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  • Umsatzsteuer
    Umsatzsteuerpflicht bei zahnärztlichen Leistungen - ein aktueller Überblick
    von Rechtsanwältin/Steuerberaterin Claudia Klümpen-Neusel, Sozietät Söffing und Partner, Düsseldorf
    Selbstständige niedergelassene Zahnärzte führen die Leistungen gegenüber ihren Patienten gegen Entgelt aus und sind daher Unternehmer, wodurch das Umsatzsteuergesetz (UStG) gilt. Aufgrund spezieller Vorschriften sind weite Teile der zahnärztlichen Umsätze zwar umsatzsteuerfrei. Wegen der Vielfalt der Leistungen bereitet die Abgrenzung jedoch immer wieder Schwierigkeiten. Der folgende Beitrag erläutert, wie die verschiedenen zahnärztlichen Leistungen steuerlich zu behandeln sind und wie Sie Zweifelsfälle abgrenzen können.
    Ausübung der Zahnheilkunde
    Die Umsätze aus der Tätigkeit als Zahnarzt sind grundsätzlich von der Umsatzsteuer befreit (§ 4 Nr. 14 Satz 1 UStG). Damit sind die zahnärztlichen Tätigkeiten zur Feststellung und Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten nicht umsatzsteuerpflichtig. Der Zahnarzt muss derartige Leistungen, zu denen auch die in der GOZ aufgeführten Leistungen - wie beispielsweise Wegepauschalen, Verweilgebühr, Krankentransport oder Vertretung von Kollegen - zählen, seinem Patienten ohne Umsatzsteuer in Rechnung stellen.
    Prothetikumsätze und Kieferorthopädie
    Bei Prothetik- und kieferorthopädischen Umsätzen ist zwischen der Herstellung im eigenen Unternehmen einerseits und durch einen selbstständigen Zahntechniker andererseits zu unterscheiden. Darüber hinaus ist von Bedeutung, worin der Schwerpunkt der ausgeführten Leistung liegt.
    Gemäß § 4 Nr. 14 Satz 4 Buchstabe b UStG ist die Lieferung oder Wiederherstellung von Zahnprothesen und kieferorthopädischen Apparaten umsatzsteuerpflichtig, soweit sie der Zahnarzt in seinem Unternehmen hergestellt oder wiederhergestellt hat. Dies gilt auch, wenn nicht der Zahnarzt selbst, sondern ein bei ihm angestellter Zahntechniker die Arbeit anfertigt. Der Zahnarzt erbringt in diesen Fällen eine Leistung, die auch von einem externen Zahntechniker durchgeführt werden könnte. Da der Zahntechniker aber auf keine Umsatzsteuerbefreiung zurückgreifen kann, soll dies aus Wettbewerbsgründen auch dem Zahnarzt verwehrt sein.
    Eine Besonderheit gilt für kieferorthopädische Apparate: Werden diese für eine Heilbehandlung eingesetzt, steht nicht mehr die zahntechnische Leistung, sondern die Heilbehandlung im Vordergrund. In diesem Fall ist die Lieferung bzw. Überlassung kieferorthopädischer Apparate ohne Umsatzsteuer abzurechnen. Hierzu folgendes Beispiel:
    Zahnarzt Z und Kieferorthopäde K haben sich zu einer Gemeinschaftspraxis zusammengeschlossen. Für die kieferorthopädische Behandlung stellen beide in einem von der Praxis unterhaltenen Labor unter anderem Zahnspangen her, die sie ihren Patienten überlassen. Ziel der Behandlung ist es, Missbildungen des Kiefers zu korrigieren oder zu vermindern.
    Die Umsätze aus der Tätigkeit als Zahnarzt bzw. Kieferorthopäde sind grundsätzlich umsatzsteuerfrei. Da K und Z die kieferorthopädischen Apparate aber in ihrem eigenen Unternehmen hergestellt haben, müsste die Überlassung der Zahnspange umsatzsteuerpflichtig sein, weil beide in Konkurrenz zu Zahntechnikern getreten sind.
    Als Ausnahme von der Ausnahme gilt hier jedoch, dass die ausgeübte Tätigkeit wesentlich durch das Herbeiführen eines Behandlungserfolges im Rahmen einer Heilbehandlung geprägt war. Letztlich ist der Einsatz der Zahnspange also Teil der zahnärztlichen Dienstleistung. Die Rechnung ist daher ohne Umsatzsteuer auszustellen.
    Neben diesen allgemeinen Grundsätzen sind von der Finanzverwaltung weitere Fallgruppen gebildet worden, die Tätigkeiten im Zusammenhang mit der Zahnprothetik entweder als umsatzsteuerpflichtig oder umsatzsteuerfrei einstufen:
    Inlays, Onlays und Veneers
    Zu den Zahnprothesen im umsatzsteuerrechtlichen Sinn zählen Inlays, Onlays und Veneers, auch wenn sie vom Zahnarzt im CEREC-Verfahren hergestellt worden sind. Die Lieferung dieser Gegenstände durch den Zahnarzt unterliegt damit grundsätzlich der Umsatzsteuer.
    Hinweis: CEREC-Geräte können auch im Rahmen einer reinen Heilbehandlung eingesetzt werden, nämlich dann, wenn die dreidimensionalen Aufnahmen der eingebauten Mundvideokamera dem Zahnarzt eine Entscheidung über Art und Umfang der durchzuführenden Behandlung erleichtern sollen. Derartige Leistungen unterliegen nicht der Umsatzsteuer.
    Indirekte Unterfütterungen von Zahnprothesen und die in der Praxis des Zahnarztes für den jeweiligen Einzelfall hergestellten provisorischen Kronen sind ebenfalls umsatzsteuerpflichtig.
    Entsprechend dem oben genannten Beispiel zur Abrechnung kieferorthopädischer Apparate müsste eigentlich auch beim Einsatz von Zahnprothesen davon ausgegangen werden, dass derartige Leistungen insgesamt von der Umsatzsteuer befreit sind, wenn sie im Rahmen einer einheitlichen Heilbehandlung erbracht werden. Hierzu hat sich das oberste deutsche Steuergericht - der Bundesfinanzhof - jedoch noch nicht geäußert.
    Die Finanzverwaltung hingegen stellt sich in diesem Zusammenhang auf den Standpunkt, die Lieferung oder Wiederherstellung von Zahnprothesen sei unter den beschriebenen Umständen stets umsatzsteuerpflichtig, ohne auf den Gesamtkomplex der Behandlung als Heilbehandlungsmaßnahme näher einzugehen.
    Besondere Herstellungsleistungen
    Zur grundsätzlich umsatzsteuerpflichtigen Herstellung von Zahnprothesen und kieferorthopädischen Apparaten gehört auch das Herstellen von Modellen, Bissschablonen, Bisswällen und Funktionslöffeln.
    Pauschbeträge oder tatsächlich entstandene Kosten nach der GOZ
    Pauschbeträge oder die berechneten tatsächlichen Kosten für folgende Hilfsmittel bzw. Leistungen sind hingegen umsatzsteuerfre
  • Abformmaterial zur Herstellung von Kieferabdrücken
  • Hülsen zum Schutz beschliffener Zähne für die Zeit von der Präparierung bis zur Einsetzung der Krone
  • Nicht individuell hergestellte provisorische Kronen
  • Material für die direkte Unterfütterung von Zahnprothesen
  • Versandkosten für die Übersendung von Abdrücken etc. an das zahntechnische Labor
    Steuersatz
    Die Lieferung oder Wiederherstellung von Zahnprothesen und kieferorthopädischen Apparaten wird - sofern sie von der Umsatzsteuerbefreiung ausgeschlossen ist - mit dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Absatz 2 Nr. 6 UStG in Höhe von 7 Prozent besteuert. Bemessungsgrundlage sind dabei die material- und zahntechnischen Laborkosten, die der Zahnarzt gemäß § 9 GOZ neben der Vergütung für seine zahnärztliche Leistung in Rechnung stellen kann.
    Erfolgt die Herstellung des Zahnersatzes teilweise durch den Zahnarzt bzw. einen bei ihm angestellten Zahntechniker und teilweise durch einen selbstständigen Zahntechniker, so bezieht sich die Umsatzsteuerpflicht des Zahnarztes nicht auf die gesamte Prothetikleistung, sondern nur auf den Anteil, der vom Zahnarzt bzw. angestellten Zahntechniker angefertigt wurde. Dazu folgendes Beispiel:
    Zahnarzt Z nimmt bei Patient P einen Unterkieferabdruck und stellt anhand dieses Abdrucks ein Modell für eine Zahnprothese her. Die Prothese selbst lässt er von einem selbstständigen Zahntechniker anfertigen. Dafür zahlt er dem Zahntechniker einen bestimmten Betrag. Z stellt P eine Rechnung über zahnärztliche Leistungen und über die Lieferung einer Zahnprothese.
    Die rein zahnärztliche Leistung muss in der Rechnung umsatzsteuerfrei ausgewiesen werden. Die Prothetikleistung unterliegt in Höhe des gesamten auf die Prothetik entfallenden Rechnungsbetrages abzüglich des an den Zahntechniker gezahlten Betrages der Umsatzsteuer in Höhe von 7 Prozent. Dem Patienten wird somit die prothetische Leistung des Zahnarztes zuzüglich 7 Prozent sowie der an das Labor gezahlte Betrag in Rechnung gestellt.
    Implantate
    Bei Implantaten ist hinsichtlich der umsatzsteuerlichen Behandlung wie folgt zu unterscheiden:
  • Die prothetische Arbeit zur Implantatversorgung wird nach den oben dargestellten Grundsätzen zur Prothetik behandelt.
  • Die Implantation selbst stellt eine chirurgische Arbeit dar, die entsprechend den rein zahnärztlichen Leistungen umsatzsteuerfrei ist.
    Erwirbt der Zahnarzt Implantatmaterialien, werden ihm diese mit 7 Prozent Umsatzsteuer in Rechnung gestellt, während der Erwerb sonstiger Materialien wie beispielsweise chirurgische Instrumente und Artikel zur Durchführung der Implantatversorgung als Hilfsgeschäfte dem regulären Steuersatz von 16 Prozent unterliegt.
    Kleinunternehmerregelung beachten
    Die Umsatzsteuer muss nicht in Rechnung gestellt und nicht an das Finanzamt abgeführt werden, wenn der Zahnarzt unter die so genannte Kleinunternehmerregelung des § 19 UStG fällt. Diese greift, wenn im vorangegangenen Kalenderjahr der Gesamtumsatz plus darauf entfallender Steuer den Betrag von 17.500 Euro nicht überstiegen hat und im laufenden Kalenderjahr 50.000 Euro voraussichtlich nicht übersteigen wird. Die nach § 4 Nr. 14 UStG steuerfreien Umsätze sind dabei nicht in die Ermittlung des Gesamtumsatzes mit einzubeziehen.
    Fazit
    Zahnärztliche Leistungen werden umsatzsteuerlich differenziert behandelt. Stark vereinfacht gilt: Dort, wo die zahnärztliche (Heil-)Behandlung die Leistung prägt, ist diese umsatzsteuerfrei in Rechnung zu stellen.
    Quelle: Zahnärzte Wirtschaftsdienst - Ausgabe 05/2004, Seite 8
    Quelle: Ausgabe 05 / 2004 | Seite 8 | ID 109228