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  • · Fachbeitrag · Betriebsprüfung (Teil 1)

    Betriebsprüfung in der Zahnarztpraxis - die Brennpunkte der Prüfer

    von Steuerberater Michael Laufenberg und Steuerberater Marcel Nehlsen, Kanzlei Laufenberg Michels und Partner mbB, Köln, www.laufmich.de

    | Von einer Pressemitteilung des Bundesrechnungshofs vom 10. Dezember 2013, laut der „steuerpflichtige Leistungen von Zahnärzten nur unzureichend erfasst werden“, ging wohl eine gewisse Initialzündung aus: Seitdem misst die Finanzverwaltung der Betriebsprüfung bei Zahnärzten spürbar eine größere Bedeutung bei. Worauf die Prüfer dabei besonders achten, erfahren Sie in diesem Beitrag. |

    Spezielle Ausbildung für Betriebsprüfung bei Heilberufen

    Die größere Bedeutung von Betriebsprüfungen bei Zahnärzten und anderen Heilberuflern kommt auch darin zum Ausdruck, dass die ersten Bundesländer damit begonnen haben, Schwerpunktprüfer auszubilden, die auf die Betriebsprüfung von Heilberufen spezialisiert sind - so z. B. die Bundesländer Niedersachsen und Berlin. Diese Betriebsprüfer verstehen die Abrechnung und Zusammenhänge im Gesundheitswesen. Sie sind dafür ausgebildet, (zahn-)arztspezifische Sachverhalte aufzugreifen und sie auch vor dem medizinrechtlichen Hintergrund steuerlich zu würdigen.

     

    Diese Bundesländer verschicken beispielsweise gemeinsam mit der Prüfungsanordnung einen mehrseitigen Fragebogen, auf dem der Zahnarzt diverse Sachverhalte mitteilen muss. Dieser Fragebogen dient dazu, umsatz- und gewerbesteuerliche Prüfungsschwerpunkte bereits in der Prüfungsvorbereitung festzustellen und dann in der Betriebsprüfung umzusetzen.

    Betriebsprüfungsrisiko Umsatzsteuer

     

    Die Abgrenzung zwischen umsatzsteuerfreien und umsatzsteuerpflichtigen Leistungen führt immer wieder zu Diskussionen mit der Betriebsprüfung.

     

    Umsatzsteuerfreie Leistungen in der Zahnarztpraxis

    Die Leistungen niedergelassener Zahnärzte sind nach § 4 Nr. 14a UStG umsatzsteuerfrei, soweit es sich um heilberufliche Leistungen handelt. Bei diesen Leistungen steht immer ein therapeutisches Ziel im Vordergrund. Das bedeutet zunächst:

     

    • Vorbeugung (Prophylaxe);
    • Diagnose (Feststellung von/Untersuchung auf mögliche Krankheiten);
    • Behandlung (Heilung oder Linderung von Krankheiten);
    • vorbeugende Untersuchungen und ärztliche Maßnahmen an Personen, die an keiner Krankheit oder Gesundheitsstörung leiden, sowie Leistungen, die zum Schutz und der Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der menschlichen Gesundheit erbracht werden.

     

    Die Abgrenzung zu umsatzsteuerpflichtigen Leistungen im Einzelfall ist häufig schwierig und erfordert eine enge Abstimmung mit dem Steuerberater. Einige Beispiele sollen dies verdeutlichen:

     

    1. Laborumsätze

    Grundsätzlich sind die zahnärztlichen heilberuflichen Tätigkeiten umsatzsteuerfrei. Um Wettbewerbsverzerrungen mit den gewerblichen Dentallabors zu vermeiden, hat der Gesetzgeber im Umsatzsteuergesetz allerdings die Lieferung von in der Praxis des Zahnarztes hergestellten oder wiederhergestellten Zahnprothesen, anderen Waren der Zahnprothetik sowie kieferorthopädischen Apparaten und Vorrichtungen von der Steuerbefreiung ausgenommen. Die Leistung des Eigenlabors ist also insoweit mit dem ermäßigten Steuersatz von 7 Prozent umsatzsteuerpflichtig.

     

    Diese umsatzsteuerpflichtigen Leistungen müssen gegenüber der Finanzverwaltung erklärt werden. In der Regel übernimmt dies der Steuerberater. Das kann er aber nur, wenn der Zahnarzt ihm diese Umsätze mitteilt. Basis dafür ist die Praxissoftware bzw. Laborsoftware; hier werden die monatlichen umsatzsteuerpflichtigen Umsätze aufgezeichnet und an den Berater weitergeleitet. Der Berater übermittelt die Werte - je nach Größenordnung - monatlich, quartalsweise oder jährlich an das Finanzamt und prüft vor allem auch die sog. Kleinunternehmerregelung. Danach ist keine Umsatzsteuer abzuführen, sofern der Zahnarzt pro Jahr nicht mehr als 17.500 Euro umsatzsteuerpflichtige Umsätze tätigt - wobei sich diese Grenze auf die Daten des Vorjahres bezieht und auch andere Umsätze des Zahnarztes außerhalb der Praxis einbezogen werden (z. B. Einnahmen aus dem Betrieb von Solaranlagen).

     

    PRAXISHINWEIS | Damit eine vollständige Erklärung der Laborumsätze erfolgen kann, ist ein stetiger Austausch mit dem Berater sicherzustellen. Nachträglich aufgedeckte Laborumsätze führen zu Umsatzsteuernachzahlungen und ggf. zur Verzinsung dieser Beträge.

     

    2. Ästhetische Leistungen

    Ästhetische Leistungen sind stets umsatzsteuerpflichtig. Betriebsprüfer kontrollieren hier immer wieder anhand des angebotenen Leistungsspektrums (z. B. auf Basis der Praxis-Website), ob diese Einnahmen korrekt erfasst wurden. Typische Beispiele sind Bleaching oder Zahnschmuck (z. B. Twinkles oder Grills). Hier sollten Sie mit Ihrem Steuerberater einen jährlichen Umsatzsteuer-Check-up machen, bei dem Sie Ihr Leistungsspektrum beschreiben und hiernach weitere Vorgehensweisen abgesprochen werden. Für den Berater ist es wichtig, diese zu kennen. Das wird er jedoch nur durch persönliche Abstimmungen mit Ihnen erfahren.

     

    3. Leistungen nach § 13b Umsatzsteuergesetz - „Google AdWords“

    Normalerweise schuldet derjenige die Umsatzsteuer, der die Leistung erbringt. Das ist bei Leistungen nach § 13b des Umsatzsteuergesetzes anders. Hier geht die Schuldnerschaft der Umsatzsteuer auf den Empfänger der Leistung - also die Praxis - über. Das gilt insbesondere für Leistungen von ausländischen Unternehmen, z. B. von Google. Gerade große Zahnarztpraxen nehmen gerne „Google AdWords“ in Anspruch, um ihr Ranking bei der Internetsuche zu verbessern. Die Umsatzsteuer auf diese Leistungen des ausländischen Unternehmens schuldet nach § 13b UStG die Zahnarztpraxis. Für die Zahnarztpraxis stellt diese Steuer zugleich Vorsteuer dar, die sie sich vom Finanzamt grundsätzlich zurückholen kann. Da die Zahnarztpraxis aber bestenfalls teilweise die Vorsteuer zurückfordern kann (weil sie überwiegend umsatzsteuerfreie Leistungen erbringt), wird hier immer mindestens ein Teil der Umsatzsteuer beim Finanzamt verbleiben, was eine Umsatzsteuer-Nachzahlung für die Zahnarztpraxis bedeutet.

     

    4. Gutachten

    Gutachten sind nur dann umsatzsteuerbefreit, wenn sie einem therapeutischen Ziel dienen. Häufig erstellen jedoch Zahnärzte auch Gutachten für Versicherungen (beispielsweise, um eine Berufsunfähigkeit für Risiko-Lebensversicherungen festzustellen) oder für die Kassenzahnärztlichen Vereinigungen. Diese Gutachten sind nicht umsatzsteuerbefreit.

     

    5. Pkw-Überlassung an Arbeitnehmer

    Manche Zahnärzte überlassen Mitarbeitern einen Pkw. Häufig wird übersehen, dass dies einen umsatzsteuerpflichtigen Leistungsaustausch darstellt, der nicht von der zahnärztlichen Umsatzsteuerbefreiung erfasst wird. Der geldwerte Vorteil ist daher grundsätzlich umsatzsteuerpflichtig.

    Dokumentation der Umsatzsteuerfreiheit und Einsichtsrecht

    Alle Umsatzsteuerbefreiungen haben gemein, dass der Zahnarzt die Beweislast hierfür trägt. Wichtig ist daher, dass der Zahnarzt bei Leistungen die medizinische Dokumentation sorgfältig führt, damit er in einer Betriebsprüfung später diese Nachweise vorlegen kann.

     

    Wie dokumentiert werden muss, ist immer wieder streitig. Aus berufsrechtlichen Gründen (Arztgeheimnis) darf der Zahnarzt keine Patientenunterlagen an den Betriebsprüfer weitergeben. Der Betriebsprüfer hingegen hat das Recht, alle entscheidungserheblichen Sachverhalte einzusehen. Leider sind hier Berufsrecht und Steuerrecht diametral entgegengesetzt. Hier muss der Zahnarzt überlegen, wie im Einzelfall dokumentiert werden kann. Häufig bietet es sich an, einige anonymisierte Patientenakten im Wege einer vom Betriebsprüfer getroffenen Zufallsauswahl vorzulegen.

     

    Zuletzt entschied der Bundesfinanzhof mit einem Urteil aus 2014 (Az. V R 16/12), dass auch Ärzte Mitwirkungspflichten zu erfüllen haben. Entgegen der Ansicht der Finanzverwaltung war hierfür aber nicht notwendig, dass der Arzt alle Patientennamen und Anschriften mitteilte, sondern er durfte anonymisiert detaillierte Angaben zu den im jeweiligen Behandlungsfall verfolgten therapeutischen oder prophylaktischen Zielsetzungen machen.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Im zweiten und abschließenden Teil des Beitrags lesen Sie in der nächsten Ausgabe, wie Sie Risiken durch die Betriebsprüfung - etwa die der Gewerblichkeit in Gemeinschaftspraxen oder durch nicht vollständig erfasste Einnahmen - abmildern können.
    Quelle: Ausgabe 08 / 2016 | Seite 9 | ID 44184593