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  • · Arbeitsrecht

    Ist Angestellten jede Nebentätigkeit erlaubt?

    Bild: copyright by Oliver Boehmer - bluedesign®

    von RA, FA für MedR, Mediator Dr. Tobias Scholl-Eickmann, Kanzlei am Ärztehaus, Dortmund, kanzlei-am-aerztehaus.de

    | Übermüdete ZFA, gestresste angestellte Zahnärzte ‒ viele Praxisinhaber fragen sich manchmal, warum ihre Angestellten so unkonzentriert sind. Liegt es vielleicht an einer zeitraubenden Nebentätigkeit? Der nachfolgende Beitrag erklärt, in welchem zeitlichen Umfang und wo Ihre Angestellten „nebenbei“ arbeiten dürfen ‒ und was ihnen verboten ist. |

    Wann liegt eine Nebentätigkeit vor?

    Unter einer Nebentätigkeit ist jede Tätigkeit zu verstehen, in der ihre Mitarbeiter außerhalb des Hauptarbeitsverhältnisses ihre Arbeitskraft zur Verfügung stellen. Eine Nebentätigkeit kann im Rahmen eines Dienst-, Werk- oder Arbeitsvertrags selbstständig oder unselbstständig, entgeltlich oder unentgeltlich ausgeübt werden. Selbst ehrenamtliche Tätigkeiten fallen rechtlich gesehen unter den Begriff der Nebentätigkeit. Die Nebentätigkeit wird typischerweise bei Dritten erbracht, sie kann aber auch beim Hauptarbeitgeber erfolgen ‒ z. B. das Babysitting der ZFA beim Praxischef.

    Darf der Praxischef eine Nebentätigkeit untersagen?

    Grundsätzlich kann jede Mitarbeiterin über ihre Arbeitskraft außerhalb des Hauptarbeitsverhältnisses frei verfügen. Dieses Recht ist verfassungsrechtlich über Artikel 12 (Berufsfreiheit) und Artikel 2 Abs. 1 (Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit) des Grundgesetzes abgesichert. Die Freiheiten der Mitarbeiter sind jedoch eingeschränkt, wenn die Interessen des Hauptarbeitgebers durch die Nebentätigkeit nachhaltig betroffen werden. Dies ist etwa der Fall, wenn

     

    • die Arbeitskraft der Mitarbeiter wegen der Nebentätigkeit erheblich beeinträchtigt wird. Zum Beispiel darf einer angestellten ZFA eine Nebentätigkeit untersagt werden, durch die sie körperlich so beansprucht wird, dass sie ihre normalen Tätigkeit in der Zahnarztpraxis nicht mehr in sachgerechter Weise ausüben kann.

     

    • die zulässigen Höchstarbeitszeiten nach dem Arbeitszeitgesetz überschritten werden. Mit dem zweiten Arbeitsverhältnis darf also unter Einbezug der Arbeitszeiten aus dem Hauptarbeitsverhältnis die gesetzlich zulässige Höchstarbeitszeit von durchschnittlich 48 Stunden in der Woche nicht überschritten werden. Auch müssen bestimmte Ruhezeiten zwischen einer abendlichen Nebentätigkeit und dem morgendlichen Hauptarbeitsverhältnis ‒ im Normalfall elf Stunden ‒ bzw. entsprechende Ausgleichszeiten eingehalten werden.

     

    • Wettbewerbsinteressen des Hauptarbeitgebers entgegenstehen. Eine ZFA darf daher nach der Haupttätigkeit in Praxis A nicht in der Abendsprechstunde der Praxis B tätig werden.

    Gelten Besonderheiten für Nebentätigkeiten im Urlaub?

    Während des Urlaubs ist es Ihren Mitarbeitern laut § 8 Bundesurlaubsgesetz untersagt, eine dem Urlaubszweck widersprechende Erwerbstätigkeit auszuüben. Die Mitarbeiterin soll sich erholen, um ihre volle Leistungsfähigkeit zu erhalten. Gleichwohl ist ihr nicht jede Tätigkeit verboten: So kann sie Nebentätigkeiten, die sie auch zu Hause neben der Haupttätigkeit erbringt, während eines Urlaubs im Hauptarbeitsverhältnis ausüben. Im Zweifel wird auf Basis der konkreten Umstände des Einzelfalls zu prüfen sein, ob eine dem Urlaubszweck widersprechende Tätigkeit vorliegt.

    Kann eine Nebentätigkeit arbeitsvertraglich ausgeschlossen werden?

    Arbeits- oder tarifvertraglich können Nebentätigkeiten nur bedingt eingeschränkt werden, da die Nebentätigkeit verfassungsrechtlich „geschützt“ ist. Ein generelles Verbot jeder Nebentätigkeit wäre daher unzulässig und bräuchte vom Mitarbeiter auch nicht beachtet zu werden. Üblich und verbreitet ist eine Klausel, wonach jede Nebentätigkeit der Zustimmung des Arbeitgebers bedarf. In diesem Fall hat der Arbeitgeber die Nebentätigkeit nach billigem Ermessen zu genehmigen, soweit die Tätigkeit nicht zu einer konkreten Gefährdung berechtigter dienstlicher Interessen führt. Zudem ist anzuraten, etwaige Nebentätigkeiten bereits bei Vertragsabschluss anzusprechen und vertraglich zu fixieren, um Transparenz für beide Parteien zu schaffen.

     

    • Zulässige Beispielklausel für den Arbeitsvertrag

    Jede Nebentätigkeit bedarf während der Dauer des Arbeitsverhältnisses der Zustimmung durch den Arbeitgeber. Ausdrücklich zugestimmt wird schon jetzt der außerhalb der Arbeitszeiten nach diesem Vertrag ausgeübten Nebentätigkeit der Mitarbeiterin als DLRG-Ausbilderin, soweit diese einen Umfang von sechs Wochenstunden nicht überschreitet.

     

    Entgeltfortzahlung bei einem Arbeitsunfall während der Nebentätigkeit?

    Auch bei einer Nebentätigkeit, die als Arbeitsverhältnis gestaltet ist, gelten die arbeitsrechtlichen Vorgaben. Die Mitarbeiterin hat daher Anspruch auf Urlaub oder Entgeltfortzahlung bei Krankheit. Führt ein unverschuldeter Arbeitsunfall während der Nebentätigkeit zur Arbeitsunfähigkeit, ist auch der Hauptarbeitgeber zur Entgeltfortzahlung verpflichtet; dies gilt selbst dann, wenn die Nebentätigkeit nicht genehmigt war (Urteil des Landesarbeitsgerichts Hamm vom 08.02.2006, Az. 18 Sa 1083/05).

    Was kann der Arbeitgeber bei einer unzulässigen Nebentätigkeit tun?

    Die Mitarbeiterin kann abgemahnt werden, soweit sie die Nebentätigkeit nach ihrem Arbeitsvertrag hätte genehmigen lassen müssen, dies aber unterlassen hat. Gleiches gilt, wenn sie durch eine nicht genehmigte Nebentätigkeit die Interessen des Arbeitgebers verletzt. Je nach dem Einzelfall kann auch eine verhaltensbedingte Kündigung gerechtfertigt sein ‒ ggf. nach einer Abmahnung.

    Quelle: ID 47483179