geltendmachung von Ansprüchen ist die Vereinbarung eines festen Termins. Eine ungefähre Angabe wie “Kommen Sie in meiner Sprechstundenzeit, etwa zwischen 17 und 1730 Uhr” läßt den Schluß zu, daß der Arzt die Zeit anderweitig nutzen konnte. Als bei eventuellen Auseinandersetzungen sehr hilfreich hat es sich erwiesen, den Patienten bereits bei der Terminvereinbarung darauf hinzuweisen, daß der Termin eigens für ihn reserviert ist und die Zeit bei Unpünktlichkeit oder Nichterscheinen nicht anderweitig genutzt werden kann. Daraus folgt also: Sie müssen

    • einen festen Behandlungstermin mit dem Patienten vereinbaren,
    • ihn darüber informieren, daß die Zeit für ihn reserviert ist, sowie
    • bei Nichterscheinen oder Unpünktlichkeit die reservierte Zeit in Rechnung stellen.

    Keine Regel ohne Ausnahme

    Ausnahmsweise kann jedoch der Arzt dann kein Ausfallhonorar verlangen, wenn der Patient aus verständlichen Gründen fernbleibt und es dem Arzt zuzumuten ist, die Leistung nachzuholen. Die juristischen Feinheiten dazu können wir hier aus Platzgründen nicht näher erörtern. Vernünftigen Patienten gegenüber wird ohnehin kein Arzt die Sache auf die Spitze treiben.

    Ersparnisse werden angerechnet

    Erscheint der Patient trotz einer - möglichst schriftlich zu treffenden - Vereinbarung nicht, so kann sich der Arzt aber noch nicht über die “bezahlte Freizeit” freuen. Kann er nämlich irgendwie anderweitig eine mit Erwerb verbundene Tätigkeit ausüben, so muß er dies nutzen. Bei der Berechnung der Ausfallentschädigung muß er sich auch anrechnen lassen, was er durch die Nichttätigkeit gespart hat (zum Beispiel Sachmittel).

    Wem gegenüber wird abgerechnet?

    Der Erstattungsanspruch gilt auch gegenüber dem Kassenpatienten. Er kann aber nicht auf “Krankenschein” abgerechnet werden. Sowohl bei Kassen- als auch bei Privatpatienten ist somit der Patient selbst in voller Höhe zur Zahlung verpflichtet.

    Was kann berechnet werden?

    Die Höhe des Erstattungsanspruchs besteht in der Höhe des entgangenen Honorars abzüglich eventueller Ersparnisse. In der Praxis hat sich aber deren Höhe oft als strittig und besonders der Nachweis als schwierig erweisen, daß in der Wartezeit keine andere Erwerbstätigkeit möglich war. Gebräuchlich, aber rechtlich umstritten, ist die Vereinbarung von Pauschalen. Die Berechnung der Verweilgebühr (Nr. 56 GOÄ) - letztere ist ja tatsächlich inhaltlich ähnlich und war deshalb noch in der GOÄ von 1965 ausdrücklich auch für den Fall des Fernbleibens des Patienten als berechenbar ausgewiesen - wird von der Rechtsprechung abgelehnt.

    Auch der Arzt kann zahlungspflichtig sein!

    Auch der umgekehrte Fall ist denkbar: Ein Arzt erbringt die dem Patienten geschuldeten Leistungen nicht oder nur sehr unpünktlich. Zwar ist ein Arzttermin “flexibel”, ein hartnäckiger Patient kann jedoch dem Arzt einen eventuell entstandenen Verdienstausfall in Rechnung stellen. Nach der vorliegenden Rechtsprechung sind Wartezeiten von bis zu 30 Minuten zumutbar. Geht es darüber hinaus, muß der Arzt den Patienten informieren, so daß dieser sich entscheiden kann, ob er noch länger warten oder gehen soll.

    Fazit

    Die Berechnung eines Ausfallhonorars kommt - noch - relativ selten vor. Die in diesem Beitrag geschilderte schriftliche Vereinbarung hilft aber gerade bei “schwierigen” Patienten, Streitfälle erst gar nicht entstehen zu lassen. Da viele Ärzte immer häufiger feste Termine, manchmal auch außerhalb der Sprechstundenzeiten, vereinbaren, wird dies immer wichtiger. Bei Beachtung der Regeln zeigt sich jedoch, daß die Vereinbarung beinahe ausnahmslos von den Patienten akzeptiert wird.

    Quelle: Abrechnung aktuell - Ausgabe 03/1997, Seite 9

    Quelle: Seite 9 | ID 99586