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  • 24.09.2018 · IWW-Abrufnummer 204504

    Landesarbeitsgericht Düsseldorf: Beschluss vom 08.08.2018 – 2 Ta 304/18

    Eine hinreichende Erfolgsaussicht im Sinne der §§ 11a Abs. 1 ArbGG , 114 Abs. 1 ZPO besteht nicht: 1. Soweit die Unwirksamkeit einer Kündigung vor Ablauf der Frist des § 1 Abs. 1 KSchG innerhalb einer vereinbarten Probezeit mit einer Kündigungsfrist von zwei Wochen ausgesprochen wird, wenn keine sonstigen Unwirksamkeitsgründe vorgetragen werden. 2. Für die Erstattung von Fahrtkosten für die Fahrten zur Arbeit, wenn der Arbeitsvertrag keine diesbezüglichen Regelungen enthält. 3. Hinsichtlich eines unbezifferten Antrages auf Zahlung der Arbeitsvergütung, da dieser nicht vollstreckbar ist.


    Tenor:

    Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Prozesskostenhilfebeschluss des Arbeitsgerichts Wesel vom 02.05.2018 - 1 Ca 1981/17 - abgeändert und der Klägerin Prozesskostenhilfe hinsichtlich des Klageantrages zu 1., der Vorstellungskosten, in Höhe von 62,40 € bewilligt.

    Die Klägerin ist zu einem eigenen Ratenzahlungsbeitrag nicht verpflichtet.

    Im Übrigen wird die sofortige Beschwerde zurückgewiesen.

    Die Beschwerdegebühr wird auf die Hälfte herabgesetzt.



    Gründe



    I.



    Mit der angefochtenen Entscheidung, die am 04.05.2018 zugestellt wurde und gegen die am 07.05.2018 sofortige Beschwerde eingelegt wurde, wies das Arbeitsgericht den Prozesskostenhilfeantrag vom 25.09.2017 mangels Erfolgsaussicht zurück.



    Die Klägerin hatte mit ihrer Klage eine Kostenerstattung hinsichtlich Kosten von Vorstellungsgesprächen in Höhe von 62,40 € begehrt. Darüber hinaus begehrte sie Kostenerstattung für Fahrtkosten für die An- und Abfahrt zur Arbeit an sechs Arbeitstagen. Weiter begehrte sie die Zahlung des Arbeitseinkommens für den Zeitraum vom 28.08.2017 bis 18.09.2017 unter Berücksichtigung der Lohnsteuerklasse I/2 für 16 Arbeitstage und die Verwerfung der Kündigung der Beklagten vom 04.09.2017.



    Das Arbeitsgericht sah keine Erfolgsaussicht für die Klage, da die Klägerin mit der Klagebegründung nicht dargelegt habe, auf welcher Anspruchsgrundlage sich ein Anspruch auf Fahrtkostenerstattung ergeben soll. Der Antrag auf Zahlung des Arbeitseinkommens sei unbestimmt und damit nicht vollstreckbar. Die Kündigung vom 04.09.2017 sei innerhalb der Probezeit ausgesprochen worden. Gründe, die zu einer Unwirksamkeit der Kündigung führen könnten, seien nicht ersichtlich.



    II.



    1. Die gemäß §§ 78 Satz 1 ArbGG, 127 Abs. 2, 567 Abs. 1 und 2, 569 Abs. 1 und 2 ZPO zulässige, form- und fristgerecht eingelegte sofortige Beschwerde ist in der Sache teilweise begründet.



    2. Soweit die Klägerin Fahrtkosten für die Vorstellungsgespräche und die Fahrt zur Unterschriftsleistung unter den Arbeitsvertrag begehrt, bestand eine hinreichende Aussicht auf Erfolg.



    Die Klage war beziffert, sowohl im Klageantrag als auch in den Anlagen 1 bis 4. Es waren Fahrtkosten in Höhe von 7,80 € für die jeweilige Hin- bzw. Rückfahrt entstanden mit 15,60 € pro Tag. Es gab drei Vorstellungsgespräche und einen weiteren Termin zur Unterschriftsleistung unter den Arbeitsvertrag.



    Zwar hat die Klägerin keine Anspruchsgrundlage für die Übernahme dieser Fahrtkosten vorgetragen. Jedoch ist die Aufwandserstattung für Vorstellungsgespräche verkehrsüblich vom Arbeitgeber zu übernehmen oder gegen Beleg zu erstatten. Nach ganz herrschender Meinung ergibt sich der Anspruch aus § 670 BGB, nachdem der Beauftragte zum Zwecke der Ausführung des Auftrags Aufwendungen, die er für erforderlich halten darf, vom Arbeitgeber erstattet erhält (Poeche in Küttner, Personalbuch 2018, 25. Aufl., Stichwort: Bewerbung, Rz. 4 mwN).



    Dass der Rechtsstreit zwischenzeitlich durch den Erlass der Versäumnisurteile gegebenenfalls erledigt hat, hindert die vorliegende Entscheidung nicht, da bei der Prüfung der Erfolgsaussichten zwar grundsätzlich der Zeitpunkt der Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag maßgeblich ist. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Entscheidung über den Prozesskostenhilfeantrag durch das Gericht ohne sachlichen Grund verzögert wurde (Groß, BerH, PKH, 14. Aufl. 2018, § 114 Rdnr. 43; BGH, MDR 2012, Seite 1247 [BGH 07.03.2012 - XII ZB 391/10] ). Der Prozesskostenhilfeantrag datiert vom 24.09.2017 und damit weit vor Erlass der Versäumnisurteile.



    Nach den persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen ist die Klägerin nicht in der Lage, einen eigenen Ratenzahlungsbeitrag zu den Prozesskosten zu leisten. Sie bezieht Leistungen in Höhe von 409,00 € monatlich vom Jobcenter in Viersen zzgl. der Kosten der Wohnung.



    3. Soweit das Arbeitsgericht im Übrigen den Prozesskostenhilfeantrag zurückgewiesen hat, ist dies nicht zu beanstanden. Voraussetzung der Bewilligung von Prozesskostenhilfe ist nach § 114 Abs. 1 ZPO, § 11a ArbGG eine hinreichende Aussicht auf Erfolg.



    a)Hinreichende Aussicht auf Erfolg bestand nicht, soweit die Klägerin ihre Fahrten zur Arbeitsstelle im laufenden Arbeitsverhältnis vergütet haben wollte. Eine Anspruchsgrundlage, hierauf hat bereits das Arbeitsgericht zutreffend hingewiesen, ist insoweit nicht ersichtlich. Insbesondere der Arbeitsvertrag beinhaltet keine Regelung, nach der Fahrtkosten für den Weg zur Arbeit zu erstatten seien. Fahrtkosten für den Weg zwischen Wohnung und Arbeitsstätte gehören zum privaten Lebensbereich des Arbeitnehmers, sie gehören weder zur Arbeitszeit noch bestehen Ansprüche auf Erstattung der Fahrkosten, soweit nichts anderes vereinbart ist (Griese in Küttner, Personalbuch 2018, Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, Rz. 1; BAG v. 13.06.2007, 7 ABR 62/06, NZA 2007, Seite 1301).



    b)Soweit die Klägerin die Feststellung der Unwirksamkeit der Kündigung begehrt, bestand ebenfalls keine hinreichende Aussicht auf Erfolg. Die Kündigung ist ausgesprochen worden vor Erreichen des Kündigungsschutzes, das heißt vor Ablauf von sechs Monaten. Das Arbeitsverhältnis begann am 18.08.2017 nach dem vorgelegten Arbeitsvertrag. Vereinbart wurde darüber hinaus eine Probezeit von sechs Monaten mit einer Kündigungsfrist von zwei Wochen. Diese Regelung ist nach § 622 Abs. 3 BGB zulässig. Soweit sich die Klägerin gegen die Zulässigkeit dieser Regelung wendet, kann sie damit nicht gehört werden, da es sich um eine gesetzliche Regelung handelt.



    c)Eine Erfolgsaussicht bestand auch nicht hinsichtlich des Antrags auf Zahlung des Arbeitseinkommens für den Zeitraum vom 28.08. bis 18.09.2017.



    Zwar besteht insoweit gegebenenfalls ein Anspruch auf eine Arbeitsvergütung, der - soweit ersichtlich - auch nicht vom Arbeitgeber bestritten wird. Jedoch bedarf es eines bezifferten Antrages, damit dieser gegebenenfalls vollstreckt werden kann. Hierauf hat das Arbeitsgericht hingewiesen. Es hat sogar in einem Schreiben vom 02.11.2017 die Formulierung der Anträge im Wortlaut vorgeschlagen (Bl. 100 d. Prozessakte).



    4. Nachdem die sofortige Beschwerde hinsichtlich des Antrages zu 1. erfolgreich war, war die Beschwerdegebühr herabzusetzen.



    5. Darauf hinzuweisen ist, dass von der hier vorliegenden Entscheidung unberührt bleibt, dass zwischenzeitlich zwei Versäumnisurteile gegen die Klägerin ergangen sind. Deren Wirksamkeit wird durch die Entscheidung in der Prozesskostenhilfebeschwerde nicht berührt.



    Gegen diese Entscheidung ist ein Rechtsmittel nicht gegeben. Die gesetzlichen Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde nach §§ 78 S. 2, 72 Abs. 2 ArbGG liegen nicht vor.

    Dr. Ziegler

    Vorschriften§§ 78 Satz 1 ArbGG, 127 Abs. 2, 567 Abs. 1, 2, 569 Abs. 1, 2 ZPO, § 670 BGB, § 114 Abs. 1 ZPO, § 11a ArbGG, § 622 Abs. 3 BGB, §§ 78 S. 2, 72 Abs. 2 ArbGG