· Künstliche Intelligenz, Teil 3
KI im Arbeitsverhältnis: Haftungsfragen, Aufgabenverlagerung, Verbote und Handlungsempfehlungen

| Im dritten Teil der Serie „KI im Arbeitsverhältnis“ geht es um Haftungsrisiken und Verbote im Zusammenhang mit dem Einsatz von KI. |
1. Haftungsrisiken für Beschäftigte
Der Einsatz von KI als Arbeitsmittel kann zu verschiedenen Haftungsfragen führen:
- Generell gilt bei der Arbeitnehmerhaftung der Grundsatz der dreistufigen Quotelung:
- leichte Fahrlässigkeit = keine Haftung des ArbN
 
- mittlere Fahrlässigkeit = anteilige Haftung
 
- grobe Fahrlässigkeit/Vorsatz = volle Haftung.
 
- Macht ein ArbN bei korrekter Nutzung der freigegebenen KI einen Fehler, liegt meist keine persönliche Haftung vor, das Risiko trägt der ArbG (§ 278 BGB). Der eigenmächtige Einsatz nicht genehmigter KI-Tools kann dagegen eine Pflichtverletzung mit Haftungsfolgen darstellen. Gegenüber Kunden oder Geschäftspartnern kann der ArbG für fehlerhafte KI-Ergebnisse haften. Im Bereich der deliktischen Haftung kommen hier Datenschutzverstöße nach Art. 82 DSGVO in Betracht. Hinsichtlich der Organisationspflicht muss der ArbG sicherstellen, dass der KI-Einsatz rechtskonform ist. Dieses kann er durch entsprechende Schulungen der ArbN, durch die Einhaltung des Datenschutzes und einer entsprechender Dokumentation beweisen.
2. Wer haftet für diskriminierende Entscheidungen der KI?
Der ArbG ist stets „Verantwortlicher“ nach Art. 4 Nr. 7 DSGVO ‒ auch wenn das KI-System von einem Dritten stammt. Bei einer Benachteiligung haftet der ArbG nach §§ 7, 15 AGG auf Schadenersatz. Vor dem Einsatz sind Bias-Tests und Audits entsprechend vom ArbG zu dokumentieren.
3. Neue Aufgabenbereiche durch KI-Einsatz
Wenn durch KI Arbeitsprozesse verändert werden und Beschäftigte neue Aufgaben übernehmen sollen, gilt: nach § 106 GewO darf der ArbG andere, gleichwertige Tätigkeiten anordnen, sofern der Arbeitsvertrag und der Tarifvertrag dieses zulassen.
Bei wesentlicher Veränderung der Tätigkeit oder Qualifikationsanforderungen ist ggfls. eine Änderungskündigung (§ 2 KSchG) erforderlich. § 82 SGB III verpflichtet die ArbG, Weiterbildungen der ArbN auch im Bereich der KI-Schulung zu ermöglichen. Einvernehmlich ist eine solche Aufgabenübertragung jederzeit möglich.
4. Kann der ArbG den Einsatz von KI verbieten?
Dieses ist möglich, wenn die IT-Sicherheits- oder Datenschutzinteressen überwiegen. Rechtsgrundlagen sind hier § 106 GewO, die IT-Policy und/oder das Datenschutzkonzept. Bei Verstoß gegen ein Nutzungsverbot kann abgemahnt oder gekündigt werden, insbesondere wenn sensible Daten betroffen sind.
5. Darf der ArbG vorschreiben, KI-Tools zu nutzen?
Dies ist zulässig, wenn das arbeitsvertraglich geschuldete Ergebnis so am effizientesten erreicht wird und keine gesundheitlichen oder datenschutzrechtlichen Bedenken bestehen. Hier muss der ArbG sicherstellen, dass das Tool rechtmäßig ist, die ArbN geschult sind und keine unzulässigen Datenverarbeitungen stattfinden.
6. Verbotene KI-Anwendungen
Folgende Szenarien sind nach aktueller Rechtslage in der Regel unzulässig:
- Automatisierte Kündigungsentscheidungen ohne menschliche Prüfung.
- Verhaltensprognosen (z. B. Streikbereitschaft, Fluktuationsrisiko).
- Gesundheitsprognosen anhand medizinischer Daten ohne ausdrückliche gesetzliche Grundlage oder Einwilligung.
- Leistungsbewertung ausschließlich durch KI ohne menschliche Kontrolle.
| Checkliste / Haftungsminimierung beim KI-Einsatz | 
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7. Empfehlungen für den ArbG
Betriebsratsbeteiligung, Compliance und Schulung sind Werkzeuge, die Aufwand kosten, der aber im Ernstfall lohnend ist. Im Einzelnen gilt:
- Transparenz: ArbN früh über Funktionsweise, Risiken und Grenzen der KI informieren.
- Mitbestimmung: Betriebsrat nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG einbinden.
- Compliance: Externe Anbieter vertraglich zu DSGVO- und AGG-Konformität verpflichten.
- Probelauf: KI zunächst in Pilotphase mit klaren Erfolgskriterien einsetzen.
- Qualifizierung: ArbN weiterbilden, um Akzeptanz und Kompetenz zu fördern.
| Musterformulierung / KI-Nutzung im Arbeitsvertrag | 
| Der Einsatz von durch den ArbG bereitgestellten KI-gestützten Arbeitsmitteln ist Bestandteil der arbeitsvertraglichen Leistungspflichten. Der ArbG gewährleistet, dass die eingesetzten Systeme den geltenden Datenschutz- und Arbeitsschutzbestimmungen entsprechen. Eine Nutzung von nicht freigegebenen KI-Systemen im dienstlichen Kontext ist unzulässig. |