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  • 23.10.2015 · IWW-Abrufnummer 180271

    Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 28.04.2015 – 8 Sa 580/14

    Die im Vergleich vereinbarte Verpflichtung des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis bis zum Beendigungszeitpunkt ordnungsgemäß abzurechnen und die sich aus der Abrechnung ergebende Vergütung zu zahlen, beinhaltet die Abrechnung und ggf. Abgeltung von Urlaubsansprüchen.


    In dem Rechtsstreit
    XXX
    gegen
    Firma C, C-Straße, C-Stadt
    - Beklagte und Berufungsklägerin
    Prozessbevollmächtigte/r: Rechtsanwälte D., D-Straße, D-Stadt
    hat die 8. Kammer des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz auf die mündliche Verhandlung vom 28. April 2015 durch die Richterin am Arbeitsgericht Dunker als Vorsitzende und den ehrenamtlichen Richter Heiser und den ehrenamtlichen Richter Eigelsbach als Beisitzer für Recht erkannt:

    Tenor:
    I. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz vom 26.06.2014 - AZ.: 7 Ca 4398/13 - wird auf Kosten der Beklagten zurückgewiesen. Ziff. 1 des Urteils wird zur Klarstellung wie folgt neu gefasst:


    Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.153,85 EUR brutto nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2013 zu zahlen.


    II. Die Revision wird nicht zugelassen.



    Tatbestand



    Mit ihrer am 28. November 2013 bei Gericht eingegangenen Klage begehrt die Klägerin Urlaubsabgeltung für das Kalenderjahr 2013.



    Die Beklagte betreibt ein Alten- und Pflegeheim. Die Klägerin war dort in der Zeit vom 08. Februar 2010 bis zum 30. September 2013 zu einem monatlichen Bruttoentgelt von 3.000,00 EUR beschäftigt. Nach Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch die Beklagte reichte die Klägerin eine Kündigungsschutzklage beim Arbeitsgericht Koblenz ein (Az.: 7 Ca 2958/13). Der Rechtsstreit endete durch Beschluss des Arbeitsgerichts gemäß § 278 Abs. 6 ZPO vom 02. September 2013. Der Beschluss hatte folgenden Inhalt:

    "1. Zwischen den Parteien besteht Einigkeit darüber, dass das zwischen ihnen bestehende Arbeitsverhältnis durch ordentliche arbeitgeberseitige Kündigung vom 23.08.2013, mit Ablauf des 30.09.2013 aus betriebsbedingten Gründen seine Beendigung finden wird. 2. Bis zum 30.09.2013 verpflichtet die Beklagte sich, das Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß abzurechnen und die sich aus der Abrechnung ergebende Vergütung an die Klägerin zu zahlen. 3. Für den Verlust des Arbeitsplatzes zahlt die Beklagte an die Klägerin eine Abfindung in entsprechender Anwendung der §§ 9, 10 Kündigungsschutzgesetz in Höhe von 7.500,00 EUR brutto (siebentausendfünfhundert), wobei Einigkeit darüber besteht, dass dieser Anspruch mit Abschluss des Vergleichs entstanden und vererblich ist und fällig wird bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses. 4. Bis zum 30.09.2013 wird die Klägerin unwiderruflich von der Erbringung der Pflicht zur Arbeitsleistung freigestellt unter Anrechnung von etwaigen Urlaubsansprüchen. 5. Die Beklagte verpflichtet sich, der Klägerin ein qualifiziertes Zwischenzeugnis zu erteilen, das dem beruflichen Fortgang dienlich ist und das im Führungs- und Leistungsbereich der Note "gut" entspricht. 6. Ferner verpflichtet sich die Beklagte, der Klägerin unter dem Datum des Aus-scheidens ein qualifiziertes Arbeitszeugnis zu erteilen, das im Führungs- und Leistungs- und Verhaltensbereich der Note "gut" entspricht und mit einer Dankes-, Bedauerns- und Wunschformel endet. 7. Die Auskunftspflichten der Klägerin gemäß § 6 EFZG bleiben, soweit noch nicht erfüllt, in Ansehung des Verkehrsunfalls vom 01.08.2012 bestehen. 8. Mit Erfüllung des Vergleichs sind alle gegenseitigen finanziellen Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis und aus Anlass seiner Beendigung, seien sie bekannt oder unbekannt, erledigt, bis auf etwaige Ansprüche auf betriebliche Altersvorsorge. 9. Damit ist der Rechtsstreit erledigt. 10. Die Kosten des Verfahrens werden gegeneinander aufgehoben."



    Die Klägerin war das gesamte Jahr 2013 bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses am 30. September 2013 und darüber hinaus arbeitsunfähig erkrankt. Im Arbeitsvertrag der Parteien vom 01. Februar 2010 (Bl. 4 ff. d.A.) sind 30 Arbeitstage Erholungsurlaub pro Kalenderjahr vereinbart. Die Beklagte hat das Arbeitsverhältnis zum 30. September 2013 abgerechnet und die in Ziffer 3 des Vergleichs vereinbarte Abfindungssumme an die Klägerin zur Auszahlung gebracht.



    Die von der Klägerin mit Schreiben vom 11. Oktober 2013 geforderte Urlaubsabgeltung für das Jahr 2013 hat die Beklagte mit Schreiben vom 18. November 2013 abgelehnt.



    Die Klägerin hatte von der Beklagten in den Kalenderjahren 2010, 2011 und 2012 ein Weihnachtsgeld erhalten. Die Beklagte hat dazu entsprechenden Begleitschreiben, auf deren Inhalt Bezug genommen wird (Bl. 33 - 35 d.A.), vorgelegt. In 2010 war die Klägerin an 13 Tagen, in 2011 an 70 Tagen und in 2012 an 188 Tagen arbeitsunfähig erkrankt. Die Beklagte hat in den vorbezeichneten Kalenderjahren der Klägerin ungekürztes Weihnachtsgeld ausgezahlt.



    Wegen des wechselseitigen erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Koblenz Arbeitsgerichts Ludwigshafen am Rhein vom 26. Juni 2014, Az.: 7 Ca 4398/13, Bezug genommen.



    Die Klägerin hat beantragt:

    Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 4.153,85 EUR brutto (Urlaubsabgeltung für das Jahr 2013) zu zahlen, nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2013.



    Die Beklagte hat beantragt,

    die Klage abzuweisen.



    Das Arbeitsgericht hat durch das genannte Urteil der Klage stattgegeben. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klägerin habe Anspruch auf in der Höhe unstreitige Urlaubsabgeltung für 30 Tage. Ausdrücklich sei in dem Vergleich zur Urlaubsabgeltung nichts geregelt. Ein Verzicht auf Urlaubsabgeltung sei nach dem Wortlaut des Vergleichs nicht erkennbar und wäre zum Zeitpunkt des Abschlusses des Vergleiches während des Bestand des Arbeitsverhältnisses auch rechtsunwirksam gewesen. Die Beklagte habe eine "ordnungsgemäße" Abrechnung geschuldet. Dies impliziere wegen der unabdingbaren Gesetzesgrundlage nach § 7 Abs. 3 BUrlG, jedenfalls soweit der Vergleich noch während des Bestandes des Arbeitsverhältnisses wie hier abgeschlossen worden sei, die Abgeltung offenen Resturlaubs. Hierüber seien sich die Parteien ausweislich Ziff. 4 des Vergleichs auch im Klaren gewesen. Danach sei die Klägerin bis zum 30. September 2013 unwiderruflich von der Erbringung der Pflicht zur Arbeitsleistung freigestellt worden unter Anrechnung von etwaigen Urlaubsansprüchen. Die Aufnahme der Anrechenbarkeit etwaiger Urlaubsansprüche in Ziff. 4 des Vergleichs mache deutlich, dass die Parteien bei Abschluss des Vergleichs davon ausgegangen seien, dass noch etwaige Urlaubsansprüche offen sein könnten, die nach dem eindeutigen Wortlaut von Ziffer 4 des Vergleichs angerechnet werden sollten für den Fall der unwiderruflichen Freistellung von der Arbeitsleistung. Weil die Klägerin bis zum Ablauf der Kündigungsfrist durchgehend arbeitsunfähig erkrankt sei, habe sie tatsächlich nicht freigestellt werden können und infolgedessen habe auch keine Anrechnung von etwaigen Urlaubsansprüchen erfolgen können. Anhaltspunkte für die von der Beklagten aufgestellte Behauptung, der gesamte Vergleich habe unter der Prämisse gestanden, dass lediglich der Abfindungsbetrag noch an die Klägerin gezahlt werde, ließen sich dem Vergleich selber und auch aus Begleitumständen nicht entnehmen. Der bei Abschluss des Vergleichs noch offene Urlaubsanspruch habe sich sodann nach Maßgabe des § 7 Abs. 3 BUrlG mit Ablauf des 30. September 2013 in einen Urlaubsabgeltungsanspruch umgewandelt. Ein treuwidriges Verhalten der Klägerin liege nicht vor. Die Klägerin mache ihr nach dem Gesetz zustehende Ansprüche geltend. Eine den Anspruch ausschließende Regelung sei von den anwaltlich vertreten Parteien nicht getroffen worden. Der der Höhe nach unstreitige Abgeltungsanspruch ist auch nicht durch die hilfsweise erklärte Aufrechnung erloschen. Dem stehe Ziff. 8 des Vergleichs der Parteien entgegen. Insbesondere etwaig behauptete Rückforderungsansprüche der Beklagten gegenüber der Klägerin könnten danach keinen Bestand haben, da sie mit Erfüllung des Vergleichs "erledigt" sein sollten. Zudem stehe die hilfsweise erklärte Aufrechnung im Widerspruch zum eigenen Vortrag der Beklagten, die behaupte, der gesamte Vergleich habe unter der Prämisse gestanden, dass nicht mehr als die 7.500,00 EUR brutto als Abfindungssumme gezahlt würden.



    Das Urteil ist der Beklagten am 18. September 2014 zugestellt worden. Sie hat hiergegen mit einem am 20. Oktober 2014 (Montag) beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom 16. Oktober 2014 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 18. Dezember 2014 durch Beschluss vom 18. November 2014 durch am 18. Dezember 2014 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz vom selben Tag begründet.



    Zur Begründung ihrer Berufung macht die Beklagte geltend:



    Beiden Parteien sei bei Abschluss des Vergleichs klar gewesen, dass die Klägerin in der Zeit bis zum vereinbarten Ende des Arbeitsverhältnisses krankheitsbedingt nicht in der Lage sein würde, die Arbeit aufzunehmen. Es stelle sich also die Frage, aus welchem Grund diese Formulierung zum Urlaub in den Vergleich aufgenommen worden sei. Sie habe nämlich keine reelle Wirkung entfalten können. Hintergrund der Formulierung sei gewesen, dass für den Fall etwaiger Urlaubsansprüche der Klägerin diese als bereits genommen zu interpretieren seien, die Klägerin also tatsächlich bereits jeglichen Urlaub genommen habe. Zu der nach Ziff. 2 geschuldeten ordnungsgemäßen Abrechnung gehörten Resturlaubsansprüche nicht dazu, da auf die Freistellung etwaige Urlaubsansprüche angerechnet werden sollten. Die Anrechnung entsprechend Ziff. 4 des Vergleichs sei unbedingt erfolgt, während die Urlaubsansprüche konditional erwähnt worden seien. Die Beklagte habe sämtliche Verpflichtungen aus dem Vergleich erfüllt, während die Klägerin mehr verlange und zugesprochen erhalten habe, als vertraglich vereinbart.



    Die Beklagte beantragt:

    Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Koblenz, Az.: 7 Ca 4398/13, abgeändert und die Klage abgewiesen.



    Die Klägerin beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.



    Sie trägt vor:



    Der Zeitpunkt der Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit sei bei Abschluss des Vergleichs ungewiss gewesen. Ansonsten hätte es auch keinen Sinn gemacht, zu vereinbaren, dass sie, die Klägerin, unwiderruflich bis zum 30. September 2013 von der Arbeit freigestellt werde unter Anrechnung von etwaigen Urlaubsansprüchen, denn Urlaub könne nur genommen werden, wenn Arbeitsfähigkeit bestehe. Werde die Arbeitsfähigkeit nicht erlangt, sei der Urlaub abzugelten. Vor diesem Hintergrund sei auch der Vergleich abgeschlossen worden. Die Behauptung, Hintergrund der Formulierung sei gewesen, dass etwaige Urlaubsansprüche als bereits genommen zu interpretieren seien, sei unzutreffend.



    Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und auf die Sitzungsniederschriften Bezug genommen.



    Entscheidungsgründe



    I. Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung der Beklagten ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG in Verbindung mit §§ 519, 520 ZPO form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.



    II. In der Sache hat die Berufung der Beklagten keinen Erfolg. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Urlaubsabgeltung für 30 Tage für das Jahr 2013 in Höhe von 4.153,85 EUR (§ 1, §§ 4, 7 Abs. 4 BUrlG) nebst Zinsen iHv. 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 01. Oktober 2013 (§ 286 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Ziff. 1 iVm. § 288 Abs. 1 BGB). Die Berufungskammer folgt der ausführlichen und überzeugend begründeten Entscheidung des Arbeitsgerichts Koblenz und sieht gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG von einer umfassenden Darstellung der Entscheidungsgründe ab. Im Berufungsverfahren sind keine neuen rechtserheblichen Gesichtspunkte aufgetreten, die eine Abweichung von dem vom Arbeitsgericht gefundenen Ergebnis rechtfertigen könnten. Das Berufungsvorbringen veranlasst lediglich folgende Ausführungen:



    1. Ohne Erfolg beruft sich die Beklagte darauf, Hintergrund der Formulierung zum Urlaub in dem Vergleich sei gewesen, dass für den Fall etwaiger Urlaubsansprüche der Klägerin diese als bereits genommen zu interpretieren seien. Ein solcher Inhalt lässt sich weder dem Wortlaut noch Sinn und Zweck der Regelung noch Begleitumständen zum Vergleichsabschluss entnehmen.



    Gemäß §§ 133, 157 BGB sind Vereinbarungen nach Treu und Glauben unter Berücksichtigung der Verkehrssitte auszulegen; dabei ist nicht an dem buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften, sondern der wirkliche Wille der Vertragschließenden unter Beachtung der Begleitumstände zu erforschen (BAG 31. Mai 1989 -2 AZR 548/88 - Rn. 24, [...]).



    Zunächst hat sich die Beklagte verpflichtet, bis zum 30. September 2013 das Arbeitsverhältnis ordnungsgemäß abzurechnen und die sich aus der Abrechnung ergebende Vergütung an die Klägerin zu zahlen. Da bei einem Vergleichsschluss am 02. September 2013 und dem darin vereinbarten Ende des Arbeitsverhältnisses zum 30. September 2013 unter anderem die Lohnansprüche bis zum 30. September 2013 regelungsbedürftig sind, hat sich die Beklagte damit jedenfalls verpflichtet, die bis zu diesem Zeitpunkt noch fällig werdenden Vergütungsansprüche der Klägerin ordnungsgemäß abzurechnen und auszubezahlen. Es sollten zumindest die ausstehenden Abrechnungen einschließlich Schlussabrechnung erstellt werden und die noch ausstehende Vergütung ausbezahlt werden. Dazu gehört auch die Abrechnung und ggf. Abgeltung von Urlaubsansprüchen (vgl. LAG München 11. Januar 2005 - 6 Sa 758/04 - Rn. 24; LAG Hamm (Westfalen) 15. Juni 2005 - 18 Sa 2411/04 - Rn. 46, jeweils [...]). Aufgrund dieser ausdrücklichen Vereinbarung wurde der Anspruch auf Urlaubsabgeltung nicht von der Abgeltungsklausel in Ziff. 8 des Vergleichs erfasst, die auch ausdrücklich noch einmal mit der Formulierung "mit Erfüllung des Vergleichs" auf die noch durchzuführende Vergleichserfüllung verweist.



    Ein mit der Abgeltungsklausel verbundener Verzicht wäre auch gem. § 13 Abs. 1 S. 3 BUrlG unwirksam. § 13 Abs. 1 S. 3 BUrlG dient dem Schutz des Arbeitnehmers. Die Vorschrift stellt sicher, dass der Arbeitnehmer im laufenden Arbeitsverhältnis Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub hat. Ferner sichert die Bestimmung den Anspruch des Arbeitnehmers auf Abgeltung des gesetzlichen Mindesturlaubs, den der Arbeitgeber wegen der Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr gewähren kann. Der gesetzliche Schutzzweck würde verfehlt, wenn der Anspruch auf Urlaub oder Urlaubsabgeltung während des Arbeitsverhältnisses durch eine rechtsgeschäftliche Vereinbarung der Arbeitsvertragsparteien ausgeschlossen oder beschränkt werden könnte (BAG 14. Mai 2013 - 9 AZR 844/11 -Rn. 13, [...]).



    Dem Anspruch auf Urlaubsabgeltung steht nicht die von der Beklagten angeführte Regelung in Ziff. 4 des Vergleichs entgegen. Dort haben die Parteien gerade nicht einen Tatsachenvergleich dahingehend abgeschlossen, dass die Klägerin ihren Urlaub in natura erhalten habe. Da die Klägerin auch das ganze Jahr 2013 bis zum Zeitpunkt des Vergleichsschlusses erkrankt war, wäre dies auch nach § 13 Abs. 1 S. 3 BurlG rechtlich bedenklich gewesen. Die Parteien haben vielmehr festgehalten, dass die Klägerin bis zum 30. September 2013 unwiderruflich von der Erbringung der Pflicht zur Arbeitsleistung freigestellt wird. Bereits nach dem Wortlaut ist dies keine Regelung in Bezug auf eine streitige ggf. bereits erfolgte Urlaubsgewährung in der Vergangenheit, sondern eine zukunftsbezogene Regelung. Diese Regelung hat den Sinn, die Klägerin vor dem Hintergrund der absehbaren Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr zur Beschäftigung zu verpflichten und zu berechtigen und zwar nach Möglichkeit unter Anrechnung ihr noch zustehenden Urlaubs. Auch bei einer bestehenden Arbeitsunfähigkeit zum Zeitpunkt des Vergleichsschlusses hat eine solche Regelung Relevanz für eine mögliche Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit bis zum Beendigungszeitpunkt.



    Dieses Auslegungsergebnis steht im Einklang mit der Auslegungsregel, die als Erfahrungssatz besagt, dass sich redliche Vertragspartner im Zweifel bzw. regelmäßig gesetzeskonform verhalten wollen und keine (- wie hier etwa im Hinblick auf § 13 Abs. 1 S. 3 BUrlG -) möglicherweise rechtlich bedenklichen Regelungen vereinbaren wollen (vgl. LAG Rheinland-Pfalz 01. September 2009 - 3 Sa 307/09 -Rn. 49, [...]).



    Dass die Parteien über diese vertraglich festgehaltene Regelung hinaus eine Vereinbarung dahin getroffen haben, dass die Klägerin trotz durchgehender Arbeitsunfähigkeit im Jahr 2013 den Urlaub bereits genommen habe oder ihr ein Urlaubsabgeltungsanspruch nicht mehr zustehen solle, hat die Beklagte nicht dargelegt.



    2. Das Arbeitsgericht hat insbesondere auch zu Recht angenommen, dass der Urlaubsabgeltungsanspruch nicht durch Aufrechnung nach §§ 388, 389 BGB erloschen ist. Etwaige Ansprüche des Arbeitgebers auf Vergütungsrückzahlung werden von der Ausgleichsklausel in Ziff. 8 des Vergleichs erfasst. Ausgleichsklauseln, die - wie die im Streitfall - ausdrücklich auch unbekannte Ansprüche erfassen sollen und auf diese Weise zu erkennen geben, dass die Parteien an die Möglichkeit des Bestehens ihnen nicht bewusster Ansprüche gedacht und auch sie in den gewollten Ausgleich einbezogen haben, sind regelmäßig als umfassender Anspruchsausschluss in Form eines konstitutiven negativen Schuldanerkenntnisses zu verstehen. Ein solches bringt alle Ansprüche, die den Erklärenden bekannt waren oder mit deren Bestehen zu rechnen war, zum Erlöschen (vgl. BAG 14. Mai 2013 - 9 AZR 844/11 - Rn. 11). Hierzu gehören insbesondere in der Vergangenheit begründete Rückzahlungsansprüche des Arbeitgebers.



    III. Lediglich klarstellend erfolgte die Neufassung des Tenors, indem im Hinblick auf die zu zahlenden Zinsen das im Tenor des Arbeitsgerichts fehlende Wort "nebst" eingefügt wurde.



    IV. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.



    Eine Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.

    Dunker
    Heiser
    Eigelsbach

    Verkündet am: 28.04.2015

    Vorschriften§ 278 Abs. 6 ZPO, § 7 Abs. 3 BUrlG, § 64 Abs. 1, 2 ArbGG, §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG, §§ 519, 520 ZPO, § 1, §§ 4, 7 Abs. 4 BUrlG, § 288 Abs. 1 BGB, § 69 Abs. 2 ArbGG, §§ 133, 157 BGB, § 13 Abs. 1 S. 3 BUrlG, §§ 388, 389 BGB, § 97 Abs. 1 ZPO, § 72 Abs. 2 ArbGG