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  • 24.04.2014 · IWW-Abrufnummer 193891

    Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg: Urteil vom 05.04.2013 – 10 Sa 2339/12

    Das Fehlverhalten des Ehemannes einer Arbeitnehmerin gegenüber dem Arbeitgeber rechtfertigt in aller Regel keine Kündigung. Betriebsverfassungswidriges Verhalten des Arbeitgebers ist als Anlass des Fehlverhaltens zu berücksichtigten.


    In Sachen

    pp

    hat das Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg, 10. Kammer,

    auf die mündliche Verhandlung vom 5. April 2013

    durch den Vorsitzenden Richter am Landesarbeitsgericht W. als Vorsitzendem

    sowie die ehrenamtlichen Richter Frau B. und Herrn K.

    für Recht erkannt:

    Tenor:

    I. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Neuruppin vom 24. Oktober 2012 - 5 Ca 869/12 - wird zurückgewiesen.

    II. Die Kosten der Berufung trägt der Beklagte.

    III. Der Wert des Berufungsverfahrens wird auf 5.100,00 EUR festgesetzt.

    IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

    Tatbestand

    Die Parteien streiten über eine ordentliche Kündigung des Beklagten im Zusammenhang mit einem Fehlverhalten des Ehemannes der Klägerin gegenüber dem Beklagten.

    Die Klägerin ist 46 Jahre alt (.... 1966), verheiratet und seit dem 1. Januar 2003 bei dem Beklagten mit einer Wochenarbeitszeit von 30 Stunden und einem Bruttomonatseinkommen von 1.700,-- EUR als Altenpflegerin beschäftigt. Nachdem die Klägerin ursprünglich in der stationären Pflege in L. eingesetzt war, war sie zuletzt in W. in der ambulanten Pflege eingesetzt.

    Mit Schreiben vom 12. Juli 2012 kündigte der Beklagte das Arbeitsverhältnis fristgemäß zum 30. November 2012. In dem Schreiben wurden drei Gründe für die Kündigung angegeben.

    - Verunsicherung von Patienten beispielhaft beim Einsatz im Team Perleberg, Herr F. und Herr T. am 12. April 2012

    - grober Verstoß im Hinblick auf den Datenschutz durch Kopieren von Dienstplänen und deren außerbetriebliche Verwendung am 18. Juni 2012

    - massive Bedrohung einzelner Mitarbeiter (Frau K. und Frau Fe.) durch Ihren Ehemann am 18. Juni 2012

    Der Dienstplan Juni und Juli 2012 wurde nachträglich zu Lasten der Klägerin verändert. Die Klägerin hatte nach dem ursprünglich ausgehängten Dienstplan sowohl für das Wochenende 16./17. Juni 2012 wie auch für Samstag, den 7. Juli 2012 und Sonntag, den 8. Juli 2012 frei. Für letzteres Wochenende hatte die Klägerin wunschfrei beantragt, da sie ab Montag, dem 9. Juli 2012 Urlaub hatte und die Urlaubsreise am Sonntag antreten wollte.

    Erst nach Aushang des Dienstplans änderte die Teamleiterin Frau Fe. den Dienstplan ohne Rücksprache mit der Klägerin oder dem Betriebsrat. Es wurden die Spätdienste von der Mitarbeiterin K. auf die Klägerin übertragen. Da sich aufgrund der betrieblichen Regelung an den Spätdienst eine Rufbereitschaft bis zum folgenden Morgen anschließt, hatte die Klägerin danach noch bis Montagfrüh Dienst gehabt. Für das Wochenende 16./17. Juni 2012 hatte es eine vergleichbare nachträgliche Dienstplanänderung gegeben.

    Unverzüglich nach Kenntnis von der Dienstplanänderung hatte sich die Klägerin an die Pflegedienstleiterin gewandt. Diese wollte mit Frau Fe. Rücksprache nehmen und sich dann bei der Klägerin telefonisch melden. Da dieses nicht erfolgte, rief die Klägerin am 18. Juni 2012 gegen 15:30 Uhr dort an und reichte während des Telefonates den Hörer an ihren Ehemann weiter. Welche Äußerungen der Ehemann in diesem Telefonat gegenüber der Pflegedienstleiterin machte, ist streitig.

    Die Klägerin hält die Kündigung für sozial nicht gerechtfertigt. Sie habe ihre arbeitsvertraglichen Pflichten nicht verletzt. Die Kündigungsgründe seien falsch und ungenau. Am 12. April 2012 habe sie keine Patienten verunsichert. Sie sei an diesem Tag gar nicht im Dienst gewesen. Sie habe auch keine dienstinternen Informationen unvertraulich behandelt oder bestehende Verschwiegenheitspflichten verletzt. Auch der Ehemann der Klägerin habe keine Mitarbeiter des Beklagten bedroht, weder am 18. Juni 2012 noch zu einem sonstigen Zeitpunkt.

    Der Beklagte trägt vor, dass der wesentliche Kündigungsgrund die Bedrohung der der Klägerin vorgesetzten Pflegedienstleiterin J. G. und der Teamleiterin K. Fe. durch den Ehemann der Klägerin sei. Die anderen Kündigungsgründe würden demgegenüber nicht mehr so ins Gewicht fallen. Allerdings habe die Klägerin weisungswidrig den kompletten Dienstplan heimlich kopiert und mit nach Hause genommen. Auf dem Dienstplan seien alle Daten der Kolleginnen abgedruckt. Damit habe die Klägerin gegen die von ihr am 1. Juli 2009 unterzeichnete Datenschutz- und Schweigepflichterklärung des Pflegedienstes verstoßen.

    Der Ehemann der Klägerin habe im Zusammenhang mit der aus seiner Sicht ungerechten Diensteinteilung seiner Ehefrau in dem Telefonat sinngemäß geäußert, dass seine Frau durch Frau Fe. gemobbt werde. Seine Frau müsse an den Wochenenden vor und nach dem Urlaub arbeiten. Früher seien die Wochenenden frei gewesen. Das sei Schikane von Frau Fe.. Er habe in dem Telefonat die Arbeitnehmerin G. K. als "bescheuert" bezeichnet, diese habe aus privaten Gründen 10 Tage am Stück frei. Auch habe er Frau G. als inkompetent bezeichnet. In dem danach über die Rufbereitschaft fortgesetzten Telefonat habe der Ehemann der Klägerin dann wörtlich erklärt:

    "Ich fahre jetzt in den H. und haue der Fe. eins auf die Fresse."

    H. sei der gemeinsame Arbeitsort von Frau Fe., der Klägerin und der Mitarbeiterin K..

    Die Klägerin sei während des Telefonates in unmittelbarer Nähe ihres Ehemannes gewesen. Sie habe zwar nicht anfeuernd, aber auch nicht beschwichtigend auf ihren Ehemann eingewirkt. Auch habe sie sich im Nachhinein nicht für das Verhalten ihres Ehemannes entschuldigt oder sich von dessen Verhalten distanziert. Der Ehemann sei praktisch als Sprachrohr der Klägerin aufgetreten.

    Die Klägerin entgegnet, dass sie den Dienstplan nicht kopiert habe. Entsprechend der Üblichkeit habe sie wie jede Beschäftigte des Beklagten jeden Monat eine Kopie von der Teamleiterin erhalten. Diese sei regelmäßig von den Beschäftigten mit nach Hause genommen worden. Die Klägerin bestreitet die behauptete Äußerung "Ich fahre jetzt in den H. und haue der Fe. eins auf die Fresse." Ihr Ehemann habe zwar die unabgesprochenen nachträglichen Dienstplanänderungen als Mobbing bezeichnet. Auch habe er eingewandt, dass die Dienstplanänderung für das Wochenende 16./17. Juni 2012 nur erfolgt sei, um Frau K. zusammenhängend 11 freie Tage und drei freie Wochenenden hintereinander zu ermöglichen. Er habe sie aber nicht als bescheuert bezeichnet. Der Ehemann der Klägerin habe eigenständig gehandelt. Er habe nicht als Sprachrohr der Klägerin gehandelt. Dafür gebe es keine Anhaltspunkte.

    Das Arbeitsgericht Neuruppin hat der Kündigungsschutzklage mit Urteil vom 24. Oktober 2012 stattgegeben. Zwar könnten Beleidigungen und Bedrohungen des Arbeitgebers, eines Vorgesetzten, eines Arbeitskollegen oder von Kunden unabhängig von ihrer strafrechtlichen Relevanz eine Kündigung rechtfertigen. Die Klägerin habe aber keine Beleidigungen oder Bedrohungen ausgesprochen. Dass der Ehemann der Klägerin als ihr Sprachrohr tätig geworden sei, könne dem Sachvortrag des Beklagten nicht entnommen werden. Allenfalls bei ganz groben und schweren Ehrverletzungen könne der Klägerin ein alleiniges Fehlverhalten ihres Ehemannes zugerechnet werden. Ein solches liege hier jedoch nicht vor, obwohl die Äußerung gravierend sei. Der Beklagte hätte vor Ausspruch der Kündigung das Gespräch mit der Klägerin suchen müssen.

    Sofern der Klägerin vorgeworfen werde, dass sie nicht mäßigend auf ihren Ehemann eingewirkt habe, sei ein solches Fehlverhalten in jedem Fall vor Ausspruch einer Kündigung abzumahnen. Die von dem Beklagten angesprochene fehlende Entschuldigung könne allenfalls im Rahmen der Interessenabwägung bei einer ansonsten gerechtfertigten Kündigung herangezogen werden.

    Gegen dieses den Beklagtenvertretern am 15. November 2012 zugestellte Urteil legten diese am 13. Dezember 2012 Berufung ein und begründeten diese am 15. Januar 2013. Zur Begründung führt der Beklagte aus, dass die - streitige - Äußerung des Ehemannes der Klägerin entgegen der Ansicht des Arbeitsgerichts nicht nur gravierend, sondern sehr erheblich und damit kündigungsrelevant sei. Insofern könne die Argumentationskette des Arbeitsgerichts nicht nachvollzogen werden.

    Der Beklagte und Berufungskläger beantragt,

    das Urteil des Arbeitsgerichts Neuruppin vom 24. Oktober 2012, Aktenzeichen 5 Ca 869/12, in den tenorierten Punkten zu 1. und 3. abzuändern und die Klage insgesamt abzuweisen.

    Die Klägerin und Berufungsbeklagte beantragt,

    die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.

    Die Klägerin erwidert, dass sich - nach dem Vortrag des Beklagten - ihr Ehemann in Rage geredet habe. Selbst wenn seine Äußerungen zu Beginn des von ihm geführten Telefonates noch von der Klägerin mitgetragen worden seien, sei diese Zurechnung mit der Eskalation nicht mehr gegeben gewesen. Die Klägerin habe weder die Äußerung vorhersehen noch aufgrund ihrer Kürze unterbinden können. Der Vorfall sei als einmalige Entgleisung auch nicht nachhaltig und eigentlich vom Beklagten nicht als besonders gravierend angesehen worden. Denn schon mit dem Ausspruch der Kündigung habe sich der Beklagte 3 1/2 Wochen Zeit gelassen.

    Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf den vorgetragenen Inhalt der Berufungsbegründung des Beklagten vom 10. Januar 2013 sowie auf die Berufungsbeantwortung der Klägerin vom 19. Februar 2013 und das Sitzungsprotokoll vom 5. April 2013 Bezug genommen.

    Entscheidungsgründe

    I.

    Die nach § 64 Abs. 2 ArbGG statthafte Berufung des Beklagten ist form- und fristgerecht im Sinne der §§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 Zivilprozessordnung (ZPO) eingelegt und begründet worden.

    II.

    Die zulässige Berufung ist allerdings unbegründet. Im Ergebnis und auch weitgehend in der Begründung ist keine andere Beurteilung als in erster Instanz gerechtfertigt. Das Landesarbeitsgericht folgt dem Arbeitsgericht Neuruppin überwiegend hinsichtlich der Begründung und sieht insoweit gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG von einer nur wiederholenden Begründung ab. Die Angriffe der Berufung sind nicht geeignet, die Rechtslage anders zu beurteilen und geben nur Anlass zu folgenden Anmerkungen:

    1.

    Die Vorwürfe der Verunsicherung von Patienten am 12. April 2012 und des grober Verstoßes im Hinblick auf den Datenschutz am 18. Juni 2012 hat der Beklagte in der Berufungsinstanz gar nicht mehr verfolgt. Deshalb war die Wirksamkeit der Kündigung vom 12. Juli 2012 allein noch darauf zu überprüfen, ob das vom Beklagten behauptete Fehlverhalten des Ehemannes der Klägerin eine Kündigung rechtfertigen würde.

    Auch das Berufungsgericht sieht - die streitigen Behauptungen des Beklagten unterstellt - keinen gravierenden Pflichtenverstoß der Klägerin, der die Kündigung des Arbeitsverhältnisses der Parteien ohne vorherige Abmahnung der Klägerin rechtfertigen würde.

    1.1

    Nach § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG ist eine Kündigung sozial gerechtfertigt, wenn sie durch Gründe, die im Verhalten der Arbeitnehmerin liegen, bedingt ist.

    Sie ist durch solche Gründe "bedingt", wenn die Arbeitnehmerin ihre vertraglichen Haupt- oder Nebenpflichten erheblich und in der Regel schuldhaft verletzt hat und eine dauerhaft störungsfreie Vertragserfüllung in Zukunft nicht mehr zu erwarten steht. Dann kann dem Risiko künftiger Störungen nur durch die (fristgemäße) Beendigung des Arbeitsverhältnisses begegnet werden. Das wiederum ist nicht der Fall, wenn schon mildere Mittel und Reaktionen - wie etwa eine Abmahnung - von Seiten des Arbeitgebers geeignet gewesen wären, beim Arbeitnehmer künftige Vertragstreue zu bewirken (ständige Rechtsprechung des BAG, vgl. zuletzt etwa Urteil vom 27. September 2012 - 2 AZR 811/11; Urteil vom 9. Juni 2011 - 2 AZR 284/10).

    Es gilt das Prognoseprinzip. Der Zweck der Kündigung ist nicht die Sanktion für eine Vertragspflichtverletzung, sondern eine Vermeidung von weiteren Vertragspflichtverletzungen. Die eingetretene Pflichtverletzung muss sich auch zukünftig noch belastend auswirken. Eine negative Prognose liegt vor, wenn aus der konkreten Vertragspflichtverletzung und der daraus resultierenden Vertragsstörung geschlossen werden kann, der Arbeitnehmer werde den Arbeitsvertrag auch nach einer Kündigungsandrohung erneut in gleicher oder ähnlicher Weise verletzen (BAG, Urteil vom 19. April 2007 - 2 AZR 180/06).

    Beruht die Vertragspflichtverletzung auf steuerbarem Verhalten des Arbeitnehmers, ist grundsätzlich davon auszugehen, dass sein künftiges Verhalten schon durch die Androhung von Folgen für den Bestand des Arbeitsverhältnisses positiv beeinflusst werden kann (ständige Rechtsprechung des BAG, vgl. zuletzt etwa Urteil vom 25. Oktober 2012 - 2 AZR 495/11; Urteil vom 19. April 2012 - 2 AZR 186/11). Die ordentliche und die außerordentliche Kündigung wegen einer Vertragspflichtverletzung setzen deshalb regelmäßig eine Abmahnung voraus. Einer solchen bedarf es nach Maßgabe des auch in § 314 Abs. 2 in Verbindung mit § 323 Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes nur dann nicht, wenn bereits von vornherein erkennbar ist, dass eine Verhaltensänderung in Zukunft auch nach Abmahnung nicht zu erwarten steht, oder es sich um eine so schwere Pflichtverletzung handelt, dass selbst deren erstmalige Hinnahme dem Arbeitgeber nach objektiven Maßstäben unzumutbar und damit offensichtlich - auch für den Arbeitnehmer erkennbar - ausgeschlossen ist (vgl. BAG, Urteil vom 19. April 2012 - 2 AZR 186/11). Grundsätzlich dient eine Abmahnung der Objektivierung der (negativen) Prognose (BAG, Urteil vom 12. Januar 2006 - 2 AZR 21/05).

    Letztlich ist auf der Grundlage der konkreten Umstände des Einzelfalles festzustellen, ob die Lösung des Arbeitsverhältnisses in Abwägung beider Vertragsteile angemessen ist. Der Arbeitgeber hat nach § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG die Umstände vorzutragen und ggf. zu beweisen, die die Kündigung sozial rechtfertigen sollen.

    1.2

    Die Klägerin hat unstreitig keine vertragliche Hauptpflicht verletzt. Ob für eine Arbeitnehmerin eine vertragliche Nebenpflicht besteht, ihren Ehemann von beleidigenden oder bedrohenden Äußerungen gegenüber anderen Arbeitnehmerinnen des Betriebes abzuhalten, ist zwischen den Parteien streitig.

    1.2.1

    Selbst wenn grundsätzlich eine entsprechende Nebenpflicht bestehen sollte, ist dem Vortrag des Beklagten nicht zu entnehmen, dass die Klägerin diese Pflicht schuldhaft verletzt hat. Schuldhaft handelt eine Arbeitnehmerin im Rahmen einer Pflichtverletzung, wenn sie die dieser zugrunde liegende Handlungsweise so steuern kann, dass aus dem pflichtwidrigen Verhalten ein pflichtgemäßes wird. Unstreitig erfolgte zwar das Telefonat des Ehemannes der Klägerin mit der Pflegedienstleiterin mit Wissen und Wollen der Klägerin. Dass die Klägerin aber den behaupteten beleidigenden bzw. bedrohenden Gesprächsinhalt vorhersehen konnte, ergibt sich aus dem Vortrag des Beklagten nicht. Der Beklagte hat keinerlei Tatsachen geschildert, die den Schluss zulassen würden, dass die Klägerin im Einzelnen die nach dem Vortrag des Beklagten ihrem Ehemann zugeschriebenen Äußerungen vor deren Ausspruch hätte verhindern können. Angaben zur Dauer des Gespräches und zum detaillierten Gesprächsverlauf hat der Beklagte nicht gemacht.

    1.2.2

    Selbst wenn die Klägerin aufgrund des von der Beklagten auszugsweise vorgetragenen Gesprächsverlaufs, dass der Ehemann der Klägerin sich in dem Gespräch zunehmend gesteigert habe, durch Abbruch des Telefonates o.ä. hätte eingreifen müssen, ist nicht ersichtlich, dass die Abmahnung eines solchen Fehlverhaltens bei der Klägerin für die Zukunft nicht wieder eine Vertragstreue bewirkt hätte. Entgegen der Ansicht des Beklagten hätte das Fehlverhalten der Klägerin nicht in der Beleidigung und Bedrohung von anderen Arbeitnehmerinnen des Beklagten bestanden, sondern in der unterlassenen Unterbindung solcher Handlungen durch ihren Ehemann. Wenn der Beklagte die Klägerin in einer Abmahnung beispielsweise aufgefordert hätte, zukünftig im Rahmen ihrer Möglichkeiten dafür Sorge zu tragen, dass ihr Ehemann keine Beleidigung und Bedrohung von anderen Arbeitnehmerinnen des Beklagten mehr ausspricht, hatte die Kammer keinerlei Anhaltspunkte, dass die Klägerin einer solchen Aufforderung nicht nachgekommen wäre.

    1.2.3

    Selbst wenn das Fehlverhalten der Klägerin so gravierend gewesen wäre, dass eine Abmahnung entbehrlich gewesen wäre, hätten die Interessen der Klägerin an einer Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses im Rahmen der bei jeder Kündigung vorzunehmenden Interessenabwägung überwogen. Denn der Anlass des streitigen Telefonates war eindeutig durch ein Fehlverhalten des Beklagten veranlasst. Der Beklagte hatte einseitig den bereits mitgeteilten Dienstplan der Klägerin sowohl im Juni wie auch im Juli verändert. Er hat der Klägerin ursprünglich eingeteilte freie Wochenenden entzogen, ohne dazu zuvor oder auch im Nachhinein trotz entsprechender Zusicherung der Pflegedienstleiterin das Gespräch mit der Klägerin zu suchen. Besonders gravierend war der Eingriff in die Freizeitgestaltung der Klägerin im Juli, da der Beklagte einerseits wusste, dass die Klägerin für das Wochenende vor ihrem Urlaubsbeginn wunschfrei angegeben hatte und andererseits auch der Urlaubsbeginn der Klägerin bekannt war.

    Darüber hinaus hatte der Beklagte auch zu dieser Dienstplanänderung nicht den in ihrem Betrieb gebildeten Betriebsrat um Zustimmung ersucht. Diese wäre jedoch nach § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG erforderlich gewesen. Da die Mitstimmung des Betriebsrates Wirksamkeitsvoraussetzung für mitbestimmungspflichtige Sachverhalte wie Beginn und Ende der Arbeitszeit und die Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage ist (ständige Rspr. des BAG, vgl. zuletzt etwa Beschluss vom 22. Juni 2010 - 1 AZR 853/08), wäre die Klägerin nicht einmal verpflichtet gewesen, dem ohne Mitbestimmung geänderten Dienstplan Folge zu leisten.

    2.

    Dem entsprechend war die Kündigung vom 12. Juli 2012 in jedem Fall nicht sozial gerechtfertigt.

    III.

    Die Kostenentscheidung folgt § 64 Abs.6 ArbGG in Verbindung mit § 97 ZPO. Als unterlegene Partei hat der Beklagte die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

    Die Zulassung der Revision gemäß § 72 Abs.2 ArbGG kam nicht in Betracht, da die gesetzlichen Voraussetzungen nicht vorgelegen haben. Auch wenn der Beklagte meinte, dass die Frage der Zurechnung des Fehlverhaltens eines Ehepartners einer Arbeitnehmerin grundsätzliche Bedeutung besitze, kommt es, wie vorstehend ausgeführt darauf nicht an, da die Entscheidung von der Klärung dieser Rechtsfrage nicht abhängt (vgl. oben 1.2.2 und 1.2.3).

    VorschriftenKSchG § 1, § 64 Abs. 2 ArbGG, §§ 66 Abs. 1 ArbGG, 519, 520 Zivilprozessordnung (ZPO), § 69 Abs. 2 ArbGG, § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG, § 323 Abs. 2 BGB, § 1 Abs. 2 Satz 4 KSchG, § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG