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  • · Rechtsprechung

    „Ich kann ja noch krank werden!“ ‒ Erpresserische Drohung rechtfertigt fristlose Kündigung

    Bild: ©K.- P. Adler - stock.adobe.com

    | Auch wenn ein Arbeitnehmer unbedingt Urlaub braucht, so muss er den Anspruch betrieblichen Belangen unterordnen. Eine Drohung des Arbeitnehmers, „er könne ja noch krank werden“, ist dabei völlig inakzeptabel. Ein solch erpresserisches Fehlverhalten können Sie drastisch sanktionieren! In der Rechtsprechung wird das regelmäßig als Grund für eine außerordentliche fristlose Kündigung anerkannt, so auch kürzlich vom Landesarbeitsgericht ( LAG) Rheinland-Pfalz (Urteil vom 21.07.2020, Az. 8 Sa 430/19 ). |

    Das Urteil des LAG Rheinland-Pfalz

    In seinem Urteil betonte das LAG , dass noch nicht einmal eine plumpe Drohung mit der Krankmeldung für eine Kündigung erforderlich ist. Es genügt „eine für einen verständigen Beobachter wahrnehmbare Verknüpfung“, so das Gericht. Denn der Arbeitnehmer drohe damit bereits an, seine Interessen ohne Rücksicht auf betriebliche Belange durchsetzen zu wollen ‒ egal, ob eine Arbeitsunfähigkeit tatsächlich vorliegt. Deshalb kann beim Arbeitgeber der berechtigte Verdacht aufkommen, der Arbeitnehmer sei bereit, sich einen ihm nicht zustehenden Vorteil auf Kosten des Arbeitgebers zu verschaffen. Damit verletzt der Arbeitnehmer dann seine arbeitsvertragliche Rücksichtnahmepflicht, die es verbietet, den Arbeitgeber auf diese Art und Weise unter Druck zu setzen. Unerheblich sei, ob der Arbeitnehmer später tatsächlich erkrankt oder ob die Weisung rechtswidrig war.

    Die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts

    In der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) ist anerkannt, dass bereits die Ankündigung einer zukünftigen, im Zeitpunkt der Äußerung noch nicht bestehenden Erkrankung für den Fall, dass der Arbeitgeber einem Verlangen des Arbeitnehmers (z. B. auf Urlaubsgewährung) nicht entsprechen sollte, ein wichtiger Grund für eine fristlose Kündigung im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB ist. Dies gilt selbst dann, wenn der Arbeitnehmer später wirklich erkrankt. Uneingeschränkt gilt diese Doktrin nur nicht, wenn bereits zum Zeitpunkt der Androhung eine tatsächliche Erkrankung vorlag (BAG, Urteile vom 02.03.2009, Az. 2 AZR 251/07 und vom 17.06.2003, Az. 2 AZR 123/02).

    Vorherige Abmahnung nötig?

    Muss eine vorherige Abmahnung erfolgen? Wohl nein. Denn bei der Drohung mit einer willkürlichen Krankmeldung handelt es sich um eine derart schwere Pflichtverletzung (erpressungsgleiches Verhalten), dass eine Abmahnung entbehrlich ist. Eine außerordentliche Kündigung ohne Abmahnung ist z. B. auch gerechtfertigt, wenn der Arbeitnehmer während einer ärztlich attestierten Arbeitsunfähigkeit einer schichtweisen Beschäftigung bei einem anderen Arbeitgeber nachgeht (BAG, Urteil vom 26.08.1993, Az. 2 AZR 154/93).

     

    PRAXISTIPP | Sprechen Sie als Arbeitgeber wegen Androhung einer Erkrankung nach abgelehntem Urlaubs- oder sonstigem Freistellungswunsch eine fristlose (ggf. hilfsweise fristgemäße) Kündigung aus, so sind Sie zunächst für die Drohung als solche darlegungs- und beweispflichtig. Ist die Drohung unstreitig oder erwiesen, spielt der Eintritt einer tatsächlichen Arbeitsunfähigkeit nach Androhung einer Erkrankung grundsätzlich keine Rolle. Beruft sich ein Arbeitnehmer darauf, bereits zum Zeitpunkt seiner Androhung arbeitsunfähig krank gewesen zu sein, muss er vortragen, welche Krankheit oder Symptome bei ihm vorlagen und warum er davon ausgehen konnte, am von ihm gewünschten Urlaubstag arbeitsunfähig zu sein. Letztlich gilt aber wie so oft: Der Einzelfall entscheidet, wer, wann was wie zu beweisen hat.

     
    Quelle: ID 47482909