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  • 01.01.2006 | Richtiger Klageantrag

    Was tun, wenn der Arbeitgeber keine Lohnabrechnung erstellt?

    von RiArbG Dr. Guido Mareck, Iserlohn

    Welche Gründe den ArbG auch immer bewegen mögen, er erstellt die Lohnabrechnung trotz Aufforderung des ArbN nicht. Regelmäßig ist damit auch eine Nichtzahlung des Arbeitsentgelts verbunden. Der ArbN wird den Anspruch auf Lohnabrechnung durch seinen Anwalt titulieren lassen. Wie aber kommt er zu seiner Abrechnung, wenn der ArbG gleichwohl untätig bleibt? Wie die Vollstreckung zu erfolgen hat, lesen Sie im folgenden Beitrag.  

    Das Problem der richtigen Vollstreckungsart

    Der ArbG ist grundsätzlich verpflichtet, zu Gunsten des ArbN eine auf einen bestimmten Bruttobetrag lautende Lohnabrechnung zu erstellen (LAG Rheinland-Pfalz 10.5.05, 11 Ta 50/05, Abruf-Nr. 053441). Diese Verpflichtung ist grundsätzlich eine vertretbare Handlung, die nach § 887 Abs. 1 ZPO und nicht nach § 888 Abs. 1 ZPO vollstreckbar ist. Dies gilt jedenfalls bei „vorhandenen Lohnunterlagen“. In diesen Fällen kann i.d.R. von einem sachkundigen Dritten (z.B. einem Steuerberater) die Abrechnung vorgenommen werden (LAG Rheinland-Pfalz BB 98, 1695; Zöller/Stöber, ZPO, 24. Aufl., § 887, Rn. 3).  

     

    Die Bedeutung der Frage, ob die Verpflichtung zur Erstellung einer Lohnabrechnung über § 887 Abs. 1 ZPO oder § 888 Abs. 1 ZPO vollstreckbar ist, liegt vor allem in den grundsätzlichen Unterschieden der beiden Vollstreckungsarten. Während im Falle der vertretbaren Handlung diese auf Kosten des Vollstreckungsschuldners vom Gläubiger im Wege der „Ersatzvornahme“ durch einen Dritten nach entsprechender Ermächtigung des Prozessgerichts vorgenommen werden kann, wird die nicht vertretbare Handlung nach § 888 Abs. 1 ZPO durch Anordnung eines Zwangsgelds bzw. ersatzweise Zwangshaft gegen den Gläubiger oder den Geschäftsführer der Gläubigerin vollstreckt.  

    Vorgehensweise bei der Zwangsvollstreckung

    Um die Zwangsvollstreckung gegen den ArbG als Vollstreckungsschuldner hinsichtlich der Lohnabrechnung betreiben zu können, ist zunächst ein Vollstreckungstitel auf Erteilung der Lohnabrechnung notwendig. Dies gilt unabhängig von der Frage, ob die Vollstreckung nach § 887 Abs. 1 ZPO oder § 888 Abs. 1 ZPO erfolgen soll. Die entsprechende Verpflichtung zur Abrechnungserteilung kann sich dabei aus einem Urteil, einem Versäumnisurteil oder einem gerichtlichen Vergleich als Vollstreckungstitel ergeben. Will der Vollstreckungsgläubiger die Zwangsvollstreckung im Rahmen eines Antrags auf Verhängung eines Zwangsgelds nach § 888 Abs. 1 ZPO gegen den Zwangsvollstreckungsschuldner betreiben, ist dies nach herrschender Rechtsprechung der Instanzgerichte nur möglich, wenn der Gläubiger konkret glaubhaft machen kann, dass ordentliche und ausreichend geführte Unterlagen, die Dritten eine Abrechnung des Arbeitsverhältnisses ermöglichen, nicht vorhanden sind.  

     

    Praxishinweis: Hiervon kann nicht ausgegangen werden, wenn im Rahmen des in Streit stehenden Arbeitsverhältnisses bereits Abrechnungen oder Teilabrechnungen erstellt worden sind (LAG Rheinland-Pfalz 10.5.05, 11 Ta 50/05, Abruf-Nr. 053441).  

     

    Damit ist – unabhängig von einer etwaigen anderen Handhabe durch die Arbeitsgerichte erster Instanz und der anderslautenden Ansicht des LAG Hamburg (LAG Hamburg NZA-RR 96, 422: Vollstreckung nach § 888 Abs. 1 ZPO als Regelfall) – der Anwendungsbereich des § 888 Abs. 1 ZPO hinsichtlich der Erzwingung der Pflicht zur Erteilung von Lohnabrechnungen beschränkt auf Kleinbetriebe, die erwiesenermaßen im laufenden Arbeitsverhältnis keine Lohnabrechnungen vorgenommen haben und auch nicht über entsprechende Unterlagen verfügen.  

     

    In allen anderen Fällen muss der ArbN im Wege der Ersatzvornahme nach § 887 Abs. 1 ZPO gegen den ArbG vorgehen. Dies ist auf Grund der Zweigleisigkeit des Verfahrens mit deutlichem Mehraufwand des Prozessbevollmächtigten des ArbN verbunden. Er muss einen Antrag an das Gericht richten und nach entsprechender Ermächtigung die Ersatzvornahme durch einen sachkundigen Dritten vornehmen lassen.  

     

    Hierbei ist im Rahmen des § 887 Abs. 1 ZPO insbesondere auf eine richtige Antragstellung zu achten. Zudem kann nach § 887 Abs. 2 ZPO bereits im Antrag ein Kostenvorschuss vom Zwangsvollstreckungsschuldner verlangt werden.  

    Der richtige Antrag im Zwangsvollstreckungsverfahren

    Je nach Vollstreckungsart ist die Antragstellung unterschiedlich.  

     

    Der Antrag nach § 888 Abs. 1 ZPO

    Soll unter Berücksichtigung der vorstehenden Ausführungen die Vollstreckung nach § 888 Abs. 1 ZPO erfolgen, kann ein ordnungsgemäßer Klageantrag etwa wie folgt lauten:  

     

    Musterformulierung: Antrag nach § 888 Abs. 1 ZPO

    „... wird beantragt, gegen den Vollstreckungsschuldner wegen Nichtvornahme der Verpflichtung aus dem Vergleich (VU/Urteil) vom ... (Datum), das Arbeitsverhältnis für die Monate ... ordnungsgemäß auf der Basis eines Bruttomonatslohns in Höhe von ... EUR ordnungsgemäß abzurechnen, ein Zwangsgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, ersatzweise Zwangshaft gegen den Vollstreckungsschuldner (Geschäftsführer der Vollstreckungsschuldnerin) festzusetzen.“  

     

    Der Antrag nach § 887 Abs. 1, 2 ZPO

    Soll die Vollstreckung dagegen nach § 887 Abs. 1, 2 ZPO erfolgen, lautet der Antrag folgendermaßen:  

     

    Musterformulierung: Antrag nach § 887 Abs. 1, 2 ZPO

    „... wird beantragt, den Gläubiger zu ermächtigen, die nach dem vollstreckbaren Vergleich (VU/Urteil) vom ... (Datum) dem Schuldner obliegende Verpflichtung, das Arbeitsverhältnis für die Monate ... auf der Basis eines Bruttomonatsgehalts in Höhe von ... EUR ordnungsgemäß abzurechnen, durch einen vom Gläubiger zu beauftragenden Steuerberater (ggf. Name und Anschrift des Steuerberaters oder eines sonstigen sachkundigen Dritten einsetzen) vornehmen zu lassen.  

     

    Darüber hinaus wird beantragt, den Schuldner zu verurteilen, an den Gläubiger als Vorauszahlung der Kosten für die Erstellung der Abrechnung eine Summe in Höhe von ... EUR zu zahlen.“  

     

    Im Falle der Verbindung des Antrags auf Ermächtigung zur Ersatzvornahme mit dem Antrag auf Vorauszahlung der Kosten ist deren ungefähre Höhe glaubhaft zu machen. Dies kann beispielsweise durch eine entsprechende Erklärung des Steuerberaters oder eines anderen sachkundigen Dritten hinsichtlich des Zeitaufwands und des ungefähren Kostenaufwands geschehen.  

     

    In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass unabhängig von der dogmatischen Stimmigkeit eines solchen Vorgehens, oft im Rahmen der Zwangsvollstreckung nach § 888 Abs. 1 ZPO ein Streitwert von 250 EUR für die Erstellung der jeweiligen Lohnabrechnung im Zwangsvollstreckungsverfahren angenommen wird, während der in der Regel höhere Vorschuss i.S. des § 887 Abs. 2 ZPO in den Fällen der „Verurteilung“ zu einem Vorschuss zu Grunde gelegt wird.  

    Quelle: Ausgabe 01 / 2006 | Seite 9 | ID 85203