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  • 20.12.2018 · IWW-Abrufnummer 206239

    Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg: Urteil vom 21.09.2018 – 2 Sa 774/18

    1) Das Berufen auf eine tarifliche Kündigungseinschränkung kann grundsätzlich rechtsmissbräuchlich sein. Es ist im konkreten Fall nicht rechtsmissbräuchlich, wenn der anwaltlich vertretene Arbeitnehmer vor Jahren anlässlich eines Betriebsübergangs der Auffassung war, dass der betreffende Tarifvertrag nicht zur Geltung käme, nunmehr aber - zutreffend - der Auffassung ist, dass der Tarifvertrag Anwendung findet.

    2) Eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses auf Antrag des Arbeitgebers gem. §§ 9 ; 10 KSchG kommt nur dann in Betracht , wenn die Kündigung nicht auch aus einem anderen Grund als der Sozialwidrigkeit unwirksam ist.


    In Sachen
    - Beklagte und Berufungsklägerin -
    - Kläger und Berufungsbeklagter -
    hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, 2. Kammer,
    auf die mündliche Verhandlung vom 21. September 2018
    durch den Vizepräsidenten des Landesarbeitsgerichts Dr. F.als Vorsitzenden
    sowie den ehrenamtlichen Richter O. und den ehrenamtlichen Richter M. für Recht erkannt:

    Tenor:
    1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 15.05.2018 - 36 Ca 12238/17 - wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.


    2. Die Revision wird nicht zugelassen.



    Tatbestand



    Die Parteien streiten um die Wirksamkeit einer ordentlichen krankheitsbedingten Kündigung vom 30.08.2017 sowie in zweiter Instanz zusätzlich um die Auflösung des Arbeitsverhältnisses nach einem diesbezüglichen Antrag der Arbeitgeberin. Dabei ist Kernpunkt des Streits der Ausschluss der ordentlichen Kündbarkeit des Klägers gemäß § 29 des Manteltarifvertrages T-Systems International vom 04.11.2014 (im Folgenden: MTV TSI, vgl. den Tarifvertrag in Kopie Bl. 238 ff. d. A.), der unstreitig auf das Arbeitsverhältnis der Parteien anwendbar ist. Die Beklagte meint, der Kläger dürfe sich auf den Ausschluss der ordentlichen Kündigung nicht berufen, weil er im Jahr 2015 durch seinen damaligen Rechtsanwalt anlässlich der damals streitigen Anwendbarkeit des § 7 Abs. 6 MTV TSI explizit habe mitteilen lassen, dass der MTV TSI auf das Arbeitsverhältnis keine Anwendung fände und für ihn allein sein Arbeitsvertrag mit seinem alten Arbeitgeber, der von der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin im Wege des Betriebsübergangs übernommen wurde, gelten würde. Wörtlich heißt es im Schreiben vom 20.08.2015, Seite 2, Bl. 424 d. A.:

    "Soweit Sie sich hierzu auf § 7 Abs. 6 MTV TSI berufen, findet dieser Tarifvertrag und damit auch dessen § 7 Abs. 6 auf das Arbeitsverhältnis unseres Mandanten keine Anwendung. Für ihn ist nach wie vor sein Arbeitsvertrag mit der gedas GmbH vom 20.05.1998 allein maßgebend. Einen neuen hat er nie abgeschlossen. Folglich ist die Betriebszugehörigkeit mit Wirkung ab 01.08.1998 zu berechnen. Bitte korrigieren Sie daher Ihre Mitteilung durch ein neues Schreiben zu unseren Händen."



    Das Arbeitsgericht Berlin hat auf die rechtzeitig im Sinne von § 4 KSchG erhobene Klage festgestellt, dass das zwischen den Parteien bestehende Arbeitsverhältnis weder durch die Kündigung der Beklagten vom 30.08.2017 noch durch andere Tatbestände aufgelöst worden ist, sondern fortbesteht. Dies hat es im Wesentlichen damit begründet, dass die ordentliche Kündigung des Klägers gemäß § 29 Abs. 2 b und c MTV TSI nur noch aus den in dort genannten Fällen der verhaltensbedingten Gründe und bei andauernder Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit, soweit der Arbeitnehmer Ansprüche auf Rentenzahlungen habe, möglich sei. Beide Fälle lägen unstreitig nicht vor.



    Der Kläger dürfe sich auch auf diese Tarifnorm berufen. Er handele insofern nicht rechtsmissbräuchlich. Denn grundsätzlich lasse die Rechtsordnung widersprüchliches Verhalten zu. Die Parteien dürften ihre Rechtsansichten sogar während eines Rechtsstreites ändern. Daher sei es Arbeitnehmern auch grundsätzlich unbenommen, von Erklärungen, die sie im Laufe des Arbeitsverhältnisses gegenüber dem Arbeitgeber abgegeben hätten, abzurücken. Nicht jeder Widerspruch zwischen Erklärungen eines Arbeitnehmers stelle einen Verstoß gegen die Grundsätze von Treu und Glauben dar und sei als unzulässige Rechtsausübung anzusehen. Hinzu kommen müsse, dass der andere Teil auf eine Beibehaltung des einmal bezogenen Rechtsstandpunktes vertrauen dürfte und sich in einer Weise darauf eingerichtet habe, dass ihm die Anpassung an die veränderte Rechtslage nach Treu und Glauben nicht zugemutet werden könne. Obwohl tarifliche Ansprüche nach § 4 Abs. 4 TVG grundsätzlich weder verwirkten noch verzichtbar seien, sei der Einwand der unzulässigen Rechtsausübung auch gegenüber tariflichen Ansprüchen nicht ausgeschlossen, wobei jedoch im Hinblick auf den Sinn und Zweck von § 4 Abs. 4 Satz 2 TVG bei tariflichen Ansprüchen strenge Anforderungen zu stellen seien. Dieser Einwand könne nur in besonders krassen Fällen durchgreifen.



    Für die Annahme, ein derartiger Vertrauenstatbestand sei durch das Verhalten des Klägers im Verhältnis zur Beklagten geschaffen worden, ergäben sich vorliegend keine Anhaltspunkte.



    Zwar sei der Beklagten zuzugeben, dass sich der Kläger mit dem Schreiben unter dem 20. August 2015 angesichts der seit Juni 2007 bestehenden Mitgliedschaft in der tarifschließenden Gewerkschaft widersprüchlich verhalten habe.



    Hieraus könne jedoch kein Vertrauenstatbestand entstehen. Denn die Beklagte dürfte nicht auf eine Beibehaltung des einmal von dem Kläger bezogenen Rechtsstandpunktes vertrauen, da jener auch nach dem 20.08.2015 der tarifschließenden Gewerkschaft hätte beitreten können, wodurch auch der besondere Kündigungsschutz in Kraft getreten wäre.



    Angesichts dessen hätte die Beklagte, wollte sie nicht auf alle Arbeitnehmer, die die Voraussetzungen von § 29 Abs. 1 MTV TSI erfüllten, den besonderen Kündigungsschutz anwenden, den betreffenden Arbeitnehmer und also auch den Kläger nach seiner Gewerkschaftszugehörigkeit vor Kündigungsausspruch befragen können. Denn im laufenden Arbeitsverhältnis werde dem Arbeitgeber generell ein Fragerecht zugestanden, wenn er ein berechtigtes, billigenswertes und schutzwürdiges Interesse an der Kenntnis der jeweiligen Information im Hinblick auf das Arbeitsverhältnis habe. Dies werde dann, wenn die Frage nach der Gewerkschaftszugehörigkeit bei der Klärung der Anwendung von Arbeitsbedingungen aus einem mit einer bestimmten Gewerkschaft geschlossenen Tarifvertrag erforderlich sei, die Belange der von der Gewerkschaft vertretenen Arbeitnehmer und damit auch die Gewerkschaft überwiegen.



    Wegen der weiteren konkreten Begründung des Arbeitsgerichts Berlin und des Vortrags der Parteien in der ersten Instanz wird auf das Urteil vom 15.05.2018 (Bl. 448 bis 457 d. A.) verwiesen.



    Gegen dieses ihr am 06.06.2018 zugegangene Urteil richtet sich die beim Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg am 18.06.2018 im Original eingegangene und am 01.08.2018 per Fax begründete Berufung der Beklagten. Sie wiederholt und vertieft ihren Vortrag erster Instanz zum Einwand der unzulässigen Rechtsausübung wegen des grob arglistigen Verhaltens des Klägers im Rahmen einer konkreten Auseinandersetzung mit dem erstinstanzlichen Urteil. Sie hätte kein Recht und keine Verpflichtung gehabt, den Kläger vor Ausspruch der streitgegenständlichen Kündigung nach der Gewerkschaftszugehörigkeit zu fragen.



    Das Arbeitsverhältnis sei auch zwischen den Parteien gegen Zahlung einer Abfindung, die in das Ermessen des Gerichts gestellt werde, jedoch 20.114,35 EUR brutto nicht überschreiten sollte, aufzulösen, da der Kläger die Beklagte über die Nichtmitgliedschaft in der Gewerkschaft ver.di getäuscht habe, er außerdem bereits eine Falschaussage in den Vorfahren 2 Ca 2438/08 bzw. 6/20 Sa 2170/08 vor dem Arbeitsgericht Frankfurt/Main bzw. dem Landesarbeitsgericht Hessen abgegeben habe, bereits vor 2008 und 2015 der begründete Verdacht von Falschaussagen im Zusammenhang mit MdK-Untersuchungen in den Jahren 2000 und 2001 bestanden habe, es den Verdacht des Vortäuschens einer Krankheit im Jahr 2009 gegeben habe, der Kläger offenkundig kein Interesse mehr an einer gedeihlichen Vollziehung eines auf Gegenseitigkeit angelegten Arbeitsverhältnisses habe und schließlich aufgrund der ständigen Fehlzeiten des Klägers seit 1999 von einem überproportional personenbedingten Ungleichgewicht zwischen Leistung und Gegenleistung ausgegangen werde.



    Die Beklagte beantragt,

    das Urteil des Arbeitsgerichts Berlin vom 15.05.2018 - 36 Ca 12238/17 - abzuändern und die Klage abzuweisen, hilfsweise für den Fall der Klagestattgabe das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien gegen Zahlung einer Abfindung, die in das Ermessen des Gerichts gestellt werde, jedoch 20.114,35 EUR brutto nicht überschreiten sollte, aufzulösen.



    Der Kläger beantragt,

    die Berufung der Beklagten unter Zurückweisung des Auflösungsantrages zurückzuweisen.



    Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil, hält nach wie vor die Berufung auf die tarifliche Vorschrift des § 29 MTV TSI nicht für treuwidrig und meint, dass der Auflösungsantrag schon aus rechtlichen Gründen (Unwirksamkeit wegen anderer Gründe als der Sozialwidrigkeit) keinen Erfolg haben könne.



    Wegen des konkreten zweitinstanzlichen Vortrags der Parteien wird auf die Schriftsätze der Beklagten vom 01.08.2018 (Bl. 485 ff. d. A.), 07.09.2018 (Bl. 550 ff. d. A.) und 17.09.2018 (Bl. 716 ff. d. A.) sowie des Klägers vom 11.09.2018 (Bl. 643 ff. d. A.), 13.09.2018 (Bl. 646 ff. d. A.) und 19.09.2018 (Bl. 720 f. d. A.) verwiesen.



    Entscheidungsgründe



    I. 1. Die gemäß §§ 8 Abs. 2; 64 Abs. 1, Abs. 2 c, Abs. 6; 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG; §§ 519; 520 Abs. 1 und Abs. 3 ZPO hinsichtlich des Kündigungsfeststellungsantrages zu 1 zulässige Berufung ist insbesondere formgerecht und fristgemäß eingelegt und begründet worden.



    2. Hinsichtlich des allgemeinen Feststellungsanspruchs ist die Berufung der Beklagten bereits unzulässig, da sie sich damit überhaupt nicht auseinandergesetzt hat im Sinne von § 520 Abs. 3 Ziff. 2 und Ziff. 3 ZPO (zu den Voraussetzungen vgl. nur BAG 15.11.2016 - 9 AZR 125/16 - EzA § 520 ZPO 2002 Nr. 9 m. w. N. in Rz. 11).



    3. In der Sache hat die Berufung der Beklagten keinen Erfolg. Sowohl im Ergebnis als auch in der Begründung zu Recht hat das Arbeitsgericht Berlin der Klage stattgegeben und festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis weder durch die ordentliche Kündigung vom 30.08.2017 noch durch weitere Tatbestände aufgelöst worden ist, sondern fortbesteht. Das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg folgt dem Arbeitsgericht Berlin, sieht von einer nur wiederholenden Begründung gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG ab und weist im Hinblick auf den Berufungsvortrag der Beklagten, insbesondere zum Auflösungsantrag, nur auf Folgendes hin:



    (1) Unstreitig findet der MTV TSI auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung, da die Beklagte als Tarifpartei und der Kläger als Mitglied der Gewerkschaft ver.di seit 2007 tarifgebunden gemäß § 3 Abs. 1 TVG sind. Dementsprechend gilt auch der § 29 Abs. 1 und Abs. 2 MTV TSI gemäß § 4 Abs. 1 TVG zwischen den Parteien. Danach ist die ordentliche Kündigung bei einem Mitarbeiter, der zum Zeitpunkt der Kündigung das 50. Lebensjahr und eine Zeit der Betriebszugehörigkeit von 15 Jahren vollendet hat, nur noch möglich aus einem wichtigen Grund, mit Zustimmung des Betriebsrats aus einem besonderen verhaltensbedingten Grund und bei andauernder Arbeitsunfähigkeit wegen Krankheit, soweit der Arbeitnehmer Ansprüche auf Versorgungsrechte aus der VAP etc. geltend machen kann und auf Antrag des Arbeitgebers einen solchen Antrag nicht stellt.



    Unstreitig liegen diese Kündigungseinschränkungen für den Kläger vor: Er ist auch unter der Berücksichtigung seines unbezahlten Urlaubs nach § 7 Abs. 6 MTV TSI mehr als 15 Jahre bei der Beklagten bzw. ihrer Rechtsvorgängerin beschäftigt und über 50 Jahre alt. Ihm ist ordentlich und nicht aus wichtigem Grund gekündigt worden, gleichfalls unstreitig liegt keine verhaltensbedingte, sondern eine krankheitsbedingte Kündigung vor, die jedoch nicht andauernd im Sinne von § 29 Abs. 2 c MTV TSI ist und auch sonst die Voraussetzungen des § 29 Abs. 2 c MTV TSI nicht erfüllt. Die ordentliche Kündigung des Klägers war daher zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung vom 30.08.2017 ausgeschlossen.



    (2) Der Kläger darf sich auch auf § 29 MTV TSI berufen. Dies ist nicht rechtsmissbräuchlich bzw. ein Verstoß gegen Treu und Glauben nach § 242 BGB.



    a) Zwar ist der Beklagten die Berufung auf den Rechtsmissbrauch, Arglist oder sonst einen Verstoß gegen § 242 BGB nicht etwa deshalb versagt, weil tarifliche Ansprüche grundsätzlich weder verwirken noch verzichtbar sind gemäß § 4 Abs. 4 TVG, denn § 4 Abs. 4 TVG hindert den Arglisteinwand nicht (vgl. bereits BAG 07.12.1956 - 1 AZR 480/55 - BAGE 4, 59, 63; BAG 17.07.1958 - 2 ARZ 312/57 - BAGE 6, 170 ff. [BAG 17.07.1958 - 2 AZR 312/57] m. w. N.). Dieser Einwand kann jedoch nur in krassen Fällen durchgreifen, wie das Arbeitsgericht Berlin unter Bezugnahme auf die BAG-Rechtsprechung zutreffend festgestellt hat.



    b) Ein solcher Fall liegt hier nicht vor: Der Kläger hat sich im Jahre 2015 auf den rechtlichen Standpunkt gestellt, dass der MTV TSI für ihn nicht gelte, weil er den (neuen) Arbeitsvertrag mit dem Betriebsinhaber, der Vorgängerin der Beklagten, - insofern unstreitig - nicht unterschrieben habe. Er hat dabei nicht auf seine Gewerkschaftszugehörigkeit hingewiesen, die ebenfalls zu einer Tarifbindung bereits damals geführt hätte. Dieses Unterlassen der Angabe seiner Gewerkschaftszugehörigkeit ist nicht rechtsmissbräuchlich, denn der Arbeitnehmer hat grundsätzlich keine Pflicht zur Offenbarung von für ihn ungünstigen Umständen (vgl. nur Palandt/Ellenberger, BGB, 77. Aufl. 2018, § 123 Rz. 6 m. w. N.). Vielmehr wäre es Sache der Beklagten gewesen, bei einer derartigen Auskunft die Frage nach der Gewerkschaftszugehörigkeit zu stellen, dies ist nach der Einstellung des Arbeitnehmers möglich. Denn es besteht ein berechtigtes Interesse des Arbeitgebers zu erfahren, ob ein geltender Tarifvertrag dadurch auf das Arbeitsverhältnis Anwendung findet, dass der Arbeitnehmer der tarifschließenden Gewerkschaft angehört (vgl. nur Thüsing, in: Henssler/Willemsen/Kalb, Arbeitsrecht-Kommentar, 8. Aufl. 2018, § 123 BGB Rz. 14; Staudacher/Richardi/Fischinger, BGB, Neubearbeitung 2016, Updatestand 5.03.2018, § 611 Rz. 580). Diese Frage ist unterblieben.



    (3) Das Arbeitsverhältnis ist nicht nach §§ 9; 10 KSchG aufzulösen.



    a) Eine Auflösung des Arbeitsverhältnisses auf Antrag des Arbeitgebers kommt nur in Betracht, wenn die Kündigung nicht auch aus einem anderen Grund als der Sozialwidrigkeit unwirksam ist (ständige Rechtsprechung, vgl. nur BAG 28.08.2008 - 2 AZR 63/07 - Rz. 27, BAGE 127, 329; BAG 23.10.2010 - 2 AZR 554/08 - EzA § 9 KSchG n. F. Nr. 58, Rz. 54 m. w. N.). Dabei führt das Vorliegen eines anderen Unwirksamkeitsgrundes im Sinne von § 13 Abs. 3 KSchG nicht zur Unzulässigkeit des Auflösungsbegehrens wegen Fehlens einer Prozessvoraussetzung. Es mangelt dem Begehren vielmehr an einer materiellen Voraussetzung des § 9 Abs. 1 KSchG wie beim Fehlen von Auflösungsgründen im Sinne von § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG auch. Auf eine bestimmte Prüfungsreihenfolge sind die Gerichte gesetzlich nicht festgelegt. Liegt nur eine der Voraussetzungen des § 9 Abs. 1 KSchG nicht vor, ist der Auflösungsantrag des Arbeitgebers unbegründet. Einer Erörterung weiterer Voraussetzungen bedarf es dann nicht (BAG 23.10.2010, a. a. O., Rz. 54).



    b) So liegt es hier: Es kann dahinstehen, ob die von der Arbeitgeberin dargestellten Gründe, die auch aus Sicht der erkennenden Kammer für ein sehr belastetes Arbeitsverhältnis sprechen, eine Auflösung nach § 9 KSchG rechtfertigen würden. Denn es liegt eine "sonstige Unwirksamkeit" im Sinne von § 13 Abs. 3 KSchG und der zitierten obergerichtlichen Rechtsprechung wegen des tariflichen Ausschlusses der Kündigung nach § 29 MTV TSI vor.



    III. Die Berufung der Beklagten war daher gemäß § 97 Abs. 1 ZPO auf ihre Kosten zurückzuweisen.



    IV. Für eine Zulassung der Revision bestand kein Anlass.

    Verkündet am 21. September 2018

    Vorschriften§ 7 Abs. 6 MTV, § 4 KSchG, § 29 Abs. 2 b, c MTV, § 4 Abs. 4 TVG, § 4 Abs. 4 Satz 2 TVG, § 29 Abs. 1 MTV, § 29 MTV, §§ 8 Abs. 2, 64 Abs. 1, Abs. 2 c, Abs. 6, 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG, §§ 519, 520 Abs. 1, Abs. 3 ZPO, § 520 Abs. 3 Ziff. 2 und Ziff. 3 ZPO, § 520 ZPO, § 69 Abs. 2 ArbGG, § 3 Abs. 1 TVG, § 29 Abs. 1, Abs. 2 MTV, § 4 Abs. 1 TVG, § 29 Abs. 2 c MTV, § 242 BGB, §§ 9, 10 KSchG, § 9 KSchG, § 13 Abs. 3 KSchG, § 9 Abs. 1 KSchG, § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG, § 97 Abs. 1 ZPO