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  • 01.10.2018 · IWW-Abrufnummer 204663

    Landesarbeitsgericht Köln: Beschluss vom 18.07.2018 – 7 Ta 49/18

    Korrigiert der Arbeitgeber das nach Maßgabe eines gerichtlichen Vergleiches zu erteilende Zeugnis in den drei vom Arbeitnehmer in seinem Zwangsgeldantrag konkret beanstandeten Punkten, so erscheint es rechtsmissbräuchlich, den Zwangsgeldantrag gleichwohl mit der Begründung aufrechtzuerhalten, das Zeugnis weise einen weiteren Mangel auf (um 0,4 mm größerer Zeilenabstand vor dem Schluss-Absatz als zwischen den übrigen Absätzen !), wenn der identische vermeintliche weitere Mangel auch schon in der ersten Zeugnisversion vorhanden war, zunächst aber vom Arbeitnehmer nicht gerügt wurde.


    Tenor:

    Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den die Zwangsvollstreckung aus dem Vergleich vom 18.05.2017 betreffenden Beschluss des Arbeitsgerichts Siegburg vom 08.01.2018 wird kostenpflichtig zurückgewiesen.



    Gründe



    I. Die Parteien schlossen in dem Hauptsacheverfahren Arbeitsgericht Siegburg 5 Ca 582/17 unter dem 18.05.2017 einen verfahrensbeendenden Vergleich nach § 278 Abs. 6 ZPO (Bl. 58 bis 60 d. A.). Ziffer 5. dieses Vergleichs hat folgenden Wortlaut:



    Wegen Inhalt und Erscheinungsbild des im Vergleich in Bezug genommenen ursprünglich erteilten Zeugnisses vom 10.02.2017 wird auf die Anlage A1 zum Schriftsatz des Klägers vom 12.09.2017 (Bl. 83 d. A.) Bezug genommen.



    In dem Bestreben, ihre Verpflichtung zur Erteilung eines Zeugnisses nach Maßgabe der Ziffer 5. des Vergleichs vom 18.05.2017 zu erfüllen, übersandte die Beklagte dem Kläger am 14.07.2017 ein Zeugnis entsprechend der Anlage A2 zum vorgenannten Schriftsatz des Klägers (Bl. 84 d. A.). Diese Zeugnisversion nahm der Kläger zum Anlass, mit Schriftsatz vom 12.09.2017 (Bl. 81 ff. d. A.) einen Zwangsvollstreckungsantrag gemäß § 888 ZPO zu stellen. In der Begründung des Antrags bestätigt der Kläger zunächst den Eingang des Zeugnisses entsprechend der Anlage A2, führt sodann aber aus:



    Nunmehr übersandte die Beklagte dem Kläger am 19.10.2017 eine weitere überarbeitete Zeugnisversion, wie aus der Anlage A3 zum Schriftsatz des Klägers vom 02.01.2018 (Bl. 92 d. A.) ersichtlich. In diese letztgenannte Zeugnisversion hatte die Beklagte die drei Änderungswünsche des Klägers aus dem Zwangsvollstreckungsantrag vom 12.09.2017 eingearbeitet.



    Gleichwohl hält der Kläger an seinem Zwangsvollstreckungsantrag fest und vertritt weiterhin die Auffassung, dass die Beklagte nach wie vor kein Zeugnis erteilt habe, das ihrer Verpflichtung in Ziffer 5. des Vergleichs vom 18.05.2017 gerecht wird. Zur Begründung weist der Kläger darauf hin, dass in dem zuletzt erteilten Zeugnis vor dem Schlussabsatz zwei Leerzeilen statt nur einer eingefügt seien. Damit werde der Eindruck erzeugt, als distanziere sich der Aussteller von der Dankes-, Bedauerns- und Gute-Wünsche-Formel. Es handele sich damit nicht, wie in Ziffer 5. des Vergleichs vorgeschrieben, um ein Zeugnis "gemäß dem unter dem 10.02.2017 erteilten Zeugnis", da in diesem die nun zu beanstandende auffällige normwidrige Absatzbildung vor dem Schlussabsatz nicht enthalten gewesen sei.



    Mit Beschluss vom 08.01.2018, dem Kläger zugestellt am 17.01.2018, hat das Arbeitsgericht Siegburg den aufrechterhaltenen Zwangsvollstreckungsantrag zurückgewiesen. Der hiergegen gerichteten, am 31.01.2018 bei Gericht eingegangenen sofortigen Beschwerde hat das Arbeitsgericht mit weiterem Beschluss vom 27.02.2018 die Abhilfe versagt und die Angelegenheit dem Landesarbeitsgericht als Beschwerdegericht zur Entscheidung vorgelegt.



    Auf die Begründungen der Beschlüsse des Arbeitsgerichts vom 08.01.2018 und 27.02.2018 sowie der sofortigen Beschwerde gemäß Schriftsatz vom 04.02.2018 wird Bezug genommen.



    II. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Arbeitsgerichts Siegburg vom 08.01.2018 ist zulässig, aber unbegründet.



    1. Die Beklagte hat ihre Verpflichtung aus Ziffer 5. des Vergleichs vom 18.05.2017 durch die dem Kläger am 19.10.2017 übersandte letzte Zeugnisversion (entsprechend Anlage A3 zum Schriftsatz vom 02.01.2018) ordnungsgemäß erfüllt. Den drei vom Kläger in seinem Zwangsvollstreckungsantrag vom 12.09.2017 erhobenen Beanstandungen hat die Beklagte in dieser Zeugnisversion Rechnung getragen. Weitergehende Abänderungen des Zeugnisses kann der Kläger nicht mehr verlangen.



    Es trifft zwar zu, dass in der zuletzt erteilten Zeugnisversion der Zeilenabstand zwischen dem vorletzten und dem letzten Absatz ein Zentimeter beträgt, während zwischen den anderen Textabsätzen des Zeugnisses nur ein Abstand von 0,6 cm eingehalten wird. Hierin liegt aber keine Verletzung der Verpflichtungen aus Ziffer 5. des Vergleichs vom 18.05.2017; denn der Vergleichstext enthält keine Vorgaben über den in dem zu erteilenden Zeugnis einzuhaltenden Zeilenabstand zwischen den einzelnen Absätzen.



    Eine solche Vorgabe lässt sich entgegen der Ansicht des Klägers auch nicht aus dem Passus entnehmen, wonach das Zeugnis, abgesehen von den in Ziffer 5. des Vergleichs konkret aufgeführten Änderungen, "gemäß dem unter dem 10.02.2017 erteilten Zeugnis" zu erteilen war. Es lag bei Abschluss des Vergleichs - insbesondere für den Kläger - nahe, für ein zu erteilendes Zeugnis an das Zeugnis vom 10.02.2017 anzuknüpfen, weil bereits dieses ausgesprochen positive Leistungsbewertungen des Klägers enthielt. Die Anknüpfung an das Zeugnis vom 10.02.2017 war ihrem Sinn und Zweck nach somit vor allem inhaltlicher Natur. Eine bis in die Feinheiten gehende Festlegung auch der äußeren Gestaltung des Zeugnisses, was zum Beispiel Schrifttype, Zeilenabstand bzw. Absatzgestaltung angeht, lässt sich bei objektiver Betrachtung in die Wendung "gemäß dem Zeugnis unter dem 10.02.2017 erteilten Zeugnis" nicht hineininterpretieren. Dies verdeutlicht im Übrigen auch das vom Arbeitsgericht in seinem Nichtabhilfebeschluss vom 27.02.2018 gefundene Beispiel.



    2. Vor allem aber erweist sich das Antragsbegehren des Klägers nunmehr als rechtsmissbräuchlich, nachdem die Beklagte mit dem zuletzt erteilten Zeugnis alle in dem Zwangsvollstreckungsantrag des Klägers vom 12.09.2017 aufgeführten Korrekturwünsche erfüllt hat. Dabei ist zu beachten, dass die dem Kläger im Juli 2017 übermittelte Zeugnisversion, die den Anlass für ihn bildete, die Zwangsvollstreckung zu betreiben, bereits dieselbe "Gestaltungsbesonderheit" aufweist, wie die zuletzt erteilte Zeugnisversion: Auch in dem Zeugnis entsprechend der Anlage A2, welches den Anlass für den Zwangsvollstreckungsantrag vom 12.09.2017 bildete, beträgt der Zeilenabstand zwischen dem vorletzten und letzten Absatz einen Zentimeter, zwischen den übrigen Textabsätzen aber nur 0,6 cm. Dennoch hat der Kläger in seinem Zwangsvollstreckungsantrag vom 12.09.2017 eine Änderung dieser Gestaltungsbesonderheit nicht verlangt, sondern nur die bereits erwähnten drei bestimmten anderen Korrekturen eingefordert.



    Die Beklagte durfte deshalb darauf vertrauen, dass sie den Kläger voll zufrieden stellen würde, wenn sie den von ihm ausdrücklich angeführten drei Änderungswünschen Rechnung trägt, und er in diesem Fall die Zwangsvollstreckung nicht weiter betreibt. Dem Kläger ist es daher nunmehr verwehrt, dem Bemühen der Beklagten, ihren Verpflichtungen aus Ziffer 5. des Vergleichs nachzukommen, mit ständig neuen Änderungswünschen gegenüberzutreten.



    3. Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass das Beschwerdegericht die Spekulation des Klägers, der etwas größere Zeilenabstand vor dem letzten Zeugnissatz erzeuge den Eindruck, als distanziere sich der Aussteller von der Dankes-, Bedauerns- und Gute-Wünsche-Formel, nicht zu teilen vermag. Eine solche (Über)Interpretation erscheint objektiv betrachtet in Anbetracht der ausgesprochen positiven Bewertungen in den Absätzen davor eher fernliegend. Falls überhaupt angenommen werden kann, dass die Beklagte bei der Niederschrift des Zeugnistextes den Zeilenabstand zwischen dem vorletzten und dem letzten Absatz bewusst etwas vergrößert hat, so könnte dies zumindest ebenso gut so interpretiert werden, dass der Aussteller des Zeugnisses die Abschlussformel besonders betonen und hervorheben wollte.



    III. Die Kosten seiner erfolglosen sofortigen Beschwerde hat der Kläger zu tragen.

    Vorschriften§ 278 Abs. 6 ZPO, § 888 ZPO