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    Wenn der Steuerberater Fehler macht

    Wer Steuern zahlt, bedient sich regelmäßig der Hilfe eines Steuerberaters. Angesichts der chaotischen Steuergesetzgebung ist es jedoch nicht verwunderlich, daß der Rat des jeweiligen Steuerberaters in manchen Fällen nicht gut ist, sondern nur teuer. Nachfolgend wird daher dargestellt, was Sie beachten sollten und welche Rechte Sie haben, wenn Sie als Zahnarzt meinen, falsch beraten worden zu sein.

    1. Welche Pflichten hat Ihr Steuerberater?

    Ihr Steuerberater muß nur für Fehler einstehen, wenn er gegen seine Pflichten verstoßen hat. Welche Pflichten Ihr Steuerberater hat, hängt davon ab, welchen Auftrag Sie ihm erteilt haben. Mit anderen Worten: Ungefragt muß Ihr Berater Sie nicht beraten. Es sei denn, Sie hätten ihn beauftragt, Sie über alle steuerlich relevanten Dinge zu informieren, ohne daß Sie im Einzelfall einen speziellen Auftrag erteilen.

    Falls Sie Ihren Steuerberater lediglich mit der Lohnbuchführung beauftragt haben, muß er Ihnen keine steuergestaltenden Hinweise in bezug auf Ihre Praxis geben. Er muß nur die Löhne richtig verbuchen. Falls Sie ihn lediglich mit der Erstellung Ihrer Gewinn- und Verlustrechnung beauftragt haben, muß er auch nur diese erstellen. Daß ein guter Berater Ihnen ungefragt weiterführende und steuersparende Tips gibt, steht auf einem anderen Blatt. Dazu verpflichtet ist er nicht.

    Für Sie ist es somit am günstigsten, wenn Sie Ihrem Berater einen umfangreichen Beratungsauftrag erteilen – allerdings mit dem Risiko, daß Sie alle möglichen mehr oder weniger sinnvollen Hinweise bekommen, von denen Sie keinen einzigen umsetzen, die Ihnen jedoch in Rechnung gestellt werden.

    2. Wann haftet Ihr Steuerberater?

    Ihr Steuerberater haftet, wenn er schuldhaft einen Fehler macht, der ursächlich dafür ist, daß bei Ihnen ein Schaden eintritt und keine vertragliche Haftungsbeschränkung vereinbart wurde.

    Fehler

    Die klassischen Fehler sind

    • Fristversäumnisse (Beispiel: Sie reichen Ihre Unterlagen rechtzeitig beim Berater ein, der erstellt die Erklärung jedoch zu spät, Sie zahlen Verspätungs- und Säumniszuschläge);
    • Falschbuchungen (Beispiel: Als betriebliche Aufwendungen deklarierbare Kosten unter Privatentnahmen verbucht);
    • Mißachtung gesetzlicher Vorschriften (Beispiel: Erstellung einer Bilanz statt einer Einnahme-Überschußrechnung, weil sich dadurch das Honorar Ihres Beraters erhöht);
    • Unterlassene Beratung, obwohl ein dahingehender Auftrag vorlag (Beispiel: Hinweis auf die Möglichkeiten der Ansparabschreibung vergessen).

    Der Fehler als solcher ist in der Praxis meist beweisbar. Allerdings billigen Gerichte den Steuerberatern zu, daß sie bei der Beratung ihrer Mandanten den „sichersten Weg“ gehen. Welcher Weg ist aber der sicherste? Im Zweifel derjenige, bei dem Sie die meisten Steuern zahlen. Also werden Sie normalerweise einen anderen – weniger sicheren – Weg wählen. Falls dies durch Ihren Berater im Prozeß beweisbar ist, haben Sie schlechte Karten.

    Hinzu kommt ein weiteres Problem: Zuständig für Schadenersatzprozesse sind die Zivilgerichte. Die Richter sind zivilrechtlich ausgebildet. Sie haben keine steuerjuristische Ausbildung, sind froh, ihre eigene Einkommensteuererklärung formulieren zu können. Diese Richter sollen über zum Teil komplizierteste steuerrechtliche Fragestellungen befinden und sind damit natürlich total überfordert.

    b) Kausalität

    Ihr Berater muß nur zahlen, wenn sein Fehler ursächlich ist für den bei Ihnen eingetretenen Schaden. Wenn er den Fehler nicht gemacht hätte, zum Beispiel die Einspruchsfrist nicht versäumt hätte, wäre Ihre Steuermehrbelastung nicht eingetreten. Anders sieht es jedoch aus, wenn der Fehler, zum Beispiel die Fristversäumnis, nicht ursächlich für den Schaden war. Beispiel: Ein fristgerechter Einspruch wäre von vornherein ohne Aussicht auf Erfolg gewesen. Gerade dieser Einwand kommt regelmäßig vom Berater. In der Praxis ist dies die „Sollbruchstelle” für Ihren Anwalt. Hier kann und muß er belegen, daß der Einspruch doch Aussicht auf Erfolg gehabt hätte.

    Noch besser für Sie ist es, wenn der durch Ihren Steuerberater gerade nicht angegriffene Steuerbescheid an einem formalen Fehler leidet, der alleine zur Aufhebung oder Änderung des Bescheides hätte führen müssen. Dann haben Sie schon so gut wie gewonnen.

    c) Verschulden

    Haftung setzt regelmäßig Verschulden voraus. Ihr Steuerberater handelt schuldhaft, wenn er „die im Verkehr erforderliche Sorgfalt außer acht” läßt. Im Klartext bedeutet dies:

    • Ihr Steuerberater beachtet nicht die im Bundessteuerblatt, in der Entscheidungssammlung des Bundesfinanzhofs (BFH) oder in der Zeitschrift „Deutsches Steuerrecht“ veröffentlichte Rechtsprechung.
    • Er beachtet nicht die sonstige obergerichtliche Rechtsprechung, soweit sie in amtlichen Sammlungen veröffentlicht worden ist.
    • Ihr Steuerberater beachtet nicht die Rechtsauffassung des für Sie zuständigen Finanzgerichts, auch wenn diese von der Rechtsauffassung des BFH abweicht.
    • Er beachtet nicht Hinweise eines obersten Gerichts auf die Möglichkeit der künftigen Änderung der Rechtsprechung.
    • Ihr Steuerberater bedient sich zur Prüfung Ihres steuerrechtlichen Problems nicht der einschlägigen Standardkommentare.

    d) Schaden

    Sie müssen einen Schaden erlitten haben, um mit Aussicht auf Erfolg gegen Ihren Steuerberater vorgehen zu können. „Schaden” ist jede „in Geld bewertbare Einbuße”, also etwa eine steuerliche Mehrbelastung oder eine entgangene Steuervergünstigung.

    e) Typische Fälle

    Falls bei Ihnen eine der folgenden Konstellationen gegeben sein sollte, sollten Sie über eine Haftung Ihres Steuerberaters nachdenken:

    • Der klassische Fehler ist die Fristversäumnis. Ihr Berater hat Fristen nicht in seiner Handakte eingetragen und deswegen die Rechtsmittelfrist versäumt. Die Fristversäumnis als solche ist leicht nachweisbar. Spätestens dann, wenn Ihr Finanzamt Ihnen schreibt, daß der eingelegte Einspruch verspätet einging.
    • Gleiches gilt für die verspätete Abgabe der Steuererklärung. Falls Ihr Finanzamt Sie in einem solchen Fall schätzt, liegt Ihr Schaden in der Differenz zwischen der Steuer laut rechtskräftig gewordenem Schätzungsbescheid und der Steuer, die bei rechtzeitiger Abgabe der Steuererklärung angefallen wäre.
    • Ebenfalls ein klassischer Fehler ist das Vertrauen auf mündliche Auskünfte des Finanzamts. In einer bestimmten Fallkonstellation sagt Ihr Berater Ihnen, er werde mal beim Finanzamt nachfragen, macht das auch – allerdings nur telefonisch – und das Finanzamt kann sich später an nichts mehr erinnern. Jetzt obliegt Ihnen die Beweislast hinsichtlich der erteilten, für Sie günstigen Auskunft. Den Beweis werden Sie in der Praxis nicht führen können. Ihr Berater hätte auf einer schriftlichen verbindlichen Auskunft bestehen müssen.
    • Falschberatung bezüglich des Zwei-Konten-Modells.
    • Falschberatung mit dem Ergebnis, daß gegen Sie ein Bußgeld wegen leichtfertiger Steuerverkürzung verhängt wird. Dann muß Ihr Berater das Bußgeld zahlen.

    f) Haftungsbeschränkung

    Haftungsbeschränkungen sind zulässig. Voraussetzung ist eine entsprechende schriftliche Vereinbarung zwischen Ihnen und Ihrem Steuerberater. Die Haftung für vorsätzliches Fehlverhalten Ihres Steuerberaters kann jedoch nicht ausgeschlossen werden. Vorsatz werden Sie Ihrem Steuerberater aber kaum nachweisen können.

    3. Wen müssen Sie verklagen?

    Ihr Anspruchsgegner ist Ihr Steuerberater. Diesen müssen Sie verklagen. Ihr Berater ist haftpflichtversichert (bis DM 500.000). Er meldet den Fall seiner Versicherung; diese benennt Ihrem Steuerberater einschlägig versierte Anwaltskanzleien, die sowohl zivilrechtlich als auch steuerrechtlich tätig sind. Für Sie bedeutet das, daß Sie sich ebenfalls sachkundiger Hilfe versichern müssen. Der Sie vertretende Anwalt muß nicht nur zivilrechtlich auf dem laufenden sein, sondern auch die nötigen steuerrechtlichen Kenntnisse haben. Fragen Sie Ihren Anwalt, ob er sich der steuerrechtlichen Problematik gewachsen fühlt. Es geht nun mal nicht nur um die üblichen zivilrechtlichen Probleme.

    4. Praxishinweise

    Die Erfolgsaussichten in Schadenersatzprozessen sind oft beim besten Willen nicht einschätzbar. Von Ihrem Anwalt werden Sie dann eventuell den Satz hören „Vor Gericht und auf hoher See sind wir alle in Gottes Hand”. Damit ist Ihnen natürlich nicht gedient. Dann bietet es sich an, andere Wege zu suchen. In Betracht kommt die Möglichkeit, sich außergerichtlich zu einigen. Das setzt voraus, daß tatsächlich Einigkeit zwischen Ihnen und Ihrem Berater besteht. Diese muß gegebenenfalls erzwungen werden. So ist es für Sie sehr vorteilhaft, wenn Ihr Berater noch Ansprüche gegen Sie hat. Gegen diese Ansprüche können Sie aufrechnen. Sie beziffern Ihre Schadenersatzansprüche (unter Inanspruchnahme eines anderen Beraters, dessen Honorar ist ebenfalls ein Schaden) gegen Ihren Berater und rechnen mit diesen Ansprüchen auf. Im Ergebnis bedeutet das, daß Ihr Berater gegen Sie klagen muß. Er hat das Prozeßkostenrisiko.

    Quelle: Zahnärzte-Wirtschaftsdienst - Ausgabe 01/1998, Seite 6

    Quelle: Ausgabe 01 / 1998 | Seite 6 | ID 108395