Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Fachbeitrag · Kommentar zur Gesetzgebung

    Was reguliert das MVZ-Regulierungsgesetz? Oder: Was passiert mit Angeboten ohne Nachfrage?

    von Rechtsanwältin, Fachanwältin für Medizinrecht Taisija Taksijan LL.M., Hamburg, legal-point.de

    | Die Debatte um die Existenzberechtigung von nicht ärztlichen Investoren auf dem MVZ- und ZMVZ-Markt dürfte so alt sein wie das MVZ selbst ‒ bald 20 Jahre. Neu ist der Vorschlag der Gesundheitsministerkonferenz (GMK) vom 27.03.2023, ein Gesetzgebungsverfahren zur „MVZ-Regulierung“ anzustoßen. Es ist (noch) lediglich eine Art Wunschliste und gleichzeitig ein weiterer politischer Schritt auf dem Weg zu einem verbindlichen „Gesetz gegen die Heuschrecken“, wie der Gesundheitsminister es ausdrückte. In der nicht immer sachlichen Diskussion rückt die Betroffenheit der (Zahn-)Ärzteschaft in den Hintergrund und damit die Frage, was der Kampf gegen die iMVZ für die Ein- und Ausstiege der Ärzte und Zahnärzte im Markt bedeutet. |

    Vorschlag: acht Maßnahmen zur MVZ-Regulierung

    Der Vorschlag der GMK umfasst neun Maßnahmen, mit denen den durch die iMVZ drohenden Risiken begegnet werden soll:

    • Transparenz: Es soll eine MVZ-Schilderpflicht mit Kennzeichnung der MVZ-Betreiber und ein MVZ-Register mit Offenlegung der Eigentumsverhältnisse der MVZ eingeführt werden.
    • Räumliche Beschränkung von Krankenhäusern, MVZ zu gründen: Hierzu gibt es zwei alternative Vorschläge:
      • Entweder sollen die Krankenhäuser ausschließlich im KV-Bezirk, in dem sie sitzen, sowie in einem benachbarten KV-Bezirk MVZ gründen dürfen oder
      • in einem Umkreis von 50 km zum Sitz des Krankenhauses.
    • Begrenzung der Beteiligung durch iMVZ: Neue iMVZ sollen bei Hausärzten auf maximal 25 Prozent und im Übrigen auf maximal 50 Prozent pro Facharztgruppe (inkl. Zahnärzte) beschränkt werden ‒ mit Ausnahmen bei Versorgungslücken. Daneben soll eine trägerbezogene Beschränkung auf 5 bzw. 10 Prozent der Anteile pro KV-Bezirk erfolgen.
    • Streichung des Arztstellenerwerbs durch Zulassungsverzicht.
    • Streichung der Konzeptbewerbung für MVZ im Nachbesetzungsverfahren.
    • Gesetzliche Grundlage dafür, dass die in Eigeneinrichtungen der KVen tätigen Ärzte im Nachbesetzungsverfahren privilegiert werden.
    • Stärkung der ärztlichen Leitung: Die Position soll durch besonderen Kündigungsschutz, Prüfung der Verträge und Vorgaben zum Tätigkeitsumfang gestärkt werden.
    • Disziplinarmaßnahmen gegen das MVZ: Möglichkeit der Entziehung der MVZ-Zulassung, wenn die MVZ-Ärzte ihre Pflichten verletzen.

     

    Der Wunsch nach einer Streichung der Möglichkeit des Erwerbs der Arztsitze durch Verzicht auf die Zulassung zugunsten der Anstellung im MVZ zielt darauf ab, den Praxiserwerb durch Betreiber der (i)MVZ zu erschweren. Damit würde der übliche Weg der Investoren, eine Praxis zu erwerben, abgeschnitten werden. Wird diese Möglichkeit gestrichen, bleibt den Praxisabgebern regulatorisch der Weg über die Ausschreibung und Auswahl des Praxisnachfolgers durch den zuständigen Zulassungsausschuss. Bei diesem Verfahren werden (i)MVZ nachrangig berücksichtigt. Geringe Erfolgsaussichten im Rahmen einer Transaktion führen regelmäßig zu der Entscheidung, Abstand von dem Versuch zu nehmen, die Praxis zu erwerben.

    Bedürfnisse der (Zahn-)Ärzteschaft

    Zahnärzte und Ärzte wollen heute regelmäßig in einer abgesicherten Anstellung einen geregelten, mit dem Privatleben zu vereinbarenden beruflichen Alltag erleben, in dem sie das machen können, was sie gelernt haben ‒ (Zahn-)Medizin. Flexible Arbeitszeitmodelle, geteilte Führungspositionen, Freihaltung von Administration ‒ das ist, was die junge qualifizierte Generation anstrebt und in einer (i)MVZ-Struktur bekommen kann. Ein Leben lang die (Zahn-)Arztpraxis an einem Ort bis zur Rente zu führen, so wie es beispielsweise viele Allgemeinzahnärzte bislang praktiziert haben, entspricht in vielen Fällen nicht mehr den Bedürfnissen. Es ist davon auszugehen, dass sich die betroffenen (Zahn-)Ärzte auch mangels Alternativen nicht dafür entscheiden würden. Bereits heute wandern hoch qualifizierte junge Menschen aus oder in Konzerne ab. Eine Einschränkung des Geschäftsmodells für iMVZ liegt insofern nicht im Interesse der verkaufswilligen Praxisabgeber und nicht im Interesse einstiegswilliger junger Zahnärzte und Ärzte.

     

    Die geplante räumliche Beschränkung verstärkt die Situation durch die weitere Verkleinerung des möglichen Käuferkreises und führt damit zur Schwächung der Position der Praxisabgeber. Für die flächendeckend tätigen Betreiber der (i)MVZ kann das Geschäftsmodell so insgesamt unattraktiv werden. So werden Quersubventionierungen erschwert und Mischkalkulationen etwa zur Schaffung von Synergieeffekten sowie Möglichkeiten, dank der großen Struktur auch in schlechter versorgten Regionen (zahn-)medizinische Leistungen anzubieten, gehen ins Leere.

     

    FAZIT | Der artikulierte Plan, den „Heuschrecken“ den Marktzugang zu verbieten ‒ gemeint sind diesmal Betreiber der iMVZ ‒ berücksichtigt nicht die marktwirtschaftlichen Regeln, die auf Erhalt statt Zerstörung der Unternehmenssubstanz gerichtet sind. Unberücksichtigt bleibt dabei die Versorgungsrealität in Deutschland, die von Fachkräftemangel und Work-Life-Balance-Bestrebungen der jüngeren Generationen getragen ist. Im Übrigen wurden trotz unterschiedlicher Untersuchungen in diese Richtung auch keine validen Indizien dafür gefunden, dass die Patienten in einer iMVZ-Struktur abhängig von wirtschaftlichen Interessen und nicht medizinischen Bedürfnissen behandelt werden.

     

     

    Weiterführende Hinweise

    • Sonderausgabe „Investoren und Z-MVZ“ herunterladen unter iww.de/zp > Abruf.-Nr. 45710568
    • Hinsichtlich der Abrechnung hat das IGES Institut GmbH ermittelt, dass „Investoren-MVZ“ in Bayern je Arztgruppenfall im Vergleich zu Einzelpraxen ein um 5,7 Prozent höheres Honorarvolumen abgerechnet haben (Mitteilung IGES vom 12.04.2022 online unter iww.de/s8011).
    Quelle: Ausgabe 06 / 2023 | Seite 13 | ID 49425172