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  • 03.04.2025 · IWW-Abrufnummer 247415

    Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg: Urteil vom 03.02.2025 – 9 Sa 34/24

    erstößt der Arbeitgeber gegen seine Pflicht nach § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 11 NachwG 2022, den Arbeitnehmer über seinen Urlaubsanspruch zu informieren, und nimmt der Arbeitnehmer keinen Urlaub, entsteht ein Urlaubsabgeltungsanspruch. Der unterliegt tarifvertraglichen Aussschlussfristen. Der Schaden nach § 280 Abs. 1 BGB wegen Verstoßes gegen § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 11 NachwG 2022 besteht darin, dass der Arbeitnehmer keinen Urlaub genommen hat, nicht aber darin, dass der Abgeltungsanspruch durch tarifvertragliche Ausschlussfristen verfallen ist. Bei einem aufklärungsgerechten Verhalten hätte der Arbeitnehmer Urlaub in Anspruch genommen. Die Vermutung aufklärungsgerechten Verhaltens umfasst nicht die fristgerechte Geltendmachung des Urlaubsabgeltungsanspruchs.


    In der Rechtssache
    - Klägerin/Berufungsklägerin -
    Proz.-Bev.:
    gegen
    - Beklagte/Berufungsbeklagte -
    Proz.-Bev.:
    hat das Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg - Kammern Freiburg - 9. Kammer - durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht Tillmanns, die ehrenamtliche Richterin Ballreich und den ehrenamtlichen Richter Herbstritt auf die mündliche Verhandlung vom 03.02.2025
    für Recht erkannt:

    Tenor: 1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Freiburg - Kammern Lörrach - vom 08.05.2024 - 7 Ca 181/23 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen. 2. Die Revision wird für die Klägerin zugelassen.

    Tatbestand

    Die Parteien streiten über Urlaubsabgeltung.

    Die Klägerin war vom 01.06.2021 bis 14.11.2022 aufgrund mehrerer befristeter Arbeitsverhältnisse - zuletzt auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 25.07.2022 - als Gesundheits- und Krankenpflegerin bei der Beklagten beschäftigt. Die Beklagte betreibt Arbeitnehmerüberlassung, vorwiegend an die Kliniken L.. Gemäß § 4 des Arbeitsvertrages erhielt die Klägerin eine Stundenvergütung von 57,00 € brutto nebst Zuschlägen.

    § 5 des Arbeitsvertrages regelt:

    "Der Urlaubsanspruch ist mit der Stundenvergütung abgegolten."

    § 1 Abs. 2 des Arbeitsvertrages lautet:

    "Die Rechte und Pflichten der Arbeitsvertragsparteien bestimmen sich nach den zwischen dem Arbeitgeberverband iGZ und den DGB - Gewerkschaften IG Metall, IG BCE, NGG, GEVV, ver.di, IG Bau, GdP geschlossenen Tarifverträgen für die Zeitarbeitsbranche, bestehend aus dem Mantel-, Entgelt-, Entgeltrahmen- und Beschäftigungssicherungstarifverträgen in ihrer jeweils gültigen Fassung. Dies gilt auch, wenn der Mitarbeiter nicht Mitglied einer DGB Einzelgewerkschaft ist. Die Tarifverträge liegen zur Einsichtnahme in den Geschäftsräumen aus."

    Bestandteil des Arbeitsvertrages war darüber hinaus die "Anlage zum Arbeitsvertrag".

    Im MTV vom 18.12.2019, gültig ab 01.04.2020 und ebenso im MTV in der Fassung vom 01.10.2022 (https://epaper.ig-zeitarbeit.de/igz-dgb-tarifwerk-ab-1-oktober-2022/67269019/24) (fortan MTV) heißt es:

    "§ 6 Urlaub 6.1. Urlaubsgewährung Die Urlaubsgewährung richtet sich nach den Regelungen des Bundesurlaubsgesetzes. ... 6.2. Urlaubsanspruch 6.2.1. Der Urlaubsanspruch des Arbeitnehmers erhöht sich mit zunehmender Dauer der Betriebszugehörigkeit. Der Arbeitnehmer erhält, berechnet nach der Dauer des ununterbrochenen Bestehens des Arbeitsverhältnisses ab dem Jahr 2021 im ersten Jahr einen Jahresurlaub von 25 Arbeitstagen, im zweiten und dritten Jahr einen Jahresurlaub von 27 Arbeitstagen, ab dem vierten Jahr einen Jahresurlaub von 30 Arbeitstagen. ... 6.2.3. Scheidet der Arbeitnehmer im Laufe eines Kalenderjahres aus dem Unternehmen aus oder tritt er im Laufe eines Kalenderjahres ein, so erhält er für jeden vollen Monat des Bestehens des Arbeitsverhältnisses ein Zwölftel des ihm zustehenden Jahresurlaubs, mindestens aber den ihm nach dem Bundesurlaubsgesetz zustehenden Mindesturlaub. 6.2.4. Der Urlaubsanspruch erlischt nach Ablauf des Kalenderjahres, wenn er nicht zuvor erfolglos geltend gemacht wurde oder aus betrieblichen Gründen oder wegen Krankheit nicht genommen werden konnte. In den genannten Fällen wird der Resturlaub in das Folgejahr übertragen. Wird dieser Resturlaub durch den Arbeitnehmer nicht bis spätestens zum 31.03. des Folgejahres in Anspruch genommen, erlischt der Anspruch zu diesem Zeitpunkt. ... § 10 Ausschlussfrist Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht werden. Lehnt die Gegenpartei die Ansprüche schriftlich ab, sind die Ansprüche innerhalb einer weiteren Ausschlussfrist von drei Monaten ab Zugang der schriftlichen Ablehnung gerichtlich geltend zu machen. Ansprüche, die nicht innerhalb dieser Fristen geltend gemacht werden, sind ausgeschlossen."

    Die Klägerin beansprucht Urlaubsabgeltung für 20 Urlaubstage aus dem Jahr 2021 und 16 Urlaubstage aus dem Jahr 2022. Sie hatte in der Zeit ihrer Beschäftigung keinen Urlaub genommen. Im Mai 2023 wurde sie von ihrem Prozessbevollmächtigten darauf aufmerksam gemacht, dass der Ausschluss von Urlaubsansprüchen im Arbeitsvertrag unwirksam ist. Daraufhin forderte die Klägerin mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 05.05.2023 die Abgeltung des Urlaubs von der Beklagten. Sie ist der Auffassung, die Berufung der Beklagten auf die Ausschlussfrist nach dem Manteltarifvertrag Zeitarbeit sei treuwidrig. Durch die Formulierung von § 5 des Arbeitsvertrages habe die Beklagte die Klägerin davon abgehalten, den Urlaub und in der Folge die Urlaubsabgeltung geltend zu machen.

    Vor dem Arbeitsgericht hat sie beantragt:

    Die Beklagte wird kostenpflichtig verurteilt, an die Klägerin 14.348,16 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

    Die Beklagte hat beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Sie hat auf die Ausschlussfristen des MTV verwiesen.

    Das Arbeitsgericht hat die Klage durch das angegriffene Urteil abgewiesen. Zwar habe der Klägerin bei Ausscheiden aus dem Arbeitsverhältnis ein entsprechender Urlaubsabgeltungsanspruch zugestanden, der sei jedoch verspätet geltend gemacht worden und daher nach § 10 Abs. 1 MTV verfallen. Es sei nicht treuwidrig, wenn sich die Beklagte auf die Ausschlussfrist berufe. Die Beklagte habe die Klägerin von der Geltendmachung ihres Urlaubsabgeltungsanspruches nicht abgehalten. Sie habe sie auch nicht von der Geltendmachung des Urlaubsanspruchs im laufenden Arbeitsverhältnis abgehalten. Die Beklagte sei rechtsirrig davon ausgegangen, sie könne den Urlaubsanspruch durch die Stundenvergütung abgelten. Dabei handele es sich jedoch nicht um eine Handlung der Beklagten, mit der die Klägerin von der Geltendmachung ihres Urlaubsanspruches und der Urlaubsabgeltung abgehalten werden sollte. Andernfalls würden alle rechtsungültigen Klauseln in einem Arbeitsvertrag dazu führen, dass auch die Ausschlussfristen nicht gelten würden. Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung unterliegt als reiner Geldanspruch den tariflichen Geltendmachungsfristen. Die Verpflichtung des Arbeitgebers, den Arbeitnehmer auf den drohenden Verfall von Urlaubsansprüchen hinzuweisen und dafür Sorge zu tragen, dass der Arbeitnehmer den Urlaub beansprucht, sei eine reine Mitwirkungsobliegenheit, die zur Folge habe, dass der Urlaubsanspruch nicht verfalle. Es bestünden daher auch keine Schadensersatzansprüche.

    Das arbeitsgerichtliche Urteil vom 08.05.2024 wurde dem Klägervertreter am 06.06.2024 zugestellt. Die Berufung der Klägerin hiergegen ging fristgerecht am 08.07.2024 beim Landesarbeitsgericht ein und wurde innerhalb der aufgrund fristgerechten Antrags bis zum 06.09.2024 verlängerten Berufungsbegründungsfrist fristgerecht am 06.09.2024 begründet.

    Zur Begründung ihrer Berufung führt die Klägerin aus, sie mache mit der Berufung weiterhin vorrangig geltend, dass das Berufen der Beklagten auf die Ausschlussfristen treuwidrig sei. Hilfsweise mache sie aber auch einen Schadensersatzanspruch wegen eines Verstoßes gegen das Nachweisgesetz geltend. Im Einzelnen führt die Klägerin aus, sie habe erst nach der Beratung durch ihren Prozessbevollmächtigten im Mai 2023 Kenntnis von der Unwirksamkeit der Vereinbarung über den Urlaub erlangt und darauf die streitgegenständliche Urlaubsabgeltung mit Schreiben vom 05.05.2023 geltend gemacht. Die Treuwidrigkeit des Verhaltens der Beklagten, sich auf die Ausschlussfristen zu berufen ergebe sich bereits daraus, dass diese mindestens bedingt vorsätzlich gehandelt habe, als sie in Kenntnis der Unwirksamkeit die arbeitsvertragliche Klausel in ihren Musterarbeitsvertrag aufgenommen habe, wonach Urlaubsansprüche mit dem Gehalt abgegolten seien. Die Beklagte habe damit erreichen wollen, dass die Mitarbeiter weder Urlaub nehmen noch Urlaubsabgeltung geltend machen. Damit hat sie aber ihre Mitarbeiter wie auch die Klägerin von der Geltendmachung des Urlaubs bzw. des Urlaubsabgeltungsanspruchs treuwidrig abgehalten. Der Arbeitnehmer dürfe davon ausgehen, dass der Arbeitgeber nur gesetzeskonforme Regelungen in den Arbeitsvertrag aufnehme. Aus diesem Grunde sei das Berufen auf die tarifvertragliche Ausschlussfrist nach Treu und Glauben ausgeschlossen.

    Im Übrigen stehe der Klägerin ein Schadensersatzanspruch zu in Höhe der geltend gemachten Forderung. Die Beklagte habe es unterlassen, die Klägerin über ihren Urlaub und den Verfall des Urlaubs zu informieren. Erst dadurch sei es zum Verfall des Urlaubs gekommen. Die schadensrechtliche Naturalrestitution führe dazu, dass der Urlaubsanspruch nach Ende des Kalenderjahres erhalten bleibe und nicht verfalle. Der Schadensersatzanspruch sei auch erst mit Kenntnis der Klägerin von der tatsächlichen Rechtslage entstanden. Dies sei erst im Mai 2023 der Fall gewesen.

    Darüber hinaus stütze die Klägerin ihren Anspruch auch nachrangig auf einen Schadensersatzanspruch wegen der Verletzung des § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 8 a. F. NachwG. Die Beklagte habe pflichtwidrig die Klägerin nicht über die Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs informiert und diese nicht in den Vertragsbedingungen angegeben. Die Beklagte habe den dadurch entstandenen Schaden zu ersetzen und könne sich nicht auf Ausschlussfristen berufen. Wäre die Beklagte ihren Pflichten nach dem Nachweisgesetz nachgekommen und hätte sie die Klägerin über den Urlaubsanspruch informiert, hätte die Klägerin diesen geltend gemacht und nicht die Ausschlussfrist versäumt. Die Beklagte habe der Klägerin den adäquat kausal verursachten Schaden durch den Verstoß gegen das Nachweisgesetz zu erstatten. Der Schaden der Klägerin bestehe nicht darin, dass die Klägerin keinen Urlaub genommen habe, sondern darin, dass es die Beklagte unterlassen habe, die Klägerin darüber zu informieren, dass sie überhaupt und gegebenenfalls wie viel Urlaub sie habe. Nur wenn der Arbeitnehmer dies wisse, könne er seine sich daraus ergebenden Rechte wahrnehmen. Dieses Recht besteht zum einen in der Urlaubsgewährung und zum anderen in der Urlaubsabgeltung. Nur wenn der Arbeitnehmer wisse, welchen Urlaubsanspruch er habe könne er diesen als Urlaub verlangen und dann, wenn das Arbeitsverhältnis beendet ist, als Urlaubsabgeltung verlangen. Die unterlassene Information über den Urlaubsanspruch führe auch kausal dazu, dass die Klägerin die Ausschlussfrist gegebenenfalls versäumt habe, denn nur, wenn sie Kenntnis von ihrem Urlaubsanspruch habe könne sie auch beurteilen, ob und welchen Urlaubsabgeltungsanspruch sie habe. Dafür spreche schon die Vermutung eines aufklärungsgerechten Verhaltens.

    Im Übrigen habe die Klägerin die Ausschlussfrist auch gewahrt, da dieser Schadensersatzanspruch erst mit Kenntnis der Klägerin von dem Pflichtverstoß der Beklagten im Mai 2023 begonnen habe und die Klägerin unter Wahrung der Ausschlussfrist diesen Anspruch mit Schreiben vom 05.05.2023 geltend gemacht habe.

    Im Übrigen sei die Ausschlussfrist unwirksam, weil sie weiterhin an der Schriftform festhalte und daher gegen § 309 Nr. 13a BGB verstoße. Die Privilegierung für Tarifverträge nach § 310 Abs. 4 BGB, wonach diese nicht der AGB-Kontrolle unterliegen, greife nicht ein, weil der Arbeitsvertrag der Parteien den Tarifvertrag nicht vollständig in Bezug genommen habe, sondern abweichende Regelungen vereinbart habe.

    Dem Schadensersatzanspruch lägen 36 Urlaubstage aus den Jahren 2021 und 2022 zugrunde. Dabei handele es sich um eine Gesamtklage; mehr Urlaub werde für die Dauer des Arbeitsverhältnisses nicht geltend gemacht.

    Die Klägerin beantragt daher:

    Unter Abänderung des Urteils des Arbeitsgerichts Freiburg, Kammern Lörrach vom 8. Mai 2024, 7 Ca 181/23 wird die Beklagte kostenpflichtig verurteilt, an die Klägerin 14.348,16 € brutto nebst Zinsen in Höhe von 5-Prozentpunkten über dem jeweils gültigen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.

    Die Beklagte beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.

    Sie trägt zur Begründung vor, das arbeitsgerichtliche Urteil habe die Klage zu Recht abgewiesen. Irrig sei die Beklagte davon ausgegangen, dass es in Anlehnung an das Schweizer Recht zulässig sei, angesichts der ausgesprochen hohen Stundenvergütung der Klägerin den Urlaub mit der Vergütung abzugelten. Die hohe Vergütung sei dem Personalnotstand der Beklagten geschuldet. Erst durch anwaltliche Beratung habe die Beklagte davon Kenntnis erlangt, dass die entsprechende Vertragsklausel nicht zulässig sei. Ansonsten trage die Klägerin nichts Neues zur angeblichen Treuwidrigkeit des Berufens der Beklagten auf die Ausschlussfristen vor.

    Im Übrigen stünden der Klägerin der geltend gemachte Anspruch auch nicht als Schadensersatzanspruch zu. Es werde bestritten, dass die Klägerin die Ausschlussfrist nicht gekannt habe. Zahlreiche andere Arbeitnehmer der Beklagten hätten diese gewahrt. Die Unwirksamkeit der arbeitsvertraglichen Klausel führe zu einem gesetzlichen Abgeltungsanspruch, aber nicht zu einem Schadensersatzanspruch.

    Wegen des weiteren Vortrags wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien und den gesamten Inhalt der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

    Entscheidungsgründe

    Die zulässige Berufung ist unbegründet und war daher zurückzuweisen.

    I.

    1. Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG an sich statthafte Berufung ist innerhalb der Fristen des § 66 Abs. 1 ArbGG fristgerecht eingelegt und begründet worden. Die Berufung setzt sich in ausreichendem Maße mit dem erstinstanzlichen Urteil im Sinne von § 520 Abs. 3 ZPO auseinander. Berufungsbegründung und Berufungsschrift sind dem Arbeitsgericht auf einem sicheren Übermittlungsweg im Sinne des § 46c ArbGG zugeleitet worden. Beide waren vom absendenden Prozessbevollmächtigten der Klägerin einfach signiert und genügen damit den Anforderungen des § 46c Abs. 3 und 4 ArbGG.

    2. Die Zulässigkeit der Berufung scheitert auch nicht daran, dass die Klägerin sich mit ihrer Berufung nicht gegen das erstinstanzliche Urteil richtet, sondern nur einen in der Berufung klageerweiternd geltend gemachten Anspruch verfolgt. Eine Berufung ist unzulässig, wenn sie den im ersten Rechtszug erhobenen Anspruch nicht wenigstens teilweise weiterverfolgt, also die erstinstanzliche Klageabweisung gar nicht in Zweifel zieht, sondern lediglich im Wege der Klageänderung einen neuen, bisher nicht geltend gemachten Anspruch zur Entscheidung stellt (BAG, Urteil vom 10. Februar 2005 - 6 AZR 183/04 -, juris).

    Die Klägerin hat zwar in der Berufung erstmals ihren Anspruch auch auf einen Schadensersatzanspruch wegen eines Verstoßes gegen das NachwG gestützt. Das stellt einen anderen Streitgegenstand dar als die bisher ausschließlich geltend gemachte Urlaubsabgeltung. Sie hat jedoch auf Hinweis des Gerichts erklärt, dass sie mit ihrer Klage weiterhin vorrangig die Zahlung der Urlaubsabgeltung verfolgt und nachrangig einen Anspruch auf Schadensersatz wegen Verstoßes gegen das NachwG.

    Die Berufung ist daher zulässig.

    II.

    Die Berufung ist jedoch unbegründet und daher zurückzuweisen.

    1. Die Klage ist auch nach der Klagerweiterung in der Berufung (weiterhin) zulässig.

    Die Klägerin hat in der Berufung erstmals ihren Anspruch auch auf einen Schadensersatzanspruch wegen eines Verstoßes gegen das NachwG gestützt. Das stellt einen anderen Streitgegenstand dar als die bisher ausschließlich geltend gemachte Urlaubsabgeltung.

    a) Die Klägerin verfolgt ihr Klagebegehren jedoch nicht im Wege einer unzulässigen alternativen Klagehäufung. Eine alternative Klagehäufung, bei der die Klägerin ein einheitliches Klagebegehren aus mehreren prozessualen Ansprüchen (Streitgegenständen) herleitet und dem Gericht die Auswahl überlässt, auf welchen Klagegrund es die Verurteilung stützt, verstößt gegen das Gebot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, den Klagegrund bestimmt zu bezeichnen. Deshalb muss, was auch konkludent möglich ist, eine Rangfolge gebildet werden. Diese ist grundsätzlich bereits in der Klage anzugeben. Es ist jedoch auch möglich, noch im Lauf des Verfahrens von der (unzulässigen) alternativen auf die (zulässige) eventuelle Klagehäufung überzugehen und die Reihenfolge zu bestimmen, in der die prozessualen Ansprüche geltend gemacht werden sollen (BAG 3. Juli 2019 - 4 AZR 312/18 - Rn. 16; BGH 29. Januar 2019 - VI ZR 481/17 - Rn. 11 m.w.N.; BAG, Urteil vom 28. April 2021 - 4 AZR 230/20 -, Rn. 17 - 18, juris). Auf Hinweis des Gerichts hat die Klägerin die Rangfolge festgelegt.

    b) Die Klage ist auch nicht unzulässig, weil der Streitgegenstand hinsichtlich der einzelnen abzugeltenden Urlaubstage entgegen § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO nicht hinreichend bestimmt wäre. Zwar lässt sich aus dem Vortrag der Klägerin nicht entnehmen, wie sie rechnerisch zur Zahl von 36 abzugeltenden Urlaubstagen unter Anwendung der Regelungen des vereinbarten MTV, hier § 6 gelangt ist. Nach dem MTV steht ihr mehr Urlaub zu. Gleichwohl handelt es sich nicht um eine mangels hinreichend bestimmten Streitgegenstand unzulässige Teilklage. Erklärt die klagende Partei, die Klageforderung habe abschließenden Charakter, macht sie weder eine Forderung teilweise noch Teile mehrerer Forderungen, sondern diese sämtlich und in voller Höhe geltend. In einem solchen Falle ist den Bestimmtheitserfordernissen des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO genügt (BAG, Urteil vom 20. Dezember 2022 - 9 AZR 266/20 -, Rn. 12, juris). Da die Klägerin erklärt hat, dass es sich um eine (abschließende) Gesamtklage handelte, sie also für den streitgegenständlichen Zeitraum keine weiteren Ansprüche auf Urlaubsabgeltung geltend mache, ist der Streitgegenstand auch unter diesem Gesichtspunkt hinreichend bestimmt.

    2. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Urlaubsabgeltung nach § 7 Abs. 4 BUrlG. Das hat das Arbeitsgericht zutreffend entschieden.

    a) Das Arbeitsgericht hat zutreffend ausgeführt, dass die Urlaubsansprüche im laufenden Arbeitsverhältnis nicht erfüllt worden waren. § 5 des Arbeitsvertrages, der eine Abgeltung des Urlaubsanspruchs durch den Stundenlohn vorsieht, verstößt gegen §§ 3, 13 BurlG und ist daher rechtsunwirksam (§ 134 BGB). Aufgrund der Inbezugnahme des Manteltarifvertrages Zeitarbeit hatte die Klägerin Anspruch auf Urlaub im Umfang, der sich nach § 6 des Manteltarifvertrages bestimmt. Mit der Beendigung des Arbeitsverhältnisses am 14.11.2022 entstand gemäß § 7 Abs. 4 BurlG ein Anspruch auf Abgeltung des Urlaubs und wurde mit Beendigung des Arbeitsverhältnisses auch fällig.

    b) Ebenso hat das Arbeitsgericht zutreffend entschieden, dass die Ansprüche wegen der Versäumung der Ausschlussfrist nach § 10 Abs. 1 MTV Zeitarbeit verfallen sind. Die Klägerin hat die dort vorgesehene Frist für die schriftliche Geltendmachung unstreitig nicht eingehalten.

    aa) Die Ausschlussfrist ist zwischen den Parteien wirksam vereinbart worden. Im Arbeitsvertrag wird der MTV Zeitarbeit vollständig in Bezug genommen, der die maßgebliche Ausschlussfrist enthält.

    bb) Die Ausschlussfrist ist auch nicht wegen Verstoßes gegen § 309 Nr. 13a BGB unwirksam, weil sie die Geltendmachung nicht in Textform, sondern in Schriftform verlangt.

    Die vertraglichen Vereinbarungen der Parteien stellen unstreitig Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB dar. Das ergibt sich bereits aus ihrem Erscheinungsbild. Daher unterliegen sie nach § 305 ff BGB den besonderen Regelungen für Allgemeine Geschäftsbedingungen.

    Nach § 310 Abs. 4 S. 1 BGB gilt das aber nicht für die in Tarifverträgen enthaltenen Regelungen. Das gilt nicht nur bei einer gesetzlichen Tarifbindung nach § 3 ff TVG, sondern auch dann, wenn der Tarifvertrag - wie hier - arbeitsvertraglich in Bezug genommen wurde. Tarifverträge sind aufgrund der Bereichsausnahme in § 310 Abs. 4 S. 1 BGB von einer AGB-Kontrolle ausgenommen. Auch eine Inhaltskontrolle von arbeitsvertraglich insgesamt in Bezug genommenen Tarifverträgen erfolgt nicht, weil sie nach § 307 Abs. 3 S. 1 BGB nur stattfindet, wenn von Rechtsvorschriften abgewichen wird. Tarifverträge stehen nach § 310 Abs. 4 S. 3 BGB Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 BGB gleich. Diese Grundsätze gelten unabhängig davon, aufgrund welcher Regelungstechnik der betreffende Tarifvertrag auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden ist. Voraussetzung ist, dass der Tarifvertrag das Arbeitsverhältnis in seinem räumlichen, fachlichen und persönlichen Geltungsbereich erfasst (BAG, Urt. v. 03.07.2019 - 10 AZR 300/18, NZA 2019, 1440, beck-online). Das gilt nicht für Einzelverweisungen. In welchem Umfang Teilverweisungen kontrollfrei möglich sind, ist nicht abschließend geklärt. Die Teilverweisung steht zwischen Global- und Einzelverweisung (zum Meinungsstand ErfK/Preis, 25. Aufl. 2025, BGB § 310 Rn. 11, beck-online).

    Die Frage kann hier offenbleiben. Im vorliegenden Fall ist der MTV Zeitarbeit vollständig in Bezug genommen worden. Allein der Umstand, dass in § 5 des Arbeitsvertrages geregelt ist, dass mit dem Gehalt der Urlaub abgegolten ist, ändert nichts daran, dass der MTV vollständig in Bezug genommen worden ist. Die Regelung ändert nicht den Urlaubsanspruch ab und verringert ebenso wenig die deutlich niedrigere tarifvertragliche Vergütung, sondern beinhaltet nur eine (unzulässige) Vereinbarung über eine vorweggenommene Erfüllung der Urlaubsansprüche im Hinblick auf die weit übertarifliche Vergütung. Die Ausschlussfrist ist daher wirksam.

    cc) Das Arbeitsgericht ist ebenfalls zutreffend davon ausgegangen, dass der Urlaubsabgeltungsanspruch als reiner Geldanspruch tarifvertraglichen Ausschlussfristen unterliegt. Auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts unter I. 3. des Urteils wird Bezug genommen. Die nicht erfüllte Hinweisobliegenheit der Beklagten auf den Verfall des Urlaubs ist hierfür ohne Bedeutung. Die Hinweisobliegenheit in Bezug auf den Verfall auf den Urlaub dient dazu, dass der Arbeitnehmer in die Lage versetzt wird, den Urlaub auch tatsächlich in Anspruch zu nehmen um insbesondere seinen Erholungszwecken zu realisieren. Ein Verstoß gegen diese Hinweis Obliegenheit führt auch nicht zu einem Schadensersatzanspruch des Arbeitnehmers, wie die Klägerin fälschlich annimmt, sondern nur dazu, dass der Urlaub nicht verfällt und dem Urlaub des nächsten Kalenderjahres zugerechnet wird. Da die Beklagte ihrer Hinweisobliegenheit angesichts der vertraglichen Vereinbarung in § 5 des Arbeitsvertrages naturgemäß nicht nachgekommen ist, führt das dazu, dass die entsprechenden Urlaubsansprüche der Klägerin nicht verfallen sind. Das ändert aber nichts daran, dass sie sich bei Ende des Arbeitsverhältnisses in einen reinen Geldanspruch auf Urlaubsabgeltung umwandeln, für den diese Hinweisobliegenheit dann nicht mehr gilt. Die Mitwirkungsobliegenheiten des Arbeitgebers bei der Verwirklichung des Urlaubsanspruchs bestehen nur, solange das Arbeitsverhältnis fortbesteht und die Gewährung des Urlaubs noch möglich ist (BAG, Urteil vom 27. Oktober 2020 - 9 AZR 531/19 -, juris).

    dd) Zutreffend ist das Arbeitsgericht auch davon ausgegangen, dass das Berufen der Beklagten auf die Ausschlussfrist nicht treuwidrig im Sinne von § 242 BGB ist. Die Berufung auf eine Ausschlussfrist kann eine gegen Treu und Glauben verstoßende und daher gemäß § 242 BGB unzulässige Rechtsausübung darstellen, wenn die zum Verfall von Ansprüchen führende Untätigkeit des Arbeitnehmers durch ein Verhalten des Arbeitgebers veranlasst worden ist (vgl. BAG vom 05.06.2003, 6 AZR 249/02). Auf die zutreffenden Ausführungen des Arbeitsgerichts unter I. 2. des Urteils wird Bezug genommen.

    Die Ausführungen in der Berufung führen zu keinem anderen Ergebnis. Allein der Umstand, dass die unwirksame Vertragsklausel über die Abgeltung des Urlaubs in einer von der Beklagten vorgegebenen Vertragsklausel enthalten ist führt nicht dazu, dass sich die Beklagte nicht mehr auf die Ausschlussfrist berufen könnte. Zum ersten hat sie damit die Klägerin nicht davon abgehalten, ihren Urlaubsabgeltungsanspruch fristgerecht geltend zu machen, sondern "nur"eine unwirksame Vertragsklausel vorgegeben. Es liegt in der Natur von Ausschlussfristen, dass diese regelmäßig berechtigte Ansprüche von Arbeitnehmern zu Fall bringen, die gerade dadurch entstanden sind, dass der Arbeitgeber rechtswidrige Vertragsgestaltungen verwendet hat oder Ansprüche der Arbeitnehmer in rechtswidriger Weise nicht erfüllt hat wie beispielsweise Überstundenvergütung. Ein Verhalten des Arbeitgebers, dass bestehende Ansprüche des Arbeitnehmers negiert ist überhaupt Voraussetzung dafür, dass Ausschlussfristen zur Anwendung kommen. Daher kann allein ein solches Verhalten des Arbeitgebers das Berufen auf Ausschlussfristen nicht treuwidrig werden lassen.

    Etwas Anderes könnte gelten, wenn die Beklagte die vertragliche Klausel über die Abgeltung des Urlaubs gerade deswegen vorgegeben hätte, um die Arbeitnehmer von der Inanspruchnahme von Urlaub abzuhalten. Die Beklagte hat hierzu nochmals in ihrer Berufungserwiderung dargestellt, dass die Personalabteilung rechtsirrig davon ausgegangen sei, dass eine solche Vertragsgestaltung angesichts der hohen Stundenvergütung zulässig sei. Dem ist die Klägerin nicht substantiiert entgegengetreten, sondern ihre Ausführungen in der Berufungsbegründung erschöpfen sich lediglich in Vermutungen.

    Allein der mögliche Verstoß der Beklagten gegen die ihr obliegenden Pflichten aus dem Nachweisgesetz begründet nicht den Einwand rechtsmissbräuchlichen Verhaltens (BAG, Urteil vom 21.02.2012 - 9 AZR 486/10 -, Rn. 30, juris).

    3. Die Klägerin kann ihren Anspruch auf Zahlung in Höhe der Urlaubsabgeltung auch nicht auf einen Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs.1 BGB stützen. Die Voraussetzungen eines Schadensersatzanspruchs gemäß § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB i.V.m. § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 11 NachwG a.F. liegen nicht vor. Die nachfolgenden Ausführungen beziehen sich auf das NachwG in der bis zum 31.12.2024 geltenden Fassung.

    a) Nach § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 11 NachwG ist die Beklagte verpflichtet, die Klägerin über die Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs innerhalb der von § 2 Abs. 1 S. 1 i.V.m. Abs. 4 NachwG vorgesehenen Fristen durch einen formgerechten Nachweis zu unterrichten. Die Erteilung des Nachweises kann durch die Aushändigung eines schriftlichen Arbeitsvertrages nach § 2 Abs. 5 NachwG ersetzt werden, soweit dieser die erforderlichen Angaben enthält.

    Nach § 2 Abs. 4 S. 1 NachwG können u.a. die Angaben nach Nr. 11 durch einen Hinweis auf die auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifverträge ersetzt werden. Entsprechendes gilt für in Tarifverträgen enthaltene Ausschlussfristen die nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes ebenfalls nachzuweisende wesentliche Arbeitsbedingungen sind (BAG, Urt. v. 30.10.2019 - 6 AZR 465/18). Ist die Ausschlussfrist in einem Tarifvertrag geregelt, der kraft vertraglicher Bezugnahme auf das Arbeitsverhältnis anwendbar ist, genügt der Arbeitgeber seiner Nachweispflicht nach § 2 Abs. 1 NachwG mit einem schriftlichen Hinweis auf den Tarifvertrag nach § 2 Abs. 1 Nr. 10 (jetzt Nr. 15) NachwG (BAG, Urteil vom 17.04.2002 - 5 AZR 89/01). Unabhängig vom Geltungsgrund eines Tarifvertrags, genügt die Niederschrift den gesetzlichen Anforderungen, wenn auf den anwendbaren Tarifvertrag hingewiesen wird (MüKoBGB/Spinner, 9. Aufl. 2023, BGB § 611a Rn. 583, kritisch ErfK/Preis/Greiner, 25. Aufl. 2025, NachwG § 2 Rn. 38 m.w.N.).

    b) Kommt der Arbeitgeber mit seiner Verpflichtung aus § 2 Abs. 1 S. 2 NachwG in Verzug, ist er nach §§ 280 Abs. 1 und 2, 286 BGB verpflichtet, dem Arbeitnehmer den dadurch adäquat-kausal verursachten Schaden zu ersetzen. Der Schadensersatzanspruch ist in Höhe des erloschenen Vergütungsanspruchs begründet, wenn dieser nur wegen der Versäumung der Ausschlussfrist erloschen ist und bei gesetzmäßigem Nachweis seitens des Arbeitgebers nicht untergegangen wäre (BAG 30.10.2019 - 6 AZR 465/18).

    Bei einem Verstoß des Arbeitgebers gegen § 2 Abs. 1 S. 2 NachwG ist grundsätzlich zu vermuten, dass der Arbeitnehmer die Ausschlussfrist beachtet hätte, wenn er auf sie hingewiesen worden wäre (vgl. BAG 30.10.2019 - 6 AZR 465/18).

    Diese Auslegung des Nachweisgesetzes ist geboten, um den Zweck der Nachweisrichtlinie 91/533/EWG vom 14.10.1991 bzw. deren Nachfolgerin, der RL 2019/1152 EU vom 20.06.2019, den Arbeitnehmer vor Unkenntnis seiner Rechte zu schützen, wirksam zur Geltung zu bringen. Der Arbeitnehmer könnte im Regelfall kaum nachweisen, dass er bei ordnungsgemäßem Verhalten des Arbeitgebers die Ausschlussfrist beachtet hätte. Dem Arbeitgeber bleibt die Möglichkeit, diese tatsächliche Vermutung zu widerlegen (BAG 17.04.2002 - 5 AZR 89/01, BAG Urt. v. 22.09.2022 - 8 AZR 4/21).

    c) Ein Schadensersatzanspruch scheidet im vorliegenden Fall bereits deswegen aus, weil die Beklagte nicht gegen ihre Verpflichtung nach § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 11 NachwG verstoßen hat. Die Parteien haben in dem schriftlichen Arbeitsvertrag und somit in einer den Nachweis nach § 2 Abs. 5 NachwG ersetzenden Form vereinbart, dass sich das Arbeitsverhältnis nach dem MTV Zeitarbeit richtet. In diesem ist in § 6 MTV Zeitarbeit enthalten, welche Urlaubsansprüche der Klägerin zustehen.

    Nach der oben dargestellten Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes erfüllt der Arbeitgeber seine Verpflichtungen nach dem Nachweisgesetz bereits dadurch, dass er auf einen auf das Arbeitsverhältnis anwendbaren Tarifvertrag Bezug nimmt. Für die Klägerin war also durch Lektüre des Tarifvertrages erkennbar, welche Urlaubsansprüche ihr zustanden. Die unwirksame Regelung in § 5 des Arbeitsvertrages ändert daran nichts. Hier wird keine vom Tarifvertrag abweichende Dauer des Erholungsurlaubes vereinbart, sondern lediglich eine (unwirksame) Erfüllung der tarifvertraglichen Urlaubsansprüche durch die hohe Stundenvergütung vereinbart. Damit hat die Beklagte die Klägerin aber nicht über ihre tarifvertraglichen Urlaubsansprüche im Unklaren gelassen, sondern nur fälschlich mit der Klägerin vereinbart, dass diese bereits abgegolten seien.

    d) Ein Schadensersatzanspruch scheitert ebenfalls aus normativen Erwägungen. § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 11 NachwG dient dazu, die Klägerin darüber zu informieren, welche Urlaubsansprüche ihr im Arbeitsverhältnis zustehen. Damit soll sie in die Lage versetzt werden, im laufenden Arbeitsverhältnis in dem ihr zustehenden Umfang Erholungsurlaub in Anspruch zu nehmen. Die Vorschrift dient hingegen nicht dazu, die der Klägerin bei Nichtinanspruchnahme der Urlaubsansprüche zustehenden Urlaubsabgeltungsansprüche zu sichern. Über das Entstehen von Urlaubsabgeltungsansprüchen bei Nichtinanspruchnahme des Urlaubs muss der Arbeitgeber nicht informieren. Eine Pflichtverletzung der Beklagten unterstellt, wäre der entstandene Schaden, nämlich der Verlust des Urlaubsabgeltungsanspruchs durch tarifvertragliche Ausschlussfristen, auf die durch die Bezugnahme auf den Tarifvertrag hingewiesen worden ist, nicht vom Schutzzweck der Norm gedeckt. Der Umstand, dass die Klägerin für ihren nicht genommenen Urlaub auch keine Urlaubsabgeltung verlangen kann liegt zwar im Sinne einer condicio sine qua non darin begründet, dass die Beklagte die Klägerin nicht über den Urlaub informiert hat und die Abgeltungsansprüche der wirksamen Ausschlussfrist unterlagen. Der - unterstellte - Pflichtverstoß der Beklagten bezieht sich aber nur auf die unterlassene Information über die Urlaubsansprüche. Der Verfall der Urlaubsabgeltungsansprüche beruht jedoch darüber hinaus auch auf der wirksam vereinbarten und korrekt nachgewiesenen tarifvertraglichen Ausschlussfrist.

    e) Des Weiteren scheitert der Schadensersatzanspruch auch daran, dass bei einem unterstellten aufklärungsgerechten Verhalten der Klägerin dieser auch kein Urlaubsabgeltungsanspruch zustehen würden, sondern die Klägerin hätte dann ihren Urlaub in Natura in Anspruch genommen. Eine Nichtinanspruchnahme des der Klägerin zustehenden Erholungsurlaubs im laufenden Arbeitsverhältnis - um dann nach Ende des Arbeitsverhältnisses einen Urlaubsabgeltungsanspruch geltend zu machen - kann für den Fall einer ordnungsgemäßen Information über die bestehenden Urlaubsansprüche im laufenden Arbeitsverhältnis nicht angenommen werden. In diesem Fall wäre die Klägerin nämlich Gefahr gelaufen, dass der Urlaub - eine Erfüllung der Hinweisobliegenheiten der Beklagten unterstellt - am Ende des Urlaubsjahres untergegangen wäre. Durch die Nichtinanspruchnahme des Urlaubs ist der Klägerin aber kein materieller Schaden entstanden.

    f) Selbst, wenn die Klägerin einen - unterstellten - Schadensersatzanspruch wegen der unterbliebenen Information über die ihr zustehenden Urlaubstage hätte, würde dieser Schadenersatzanspruch wiederum der Ausschlussfrist unterliegen und wäre verfallen. Die Ausschlussfrist beginnt mit der Fälligkeit des Schadensersatzanspruches. Der Schadensersatzanspruch wegen unterbliebenen Nachweises der Urlaubstage war mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses fällig.

    Die Fälligkeit des Schadensersatzanspruchs beginnt nicht erst mit dem Versäumen der Ausschlussfrist durch die Klägerin. Die Ausschlussfrist ist von der Beklagten durch die Inbezugnahme des MTV Zeitarbeit zutreffend nachgewiesen wurden. Wäre die Ausschlussfrist nicht wirksam nachgewiesen worden, würde ein weiterer Schadensersatzanspruch bestehen, der erst mit dem Verfall der Anspruch fällig wird.

    Das ist hier aber nicht der Fall. Die Fälligkeit des - unterstellten - Schadensersatzanspruches wegen Verstoßen gegen § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 11 NachwG beginnt daher mit dem Ende des Arbeitsverhältnisses, weil zu diesem Zeitpunkt die Inanspruchnahme des Erholungsurlaubs nicht mehr möglich war und dann ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung als Schadensersatzanspruch an die Stelle des Erholungsurlaubes tritt.

    Die Fälligkeit eines Schadensersatzanspruches und damit der Beginn des Laufes der Ausschlussfrist setzt nicht nur voraus, dass ein Schaden überhaupt entstanden ist, sondern darüber hinaus, dass er für den Vertragspartner des Verwenders als Gläubiger feststellbar ist und von ihm geltend gemacht werden kann. Der Begriff der Fälligkeit im Sinne einer Ausschlussklausel ist unter Einbeziehung des Kenntnisstandes des Gläubigers und subjektiver Zurechnungsgesichtspunkte interessengerecht auszulegen. Das entspricht im Grundsatz der Wertung des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB. Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts ist ein Schadensersatzanspruch deshalb erst dann im Sinne einer Ausschlussfrist fällig, wenn der Schaden für den Gläubiger feststellbar ist und geltend gemacht werden kann. Feststellbar ist der Schaden, sobald der Gläubiger vom Schadensereignis Kenntnis erlangt oder bei Beachtung der gebotenen Sorgfalt Kenntnis erlangt hätte. Schadensersatzforderungen können geltend gemacht werden, sobald der Gläubiger in der Lage ist, sich den erforderlichen Überblick ohne schuldhaftes Zögern zu verschaffen und seine Forderungen wenigstens annähernd zu beziffern. Ist der Anspruch in diesem Sinne fällig, soll der Anspruchsteller durch arbeitsvertragliche Ausschlussfristen im Interesse der Rechtssicherheit und der Rechtsklarheit angehalten werden, die Begründetheit und die Erfolgsaussichten seiner (Haftungs)Ansprüche zu prüfen und die Ansprüche zeitnah geltend zu machen (BAG, Urteil vom 22. Oktober 2019 - 9 AZR 532/18, Rn. 30 m.w.N).

    Die Klägerin wusste, dass die Beklagte ihr keinen Urlaub gewähren würde, weil sie davon ausging, dass die Urlaubsansprüche mit der Vergütung abgegolten seien. Damit war die Klägerin über alle wesentlichen tatsächlichen Umstände im Bilde. Die Frage, ob die ihr nach dem MTV Zeitarbeit zustehenden Urlaubsansprüche überhaupt durch eine solche Abgeltungsklausel abbedungen werden können stellte sich für die Klägerin letztendlich bereits mit Vertragsabschluss, spätestens jedoch mit Ende des Arbeitsverhältnisses, in dem sie keinerlei Urlaub erhalten hat. Der Klägerin fehlte lediglich die Kenntnis darüber, ob diese Vertragsklausel zulässig war oder nicht. Es wäre daher Sache der Klägerin gewesen, eine entsprechende Prüfung über die Zulässigkeit dieser Vertragsklausel jedenfalls unverzüglich nach Ende des Arbeitsverhältnisses vornehmen zu lassen, um zu klären, ob ihr nicht gleichwohl Urlaubsansprüche zustanden.

    Aus diesem Grund steht der Klägerin der geltend gemachte Anspruch weder als Urlaubsabgeltungsanspruch noch als Schadensersatzanspruch zu.

    Das Arbeitsgericht hat die Klage daher zu Recht abgewiesen.

    Die Berufung der Klägerin war zurückzuweisen.

    III.

    Die Klägerin hat die Kosten ihrer erfolglosen Berufung nach § 97 Abs. 1 ZPO zu tragen.

    Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Sache zuzulassen.

    TillmannsBallreichHerbstritt

    Verkündet am 03.02.2025

    Vorschriften§ 10 Abs. 1 MTV, § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 8 a. F. NachwG, § 309 Nr. 13a BGB, § 310 Abs. 4 BGB, § 64 Abs. 2 ArbGG, § 66 Abs. 1 ArbGG, § 520 Abs. 3 ZPO, § 46c ArbGG, § 46c Abs. 3, 4 ArbGG, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, § 7 Abs. 4 BUrlG, § 134 BGB, § 305 Abs. 1 BGB, § 305 ff BGB, § 310 Abs. 4 S. 1 BGB, § 3 ff TVG, § 307 Abs. 3 S. 1 BGB, § 310 Abs. 4 S. 3 BGB, § 307 Abs. 3 BGB, § 242 BGB, § 280 Abs.1 BGB, § 280 Abs. 1 Satz 1 BGB, § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 11 NachwG, § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 11 NachwG, § 2 Abs. 5 NachwG, § 2 Abs. 4 S. 1 NachwG, § 2 Abs. 1 NachwG, § 2 Abs. 1 S. 2 NachwG, §§ 280 Abs. 1, 2, 286 BGB, RL 2019/1152 EU, § 6 MTV, § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB, § 97 Abs. 1 ZPO