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  • · Fachbeitrag · Ausschluss aus dem Betriebsrat

    Fälschung des Sitzungsprotokolls kostetVorsitzenden des Betriebsrats den Posten

    | Die bewusst unwahre Wiedergabe des Inhalts einer Betriebsratssitzung im Sitzungsprotokoll durch den Vorsitzenden des Betriebsrats stellt eine grobe Verletzung betriebsverfassungsrechtlicher Pflichten dar. Diese ist geeignet, einen Grund für den Ausschluss des Betriebsrats-Mitglieds aus dem Betriebsrat im Sinne des § 23 Abs. 1 BetrVG zu bilden. |

     

    Sachverhalt

    TOP 1 der Betriebsratssitzung im Februar 2015 war die Beauftragung des RA I. unter anderem betreffend den Seminarplan des Betriebsrats für 2015. Für März 2015 war für das Betriebsratsmitglied H. die Teilnahme an dem Seminar „Der Wirtschaftsausschuss - Kennzeichenanalyse“ vorgesehen. Ausweislich des Protokolls zu TOP 1 war einstimmig beschlossen worden, dass der Seminarplan 2015 durch Rechtsanwalt I. gegenüber dem ArbG durchgesetzt werden soll.

     

    Es existierte ein weiteres Protokoll der Sitzung mit einem TOP 6. Dort war als einstimmiger Beschluss vermerkt, dass das Betriebsratsmitglied H. im März 2015 nicht am Seminar „Der Wirtschaftsausschuss - Kennzeichenanalyse“, sondern an dem Seminar „Methodenkompetenz“ teilnimmt. Dieses Protokoll war vom Betriebsratsvorsitzenden und Betriebsratsmitglied H. unterschrieben. H. besuchte das Seminar „Methodenkompetenz“ im März 2015.

     

    Der ArbG wirft dem Betriebsratsvorsitzenden vor, TOP 6 des Protokolls gefälscht zu haben. Er behauptet, in der Betriebsratssitzung sei kein Beschluss getroffen worden, das Betriebsratsmitglied H. zu dem Methodenseminar zu entsenden. Dem widersprechen Betriebsrat und Betriebsratsvorsitzender.

     

    Der ArbG will mit seinem Antrag den Ausschluss des Betriebsratsvorsitzenden aus dem Betriebsrat wegen ihm vorgeworfener Fälschung des Sitzungsprotokolls erreichen. Neben dem ArbG und dem Vorsitzenden ist der Betriebsrat an dem Verfahren beteiligt.

     

    Entscheidungsgründe

    Das Arbeitsgericht Essen (Arbeitsgericht Essen 9.12.15, 6 BV 100/15, Berufung vor dem LAG Düsseldorf 5 TaBV 9/16) hat dem Antrag stattgegeben und den Vorsitzenden wegen grober Pflichtverletzung aus dem Betriebsrat ausgeschlossen. Es sah aufgrund der Vernehmung mehrerer Zeugen die Fälschung eines Sitzungsprotokolls bzw. die bewusst falsche Wiedergabe des Inhalts der Sitzung vom Februar 2015 als erwiesen an. Einen Beschluss des Betriebsrats zum Seminarwechsel zu TOP 6 habe es nicht gegeben.

     

    Mit dem bei dem LAG Düsseldorf anhängigen Beschwerdeverfahren verfolgen Betriebsratsvorsitzender und Betriebsrat die Zurückweisung des Antrags des ArbG auf Ausschluss des Vorsitzenden aus dem Betriebsrat. Inzwischen hat nach dem Vorbringen des Betriebsrats und dessen Vorsitzendem eine Neuwahl des Betriebsrats stattgefunden. Der ehemalige Vorsitzende ist erneut in den Betriebsrat gewählt worden, ist aber nicht mehr dessen Vorsitzender. Der Betriebsrat und dessen ehemaliger Vorsitzender sind der Ansicht, dass sich damit der Rechtsstreit erledigt habe.

     

    Relevanz für die Praxis

    Das LAG schlug einen Vergleich vor. Unabhängig von der Annahme des Vorschlags stellt sich die Frage, ob durch die Neuwahl und den Wechsel im Vorsitz des Betriebsrats das Beschlussverfahren seine Erledigung nach § 83a ArbGG gefunden hat. Dies wird in der Rechtsprechung und Literatur uneinheitlich beantwortet.

     

    • Zum Teil wird angenommen, dass nach Ablauf der Amtsperiode eines Betriebsrats-Mitglieds ein Ausschluss wegen Verstößen in dieser Amtszeit auch dann nicht mehr zulässig ist, wenn eine Wiederwahl in der folgenden Periode erfolgt.
    • Teilweise wird hier danach differenziert, ob sich die frühere Pflichtverletzung auch in der folgenden Amtsperiode noch belastend auswirkt.

     

    Erklären die Beteiligten das Beschlussverfahren nicht übereinstimmend für erledigt und meint das Gericht, die Erledigung sei aber eingetreten, dann gilt: Es ist über die Einstellung durch Beschluss nach § 83a Abs. 2 ArbGG mit der Beschwerdemöglichkeit nach § 87 ArbGG zu entscheiden.

     

     

    Weiterführende Hinweise

    • Betriebsratsgrenzen beim betrieblichen Eingliederungsmanagement: BAG in AA 16, 73
    • Keinen eigenen Zugang zum Internet und Telefon für Betriebsrat: BAG in AA 16, 91
    • Geplanter Personalabbau: Betriebsrat zwischen Mitarbeiterinformation und Geheimnisverrat: LAG Schleswig-Holstein in AA 15, 185
    • Kosten des Betriebsrats: Wann sind Kosten für Mobbingschulung vom ArbG zu tragen? BAG in AA 15, 149
    Quelle: Ausgabe 08 / 2016 | Seite 132 | ID 44159506