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  • Impfleistungen

    Die Impfung: Abrechnungs-Wirrwarr um eine finanziell interessante Leistung

    In den Publikumsmedien häufen sich in jedem Herbst die Aufrufe zur Grippeimpfung. Sie können das zum Anlass nehmen, jetzt eine Impfinitiative in Ihrer Praxis zu starten. Allerdings ist die Grippeimpfung auch mit Problemen behaftet. Denn die Impfung ist erst dann sinnvoll, wenn die häufig wechselnden Erregertypen feststehen. Doch sobald die klar sind, bieten viele Stellen – zum Beispiel Gesundheitsämter oder Unternehmen – kostenlose Impfungen an.

    Impfen – wann Kasse und wann IGEL?

    Insgesamt herrscht ein ziemlicher Wirrwarr bei der Abrechnung von Impfleistungen. Grundlage für die Abgrenzung von Kassen- und Privatleistungen waren bislang die Impfvereinbarungen zwischen der KBV und dem Verband der Angestellten-Krankenkassen bzw. dem Arbeiter-Ersatzkassen-Verband. Diese Definitionen galten auch für den Leistungsumfang der Ersatzkassen. Als Kassenleistungen konnten danach die in der Vereinbarungen aufgeführten Impfungen – Diphterie, FSME, HIB, Hepatitis A und B, Virusgrippe, Masern, Mumps, Pertussis, Pneumokokken-Infektion, Polio, Röteln, Tetanus und Tollwurt (§ 1 Abs.1) – abgerechnet werden. Da der Gesamtvertrag aber zum 1. September erloschen ist, kann jetzt jede regionale KV auch mit den Ersatzkassen einen Vertrag schließen. Das war bisher nur bei Primärkassen nötig. Da nun auch Krankenkassen Verträge mit Ärzten schließen, wird das Durcheinande jetzt noch größer.

    Hinweis: Fragen Sie in Ihrer KV nach, ob die Verträge unter Dach und Fach sind. Stellt sich heraus, dass entsprechende Verträge noch nicht geschlossen sind und Sie keinen Einzelvertrag haben, müssen Sie auch die von der STIKO empfohlenen Inlandsimpfungen bei Kassenpatienten privat abrechnen und ein Privatrezept ausstellen.

    Kosten für Auslandsreise-Impfungen übernehmen oft die Kassen

    Schutzimpfungen, die Patienten ausschließlich wegen geplanter Auslandsreisen von Ihnen verlangen, sind grundsätzlich keine Kassenleistungen. Diese Regelung ist zwar methodisch sauber, aber in der Praxis oft nicht brauchbar. Dazu ein Beispiel: Wenn ein Patient anlässlich einer Reise nach einer Impfung verlangt, die in einer Impfvereinbarung als Kassenleistung ausgewiesen ist (zum Beispiel die Polio-Impfung), kann er die auch auf Chipkarte erhalten! Diese Impfung ist nämlich auch in Deutschland indiziert. Kein Arzt wird folglich das Risiko eingehen, dass ein Patient sich nachher bei seiner Kasse über die Privatrechnung beschwert und dabei den Anlass entweder verschweigt oder vom Kassenmitarbeiter auf die Möglichkeit der Chipkartenabrechnung hingewiesen wird.

    Da die Primärkassen regelmäßig die Kosten übernehmen, wenn die Impfung auch im Inland empfohlen ist, werden auch Ersatzkassen die Kassenleistung kaum in Abrede stellen. Denn für eine Auseinandersetzung um die Impfkosten würden die betroffenen Patienten wenig Verständnis haben. Klar ist damit aber, dass Impfleistungen, die im Inland nicht empfohlenen werden – zum Beispiel Gelbfieber, Cholera –, unbedingt privat zu liquidieren sind.

    Abrechnung entweder nach regionalen bzw. individuellen Impfvereinbarung oder als Privatleistung nach GOÄ oder UV-GOÄ

    Die Impfvereinbarungen erhalten Sie aktuell bei Ihrer KV. Wenn darin kein Hinweis auf die STIKO-Empfehlungen enthalten ist, müssen Sie entscheiden, ob die Impfung auch im Inland indiziert und damit Kassenleistung ist. Impfungen außerhalb der STIKO-Empfehlungen sollten Sie vermeiden. Solche Impfungen können ein erhebliches Haftungsrisiko bei Ihnen auslösen.

    Tipp: In Zweifelsfällen muss sich jeder einzelne Patient zunächst bei seiner Kasse nach deren Leistungsbereitschaft erkundigen. Es ist kaum möglich, in jedem Einzelfall den Überblick zu behalten. Das ist für Sie aber kein Freibrief! Natürlich gehört die Kenntnis der regionalen Impfvereinbarungen auch zu Ihren Berufspflichten als Vertragsarzt.

    Was gilt bei der Abrechnung mit anderen Kostenträgern?

    • Für Impfungen bei beruflicher Notwendigkeit eines Arbeitnehmers kann der Arbeitgeber aufkommen. Wie bei den Wunschimpfungen erfolgt dann die Abrechnung nach GOÄ.
    • Bei Selbstständigen, die eine Impfung aus beruflicher Notwendigkeit in Anspruch nehmen, sowie bei Personen, die eine Impfung wegen einer Freizeitbetätigung brauchen, kommt die jeweilige Kasse – egal ob gesetzlich oder privat – für diejenigen Impfungen auf, die sich auf die Impfvereinbarung bzw. die STIKO-Richtlinien beziehen.
    • Bei einem Arbeitsunfall oder einer anerkannten Berufskrankheit ist die Berufsgenosenschaft der Kostenträger. Die Abrechnung erfolgt nach UV-GOÄ und BG-Rezept.
    • Der Leistungsumfang bei Impfungen für Mitglieder der Postbeamtenkrankenkasse, Zivildienst, Bundeswehr und Bundesgrenzschutz ist wie bei den anderen Kassen eine Angelegenheit regionaler Vereinbarungen. Erkundigen Sie sich bei Ihrer KV,ob solche Vereinbarungen vorliegen. Ansonsten ist auch hier nur eine IGEL-Impfung mit der Variante der Kostenerstattung möglich.

    Bei Privatpatienten kann die Erstattungslage ähnlich verwirrend sein wie bei Kassenpatienten. So beziehen sich viele Versicherungsverträge auf die GKV-Bestimmungen, besonders auf den Ersatzkassenvertrag. So gilt auch dort der Rat, dass die Patienten zunächst die Erstattung mit ihrer Versicherung besprechen sollten.

    Fazit: Die Gemengelage bei Impfungen ist ziemlich undurchsichtig. Nur die Impfungen, die aus privatem Anlass – reisemedizinische Impfungen – erfolgen, können Sie eindeutig als IGEL abrechnen. Bei allen anderen Impfungen kommen Sie nicht darum herum, den derzeitigen Stand der Impfvereinbarungen zu kennen und sich gegebenenfalls bei Ihrer KV zu erkundigen. In verbleibenden Zweifelsfällen ist zu raten, dass der Patient bei seiner Krankenkasse nachfragt. Wenn kein Vertrag vorliegt oder eine Impfung außerhalb eines Vertrages indiziert ist, sollten Sie sich die schriftliche Zustimmung des gesetzlich Versicherten zur Privatliquidation einholen. Diese entspricht der üblichen IGEL-Vereinbarung.

    Tipp: Bei der Privatliquidation – auch bei Kassenpatienten – sind Sie nicht an den Einfachsatz der GOÄ (§ 11 „Zahlung durch öffentliche Leistungsträger“) gebunden. Beachten Sie dabei: Ihr Vertragspartner ist in diesem Fall einzig der Patient, nicht die Krankenkasse! Juristisch umstritten ist allerdings, ob in Impfvereinbarungen auch der Einfachsatz der GOÄ unterschritten werden darf. Führende Arztrechtler verneinen das eindeutig.

    Impfen lohnt sich – für den Patienten und für die Arztpraxis

    Generell sind Impfungen im Interesse der Volksgesundheit sinnvoll. Aber auch im Hinblick auf die Honorierung dieser Leistung ergibt sich für Sie ein lohnender Aspekt: Dadurch, dass Impfungen außerhalb des Budgets vergütet werden, sind sie auch dann finanziell interessant, wenn die Leistung nach den Nrn. 8900 ff. zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen abgerechnet werden muss. Noch deutlich besser rechnet sich natürlich die Impfung auf Privatrechnung – auch bei Kassenpatienten.

    So gewinnen Sie Impfpatienten für Ihre Praxis

    Es ist viel zu zeitaufwendig, jeden potentiellen Impfkandidaten einzeln anzusprechen. Wir empfehlen deshalb, schon im Vorfeld der Grippesaison mit dem Praxisteam eine Strategie festzulegen. Das muss dann von der Identifikation Ihrer Risikopatienten über den Einsatz von Plakaten und die mündliche Ansprache der Patienten bis zu einem Recall-System reichen. Motivieren Sie Ihre Arzthelferinnen durch entsprechende Leistungsanreize!

    Hinweis: Ein Recall-System – per Postkarte, E-Mail oder auch als Kurznachricht auf das Handy (SMS) – erfordert das schriftliche Einverständnis des Patienten. Nur dann ist die Erinnerungsmethode rechtlich unbedenklich. Schreiben Sie die Nachrichten in allgemeiner Form! Stellen Sie keine Empfehlung Ihrer Praxis aus! Vermeiden Sie Terminaufforderungen! Beachten Sie außerdem: Die Daten dürfen nicht weitergegeben werden. Vergessen Sie aber bei aller Vorsicht nicht, dass Recall-Systeme erfolgsträchtig sind.

    Bevorraten Sie Impfstoffe und seien Sie korrekt bei der Abgabe!

    Ist eine Apotheke in der Nähe, können Sie die Impfstoffe rezeptieren. Beachten Sie bei Kassenpatienten, dass der Impfstoff auf einem gesondertem Rezept verordnet werden muss. Weisen Sie Ihre Patienten darauf hin, dass die Impfstoffe erst unmittelbar vor dem Impftermin abgeholt werden dürfen. Geht das nicht, müssen Sie selbst einen Vorrat anlegen. Wichtig dabei: Die Vorräte für gesetzlich und privat Versicherte bzw. IGEL-Patienten müssen getrennt bevorratet und abgerechnet werden. In der Praxis ist es aber üblich, die Impfstoffe für Privatpatienten aus dem Gesamt-Vorrat zu entnehmen und per Privatrezept wieder aufzufüllen.

    So rechnen Sie die Impfleistungen konkret ab

    Bei Kassenleistungen erfolgt die Abrechnung nach den EBM-Nrn. 8900 ff. der jeweiligen vertraglichen Regelung. In allen Fällen der Privatliquidation gilt die GOÄ: Impfziffern sind die Nrn. 375 ff., je nach Art der Impfung. Verwirrung stiftet dabei allenfalls die Bestimmung, dass neben den Nrn. 376 bis 378 die Beratung und die Eintragung in den Impfpass nicht berechenbar sind – siehe dazu die Allgemeine Bestimmung Nr. 3 vor dem Abschnitt C V der GOÄ. Dort ist zwar nur die Beratung nach Nr. 1 genannt, aber die eingehende Beratung nach Nr. 3 ist wegen der Anmerkung zu dieser Ziffer selbst ohnehin nicht neben den Nrn. 375 ff. berechenbar. Das heißt im Umkehrschluss aber auch, dass bei Impfungen nach der Nr. 375 – i.m.- oder s.c.-Schutzimpfung – auch die Nr. 1 berechenbar ist. Die Eintragung in den Impfpass darf nicht extra berechnet werden, sie gehört zur Nr. 375.

    Zu allen Arten der Impfung ist eine Beratung berechenbar, die nicht zu demselben Termin wie die Impfung, sondern an einem anderen Tag erfolgt. So ist die Beratung auch nicht berechenbar, wenn der Patient nur kurz die Praxis verlässt, um in der Apotheke den Impfstoff zu holen. Untersuchungen im Zusammenhang mit der Impfung – je nach Umfang die Nrn. 5 bis 8 der GOÄ – sind neben der Impfleistung berechenbar, wenn sie nicht der „Nachbeobachtung am Tag der Impfung“ dienen (Allgemeine Bestimmung Nr. 2 vor Abschnitt C V GOÄ). Untersuchungen vor dem Impfen oder später als am Impftag sind also nicht ausgeschlossen. Zu beachten ist dabei auch, dass im Falle der Privatliquidation bei Kassenpatienten die Gesamtleistung – also auch die Beratung und Untersuchung – Privatleistung ist. Zur Kassenleistung wird erst eine eventuelle Impfkomplikation.

    Quelle: Abrechnung aktuell - Ausgabe 10/2002, Seite 1

    Quelle: Ausgabe 10 / 2002 | Seite 1 | ID 100097