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  • 20.12.2021 · IWW-Abrufnummer 226513

    Landesarbeitsgericht Köln: Beschluss vom 12.10.2021 – 4 TaBVGa 10/21

    Der Betriebsrat hat im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens einen Anspruch auf die zur Verfügungstellung der dienstlichen Emailadressen der Beschäftigten. Der Anspruch besteht auch noch nach einer erfolgreichen, aber noch nicht rechtskräftigen Wahlanfechtung und insbesondere im Hinblick auf eine bevorstehende Betriebsratswahl.

    Der Betriebsrat hat im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens keinen Anspruch die generelle Duldung von Dienstreisen von Betriebsratsmitgliedern zu Standorten der Arbeitgeberin.


    Tenor:

    Auf die Beschwerde des Betriebsrates wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Köln vom 12.08.2021, Az. 6 BVGa 17/21 unter Zurückweisung der weitergehenden Beschwerde teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:


    1. Der Arbeitgeberin wird aufgegeben, dem Betriebsrat die dienstlichen E-Mail-Anschriften aller Arbeitnehmer der Standorte E , L und N zur Verfügung zu stellen.


    2. Im Übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.



    Gründe



    I.



    Die Beteiligten streiten im Rahmen einer einstweiligen Verfügung um die Zurverfügungstellung von dienstlichen E-Mail-Adressen der Beschäftigten sowie um die Duldung von Dienstreisen zu anderen Standorten zur Ausübung von Betriebsratstätigkeiten.



    Die Beteiligte zu 2. (im Folgenden: Arbeitgeberin) ist ein staatlich anerkannter Träger der freien Jungendhilfe. Die Arbeitgeberin beschäftigt ca. 150 - 180 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, unter anderem in E 30, L 8 und N 8.



    Der Antragssteller (im Folgenden: Betriebsrat) ist der aus der Wahl vom 07./08.10.2020 hervorgegangene Betriebsrat.



    Die Betriebsratswahl wurde von der Arbeitgeberin unter anderem wegen Verkennung des Betriebsbegriffs angefochten. Die 10. Kammer des Arbeitsgerichts Köln gab dem Anfechtungsantrag mit Beschluss vom 01.07.2021 - Az. 10 BV 169/20 - statt. Zur Begründung führte die 10. Kammer des Arbeitsgerichts aus, dass bei der Wahl der Betriebsbegriff verkannt worden sei. Unter anderem seien die Standorte E , L und N als selbstständige Betriebsstellen gemäß § 4 BetrVG zu bewerten. Der Betriebsrat legte Beschwerde gegen den Beschluss ein. Die nächste turnusmäßige Betriebsratswahl findet zwischen März und Mai 2022 statt.



    Seit November 2020 begehrte der Betriebsrat von der Arbeitgeberin die Zurverfügungstellung der dienstlichen E-Mail-Adressen der Beschäftigten der Standorte E , L und N . Hierzu sendete der Betriebsrat an die Arbeitgeberin E-Mails am 18.11.2020, 30.11.2020, 04.01.2021, 27.01.2021 und 01.07.2021. Die Arbeitgeberin wies dieses Begehren mit dem Hinweis auf die angefochtene Betriebsratswahl zurück. Die Arbeitgeberin erklärte dem noch zu bestellenden Wahlvorstand die dienstlichen E-Mail-Adressen zur Verfügung zu stellen.



    Der Betriebsrat begehrt mit seinem am 29.07.2021 beim Arbeitsgericht Köln eingegangen Antrag die Herausgabe der dienstlichen E-Mail-Adressen der Beschäftigten der Standort E , L und N sowie Duldung von Dienstreisen der Mitglieder des Betriebsrats dort hin. Er hat die Auffassung vertreten, dass er trotz der in erster Instanz erfolgreichen Wahlanfechtung bis zu einer (vorgezogenen oder turnusmäßigen) Neuwahl im Amt und dementsprechend für die Beschäftigten der im Antrag genannten Standorte zuständig sei. Hierauf habe auch die Vorsitzende in dem Verfahren 10 BV 169/20 hingewiesen. Der Betriebsrat habe mehrfach deutlich gemacht, dass er die Beschäftigten der Standorte E , L und N in seine Arbeit habe nicht einbeziehen können. Er habe zwar Verbindung zu einigen Beschäftigten der Standorte, jedoch nicht zu sämtlichen Beschäftigten. Dies sei erforderlich, um sie beispielsweise zu Betriebsversammlungen einladen zu können. Die Arbeitgeberin habe die Herausgabe der für die Erfüllung der Betriebsratsaufgaben erforderlichen Daten verweigert. Die Arbeitgeberin hätte zudem Dienstreisen zu den Standorten zu dulden. Durch ihr Verhalten verlange die Arbeitgeberin, dass die Betriebsratsmitglieder alle Kosten vorlegen, die diese anschließend in gegebenenfalls langwierigen gerichtlichen Verfahren geltend machen müssten. Ein Verfügungsgrund sei gegeben. Spätestens im Frühjahr 2022 sei im Turnus neu zu wählen, wenn nicht vorher der Beschluss des Arbeitsgerichts in dem Wahlanfechtungsverfahren in höherer Instanz bestätigt und rechtskräftig werden sollte. Es könne nicht davon ausgegangen werden, dass in einem Hauptsacheverfahren die erste Instanz bis dahin abgeschlossen werden könne.



    Der Betriebsrat hat beantragt,



    Die Arbeitgeberin hat beantragt,



    Die Arbeitgeberin hat die Auffassung vertreten, dass die Betriebsratswahl unwirksam sei, weil auch die Beschäftigten der Betriebsteile in E , L und N an der Wahl beteiligt wurden, obwohl die dort beschäftigten Arbeitnehmer nicht nach § 4 Abs. 1 Satz 2 BetrVG beschlossen hätten, an der Wahl des Betriebsrats teilzunehmen. Der Wahlvorstand habe sehenden Auges die Wahlen auf Betriebe erstreckt, die nicht hätten einbezogen werden dürfen, was zur erfolgreichen Anfechtung der Wahl geführt habe. Ein Verfügungsanspruch für den Antrag zu 1. sei nicht gegeben, da der Betriebsrat für die Standorte E , L und N schon nicht zuständig sei. Während des Wahlanfechtungsverfahrens habe sich der Betriebsrat fortlaufend bemüht, Mitbestimmungsrechte auch für die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an den räumlich weit entfernt liegenden Standorten in E , N und L geltend zu machen. Insbesondere habe der Betriebsrat darauf gedrängt, ihm Zugriff auf die dienstlichen E-Mail-Adressen der Arbeitnehmer an den Standorten E , N und L zu gewähren. Dies sei beispielsweise mit E-Mails vom 18.11.2020 und 01.07.2021 erfolgt. Den Aufforderungen des Betriebsrates sei die Arbeitgeberin nicht nachgekommen. Es fehle daher an einem Verfügungsgrund. Die Situation sei seit der Betriebsratswahl vom 07./08.10.2020 unverändert. Dem Verlangen des Betriebsrates sei die Arbeitgeberin seit der Wahl nicht nachgekommen. Der Betriebsrat habe dennoch mehrere Monate zugewartet, was die Dringlichkeit seines Anliegens widerlege. Der Herausgabe der E-Mail-Adressen für die streitgegenständlichen Standorte stünden weniger rechtliche Erwägungen als vielmehr subjektive Befindlichkeiten entgegen. Die Arbeitgeberin hat die Auffassung vertreten, dass der Antrag zu 2. bereits unzulässig sei. Es handele sich um einen zu weit gefassten Globalantrag.



    Das Arbeitsgericht hat mit Beschluss vom 12.08.2021 die Anträge zurückgewiesen. Es fehle an einem für eine einstweilige Verfügung erforderlichen Verfügungsgrund. Grundsätzlich bestehe ein Anspruch auf die Zurverfügungstellung der E-Mail-Adressen, allerdings stehe der Betriebsrat zu den Beschäftigten der Standorte in einem engen Kontakt. Es sei nicht deutlich, welche Rechte des Betriebsrats ohne eine alsbaldige einstweilige Regelung vereitelt oder wesentlich erschwert werden. Die E-Mail-Adressen seien seit der Wahl im Oktober 2020 nicht zur Verfügung gestellt worden. Was sich seit der Wahl geändert habe und die einstweilige Verfügung im Sommer 2021 rechtfertigte, sei nicht deutlich. Der Betriebsrat habe nicht konkret dargelegt, dass er beispielsweise zu einer Betriebsversammlung einladen wolle. Zudem sei offen, inwieweit Teile der Belegschaft nicht erreicht werden könnten. Wesentliche Nachteile, die drohen könnten, seien nicht erkennbar. Schließlich habe der Betriebsrat durch zu langes Zuwarten die Dringlichkeit selbst widerlegt. Der Betriebsrat sei seit der Wahl im Oktober 2020 für die Standorte E , L und N zuständig gewesen. Soweit er zur Begründung seines Antrags vorträgt, er brauche "vollständigen" Zugang zur Belegschaft der vorgenannten Standorte erschließe sich nicht, warum er dies nicht bereits zuvor durchzusetzen versuchte. Er habe die begehrte Auskunft bereits nach der Wahl von der Antragsgegnerin verlangt und nicht erhalten. Warum er die angeblich für seine Betriebsratsaufgaben benötigten Informationen erst Ende Juli 2021 gerichtlich geltend machte, habe der Betriebsrat nicht erklärt. Ein Zuwarten bis zum Abschluss des erstinstanzlichen Wahlanfechtungsverfahrens sei nicht erforderlich gewesen. Die turnusmäßigen Neuwahlen im Frühjahr 2022 rechtfertigten die einstweilige Verfügung ebenfalls nicht. Eine etwaige zwischenzeitliche Dringlichkeit habe der Betriebsrat selbst herbeigeführt.



    Gegen den am 16.08.2021 zugestellten Beschluss hat der Betriebsrat am 03.09.2021 Beschwerde eingelegt und diese begründet. Der Betriebsrat verfolgt die ursprünglichen Anträge. Er wiederholt seinen erstinstanzlichen Vortrag im Wesentlichen und vertieft diesen in folgenden Punkten. Bezüglich der Zurverfügungstellung der E-Mail-Adressen sei ein Verfügungsanspruch, wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt habe, gegeben. Bei der Prüfung des Verfügungsgrundes sei zu berücksichtigen, dass es kein Interesse des Arbeitgebers an der Zurückbehaltung der E-Mail-Adressen gebe. Der Betriebsrat müsse mit allen Beschäftigten, für die er zuständig sei, kommunizieren können. Der Betriebsrat sei Ansprechpartner für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Da der Verfügungsanspruch offensichtlich gegeben sei, dürften die Anforderungen an den Verfügungsgrund nicht überhöht werden. Bis zur Neuwahl sei der Betriebsrat im Amt und müsse seine Aufgaben erfüllen. Eine Betriebsversammlung habe einmal im Quartal stattzufinden, ohne dass es dafür konkreter Pläne bedürfe. Zudem würden die dienstlichen E-Mail-Adressen auch benötigt, um bei der Arbeitnehmerschaft abzufragen, ob jemand im Wahlvorstand tätig werden will. Die Eilbedürftigkeit sei nicht selbst verschuldet worden. Die Arbeitgeberin sei letztmalig am 01.07.2021 aufgefordert worden, die E-Mail-Adressen zur Verfügung zu stellen.



    Bezüglich der Duldung der Dienstreisen ist der Betriebsrat der Auffassung, dass es sich nicht um einen Globalantrag handele. Es gehe um die Reisen der Betriebsratsmitglieder zu den Standorten. Die Betriebsratsmitglieder könnten nicht darauf verwiesen werden, die Kosten vorzustrecken und diese später - möglicherweise nach einem gerichtlichen Verfahren - erstattet zu bekommen.



    Der Betriebsrat beantragt,



    Die Arbeitgeberin beantragt,



    Sie ist der Auffassung, dass der Beschluss des Arbeitsgerichts rechtsfehlerfrei sei. Bezüglich der Zurverfügungstellung der E-Mail-Adressen fehle es an einem Verfügungsanspruch. Im Hinblick auf die Entscheidung der 10. Kammer des Arbeitsgerichts - der erfolgreichen Wahlanfechtung - sei der Betriebsrat für die Beschäftigten des Standorte E , L und N nicht zuständig. Der Betriebsbegriff sei trotz des Hinweises der Arbeitgeberin verkannt worden. Der Wahlvorstand habe insoweit willkürlich gehandelt. Aus der willkürlich abgeleiteten Rechtsposition könne der Betriebsrat keine Rechte bezogen auf die Standorte für sich reklamieren. Zudem seien die E-Mail-Adressen für den Großteil der Beschäftigten an den Standorten öffentlich zugänglich. Diesen Umstand habe sich der Betriebsrat zu Nutze gemacht, weshalb ein Rechtsschutzbedürfnis fehle. Zudem fehle es an der für einen Verfügungsgrund erforderlichen Eilbedürftigkeit. Zwischen der ersten Aufforderung der Zurverfügungstellung bis zum Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung seien mehrere Monate vergangen, in denen die Arbeitgeberin trotz wiederholter Aufforderung dem Anliegen nicht nachgekommen sei. Damit habe der Betriebsrat die Eilbedürftigkeit widerlegt. Der Anspruch hätte in einem Hauptsacheverfahren während der regulären Amtszeit durchgesetzt werden können.



    Bezüglich der Duldung der Dienstreisen ist die Arbeitgeberin der Auffassung, dass der Antrag unzulässig sei. Der Antrag sei zu weit gefasst und schließe Fallgestaltungen ein, bei denen das vom Betriebsrat in Anspruch genommene Recht nicht bestehe. Es werde aus dem Antrag nicht deutlich, zu welchen Anlässen Betriebsratsmitglieder nach E , L oder N reisen sollten. Es sei ein Globalantrag. Es sei zudem kein Antrag für eine Dienstreise oder zur Übernahme der Kosten gestellt worden. Die Erforderlichkeit der Dienstreisen müsse geprüft werden können. Bei Stattgabe bestehe die Möglichkeit nicht. Auch bestehe hierfür kein Verfügungsgrund.



    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstands wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung geworden sind, sowie das Sitzungsprotokoll Bezug genommen.



    II.



    Die zulässige, form- und fristgerecht eingelegte und begründete Beschwerde des Betriebsrates hatte in der Sache teilweise Erfolg. Der Betriebsrat hat einen Anspruch auf den Erlass einer einstweiligen Verfügung, dass die dienstlichen E-Mail-Adressen der Beschäftigten der Standorte E , L und N zur Verfügung gestellt werden. Er hat keinen Anspruch auf die Duldung von Dienstreisen zu diesen Standorten.



    Nach den Maßstäben des auch im Beschlussverfahren gemäß § 85 Abs. 2 ArbGG zulässigen Verfahrens über den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung nach §§ 935, 940 ZPO hat der Antragsteller sowohl einen Verfügungsanspruch, wie auch einen Verfügungsgrund glaubhaft zu machen.



    1. Der Betriebsrat hat den Verfügungsanspruch und Verfügungsgrund bezüglich der Zurverfügungstellung der E-Mail-Adressen glaubhaft gemacht.



    a. Der Betriebsrat hat einen Anspruch auf die Zurverfügungstellung der dienstlichen E-Mail-Adressen der Beschäftigten der Standorte E , L und N , sofern er über diese nicht bereits verfügt. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend festgestellt.



    aa. Der Antrag ist zulässig, es fehlt - entgegen der Auffassung der Arbeitgeberin - nicht das erforderliche Rechtsschutzbedürfnis. Das fehlende Rechtsschutzbedürfnis begründet die Arbeitgeberin damit, dass die E-Mail-Adressen für den Großteil der Beschäftigten an den Standorten öffentlich zugänglich sein. Der Vortrag verdeutlicht, dass nicht alle E-Mail-Adressen öffentlich zugänglich sind. Der Betriebsrat ist für sämtliche Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zuständig, nicht nur für einen Großteil.



    bb. Der Antrag ist begründet. Ein Verfügungsanspruch und ein Verfügungsgrund liegen vor.



    (1). Nach § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG hat der Arbeitgeber den Betriebsrat zur Durchführung seiner Aufgaben rechtzeitig und umfassend zu unterrichten, sowie auf dessen Verlangen Einsicht in die erforderlichen Unterlagen zu gewähren. Hieraus folgt ein entsprechender Anspruch des Betriebsrats, soweit die begehrte Information zur Aufgabenwahrnehmung erforderlich ist. Anspruchsvoraussetzung ist damit zum einen, dass überhaupt eine Aufgabe des Betriebsrats gegeben ist und zum anderen, dass im Einzelfall die begehrte Information zur Wahrnehmung der Aufgabe erforderlich ist. Dies hat der Betriebsrat darzulegen. Erst anhand dieser Angaben können der Arbeitgeber und im Streitfall das Arbeitsgericht prüfen, ob die Voraussetzungen einer Auskunftspflicht oder ggf. ein Einsichtsrecht vorliegen. Ein Auskunftsanspruch besteht weiterhin nicht erst dann und nicht nur insoweit, als Beteiligungsrechte aktuell sind. Dem Betriebsrat soll es durch die Auskunft ermöglicht werden, in eigener Verantwortung zu prüfen, ob sich Aufgaben im Sinne des Betriebsverfassungsgesetzes ergeben und ob er zur Wahrnehmung dieser Aufgaben tätig werden muss (BAG, Beschluss vom 24. April 2018 - 1 ABR 6/16 - NZA 2018, 1656, 1565).



    Der Betriebsrat hat einen Newsletter an die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer versandt, in dem er über aktuelle Themen wie den Stand zum Abschluss von Betriebsvereinbarungen aus seiner Sicht unterrichtet. Gerade für den Abschluss von Betriebsvereinbarungen ist es erforderlich, auch die Erfordernisse der Beschäftigten zu kennen und mit ihnen in Kontakt zu stehen.



    Die Kammer verkennt nicht, dass die Betriebsratswahl von der 10. Kammer des Arbeitsgerichts Köln auch wegen der Verkennung des Betriebsbegriffs für rechtsunwirksam erklärt worden ist. Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausführt, waren die Standorte E , L und N an der Wahl des Betriebsrats beteiligt, so dass der Betriebsrat für die Belegschaft dieser Standorte zuständig ist; dieser muss grundsätzlich in die Lage versetzt werden, mit allen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern dort zu kommunizieren. Das gilt unabhängig von einer (etwaigen) Verkennung des Betriebsbegriffs durch den Wahlvorstand und der erfolgreichen Anfechtung der Betriebsratswahl in erster Instanz. Durch die erfolgreiche Anfechtung verliert der fehlerhaft gewählte Betriebsrat sein Amt nicht rückwirkend. Dies geschieht erst mit Rechtskraft der Entscheidung (Reichold in: Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, 9. Aufl. 2020, § 19 BetrVG, Rn. 21). Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig.



    Zudem ist zu berücksichtigen, dass der Betriebsrat gemäß § 16 Abs. 1 Satz 1 BetrVG spätestens zehn Wochen vor Ablauf seiner Amtszeit einen aus drei Wahlberechtigten bestehenden Wahlvorstand bestellt.



    Bei der Frist des § 16 Abs. 1 Satz 1 handelt es sich um eine Mindestfrist. Die Bestellung des Wahlvorstandes zu einem früheren Zeitpunkt ist durchaus zulässig und im Allgemeinen auch zweckmäßig. Das gilt insbesondere, wenn umfangreiche und/oder schwierige Arbeiten und Aufgaben (z.B. Klärung schwieriger Sachverhalts- oder Rechtsfragen) zu erledigen oder zu erwarten sind, was insbesondere in Betrieben mit einer besonderen Struktur (etwa mit zahlreichen unselbständigen Betriebsteilen oder Kleinstbetrieben) der Fall sein kann (Fitting, 30. Aufl. 2020, BetrVG § 16 Rn. 8).



    Gerade im Hinblick auf die vom Betriebsrat in der mündlichen Verhandlung angekündigte Abfrage, welche Beschäftigten Mitglieder des Wahlvorstands werden wollen, scheint es geboten, einen zusätzlichen Zeitraum einzuplanen. Dies gilt sowohl für die turnusmäßige Wahl, als auch für die Wahl aufgrund der erfolgreichen Wahlanfechtung.



    Da § 16 Abs. 1 Satz 1 BetrVG nur regelt, bis wann spätestens ein Wahlvorstand zu bestellen ist, nicht aber festlegt, ab wann er frühestens bestellt werden kann, liegt nicht allein in einer "unnötig" frühen Bestellung ein Rechtsmissbrauch, solange nicht der Zeitpunkt der Bestellung sachlich gänzlich unangemessen ist (BAG, Urteil vom 19. April 2012 - 2 AZR 299/11 - Rn. 15, juris). Hierzu wird vertreten, dass eine Bestellung 16 Wochen vorher (Otto/Schmidt NZA 2014, 169, 171) oder 20 Wochen vorher (Richardi BetrVG/Thüsing Rn. 21) erfolgen kann.



    Die turnusmäßige Wahl kann ab Anfang März 2022 erfolgen; die aufgrund der Wahlanfechtung ab Rechtskraft der Entscheidung des Arbeitsgericht bzw. des Landesarbeitsgerichts.



    Daher geht die Kammer davon aus, dass gerade auch für die Vorbereitung der Wahl, zur Bestellung des Wahlvorstandes ein Anspruch auf Zurverfügungstellung der dienstlichen E-Mail-Adressen an den Betriebsrat besteht. Anderenfalls kann die angekündigte Abfrage bei den Beschäftigten zum Wahlvorstand nicht erfolgen.



    Dem Wahlvorstand würde die Arbeitgeberin nach eigener Bekundung im Verfahren die dienstlichen E-Mail-Adressen zur Verfügung stellen.



    (2). Für den Erlass der einstweiligen Verfügung besteht auch ein Verfügungsgrund im Sinne der §§ 85 Abs. 2, 62 Abs. 2 ArbGG, 935, 940 ZPO. Dass eine formulierte Leistungsverfügung zur zeitweiligen Befriedigung des Anspruchs des Betriebsrats führt, ist unschädlich.



    Bei der Feststellung, ob eine einstweilige Verfügung "zur Abwendung wesentlicher Nachteile oder zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus anderen Gründen nötig erscheint" (§ 940 ZPO), hat eine Interessenabwägung stattzufinden. Dabei kann es, nicht ohne jegliche Berücksichtigung der materiellen Rechtslage, allein darauf ankommen, welcher Partei die größeren Nachteile erwachsen würden. Vielmehr sind in die Interessenabwägung sowohl die in Betracht kommenden materiell-rechtlichen und vollstreckungsrechtlichen Erwägungen, als auch die wirtschaftlichen und sonstigen Auswirkungen für beide Parteien einzubeziehen (LAG Köln, Beschluss vom 28. Februar 2014 - 4 Ta 28/14 - Rn. 39 juris).



    Das bedeutet, dass bei einer schwierigen und ungeklärten Rechtslage die Anforderungen an den Verfügungsgrund erhöht sind, und dass bei einer in hohem Maße zweifelhaften Rechtslage in der Regel keine einstweilige Verfügung ergehen kann. Umgekehrt braucht dann, wenn die Rechtslage hinsichtlich des Verfügungsanspruchs geklärt ist, und die wesentlichen Tatsachen unstreitig oder glaubhaft sind, der Verfügungsgrund nicht von besonderem Gewicht zu sein. Bei eindeutiger Rechtslage kann auf zusätzliche Anforderungen an einen Verfügungsgrund verzichtet werden. Dieses begründet sich daraus, dass grundsätzlich niemand eine offene und eindeutige Rechtsverletzung hinzunehmen hat (LAG Köln, Beschluss vom 28. Februar 2014 - 4 Ta 28/14 - Rn. 40, juris).



    Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die Kammer der Auffassung, dass ein Verfügungsgrund besteht. Dies ergibt die Interessenabwägung.



    Grundsätzlich besteht der Anspruch des Betriebsrates auf die Zurverfügungstellung der dienstlichen E-Mail-Adressen der Beschäftigten. Dies gilt insbesondere im Hinblick auf die bevorstehende Betriebsratswahl im Frühjahr 2022, für die der Betriebsrat die Bereitschaft zur Mitgliedschaft im Wahlvorstand abfragen will. Dem Wahlvorstand würde die Arbeitgeberin die E-Mail-Adressen zur Verfügung stellen. Entsprechend werden die E-Mail-Adressen von der Arbeitgeberin zeitnah zusammengestellt.



    Soweit der Betriebsrat mit den Beschäftigten der Standorte E , L und N in gutem Kontakt stehen sollte, ergibt sich daraus nicht, dass der Betriebsrat mit allen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in Kontakt steht. Auch wenn ein Großteil der E-Mail-Adressen öffentlich zugänglich sein sollte, umfasst dies nicht sämtliche dienstlichen E-Mail-Adressen.



    Der Betriebsrat ist derzeit auch für die Standorte E , L und N zuständig. Die Kammer verkennt nicht, dass nach Auffassung der Arbeitgeberin der Wahlvorstand den Betriebsbegriff verkannt und der Betriebsrat offenkundig nicht für die Standorte E , L und N zuständig sein soll. Nach der Entscheidung der 10. Kammer des Arbeitsgerichts Köln ist die Betriebsratswahl für rechtsunwirksam erklärt worden. Dies bedeutet, die Wahl ist nicht für nichtig erklärt worden.



    Der Betriebsrat versendet unter anderem einen Newsletter zu aktuellen Themen. Dem Betriebsrat steht es grundsätzlich frei, die Belegschaft auch via dienstlicher E-Mail zu unterrichten (vgl. Reichold in: Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, 9. Aufl. 2020, § 40 BetrVG, Rn. 36). Bei der Arbeitgeberin werden E-Mails zur internen Kommunikation genutzt. Neben dem Newsletter wurde in der mündlichen Verhandlung vom 12.10.2021 die Abfrage zum Wahlvorstand angekündigt.



    Gegen den Verfügungsgrund spricht nicht ein "zu langes Zuwarten". Dem Arbeitsgericht und der Arbeitgeberin ist zuzustimmen, dass der Betriebsrat mehrere Monate bis zum Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung hat verstreichen lassen. Grundsätzlich wird es im Interesse der Arbeitgeberin liegen, wenn der Betriebsrat nicht vorschnell gerichtliche Hilfe in Anspruch nimmt. Die Besonderheit ist im vorliegenden Fall, dass die Arbeitgeberin die E-Mail-Adressen dem Wahlvorstand zur Verfügung stellen will. Der Wahlvorstand wird zeitnah entweder wegen der Wahlanfechtung oder der turnusmäßigen Betriebsratswahl bestellt werden müssen. Die Arbeitgeberin hat die gerichtliche Feststellung, dass die Betriebsratswahl für rechtsunwirksam erklärt wird, erfolgreich begehrt. Dies führt dazu, dass - nach rechtskräftigem Abschluss - eine Betriebsratswahl durchgeführt werden muss. Hierfür ist die Bestellung des Wahlvorstandes durch den Betriebsrat vorgesehen. Der Wahlvorstand wird in der Regel durch den Betriebsrat mit einem allgemeinen Beschluss mit einfacher Mehrheit bestellt. Um für alle Beschäftigten, bei denen die Voraussetzung der Wahlberechtigung vorliegt, die Möglichkeit zu schaffen, als Mitglied der Wahlvorstands bestellt zu werden, ist die vorherige Abfrage zur Bereitschaft denkbar. Diese Abfrage wäre zeitnah durchzuführen. Hierfür ist die Liste der E-Mail-Adressen erforderlich.



    Welche großen Nachteile der Arbeitgeberin durch die Zurverfügungstellung der dienstlichen E-Mail-Adressen entstehen, ist offen. Eine Liste wird die Arbeitgeberin für den Wahlvorstand - nach eigener Bekundung - erstellen. Dies wird aufgrund der bevorstehenden Wahl und der Bestellung des Wahlvorstands zeitnah erfolgen. Die Interessenabwägung geht zu Lasten der Arbeitgeberin aus.



    2. Der Betriebsrat hat keinen Anspruch im Rahmen einer einstweiligen Verfügung gegenüber der Arbeitgeberin zu erwirken, dass diese Dienstreisen der Betriebsratsmitglieder zu den Standorten E , L und N duldet.



    a. Der Antrag ist zulässig, er ist hinreichend bestimmt und als Globalantrag zulässig.



    Der Antrag ist gemäß § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO hinreichend bestimmt. Es ergibt sich aus dem Antrag, dass die Mitglieder des Betriebsrats zu den Standorten reisen wollen.



    Der Antrag ist als Globalantrag zulässig. Der Zulässigkeit eines Globalantrags, mit welchem ein Handlungs-, Unterlassungs- oder Duldungsanspruch für eine Vielzahl künftiger Fallkonstellationen verfolgt wird, steht das Bestimmtheitserfordernis des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO deshalb nicht entgegen, weil ein solcher Antrag alle denkbaren Fallgestaltungen und Möglichkeiten umfasst. Ob einem Beteiligten die in dem Globalantrag beschriebenen Ansprüche zustehen, ist eine Frage der Begründetheit. Stehen die von dem Antrag möglicherweise erfassten Fallgestaltungen dem Antragsteller nicht zu, führte dies lediglich zur Unbegründetheit des Antrags in Bezug auf das jeweilige Beteiligungsrecht als Globalantrag, nicht aber zu seiner Unzulässigkeit (BAG, Beschluss vom 26. Mai 2021 - 7 ABR 17/20 - Rn. 16, juris).



    b. Wie das Arbeitsgericht zu Recht und mit zutreffender Begründung festgestellt hat, ist der Antrag unbegründet.



    Es liegen weder ein Verfügungsanspruch noch ein Verfügungsgrund vor.



    Der Betriebsrat hat nicht vorgetragen, dass die Arbeitgeberin Mitglieder des Betriebsrats an Dienstreisen zu den Standorten E , L und N hindert. Es liegt kein Vortrag zu einem Antrag bezüglich einer Dienstreise vor. Einen abstrakten Anspruch auf Duldung von Dienstreisen in jeglicher Fallkonstellation besteht nicht.



    Gemäß § 40 Abs. 1 BetrVG trägt der Arbeitgeber die durch die Tätigkeit des Betriebsrats entstehenden Kosten. Zu den erforderlichen Aufwendungen gehören insbesondere Reisekosten, wenn das Betriebsratsmitglied zur Erledigung seiner Aufgaben auswärtige Betriebe, Betriebsteile, Nebenbetriebe oder Baustellen aufsucht oder an auswärtigen Sitzungen anderer betriebsverfassungsrechtlichen Gremien, an Gerichtsterminen oder Behördengesprächen teilnehmen muss (Reichold in: Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht Kommentar, 9. Aufl. 2020, § 40 BetrVG, Rn. 19). Einen solchen benannten Fall hat der Betriebsrat nicht vorgetragen.



    Es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass es zur Tätigkeit des Betriebsrats gehört, Dienstreisen zu den Standorten zu unternehmen, die in seine Zuständigkeit fallen. Das gilt jedenfalls, soweit solche Dienstreisen im Hinblick auf zeitlichen Umfang, Turnus sowie Anzahl von Betriebsratsmitgliedern erforderlich sind. Die Duldung einer Dienstreise kann der Betriebsrat demnach nur dann verlangen, wenn er zuvor im Einzelfall unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände die Erforderlichkeit einer Dienstreise zur Erfüllung seiner gesetzlichen Aufgabe geprüft hat. Ein Anspruch des Betriebsrats auf Duldung von Dienstreisen zu den Standorten E L und N durch den Arbeitgeber besteht daher nicht einschränkungslos für alle Fallgestaltungen, sondern ist abhängig von den Umständen des Einzelfalles.



    Soweit der Betriebsrat auf die faktische Verhinderung wegen streitiger Kostenübernahme abstellt, ist der Antrag auf Duldung entsprechender Dienstreisen nicht zielführend, weil damit die Frage der Kostenerstattung ungeklärt bleibt und der Streit zwischen den Beteiligten nicht beseitigt wird.

    Vorschriften§ 4 BetrVG, § 4 Abs. 1 Satz 2 BetrVG, § 85 Abs. 2 ArbGG, §§ 935, 940 ZPO, § 80 Abs. 2 Satz 1 BetrVG, § 16 Abs. 1 Satz 1 BetrVG, §§ 85 Abs. 2, 62 Abs. 2 ArbGG, 935, § 940 ZPO, § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, § 40 Abs. 1 BetrVG