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  • · Arbeitsrecht

    Samstagssprechstunde: Die Mitarbeiter müssen auch arbeiten!

    Bild: ©denisismagilov - stock.adobe.com

    von RA, FA für Medizinrecht und Wirtschaftsmediator Dr. Tobias Scholl-Eickmann, Dortmund, www.kanzlei-am-aerztehaus.de

    | (Zahn-)Arztpraxen können eine regelhafte Samstagssprechstunde anbieten. Mitarbeiter sind in diesem Fall verpflichtet, auch an Samstagen ihre Arbeitsleistung zu erbringen. Etwas anderes gilt nur, wenn arbeits- oder tarifvertraglich eine abweichende Regelung verankert wurde. Ansonsten können Mitarbeiter, die nicht zum eingeteilten Dienst am Samstag erscheinen, abgemahnt werden (vergl. das Landesarbeitsgericht [LAG] Rheinland-Pfalz, Urteil vom 08.02.2018, Az. 5 Sa 387/17, Abruf-Nr. 200609 ). |

    Der Fall: MTA erschien nicht zum Samstagsdienst

    Die MTA war in einer radiologischen Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) in Teilzeit beschäftigt. Im Arbeitsvertrag wurde vereinbart, dass sich die regelmäßige Arbeitszeit nach den praxisüblichen Sprechstunden richtet. Zudem war der Arbeitgeber berechtigt, aus dringenden betrieblichen Erfordernissen eine Änderung der Arbeitszeiteinteilung vorzunehmen. Später wurde zusätzlich geregelt, dass für Randarbeitszeiten (etwa ab 20:00 Uhr oder an Samstagen) ein Bonus von 25 Prozent pro Stunde gezahlt wird. Außerdem einigten sich die MTA und die BAG auf eine Arbeitszeit von 35 Wochenstunden. Handschriftlich wurde im Arbeitsvertrag hinzugefügt: „1 pro Monat Samstag bis 14h“.

     

    Nachdem der Wunsch der Angestellten abgelehnt worden war, auf 20 Wochenstunden zu reduzieren, erkrankte sie und war danach urlaubsbedingt abwesend. Nach ihrer Rückkehr nach 2 Monaten wurde sie für Samstag, 17.12.2016, von 8:00 bis 14:00 Uhr zum Dienst eingeteilt. Die MTA erklärte, sie sei aufgrund einer privaten Gedenkfeier unabkömmlich, und erschien nicht zum Dienst. Die BAG mahnte sie deshalb ‒ mit Erfolg ‒ ab.

    Entscheidungsgründe: Abmahnung erfolgte zu Recht

    Nach Ansicht der Richter besteht kein Anspruch auf Entfernung der Abmahnung aus der Personalakte, da die Abmahnung zu Recht erteilt worden sei. Die Entfernung könne nur verlangt werden, wenn die Abmahnung inhaltlich unbestimmt ist, unrichtige Tatsachenbehauptungen enthält, auf einer unzutreffenden rechtlichen Bewertung des Verhaltens des Arbeitnehmers beruht oder den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt. Dies sei hier nicht erfüllt.

     

    Grundsätzlich sei die Angestellte auch samstags zur Arbeit verpflichtet. Arbeitsvertraglich werde auf die „praxisüblichen Sprechstundenzeiten“ abgestellt. Auch wenn bei Vertragsschluss noch keine Samstagsarbeit geleistet worden sei, habe die BAG die Samstagsarbeit später im Rahmen des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts einführen dürfen. Insbesondere dürfe die BAG auch entscheiden, welcher Arbeitnehmer an welchem Samstag die Tätigkeit zu verrichten habe.

     

    Die Einteilung für den 17.12.2016 habe auch billigem Ermessen entsprochen. Die MTA habe zuvor über zumindest 2 Monate keine Samstagstätigkeit geleistet. Eine begründete Ausführung zu der privaten Gedenkfeier, deren Uhrzeit oder Anlass sei auch im Prozess nicht erfolgt. Dass die Angestellte glaubte, die Samstagsarbeit sei mit ihr abzustimmen und insoweit nicht einseitig anordnungsfähig, ist für die rechtliche Bewertung unerheblich. Im Übrigen hätte ihr durch den handschriftlichen Zusatz „1 pro Monat Samstag bis 14h“ klar sein müssen, dass es sich nicht um eine freiwillige oder abstimmungsbedürftige Tätigkeit handelt.

    Das LAG-Urteil und seine Folgen für die Zahnarztpraxis

    Für Praxisinhaber ist die Entscheidung zu begrüßen. Das Recht, Samstagsarbeit von den Mitarbeitern zu verlangen, wird nochmals bestärkt. Bereits 2009 hatte das Bundesarbeitsgericht (BAG) in einem Grundsatzurteil festgestellt, dass das Direktionsrecht des Arbeitgebers auch die Anordnung von Samstagsarbeit umfasst, soweit arbeits- oder tarifvertraglich nichts Anderweitiges verankert ist (BAG, Urteil vom 15.09.2009, Az. 9 AZR 757/08, ZP 01/2010, Seite 9). Samstage gelten insofern laut Gesetz als Werktage.

     

    PRAXISTIPP | Viele Arbeitsverträge in der Zahnarztpraxis sehen weder eine Bindung an den Manteltarifvertrag zwischen der Arbeitsgemeinschaft zur Regelung der Arbeitsbedingungen der Zahnmedizinischen Fachangestellten/ZahnarzthelferInnen und dem Verband medizinischer Fachberufe e. V. noch eine abschließende Festlegung der Arbeitszeiten vor. In diesen Fällen kann nach „billigem“ Ermessen eine Samstagssprechstunde eingeführt werden. D. h. der Praxisinhaber kann Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung näher bestimmen. Auch beim Abschluss neuer Arbeitsverträge sollten Sie deshalb am besten von vornherein darauf achten, keine (starre) Bindung hinsichtlich der Arbeitszeitgestaltung einzugehen. Ein Vorbehalt, auch Samstagstätigkeit einzuführen, ist denkbar, aber nicht zwingend.

     

    Die Entscheidung sowie die vorangehenden Ausführungen können gleichermaßen auch für das Angebot von erweiterten Sprechstunden am frühen Morgen oder am Abend, die in der Praxis gern mit „Sprechstunden für Berufstätige“ o. Ä. beworben werden, übertragen werden. Ein solches Angebot kann sicherlich zu einer Erweiterung des Patientenstamms führen, sollte aber gleichwohl betriebswirtschaftlich gut überlegt werden.

     

    Anmerkung: Glücklich sind die Parteien des vorliegenden Falls nicht mehr geworden. Die MTA, die in den Abmahnungen eine unbotmäßige Reaktion auf ihr Teilzeitbegehren vermutete, hat zwar in einem parallel geführten Verfahren einen Vergleich über die Reduktion der Arbeitszeit auf 20 Stunden erwirken können. Doch einige Monate später kündigte die BAG das Arbeitsverhältnis fristlos. Die dagegen gerichtete Klage ist noch erstinstanzlich anhängig.

     

    Weiterführender Hinweis

    Quelle: Ausgabe 08 / 2018 | Seite 10 | ID 45386105