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  • · Fachbeitrag · Steuergestaltung

    So vermeiden Sie steuerliche Fallstricke bei der Bildung einer zahnärztlichen Praxisgemeinschaft

    von StB Björn Ziegler, Kanzlei Lauterbach - Zeutschner - Seltsam, Würzburg

    | Manche Zahnärzte, die nicht einzeln arbeiten möchten, gründen eine Gemeinschaftspraxis mit Kollegen. Soll die Zusammenarbeit jedoch nicht ganz so eng erfolgen, bietet sich die Praxisgemeinschaft als Alternative an. So können Einspareffekte insbesondere bei den Material-, Personal- und Raumkosten genutzt werden, ohne zugleich die eigenen Umsätze teilen zu müssen. Schließlich kann die Praxisgemeinschaft auch ein sinnvoller Weg aus einer kriselnden Gemeinschaftspraxis sein. Der Beitrag zeigt, auf welche steuerlichen Fallstricke bei der Praxisgemeinschaft zu achten ist. |

    Grundzüge der Praxisgemeinschaft

    Die Praxisgemeinschaft zeichnet sich dadurch aus, dass sie eine reine Kostengemeinschaft ist, die keine eigenen Einnahmen generiert. Ihre Ausgaben bestreitet sie aus den finanziellen Beiträgen ihrer Mitglieder. Die Praxisgemeinschaft ist in der Regel eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Bei der KZV ist sie nur anzeigepflichtig und muss nicht genehmigt werden.

     

    Neben der Praxisgemeinschaft bleiben die selbstständigen Praxen der beteiligten Zahnärzte, die einen eigenen Patientenstamm haben und die selbst gegenüber ihren Patienten und der KZV abrechnen, stets bestehen. Die Praxispartner unterliegen - anders als in Gemeinschaftspraxen - auch untereinander dem Patientengeheimnis und dürfen sich gegenseitig keine Einsicht in ihre Patientenkartei gewähren. Auch die Vertretungsmöglichkeiten sind gegenüber der Gemeinschaftspraxis eingeschränkt.

    Steuerliche Aspekte der Praxisgemeinschaft

    Steuerlich erfolgt für die Praxisgemeinschaft ein gesondertes Feststellungsverfahren, in welchem die Verlustanteile der Gesellschafter verbindlich ermittelt werden. Dabei kommt es nicht darauf an, wie viel der einzelne Zahnarzt im Jahr an die Praxisgemeinschaft überwiesen hat, sondern darauf, welche Kosten innerhalb der Gemeinschaft angefallen sind. 

     

    Leistungsaustausch zwischen Praxisgemeinschaft und Zahnarzt

    Faktisch handelt es sich um die Ausgliederung von Praxisausgaben aus der Einzelpraxis: Es kommt zu einem Leistungsaustausch zwischen der Praxisgemeinschaft (Leistungserbringer) und ihren Mitgliedern (Leistungsempfänger).

     

    Sind Leistungen umsatzsteuerpflichtig?

    Der steuerlich spannendste Aspekt der Praxisgemeinschaft ist die Frage, ob die Leistungen der Gemeinschaft an ihre Mitglieder umsatzsteuerfrei sind. Dabei gibt es offensichtliche und versteckte Risiken, die Sie vermeiden können, wenn Sie sie kennen. Hierzu ein Negativbeispiel aus der Praxis:

     

    • Fallbeispiel: Die schludrig geplante Praxisgemeinschaft

    Dr. Alt und Dr. Jung haben eine von ihnen so bezeichnete „Praxisgemeinschaft“ gegründet. Aus Vereinfachungsgründen vereinbarten sie im Vertrag, dass Dr. Alt die Räume anmietet, alle erforderlichen Mitarbeiter anstellt und das Material einkauft. Auch das digitale Röntgen gehört ihm und wird von Dr. Jung mitgenutzt. Für die Nutzung der Praxisressourcen zahlt Dr. Jung an Dr. Alt einen festen Prozentsatz seines Honorarumsatzes.

     

    Diese Konstellation war von Grund auf fehlerhaft, was deutlich wird, wenn man sich die Leistungswege ansieht. In der richtig organisierten Praxisgemeinschaft bezieht die Gemeinschaft Leistungen und gibt diese an ihre Mitglieder weiter. Das Umsatzsteuergesetz stellt die Leistungen der Praxisgemeinschaft umsatzsteuerfrei, soweit sie „für unmittelbare Zwecke der Ausübung“ der zahnärztlichen Tätigkeit eingesetzt werden, wie es in § 4 Nr. 14 d Umsatzsteuergesetz (UStG) heißt.

     

    Im Praxisfall leistet jedoch nicht die Praxisgemeinschaft an Dr. Jung, sondern es ist Dr. Alt, der faktisch wie ein Dentaldepot und eine Personalleasingfirma auftritt. Gegen Bezahlung gibt er Material ab, überlässt Geräte und stellt sein eigenes Personal zur Verfügung. Darüber hinaus befindet sich Dr. Alt hier gegenüber Dr. Jung in der Stellung eines Vermieters.

     

    Während diese langfristige (Unter-)Vermietung von Räumen generell nach § 4 Nr. 12 UStG umsatzsteuerfrei ist, fällt für die übrigen Leistungen von Dr. Alt Umsatzsteuer an. Die Befreiung für Praxisgemeinschaften kann Dr. Alt nicht in Anspruch nehmen. Entdeckt das Finanzamt den Fehler, muss Dr. Alt für viele Jahre rückwirkend Umsatzsteuer nachentrichten. Angerechnet wird ihm dabei insbesondere ein Teil der beim Materialeinkauf gezahlten Umsatzsteuer (sogenannter Vorsteuerabzug). Die Hauptsteuerbelastung entsteht auf die Personalkosten.

    Praxisgemeinschaft bilden: So geht es richtig...

    Richtig wäre es, wenn Dr. Alt und Dr. Jung den gemeinsamen Materialeinkauf über die Praxisgemeinschaft abwickeln. Bezüglich des Praxispersonals haben sie die Wahl: Der beste Weg besteht darin, die Mitarbeiterinnen soweit wie möglich dem einem oder dem anderen Behandler zuzuordnen und in dessen Einzelpraxis direkt anzustellen. Nur soweit eine Einzelzuordnung nicht möglich ist, sollte die Anstellung in der Praxisgemeinschaft erfolgen.

     

    Gesetzesformulierung beachten

    Hintergrund dieser Überlegung ist die Gesetzesformulierung, wonach die Steuerbefreiung nur greift, soweit das Personal „für unmittelbare Zwecke der Ausübung“ der zahnärztlichen Tätigkeit eingesetzt wird. Durch die Anstellung in den Einzelpraxen ersparen Sie sich Diskussionen darüber, wie dieser Satz in Bezug auf den Personaleinsatz zu verstehen ist.

     

    Die Finanzverwaltung erläutert, dass mit diesem Vorbehalt verhindert werden soll, dass die Praxisgemeinschaft einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Dienstleistern erhält, die umsatzsteuerpflichtig sind. Würde die Praxisgemeinschaft beispielsweise selbst die Steuerberatung ihrer Mitglieder übernehmen oder zum Beispiel durch Inkasso wie eine Abrechnungsgesellschaft fungieren, würde die Umsatzsteuerbefreiung insoweit nicht greifen. Nach diesem Verständnis wäre eine Anstellung des Praxispersonals auch in der Praxisgemeinschaft unproblematisch. Besser ist es jedoch, gar nicht hierüber diskutieren zu müssen.

     

    PRAXISHINWEIS |  Die Praxisgemeinschaft darf kein „Eigenlabor“ für die beteiligten Zahnärzte zur Verfügung stellen. Das Eigenlabor definiert sich dadurch, dass es nur für die Patienten des Zahnarztes tätig wird, der das Eigenlabor unterhält. Ein in der Praxisgemeinschaft angesiedeltes Labor würde jedoch einmal für Patienten des einen und dann wieder für die Patienten des anderen Zahnarztes Zahnersatz fertigen. Der Eigenlaborcharakter ginge verloren.

     

    Gemeinschaftspraxis kann Eigenlabor betreiben

    Im Gegensatz hierzu ermöglicht es die Gemeinschaftspraxis, dass mehrere Zahnärzte ein gemeinsames Eigenlabor betreiben. Jede an einer Praxisgemeinschaft beteiligte Einzelpraxis muss hingegen bei Bedarf ein eigenes Labor einrichten. Denkbar ist, dass die Gemeinschaft ein gemeinsames Cerec-Gerät anschafft und es den Zahnärzten zur Nutzung für deren Eigenlabor überlässt. Der Dentaltechniker muss jedoch zwingend außerhalb der Praxisgemeinschaft beschäftigt werden. Er kann entweder selbstständig tätig sein oder jeweils in Teilzeit in den Einzelpraxen angestellt werden.

    Umsatzsteuerproblem bisher noch nicht geklärt

    Ein ungeklärtes umsatzsteuerliches Problem steht seit dem 1. Januar 2009 im Raum. Das Umsatzsteuergesetz knüpft die Steuerbefreiung daran, dass die Praxisgemeinschaft von ihren Mitgliedern die genaue Erstattung der Kosten verlangt. Was genau damit gemeint ist, wird in der steuerrechtlichen Literatur intensiv diskutiert. Die Meinungen reichen von Gesamtkostenneutralität, also einer schwarzen Null auf Ebene der Praxisgemeinschaft, bis hin zur Forderung nach detaillierten Berechnungen.

     

    Ein Urteil des Bundesfinanzhofs aus 2010 legt nahe, dass jeder Zahnarzt die Kosten trägt, die er durch die Inanspruchnahme von Leistungen der Praxisgemeinschaft ausgelöst hat (15. April 2010, Az. V R 11/09, Abruf-Nr. 102971). Haben Sie eine Praxisgemeinschaft, überprüfen Sie daher Ihre Gesellschaftsverträge. Wird darin eine pauschale Verteilung der Kosten beispielsweise nach Köpfen geregelt, sollte der Vertrag geändert werden. Die Kostenverteilung sollte dabei nach betriebswirtschaftlichen Maßstäben erfolgen und zum Beispiel Praxisflächen, Behandlungsstunden und Umsätze berücksichtigen.

     

    FAZIT |  Wer die steuerlichen Fallstricke kennt, kann sie durch umsichtige Gestaltung gut vermeiden. Die wichtigsten Punkte sind dabei die Beachtung der Leistungswege und die Kostenverteilung nach betriebswirtschaftlichen Maßstäben. So steht Einspareffekten aus der Praxisgemeinschaft nichts mehr im Wege.

    Quelle: Ausgabe 05 / 2013 | Seite 18 | ID 39351270