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  • 12.04.2018 · IWW-Abrufnummer 200609

    Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz: Urteil vom 08.02.2018 – 5 Sa 387/17


    In dem Rechtsstreit
    A., A-Straße, A-Stadt
    - Klägerin und Berufungsklägerin -
    Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte B., B-Straße, B-Stadt
    gegen
    C., C-Straße, C-Stadt
    - Beklagte und Berufungsbeklagte -
    Prozessbevollmächtigte: Rechtsanwälte D., D-Straße, D-Stadt
    hat die 5. Kammer des Landesarbeitsgerichts Rheinland-Pfalz auf die mündliche Verhandlung vom 8. Februar 2018 durch die Vorsitzende Richterin am Landesarbeitsgericht Vonderau als Vorsitzende und die ehrenamtlichen Richter Lehner und Hamm als Beisitzer für Recht erkannt:

    Tenor:
    1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 17. Mai 2017, Az. 3 Ca 13/17, wird kostenpflichtig zurückgewiesen.


    2. Die Revision wird nicht zugelassen.



    Tatbestand



    Die Parteien streiten zweitinstanzlich noch über die Berechtigung einer Abmahnung (Nr. 1) wegen unentschuldigten Fehlens.



    Die 1965 geborene Klägerin ist seit Oktober 1998 bei der Beklagten, die eine Radiologische Gemeinschaftspraxis betreibt, im Bereich der Computer- und Kernspintomographie sowie des konventionellen Röntgens zu einem Monatsgehalt von € 2.006,03 brutto in Teilzeit beschäftigt. In der Praxis sind 26 Arbeitnehmer angestellt.



    Im schriftlichen Arbeitsvertrag der Parteien vom 15.07.2011 ist ua. folgendes geregelt:

    "§ 2 Arbeitsverhältnisses Die regelmäßige Arbeitszeit richtet sich nach den praxisüblichen Sprechstundenzeiten. Sie beträgt zurzeit 38,5 Stunden in der Woche ohne die Berücksichtigung von Pausen. Der Arbeitgeber ist berechtigt, aus dringenden betrieblichen Erfordernissen eine Änderung der Arbeitszeiteinteilung vorzunehmen. Der Arbeitnehmer erklärt sich bereit, im Falle betrieblicher Notwendigkeit im erforderlichen Rahmen auch Überstunden zu leisten. Der Arbeitgeber wird den Arbeitnehmer im Falle einer derartigen Maßnahme rechtzeitig in Kenntnis setzen. ... § 5 Arbeitszeit Die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit richtet sich nach der betriebsüblichen Zeit und beträgt derzeit wöchentlich 38,5 Stunden ohne Berücksichtigung von Pausen."



    In einer Zusatzvereinbarung vom 01.02.2012 heißt es ua.

    "Ab 1. Februar 2012 zahlt der Arbeitgeber zusätzlich zum geschuldeten Arbeitslohn folgende Zuschläge: I. Für Arbeitszeiten, die in der Zeit von 6:00 Uhr bis 7:00 Uhr (Frühdienst) anfallen: ... II. Für Arbeitszeiten, die in der Zeit von 20:00 Uhr bis 6:00 Uhr (Spätdienst) anfallen: ... III. Für Arbeitszeiten, die an Samstagen anfallen: - Zuschlagbonus von 25 % pro Stunde auf Basis des monatlichen aktuellen Grundgehaltes. Dieser Zuschlag ist aufgrund gesetzlicher Vorschriften steuer- und sozialversicherungspflichtig. - Zeitgutschrift von 25 % der angefallenen Arbeitszeit an einem Samstag auf einem separat geführten Arbeitszeitkonto. Diese Zuschläge werden freiwillig bis auf weiteres bezahlt. ..."



    Ab 01.05.2013 verkürzten die Parteien die Arbeitszeit der Klägerin von 38,5 auf 35 Wochenstunden. In die Zusatzvereinbarung vom 29.04.2013 (Bl. 103 d.A.) wurde folgende Zeile handschriftlich hinzugefügt:

    "1 pro Monat Samstg bis 14 h"



    Ende Juli 2016 beantragte die Klägerin ab 01.01.2017 eine Verringerung ihrer Arbeitszeit auf 20 Stunden wöchentlich. Die Beklagte lehnte diesen Antrag aus betrieblichen Gründen ab. Die Klägerin war vom 11.11. bis 02.12.2016 drei Wochen arbeitsunfähig krankgeschrieben. Anschließend nahm sie bis 09.12.2016 eine Woche Urlaub sowie am 12.12. und 13.12.2016 Freizeitausgleich. Am 14.12.2016 erschien sie wieder zum Dienst. Sie stellte fest, dass sie von der Beklagten laut Dienstplan für Samstag, den 17.12.2016 von 8:00 bis 14:00 Uhr am Kernspintomographen (MRT) zum Dienst eingeteilt worden war. Am 15.12.2016 teilte sie der Beklagten mit, dass sie diesen Dienst nicht leisten werden. Zur Begründung führte sie aus, sie sei wegen einer bereits seit längerem geplanten "Gedenkfeier" privat unabkömmlich. Am 17.12.2016 erschien die Klägerin - wie angekündigt - nicht zum Dienst. Die Arbeitnehmerin R., die den Dienst am 17.12.2016 an Stelle der Klägerin verrichtete, war jedenfalls bis Freitag, den 16.12.2016 krankgeschrieben.



    Die Klägerin reichte in erster Instanz exemplarisch einen Dienstplan für Samstagsarbeit für die Zeit von Januar bis März 2017 zur Akte, der wie folgt überschrieben ist:

    "Wer möchte/könnte an folgenden Samstagen arbeiten??? Bitte in Liste eintragen!!!"



    Die Beklagte erteilte der Klägerin mit Datum vom 04.01.2017 zwei Abmahnungen. Die Abmahnung (Nr. 1), die Gegenstand des Berufungsverfahrens ist, hat folgenden Wortlaut:

    "Sie waren für den 17.12.2016 von 8:00 Uhr bis 14:00 Uhr am Kernspintomographen im Krankenhaus H. zum Dienst eingeteilt. Obgleich Ihnen diese Diensteinteilung bekannt war, haben Sie Ihre Drohung, an diesem Samstag nicht zur Arbeit zu erscheinen, tatsächlich umgesetzt. Sie sind ohne eine telefonische Mitteilung und ohne eine Entschuldigung zum Dienst am 17.12.2016 einfach nicht erschienen. Ein derartiges Fehlverhalten verursacht einen erheblichen wirtschaftlichen Schaden. Ein sechsstündiger Stillstand eines Kernspintomographen und der damit verursachte Ausfall von circa 15 Patientenuntersuchungen kostet unsere Praxis über € 25.000. Hinzu kommen bedingt durch das Fernbleiben einer eingeteilten Arbeitskraft von der Arbeit, zusätzliche Arbeitszeitkosten für den umsonst anwesenden Arzt und für die erforderliche Umbestellung der nicht untersuchten Patienten. Berücksichtigt werden muss ferner, dass damit ein nicht zu unterschätzender Imageschaden für die Praxis verbunden ist. Eine kurzfristige Absage von Untersuchungsterminen führt zu nachvollziehbaren Verärgerungen der betroffenen Personen. Einige der zum Teil schwerkranken Patienten können wegen des Ausfalls der dringend erforderlichen Diagnostik erst verzögert oder vielleicht sogar erst zu spät behandelt werden. Sie haben ihre arbeitsvertraglichen Pflichten in grober Art und Weise verletzt. Wir sind nicht bereit, solche Verstöße weiterhin hinzunehmen und mahnen Sie daher arbeitsrechtlich ab. Wir fordern Sie dringend auf, sich künftig an Ihre arbeitsvertraglichen Pflichten zu halten. Bitte beachten Sie, dass weitere Verstöße dieser oder ähnlicher Art Auswirkungen auf Ihr Arbeitsverhältnis bis hin zur fristlosen Kündigung haben können. Diese Abmahnung wird zur Personalakte genommen."



    Die Klägerin hat ursprünglich mit ihrer am 07.01.2017 zugestellten Klageschrift vom 30.12.2016 eine Verringerung ihrer Wochenarbeitszeit auf 20 Stunden begehrt. Mit ihrer am 11.01.2017 zugestellten Klageerweiterung verlangte sie erstinstanzlich zuletzt die Entfernung beider Abmahnungen vom 04.01.2017.



    Im einstweiligen Verfügungsverfahren (Az. 3 Ga 1/17) haben sich die Parteien am 11.01.2017 in einem gerichtlichen Vergleich auf eine Verringerung der Arbeitszeit ab 01.10.2017 auf 20 Wochenstunden geeinigt. Außerdem wurde in dem Vergleich festgehalten, dass die Klägerin bei Bedarf einmal im Monat auch an einem Samstag bis 14:00 Uhr eingesetzt werden kann. Inzwischen hat die Beklagte das Arbeitsverhältnis am 27.11.2017 fristlos, hilfsweise ordentlich gekündigt. Dagegen wehrt sich die Klägerin in einem Kündigungsschutzverfahren (Az. 3 Ca 1947/17), das noch nicht abgeschlossen ist.



    Die Klägerin hat erstinstanzlich vorgetragen, die beiden Abmahnungen vom 04.01.2017 seien die Reaktion der Beklagten auf ihr durch Klage nebst einstweiliger Verfügung verfolgtes Teilzeitbegehren. Eine Verpflichtung zur Samstagsarbeit bestehe nicht. Im Arbeitsvertrag vom 15.07.2011 sei von Samstagsarbeit nicht die Rede. Diese sei erst vor rund vier Jahren auf freiwilliger Basis eingeführt worden. Dies folge bspw. aus den gesonderten Dienstplänen für Samstage, in die sich jeder Mitarbeiter bereits Wochen vorher eintragen könne, der samstags arbeiten möchte. Diese Samstagsdienste seien ausweislich der Zusatzvereinbarung vom 01.02.2012 gesondert zu honorieren. Unabhängig davon habe sich die Beklagte verpflichtet, im Falle betrieblicher Notwendigkeit etwa zu leistende Überstunden rechtzeitig anzukündigen. Am 15.12.2016, einen Tag nach Wiederaufnahme ihrer Arbeit, habe sie zufällig festgestellt, für den bevorstehenden Samstag von der Beklagten zum Dienst eingeteilt worden zu sein. Sie habe dem Gesellschafter Dr. G. unverzüglich erklärt, dass sie sich zu diesem Samstagsdienst nicht gemeldet habe und wegen einer seit längerem geplanten privaten Feier am 17.12.2016 nicht arbeiten könne. Der von der Beklagten behauptete Personalengpass habe nicht vorgelegen. Ihre Arbeitskollegin R. habe sich am 16.12.2016 - trotz eines Trauerfalls - bereit erklärt, den Dienst am 17.12.2016 zu übernehmen.



    Die Klägerin hat erstinstanzlich zuletzt beantragt,

    die Beklagte zu verurteilen, die beiden Abmahnungen vom 04.01.2017 zurückzunehmen und aus ihrer Personalakte zu entfernen.



    Die Beklagte hat beantragt,

    die Klage abzuweisen.



    Von einer weiteren Darstellung des unstreitigen Tatbestandes und des erstinstanzlichen Parteivorbringens wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen und auf den Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils vom 17.05.2017 Bezug genommen.



    Das Arbeitsgericht Ludwigshafen hat die Beklagte mit Urteil vom 17.05.2017 - insoweit rechtskräftig - verurteilt, die Abmahnung (Nr. 2) wegen der Ankündigung am 17.12.2016 nicht zur Samstagsarbeit zu erscheinen, zurückzunehmen und aus der Personalakte der Klägerin zu entfernen. Die Klage gegen die Abmahnung (Nr. 1) wegen unentschuldigten Fehlens am 17.12.2016 hat das Arbeitsgericht abgewiesen. Gegen das am 30.08.2017 zugestellte Urteil hat die Klägerin bereits mit einem am 23.08.2017 eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese mit einem am 12.10.2017 eingegangenen Schriftsatz begründet.



    Die Klägerin macht geltend, sie sei nicht verpflichtet gewesen, am besagten Samstag zu arbeiten, weil es sich nach ihrem Rechtsverständnis um Überstunden auf der Basis der Freiwilligkeit gehandelt habe. Nach § 2 des ursprünglichen Arbeitsvertrags richte sich die regelmäßige Arbeitszeit nach den "praxisüblichen Sprechstundenzeiten", die bei der Beklagten nicht an Samstagen stattfänden. An Samstagen gebe es vielmehr nur - und lediglich auf besondere Vereinbarung - MRT-Termine. Ausweislich der Zusatzvereinbarung vom 01.02.2012 handele es sich bei Samstagsdiensten - ebenso wie bei den Diensten vor 7:00 Uhr und nach 20:00 Uhr - nicht um die regelmäßige Arbeit, sondern um sogar zusätzlich vergütete Überstunden. Im einstweiligen Verfügungsverfahren (Az. 3 Ga 1/17) habe sie sich im Vergleich vom 11.01.2017 erneut verpflichtet, ab 01.10.2017 - trotz der vereinbarten Reduzierung der Arbeitszeit auf 20 Wochenstunden - bei Bedarf einmal im Monat auch samstags bis 14:00 Uhr zu arbeiten. Unter dem 28.08.2017 habe ihr die Beklagte das Angebot unterbreitet, außerhalb der regulären Fünf-Tage-Woche die Verpflichtung einzugehen oder zu erneuern, einen Samstagsdienst pro Woche zu übernehmen. All diese Zusatzvereinbarungen und -verpflichtungen wären überflüssig, wenn die Samstage zu den regulären Arbeitstagen in der Praxis der Beklagten zählten. Außerdem habe die Beklagte im einstweiligen Verfügungsverfahren am 06.01.2017 an Eides statt versichert, dass in der Praxis in einer Art Dreischichtbetrieb von 6:00 bis 20:00 Uhr "und teilweise auch am Samstag" zu arbeiten sei. Schließlich ergebe sich aus der langjährig geübten Praxis, dass die zusätzlich honorierte Samstagsarbeit jeweils auf freiwilliger Basis abgeleistet werde. Hierfür existiere ein Dienstplan, der jeweils für ein volles Quartal erstellt werde, und in den sich die Arbeitnehmer frühzeitig eintragen könnten, die am Samstagsdienst interessiert seien. Die Abmahnung (Nr. 1) sei auch in tatsächlicher Hinsicht falsch. Darin werde der Eindruck erweckt, sie habe am 15.12.2016 damit gedroht, am 17.12.2016 nicht zur Arbeit zu erscheinen, nachfolgend sei sie dann ohne Entschuldigung zum Samstagsdienst einfach nicht erschienen. Das sei allenfalls die halbe Wahrheit. Richtig sei, dass sie nach einer längeren Krankheit bzw. urlaubsbedingten Abwesenheit erst am 14.12.2016 ihren Dienst wieder aufgenommen und bereits am 15.12.2016 dem Mitgesellschafter Dr. G. klar und eindeutig erklärt habe, wegen einer seit langem feststehenden privaten Veranstaltung nicht in der Lage zu sein, so kurzfristig am folgenden Samstag zu arbeiten, zumal sie sich selbst nicht in den Dienstplan eingetragen und damit freiwillig zur Samstagsarbeit verpflichtet habe. Tatsächlich habe Dr. G. ohne Weiteres umdisponieren können. Das Verhalten der Beklagten verstoße auch gegen das Übermaßverbot. Selbst wenn man unterstelle, sie habe sich hinsichtlich ihrer Verpflichtung zur Samstagsarbeit in einem Rechtsirrtum befunden, sei es aufgrund ihrer 18-jährigen Betriebszugehörigkeit allenfalls vertretbar, es bei einer Ermahnung oder Verwarnung zu belassen, anstatt sofort zum Mittel der Abmahnung zu greifen. Inzwischen habe die Beklagte - wohl als Reaktion auf ihre Berufung - eine Ermahnung, eine weitere Abmahnung und schließlich am 27.11.2017 eine fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung erklärt.



    Die Klägerin beantragt zweitinstanzlich,

    das Urteil des Arbeitsgerichts Ludwigshafen vom 17.05.2017, Az. 3 Ca 13/17, teilweise abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, auch die Abmahnung Nr. 1 vom 04.01.2017 zurückzunehmen und aus ihrer Personalakte zu entfernen.



    Die Beklagte beantragt,

    die Berufung zurückzuweisen.



    Sie ist der Ansicht, die Berufung sei bereits unzulässig, jedenfalls aber unbegründet. Sie sei kraft ihres Direktionsrechts berechtigt gewesen, die Klägerin zur Samstagsarbeit am 17.12.2016 einzuteilen. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb die Klägerin meine, durch Arbeit an Samstagen eine freiwillige Leistung zu erbringen, zumal in der Zusatzvereinbarung vom 29.04.2013 geregelt worden sei, dass sie einmal pro Monat samstags bis 14:00 Uhr arbeiten soll.



    Wegen der weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie den Inhalt der Sitzungsniederschriften Bezug genommen.



    Entscheidungsgründe



    I.



    Die nach § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statthafte Berufung der Klägerin ist zulässig. Eine Berufungsbegründung muss gemäß § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 ZPO die Umstände bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung durch das angefochtene Urteil und deren Erheblichkeit für das Ergebnis der Entscheidung ergeben. Die Klägerin hat - gerade noch - ausreichend dazu vorgetragen, in welchen Punkten das angefochtene Urteil aus ihrer Sicht fehlerhaft ist. Sie setzt sich mit der tragenden Argumentation des Arbeitsgerichts, sie sei verpflichtet gewesen, am 17.12.2016 zu arbeiten, - wenn auch rudimentär - auseinander. Eine schlüssige, rechtlich haltbare Begründung kann nicht verlangt werden.



    II.



    In der Sache hat die Berufung der Klägerin keinen Erfolg. Das Arbeitsgericht hat die gegen die Abmahnung Nr. 1 vom 04.01.2017 (wegen unentschuldigten Fehlens am 17.12.2016) gerichtete Klage zu Recht als unbegründet abgewiesen. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Entfernung dieser Abmahnung aus ihrer Personalakte. Sie ist nicht zu Unrecht abgemahnt worden.



    1. Der Klageantrag ist zulässig. Er bedarf allerdings der Auslegung. Nach dem Wortlaut des Antrags verlangt die Klägerin neben der Entfernung der Abmahnung Nr. 1 vom 04.01.2017 aus der Personalakte auch deren "Rücknahme". Das soll aber ersichtlich lediglich das Entfernungsverlangen unterstreichen und kein eigenständiges Begehren darstellen. Bei einem individualrechtlich erstrebten Abmahnungsentfernungsanspruch wird die mit dem Klageantrag verlangte "Rücknahme und Entfernung" der Abmahnung regelmäßig als einheitlicher Anspruch auf Beseitigung der durch die Abmahnung erfolgten Beeinträchtigung des Persönlichkeitsrechts verstanden (st. Rspr., zB BAG 19.07.2012 - 2 AZR 782/11 - Rn. 15 mwN). Dies hat bereits das Arbeitsgericht zutreffend dargelegt, ohne dass die Berufung dem entgegengetreten wäre.



    2. Der Antrag ist unbegründet. Wie das Arbeitsgericht zutreffend ausgeführt hat, können Arbeitnehmer in entsprechender Anwendung von §§ 242, 1004 Abs. 1 Satz 1 BGB die Entfernung einer zu Unrecht erteilten Abmahnung aus ihrer Personalakte verlangen. Der Anspruch besteht, wenn die Abmahnung entweder inhaltlich unbestimmt ist, unrichtige Tatsachenbehauptungen enthält, auf einer unzutreffenden rechtlichen Bewertung des Verhaltens des Arbeitnehmers beruht oder den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt, und auch dann, wenn selbst bei einer zu Recht erteilten Abmahnung kein schutzwürdiges Interesse des Arbeitgebers mehr an deren Verbleib in der Personalakte besteht (st. Rspr., zB BAG 20.01.2015 - 9 AZR 860/13 - Rn. 31; BAG 19.07.2012 - 2 AZR 782/11 - Rn. 13 mwN).



    3. Keine dieser Voraussetzungen ist im Streitfall erfüllt. Dies hat das Arbeitsgericht zutreffend angenommen. Die Berufungskammer schließt sich dem an.



    a) Das Arbeitsgericht hat - soweit es für die Berufung von Interesse ist - zur Begründung seiner Entscheidung im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin sei grundsätzlich auch samstags zur Arbeitsleistung verpflichtet. In § 2 des Arbeitsvertrags vom 15.07.2011 sei ausdrücklich festgelegt, dass sich die regelmäßige Arbeitszeit der Klägerin nach den "praxisüblichen Sprechstundenzeiten" richte. In § 5 des Arbeitsvertrags sei geregelt, dass sich die regelmäßige wöchentliche Arbeitszeit nach der "betriebsüblichen Zeit" richte. Auch wenn in der Praxis der Beklagten bei Abschluss des Vertrags vom 15.07.2011 noch keine Samstagsarbeit geleistet worden sei, sei die Beklagte berechtigt gewesen, zu einem späteren Zeitpunkt auch Samstagsarbeit festzulegen. Inhalt der arbeitsvertraglichen Vereinbarung sei lediglich, dass die Arbeitsleistung zu den jeweiligen wirksam bestimmten betrieblichen Arbeitszeiten zu erbringen sei. Die Lage der Arbeitszeit im Betrieb unterliege aus unterschiedlichen Gründen einem beständigen Wechsel. Ein Arbeitnehmer, der aus persönlichen Gründen an einer bestimmten Verteilung der Arbeitszeit interessiert sei, müsse mit seinem Arbeitgeber vereinbaren, dass seine Arbeitszeit nicht von der "betriebsüblichen Zeit" abhängen soll und nur einvernehmlich geändert werden könne. Das gelte auch dann, wenn die bei Vertragsschluss geltende betriebsübliche Arbeitszeit den Wünschen des Arbeitnehmers entsprochen habe (vgl. BAG 15.09.2009 - 9 AZR 757/08 - Rn. 50 mwN). Vorliegend fehle es an einer individuell vereinbarten Lage der Arbeitszeit.



    Die Beklagte sei berechtigt gewesen, Dienstpläne - auch für die Samstagsarbeiteinseitig aufzustellen. Entgegen der Ansicht der Klägerin ergebe sich aus dem von ihr vorgelegten Dienstplan für das erste Quartal 2017 mit der Frage "Wer möchte/könnte an folgenden Samstagen arbeiten???" nicht, dass die Samstagsarbeit freiwillig wäre und von der Beklagten nicht kraft Direktionsrechts angeordnet werden könnte. Wenn sich kein Freiwilliger finde, könne die Beklagte den Dienst einseitig festlegen.



    Die konkrete Weisung der Beklagten an die Klägerin, am 17.12.2016 zu arbeiten, entspreche auch billigem Ermessen gem. § 106 Satz 1 GewO. Zwar habe die Klägerin erst nach Wiederantritt ihrer Arbeit am 14.12.2016 die Einteilung für den kommenden Samstag zur Kenntnis nehmen können. Dennoch habe die Beklagte aufgrund der vorherigen Abwesenheit der Klägerin nicht eine andere Arbeitnehmerin für den Samstagsdienst am 17.12.2016 einteilen müssen. Die Beklagte sei insbesondere nicht verpflichtet gewesen, vorrangig die Arbeitnehmerin R. für den Dienst am 17.12.2016 heranzuziehen. Die Klägerin selbst habe bereits seit zwei Monaten keine Samstagsarbeit mehr verrichtet. Sie habe im Rechtsstreit nicht substantiiert dargelegt, weshalb sie am 17.12.2016 gehindert gewesen sei, von 8:00 bis 14:00 Uhr zu arbeiten. Sie habe sich lediglich pauschal auf eine private "Gedenkfeier" berufen, ohne Einzelheiten anzugeben, insbesondere zu welcher Uhrzeit diese Feier stattfinden sollte.



    Unerheblich sei, dass die Klägerin subjektiv angenommen habe, sie sei nicht zur Samstagsarbeit verpflichtet, denn die Beklagte könne mit der Abmahnung einen objektiven Verstoß der Klägerin gegen ihre Vertragspflichten rügen (vgl. BAG 11.12.2001 - 9 AZR 464/00 - Rn. 21).



    Die Abmahnung enthalte auch keine unrichtigen Tatsachenbehauptungen. Die Beklagte führe aus, die Klägerin sei ohne eine telefonische Mitteilung und ohne eine Entschuldigung zum Dienst am 17.12.2016 einfach nicht erschienen. Die Beklagte nehme auch Bezug auf die vorherige Drohung der Klägerin, nicht zur Arbeit zu erscheinen. Aus dem Zusammenhang ergebe sich daher, dass die Beklagte nicht den Eindruck vermitteln wollte, die Klägerin habe völlig überraschend den Dienst nicht geleistet. Sie habe vielmehr herausgestellt, dass die Klägerin zum Dienstantritt am Samstag verpflichtet gewesen sei und ihren Dienst - in Umsetzung ihrer Drohung - tatsächlich ohne weitere Meldung und ohne Grund nicht angetreten habe. Durch die Formulierung "ein derartiges Fehlverhalten verursacht einen erheblichen wirtschaftlichen Schaden" habe die Beklagte nicht den Eindruck vermittelt, es sei am 17.12.2016 zu einem Schaden gekommen. Die Beklagte habe vielmehr abstrakt angegeben, welche - auch finanziellen - Auswirkungen ein Nichtantritt der Arbeit haben könne.



    Schließlich verstoße die Abmahnung nicht gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB. Zwischen den Parteien bestehe Streit über die Verpflichtung der Klägerin zur Samstagsarbeit. Eine Abmahnung sei in diesem Zusammenhang keine unzulässige Rechtsausübung. Die Beklagte habe in dieser Situation vielmehr ein berechtigtes Interesse, die Pflichtverletzung der Klägerin abzumahnen.



    b) Die Berufungskammer folgt den sorgfältig dargestellten Entscheidungsgründen des Arbeitsgerichts im Ergebnis und der Begründung. Von der Darstellung eigener vollständiger Entscheidungsgründe wird daher gem. § 69 Abs. 2 ArbGG abgesehen. Die Berufungsangriffe der Klägerin bleiben erfolglos.



    Entgegen der Ansicht der Berufung enthält die Abmahnung (Nr. 1) vom 04.01.2017 keine unrichtigen Tatsachen. Die Klägerin ist am 17.12.2016 unentschuldigt nicht zur Arbeit erschienen, obwohl sie laut Dienstplan von 8:00 bis 14:00 Uhr wirksam im Wege des Direktionsrechts von der Beklagten zum Samstagsdienst eingeteilt war. Dass die Klägerin dem Mitinhaber der Praxis Dr. G. bereits am 15.12.2016 unmissverständlich und kategorisch erklärt hat, sie werde am Samstag aus privaten Gründen nicht arbeiten, weil sie sich nicht freiwillig zum Dienst gemeldet habe, lässt ihr Verhalten in keinem milderen Licht erscheinen.



    Entgegen der Ansicht der Berufung konnte die Klägerin nicht mit vertretbaren Gründen annehmen, es handele sich bei der Samstagsarbeit um eine "freiwillige Leistung" bzw. um "Überstunden auf der Basis der Freiwilligkeit". In der Zusatzvereinbarung vom 29.04.2013, die die Klägerin als Anlage zur Berufungsbegründungsschrift in Kopie vorgelegt hat (Bl. 103 d.A.), findet sich folgender handschriftlich hinzugefügter Satz: "1 pro Monat Samstg bis 14 h". Der Klägerin musste daher klar sein, dass sie vertraglich verpflichtet war, an wenigstens einem Samstag im Monat zu arbeiten. Da die Klägerin nach den unangegriffenen Feststellungen des Arbeitsgerichts bereits seit zwei Monaten keine Samstagsarbeit mehr verrichtet hatte und sie sich im Rechtsstreit auch nicht darauf berufen hat, sie habe sich bereits an einem anderen Samstag im Dezember 2016 in den Dienstplan eingetragen, war die Beklagte aufgrund ihres Weisungsrechts gem. § 106 Satz 1 GewO berechtigt, die Klägerin am 17.12.2016 einseitig zu einem Samstagsdienst einzuteilen.



    Die Vorstellungen, die die Berufung zur "Freiwilligkeit" der Samstagsarbeit entwickelt hat, sind von einer Verkennung der Sach- und Rechtslage geprägt. Die Klägerin kann aus der Zusatzvereinbarung vom 01.02.2012, in der sich die Beklagte ua. verpflichtet hat, Zuschläge von 25 % für Samstagsarbeit in Geld oder in Freizeit zu gewähren, nicht ableiten, sie sei nicht verpflichtet, an einem Samstag pro Monat zu arbeiten. Die Beklagte wollte mit den Zuschlägen oder Zeitgutschriften ersichtlich einen Anreiz schaffen, dass sich Arbeitnehmer bereit erklären, ihre Arbeit auch zu einer als unangenehm empfundenen Zeit (Samstags, vor 7:00 Uhr, nach 20:00 Uhr) zu leisten. Die Beklagte hat jedoch mit der Zusatzvereinbarung vom 01.02.2012 nicht zu erkennen gegeben, dass sie gegenüber der Klägerin auf ihr Direktionsrecht verzichten will, wenn diese sich zu keinem Samstagsdienst bereit erklären sollte.



    Entgegen der Ansicht der Berufung hat die Beklagte für den 17.12.2016 keine "Überstunden", sondern einen Samstagsdienst angeordnet. "Überstunden" hätten nur entstehen können, wenn die Klägerin in der 50. Kalenderwoche 2016 die vertraglich vereinbarte regelmäßige Arbeitszeit überschritten hätte. Dafür fehlt jedweder Anhaltspunkt. Da die Klägerin am 12. und 13.12.2016 frei hatte, kann sie an drei Tagen vom 14. bis 16.12 2916 schon aus arbeitszeitrechtlichen Gründen noch keine 35 Wochenstunden geleistet haben.



    Auch aus dem Umstand, dass sich die Klägerin in Ziff. 1 des gerichtlichen Vergleichs vom 11.01.2017 im einstweiligen Verfügungsverfahren (Az. 3 Ga 1/17) ausdrücklich verpflichtet hat, bei Bedarf einmal im Monat auch an einem Samstag bis 14:00 Uhr zu arbeiten, kann - entgegen der Ansicht der Berufung - nicht gefolgert werden, sie sei vor Vergleichsabschluss nicht zur Samstagsarbeit verpflichtet gewesen. Nachdem sich die Klägerin hartnäckig und uneinsichtig geweigert hat, auch an Samstagen zu arbeiten, diente die Vergleichsklausel ersichtlich der Klarstellung der vertraglichen Pflichten.



    Schließlich führt der Umstand, dass die Beklagte ihren Arbeitnehmern die Möglichkeit einräumt, Wunschtermine für Samstagsdienste pro Quartal in einen Dienstplan einzutragen, entgegen der Ansicht der Berufung nicht zur Freiwilligkeit der Leistung. Wenn sich für einen bestimmten Samstag kein Freiwilliger findet, ist die Beklagte kraft ihres Direktionsrechts berechtigt, einen Arbeitnehmer anzuweisen, einen bestimmten Samstagsdienst zu leisten. Die Beklagte muss insbesondere nicht den Patienten absagen, die samstags einen MRT-Termin vereinbart haben, wie dies der Klägerin noch in erster Instanz vorgeschwebt hat. Es vermag die Klägerin auch nicht zu entlasten, dass sich ihre Arbeitskollegin R. am 16.12.2017 bereit erklärt hat, am Samstag für sie einzuspringen, obwohl sie nicht zum Dienst eingeteilt war.



    Die Klägerin hat auch zweitinstanzlich nicht ansatzweise vorgetragen, welchen privaten Termin sie am Vormittag des 17.12.2016 in der Zeit von 8:00 bis 14:00 Uhr wahrzunehmen hatte, der einer Arbeitspflicht entgegengestanden haben könnte. Die private "Gedenkfeier" fand nach dem unwidersprochen gebliebenen Vortrag der Beklagten erst am Abend statt. Einen persönlichen Grund, der es ihr am 17.12.2016 unzumutbar gemacht haben könnte, ihre Pflichten aus dem Arbeitsvertrag zu erfüllen, hat die Klägerin nicht angegeben.



    Die Berufung verkennt, dass die Klägerin das Risiko eines Rechtsirrtums trägt. Dass sie die fehlerhafte Ansicht vertritt, ihre Weigerung am 17.12.2016 zu arbeiten, sei berechtigt gewesen, steht der Wirksamkeit der Abmahnung vom 04.01.2017 nicht entgegen, denn die Klägerin hat aufgrund der Abmahnung die Möglichkeit, die Rechtsmäßigkeit ihrer Weigerung gerichtlich überprüfen zu lassen. Anhaltspunkte dafür, die Abmahnung sei im Vergleich zum beanstandeten Verhalten der Klägerin unverhältnismäßig, sind nicht gegeben. Die Klägerin hat ihre Pflicht verletzt, am 17.12.2016 den im Dienstplan angeordneten Samstagsdienst zu verrichten. Diesen Verstoß gegen ihre arbeitsvertraglichen Pflichten konnte die Beklagte in Form einer schriftlichen Abmahnung rügen und diese zur Personalakte der Klägerin nehmen. Es ist der Beklagten zuzubilligen, der Klägerin ihren Pflichtverstoß in der Vergangenheit durch die Abmahnung deutlich zu machen und sie für die Zukunft auf die Einhaltung der entsprechenden Vorschriften hinzuweisen. Unverhältnismäßige Nachteile entstehen der Klägerin dadurch nicht.



    Schließlich gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass die Abmahnung aus unsachlichen Motiven erfolgt sein könnte. Der Umstand, dass die Klägerin im Klagewege und durch einstweilige Verfügung eine Reduzierung ihrer Arbeitszeit auf 20 Stunden beansprucht hat, reicht für sich genommen nicht aus, um auf ein willkürliches Verhalten der Beklagten zu schließen.



    III.



    Die Klägerin hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Berufung zu tragen.



    Die Zulassung der Revision war nicht veranlasst, weil hierfür die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 72 Abs. 2 ArbGG) nicht vorliegen.

    Vonderau
    Lehner
    Hamm

    Verkündet am: 08.02.2018

    Vorschriften