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  • 21.06.2006 · IWW-Abrufnummer 061799

    Landgericht Hamm: Urteil vom 08.02.2006 – 18 Sa 1083/05

    Ist ein Betriebsunfall bei der Ausübung einer Nebentätigkeit vom Arbeitnehmer nicht selbst verschuldet im Sinne des § 3 Abs. 1 EFZG, so ist auch der Arbeitgeber des Hauptarbeitsverhältnisses zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall verpflichtet, wenn der Betriebsunfall zur Arbeitsunfähigkeit führt.



    Dies gilt auch, wenn der Arbeitgeber des Hauptarbeitsverhältnisses die Nebentätigkeit nicht genehmigt hat.


    Tenor:

    Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 10.05.2005 - 5 Ca 3809/04 - unter Zurückweisung der Berufung im Übrigen teilweise abgeändert.

    Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 1.261,20 ¤ nebst 5 % Zinsen über den Basiszinssatz seit dem 22.11.2004 zu zahlen.

    Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

    Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin zu 1/3 und der Beklagten zu 2/3 auferlegt.

    Tatbestand:

    Die Klägerin macht gegen die Beklagte als Arbeitgeberin ihres Versicherten E1xxxxxx Entgeltfortzahlungsansprüche im Krankheitsfall aus übergegangenem Recht geltend.

    Der bei der Klägerin versicherte J1xxxxx E1xxxxxx (Versicherter) ist am 10.03.1959 geboren. Nach der Berufsausbildung als Metzger hat er zunächst überwiegend im Metzgereigewerbe gearbeitet. Seit 1993 arbeitete er überwiegend als Forstwirt in Forstbetrieben.

    In der Zeit vom 15.03.2004 bis zum 31.01.2005 war der Versicherte E1xxxxxx im Betrieb der Beklagten als Auslieferungsfahrer auf der Grundlage des Arbeitsvertrages vom 22.03.2004 (Bl. 33 bis 38 d.A.) tätig.

    In dem Arbeitsvertrag war u.a. Folgendes geregelt:

    § 1 Arbeitsumfang

    ...

    2. Der Arbeitnehmer hat seine volle Arbeitskraft in die Dienste der Firma zu stellen. Eine Nebentätigkeit darf er nur mit vorheriger schriftlicher Zustimmung der Firma aufnehmen. Erfüllungsort für die Arbeitsanweisung ist der Betrieb in B1xxxx.

    § 4 Arbeitszeit und Arbeitsverhinderung

    1. Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit beträgt 48 Stunden. Beginn und Ende der Arbeitszeit unterliegen den arbeitgeberseitigen Bestimmungen.

    Der Arbeitsablauf seiner Tätigkeit gestaltete sich so, dass der Versicherte E1xxxxxx morgens zwischen 4.00 Uhr bis 6.00 Uhr sein Auslieferungsfahrzeug zu beladen und anschließend arbeitstäglich cirka 250 Pakete auszuliefern hatte bei cirka 118 Stopps.

    Der Versicherte E1xxxxxx hatte von Beginn seiner Tätigkeit an schon ein weiteres Arbeitsverhältnis begründet mit dem Forstbetrieb M3xxx K3xxxx auf der Basis eines 400,--¤-Arbeitsverhältnisses. Das Bestehen des Arbeitsverhältnisses war der Sozialversicherung gemeldet ab 01.04.2003.

    Eine Nebentätigkeitsgenehmigung der Beklagten beantragte der Versicherte E1xxxxxx nicht. Bei seiner Einstellung verneinte er die Frage nach dem Bestehen einer Nebentätigkeit.

    An dem bei der Beklagten für ihn arbeitsfreien Samstag am 11.09.2004 nahm der Versicherte E1xxxxxx seine Tätigkeit bei dem Forstbetrieb K3xxxx gegen 7.30 Uhr auf. Gegen 9.30 Uhr kam es bei der Fällung von Bäumen zu einem Arbeitsunfall. Der Versicherte E1xxxxxx zog sich einen Unterschenkelbruch links zu. Wegen dieser Verletzung war er in der Zeit vom 11.09.2004 bis zum 09.01.2005 arbeitsunfähig krank. Die Beklagte verweigerte die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall ab dem 13.09.2004. Die Klägerin errechnete für den Zeitraum 13.09.2004 bis zum 22.10.2004 ein Verletztengeld des Versicherten E1xxxxxx in Höhe von 1.261,20 ¤ netto und veranlasste die Auszahlung dieses Betrages. Auf der Grundlage der Entgeltbescheinigung der Beklagten vom 27.10.2004 (Bl. 134 d.A.) lag der Berechnung des Verletztengeldes ein Regelentgelt in Höhe von 46,52 ¤ zugrunde. Die auszahlende AOK Westfalen-Lippe teilte mit Schreiben vom 11.11.2004 der Klägerin über die Leistungsbemessung Folgendes mit:

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    in der o.g. Unfallsache zahlen wir gemäß Verwaltungsvereinbarung Generalauftrag in Ihrem Namen und zu Ihren Lasten Verletztengeld. Im Rahmen der Leistungsbemessung haben sich folgende Werte ergeben:

    Arbeitsunfähigkeit vom 11.09.2004 bis laufend

    Verletztengeld 36,24 ¤

    Nettoauszahlbetrag 31,53 ¤

    Vers.anteil zur Rentenversicherung 3,53 ¤

    Vers.anteil zur Arbeitslosenversicherung 1,18 ¤

    Trägeranteil:

    - Rentenversicherung 3,53 ¤

    - Arbeitslosenversicherung 1,18 ¤

    Mit der vorliegenden, am 17.11.2004 erhobenen Klage verlangt die Klägerin von der Beklagten Entgeltfortzahlung in Höhe des Verletztengeldes für 40 Tage im Zeitraum zwischen dem 13.09. bis 22.10.2004 von 1.449,60 ¤, in Höhe der Krankenversicherungsbeiträge von 266,13 ¤, in Höhe der Rentenversicherungsbeiträge von 141,20 ¤ und in Höhe der Beiträge zur Bundesanstalt für Arbeit und zur Pflegeversicherung von 47,20 ¤, insgesamt 1.904,13 ¤.

    Die Klägerin hat vorgetragen, die Beklagte sei zur Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall für die Zeit vom 13.09.2004 bis zum 28.10.2004 verpflichtet. Ihr Versicherter E1xxxxxx habe die bei dem Arbeitsunfall erlittene Verletzung nicht grob fahrlässig verschuldet. Durch die Zahlung des Verletztengeldes sei der Anspruch auf sie übergegangen. Sie auch aktivlegitimiert, da die AOK in ihrem Namen und auf ihre Rechnung das Verletztengeld für sie auch an den Versicherten E1xxxxxx ausgezahlt habe.

    Die Nebentätigkeit des Versicherten E1xxxxxx sei bei der Bundesknappschaft gemeldet gewesen. Dass der Unfall bei einer nicht genehmigten Nebentätigkeit geschehen sei, sei für den Anspruch auf Entgeltfortzahlung unerheblich.

    Die Klägerin hat beantragt,

    die Beklagte zu verurteilen, an sie 1.904,13 ¤ nebst 5 % Zinsen über dem Basiszinssatz seit dem 22.11.2004 zu zahlen.

    Die Beklagte hat beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Die Beklagte hat vorgetragen, ein Entgeltfortzahlungsanspruch sei schon in der Person ihres Arbeitnehmers E1xxxxxx nicht entstanden und nicht in ihrem Betrieb. Ihr Arbeitnehmer E1xxxxxx habe sich grob fahrlässig verhalten. Er habe die Sicherheitsvorschriften nicht eingehalten. So habe er keine Arbeitsschuhe mit Knöchelschutz getragen. Sonst wäre die Verletzung vermieden worden.

    Im Übrigen habe es sich um eine nicht genehmigte Nebentätigkeit gehandelt. Nach den arbeitsvertraglichen Vereinbarungen habe eine Nebentätigkeit ihrer schriftlichen Zustimmung bedurft. Eine solche wäre schon aus den zwingenden arbeitszeitrechtlichen Vorschriften nicht genehmigt worden.

    Die Klägerin sei nicht aktivlegitimiert. Das Verletztengeld angewiesen habe die AOK Westfalen-Lippe und nicht die Klägerin. Weiter werde die Auszahlung bestritten.

    Durch Urteil vom 10.05.2005 hat das Arbeitsgericht der Klage stattgegeben und die Kosten des Rechtsstreits der Beklagten auferlegt. Den Streitwert hat es auf 1.904,13 ¤ festgesetzt.

    In den Entscheidungsgründen ist das Arbeitsgericht der Auffassung der Klägerin gefolgt.

    Gegen dieses ihr am 18.05.2005 zugestellte und wegen der sonstigen Einzelheiten hiermit in Bezug genommene Urteil hat die Beklagte am 25.05.2005 Berufung eingelegt und diese nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist bis zum 20.08.2005 am Montag, dem 22.08.2005, begründet.

    Die Beklagte greift das arbeitsgerichtliche Urteil insgesamt an. Sie stützt sich maßgeblich weiter auf ihren erstinstanzlichen Vortrag.

    Die Beklagte beantragt,

    das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 10.05.2005 - 5 Ca 3809/04 - abzuändern und die Klage abzuweisen.

    Die Klägerin beantragt,

    die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Iserlohn vom 10.05.2005 - 5 Ca 3809/04 - zurückzuweisen.

    Die Klägerin verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

    Das Landesarbeitsgericht hat Beweis erhoben durch die uneidliche Vernehmung des Zeugen M3xxxx W2xxxxx. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die Sitzungsniederschrift der mündlichen Verhandlung vom 14.12.2005 (Bl. 129 bis 132 d.A.) Bezug genommen.

    Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst deren Anlagen verwiesen.

    Entscheidungsgründe:

    A. Die zulässige Berufung ist teilweise begründet.

    Der Klägerin steht aus übergegangenem Recht gemäß § 3 Abs. 1, § 4 Abs. 1 EFZG i.V.m. § 115 Abs. 1 SGB X ein Anspruch gegen die Beklagte in Höhe von 1.261,20 ¤ zu.

    Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG hat ein Arbeitnehmer Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall durch den Arbeitgeber für die Zeit der Arbeitsunfähigkeit bis zu sechs Wochen, wenn er durch Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit an seiner Arbeitsleistung verhindert wird, ohne dass ihn ein Verschulden trifft.

    Ein solcher Anspruch ist in der Person des Versicherten der Klägerin und des ehemaligen Arbeitnehmers der Beklagten E1xxxxxx entstanden.

    I. Der Versicherte E1xxxxxx war in der Zeit vom 11.09.2004 bis zum 28.10.2004 wegen eines Unterschenkelbruchs links arbeitsunfähig krank. Zwischen dem Versicherten E1xxxxxx und der Beklagten bestand zu diesem Zeitpunkt ein Arbeitsverhältnis auf der Basis des Arbeitsvertrages vom 22.03.2004 (Bl. 33 ff d.A.).

    II. Die Arbeitsunfähigkeit ist ohne Verschulden des Versicherten E1xxxxxx eingetreten.

    1. Schuldhaft im Sinne des § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG handelt der Arbeitnehmer, der gröblich gegen das von einem verständigen Menschen im eigenen Interesse zu erwartende Verhalten verstößt.

    Das Gesetz schließt den Anspruch auf Entgeltfortzahlung bei eigenem Verschulden des Arbeitnehmers aus, weil es unbillig wäre, den Arbeitgeber mit der Verpflichtung zur Entgeltfortzahlung zu belasten, wenn der Arbeitnehmer zumutbare Sorgfalt sich selbst gegenüber außer Acht gelassen und dadurch seine Arbeitsunfähigkeit verschuldet hat (ständige Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts vgl. z.B. BAG, Urteil vom 11.03.1987 - 5 AZR 739/85 - DB 1987, 1495; BAG, Urteil vom 07.10.1987 - 5 AZR 116/86 - DB 1988, 403; BAG, Urteil vom 30.03.1988 - 5 AZR 42/87 - AP LFZG § 1 Nr. 77; LAG Hamm, Urteil vom 24.09.2003 - 18 Sa 785/03 - NZA RR 2004, 61; Schmitt, EFZG, 5. Aufl., § 3 Rdnr. 111; Marienhagen/Künzel, EFZG, § 3 Rdnr. 26; ErfK/Dörner, 6. Aufl., § 3 Rdnr. 46).

    2. Bei einem Arbeitsunfall - wie im vorliegenden Fall - kann Verschulden insbesondere dann zu bejahen sein, wenn der Arbeitnehmer gröblich gegen Anordnungen des Arbeitgebers oder gegen Unfallverhütungsvorschriften verstoßen hat (vgl. z.B. BAG, Urteil vom 25.06.1964 - 2 AZR 421/63 - AP ArbKrankhG, § 1 Nr. 38; LAG Hamm, Urteil vom 30.10.2002 - 4 Sa 405/02 -; Schmitt EFZG 5. Aufl., § 3 Rdnr. 122; Marienhagen/Künzel, EFZG, § 3 Rdnr. 27; ErfK Dörner, 6. Aufl., § 3 Rdnr. 50).

    a) Dem Versicherten E1xxxxxx ist kein die Entgeltfortzahlung ausschließender Verstoß gegen Unfallverhütungsvorschriften vorzuwerfen.

    Die Behauptung der Beklagten, der Versicherte E1xxxxxx habe keine Sicherheitsschuhe getragen, ist schon zu pauschal angesichts der bestehenden konkreten Anordnungen der Unfallverhütungsvorschriften Forsten und der GUV-Regeln über die Benutzung von Fuss- und Beinschutz.

    b) Des Weiteren muss bei Unfällen, die auf die Nichtbenutzung von Sicherheitskleidung zurückzuführen sind, bei der Gesamtwürdigung berücksichtigt werden, ob dem Arbeitnehmer vom Arbeitgeber einwandfreie Schutzkleidung zur Verfügung gestellt worden ist. Nur wenn er in diesem Fall die Schutzkleidung nicht benutzt, handelt er grob fahrlässig (vgl. z.B. LAG Berlin, Urteil vom 31.03.1981 - 3 Sa 54/80 - DB 1982, 707; Schmitt EFZG 5. Aufl., § Rdnr. 123; MünchK, Schaub § 616 Rdnr. 64).

    3. Der Versicherte E1xxxxxx hat seine Arbeitsunfähigkeit auch nicht dadurch schuldhaft im Sinne des § 3 Abs. 1 EFZG herbeigeführt, dass er ein zweites Arbeitsverhältnis mit der Firma M3xxxx K3xxxx einging.

    a) Für Unfälle bei Nebentätigkeiten, die zur Arbeitsunfähigkeit führen, gelten im Hinblick auf den Entgeltfortzahlungsanspruch grundsätzlich dieselben Regeln wie für sonstige Arbeitsunfälle.

    Es kommt auch hier allein darauf an, ob ein leichtfertiges oder grob fahrlässiges Verhalten zu bejahen ist (vgl. z.B. BAG, Urteil vom 19.10.1993 - 5 AZR 185/81 - NJW 1984, 1706; Schmitt EFZG 5. Aufl., § 3 Rdnr. 130 m.w.N.; Boecken, NZA 2001, 233 ff).

    aa) Etwas anderes gilt, wenn diese Nebentätigkeit besonders gefährlich oder für den Arbeitnehmer zu schwer war (vgl. z.B. BAG, Urteil vom 19.10.1983 - 5 AZR 185/81 - NJW 1984, 1706).

    Auf diese Rechtsprechung stützt sich die Beklagte, wenn sie behauptet, der Unfall sei bei dem Fällen eines Baumes passiert. Dies sei eine besonders gefährliche und verletzungsträchtige Tätigkeit für einen Kraftfahrer.

    bb) Entgegen der Auffassung der Beklagten stellt das Bäumefällen für den Versicherten E1xxxxxx keine besonders gefährliche oder verletzungsträchtige Tätigkeit dar. Wie sich aus dem von der Beklagten vorgelegten Personalfragebogen ergibt, war der Versicherte E1xxxxxx als Forstwirt ausgebildet und hat dort in der Zeit von 1993 bis zu seiner Einstellung bei der Beklagten überwiegend gearbeitet.

    b) Auch die Tatsache, dass die vom Versicherten E1xxxxxx ausgeübte Nebentätigkeit von der Beklagten nicht genehmigt war, führt nicht dazu, dass die Verletzung, die Ursache der Arbeitsunfähigkeit war, von dem Versicherten E1xxxxxx verschuldet worden ist.

    Wenn der Abschluss des zweiten Arbeitsvertrages im vorliegenden Fall vertragswidrig sein sollte, so ist diese Pflichtverletzung nicht kausal für die eingetretene Verletzung gewesen. Durch den Abschluss des Vertrages ist die Erkrankung nicht verursacht worden (vgl. z.B. BAG, Urteil vom 21.04.1982 - 5 AZR 1019/79 - NJW 1983, 2900).

    c) Aus der im zweiten Arbeitsverhältnis geschuldeten Arbeitszeit und der konkreten Arbeitszeit bei der Beklagten in der Unfallwoche lässt sich weiter nicht der Schluss ziehen, dass sich der Unfall nach Ende der zulässigen gesetzlichen Arbeitszeit ereignet hat und auf den übermäßigen Verschleiß der Arbeitskraft zurückzuführen ist.

    aa) Selbst wenn man unterstellt, dass der Versicherte E1xxxxxx in der Unfallwoche bei der Beklagten schon 48 Stunden als Auslieferungsfahrer gearbeitet (genaue Arbeitszeitangaben in der Unfallwoche fehlen für seinen Einsatz als Fahrer bei der Beklagten) und auch am vorangegangenen Freitag 9,6 Stunden gearbeitet hätte, so wäre seine Arbeitszeit am Freitag gegen 16.00 Uhr beendet gewesen. Zwischen der Arbeitsbeendigung und der Arbeitsaufnahme am nächsten Morgen bei der Firma M3xxxx K3xxxx gegen 7.30 Uhr liegen 15,5 Stunden. Die gesetzliche Ruhezeit ( § 5 Abs. 1 ArbZG) von 11 Stunden war um 4,5 Stunden überschritten. Der Versicherte E1xxxxxx konnte zum Zeitpunkt der Arbeitsaufnahme schon aus diesem Grund nicht mehr übermüdet oder überanstrengt gewesen sein.

    bb) Etwas anderes wäre der Fall gewesen, wenn sich der Versicherte E1xxxxxx verpflichtet hätte, unmittelbar im Anschluss an die Tätigkeit für die Beklagte am selben Tag bei der Firma K3xxxx zu arbeiten. Insoweit ergibt sich aus der Tatsache von zwei nebeneinander bestehenden Arbeitsverhältnissen keine Ursächlichkeit für den Unfall.

    III. Die Geltendmachung dieses Entgeltfortzahlungsanspruchs gegenüber der Beklagten ist auch nicht rechtsmissbräuchlich.

    1. Die Geltendmachung von Entgeltfortzahlungsansprüchen ist nicht generell und ohne Bezug auf den Einzelfall schon dann als rechtsmissbräuchlich anzusehen, wenn die Arbeitsunfähigkeit auf einem Unfall beruht, den der Arbeitnehmer in einem zweiten Arbeitsverhältnis erleidet. Insoweit gilt für diese Tätigkeit in einem zweiten Arbeitsverhältnis nichts anderes als für eine selbständige Nebentätigkeit oder eine Betätigung in der Freizeit (vgl. z.B. BAG, Urteil vom 21.04.1982 - 5 AZR 119/79 - NJW 1983, 2009; BAG, Urteil vom 07.11.1975 - 5 AZR 459/74 - AP § 1 LFZG Nr. 38).

    2. Es ist rechtlich nicht vertretbar, allein mit den Tatumständen, die bei der Verschuldensprüfung zum Ergebnis führten, der Arbeitnehmer habe nicht schuldhaft gehandelt, einen Rechtsmissbrauch (§ 242 BGB) zu begründen. Dadurch, dass § 3 Abs. 1 Satz 1 EFZG Ansprüche bei Verschulden des Arbeitnehmers ausschließt, ist das Risiko der wirtschaftlichen Sicherung im Krankheitsfall sachgerecht zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer verteilt. Zu berücksichtigen ist, dass der Lohnfortzahlungsanspruch gesetzlich nach Voraussetzung und Inhalt im Entgeltfortzahlungsgesetz geregelt ist (vgl. z.B. BAG, Urteil vom 21.04.1982 - 5 AZR 119/79 - NJW 1983, 2009).

    IV. Der Entgeltfortzahlungsanspruch des Versicherten E1xxxxxx für die Zeit vom 13.09.2004 bis zum 28.10.2004 ist durch Auszahlung des Verletztengeldes an den Versicherten E1xxxxxx gemäß § 115 Abs. 1 SGB X auf die Klägerin übergegangen.

    1. Die Klägerin war der gesetzliche Unfallversicherungsträger für den Arbeitsunfall vom 11.09.2004. Sie war gemäß §§ 45 bis 47, 52 SGB VII verpflichtet, Verletztengeld an den Versicherten E1xxxxxx zu zahlen, nachdem die Beklagte die Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall verweigert hatte. Aufgrund der Verwaltungsvereinbarung

    VV-Generalauftrag erfolgte die Auszahlung des Verletztengeldes im Namen und zu Lasten der Klägerin durch die AOK Westfalen-Lippe.

    2. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht auch zur Überzeugung des Berufungsgerichts fest, dass das Nettoverletztengeld in Höhe von 1.261,20 ¤ (31,53 ¤ x 40 Kalendertage) an den Versicherten E1xxxxxx ausgezahlt worden ist. Die Überzeugung gründet sich auf die von der Klägerin vorgelegten Berechnungen und Auszahlungsanordnungen und auf die Aussage des Zeugen M3xxxx W2xxxxx.

    3. Nach § 115 Abs. 1 SGB X ist allerdings lediglich der Entgeltfortzahlungsanspruch des Versicherten E1xxxxxx gegen die Beklagte in Höhe des an den Versicherten E1xxxxxx ausgezahlten Nettobetrages auf die Klägerin übergegangen. Der Anspruchsübergang nach § 115 Abs. 1 SGB X führt nicht dazu, dass der Arbeitgeber von den Beiträgen entlastet wird, die er aus dem geschuldeten Bruttoentgelt zu entrichten hat (vgl. zum Nettokrankengeld: BAG, Urteil vom 04.12.2002 - 7 AZR 437/01 - ZTR 2003, 466).

    B. Nach alledem hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg.

    Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO.

    Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen für keine der Parteien vor.

    RechtsgebieteEFZG, BGB, SGB XVorschriftenEFZG § 3 Abs. 1 EFZG § 4 Abs. 1 BGB § 242 SGB X § 115 Abs. 1