Praxiswissen auf den Punkt gebracht.
logo
  • Meine Produkte
    Bitte melden Sie sich an, um Ihre Produkte zu sehen.
Menu Menu
MyIww MyIww
  • · Best Practice

    Abwesenheit wegen Krankheit oder Urlaub: Vertretungszahnarzt oder die Praxis schließen?

    Bild: ©ar130405 - pixabay.com

    von Dr. Detlev Nies, Sachverständiger für die Bewertung von Arzt- und Zahnarztpraxen, praxisbewertung-praxisberatung.com

    | Wenn Sie wegen Urlaub oder Krankheit über längere Zeit abwesend sind, können Sie sich durch einen anderen Zahnarzt vertreten lassen oder die Praxis schließen. Dabei gegeneinander abzuwägen sind die etwaige Unsicherheit über die Behandlungsqualität des Vertreters, wenn Sie den Praxisbetrieb aufrechterhalten, und der schließungsbedingte Umsatzausfall. |

    Vertretungen möglichst vermeiden, weil selten erforderlich

    Aufgrund eigener langjähriger Berufserfahrung bin ich kein großer Freund von Vertretungszahnärzten ‒ zumindest dann nicht, wenn ich sie nicht persönlich kenne und nicht weiß, wie sie arbeiten. Darin liegt das Hauptproblem jeder Vertretung eines Einzelzahnarztes: Wie behandelt der Kollege? Und wie viel (zusätzliche) Arbeit wird durch dessen Arbeit verursacht, die am Praxisinhaber nach seiner Rückkehr in die Praxis hängen bleibt?

     

    In Mehrbehandlerpraxen sind Vertretungen nicht erforderlich, wenn die Praxisbetreiber Urlaubszeiten planen (ZP 03/2018, Seite 15) und geeignete Regelungen für den Fall der längeren Erkrankung eines Teilhabers vereinbaren.

     

    Gleiches gilt für Praxen mit einem Eigentümer und einem Assistenzzahnarzt, der über die erforderliche Mindest-Praxiserfahrung verfügt. Berücksichtigen Sie, dass es schon aus Haftungsgründen nicht empfehlenswert (und auch gesetzwidrig) ist, einen neu eingestellten Ausbildungsassistenten schon nach wenigen Wochen in der Praxis allein arbeiten zu lassen.

     

    Damit reduziert sich die Entscheidung auf die Praxen, bei denen der Inhaber allein praktiziert oder der Ausbildungsassistent erst seit Kurzem behandelnd tätig ist. Die letztgenannte Situation kann bei urlaubsbedingter Abwesenheit in vielen Fällen dadurch entschärft werden, dass Brückentage ausgenutzt werden und die Praxis z. B. zwischen Weihnachten und Neujahr geschlossen bleibt. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, den Einstellungstermin des Ausbildungsassistenten so zu legen (z. B. Anfang August und nicht Anfang Oktober), dass im Folgejahr der Assistent z. B. schon im Juli in den Urlaub geht und der Praxiseigentümer dann im August seinen Jahresurlaub nehmen kann.

    Vertretungszahnarzt: Daran sollten Sie denken

    Bevor Sie einen Vertretungszahnarzt engagieren, überlegen Sie, mit welchen Kosten und Problemen dies verbunden ist. Klären Sie auch, welche Arbeiten der Vertretungszahnarzt durchführen (auf jeden Fall Notfallbehandlungen, konservierende Behandlungen und Prophylaxe) bzw. ggf. unterlassen soll:

     

    • Vertretungszahnarzt: Vorab zu klärende Fragen
    Kosten/Probleme durch Vertretung
    Aufgaben des Vertreters
    • Kosten des Vertretungszahnarztes (Festhonorar? Umsatzbeteiligung? Mischung aus beidem?)
    • Kosten des Praxisbetriebs (Miete, Personal, Materialien etc.)
    • Kosten des Praxislabors, Urlaub des Zahntechnikers?
    • Kosten, die dadurch entstehen, dass die Tätigkeit des Vertreters zusätzliche Arbeit verursacht?
    • Wann soll das Personal seinen Jahresurlaub nehmen, wenn die Praxis ganzjährig geöffnet bleibt?
    • Prothetikplanungen?
    • Parodontalbehandlungen?
    • Inlays?
    • Kieferorthopädie?
    • Wurzelspitzenresektionen?
    • Osteotomien?
    • Sonstige besondere Behandlungsmethoden (z. B. Dentallaser, Lachgasanalgesie, CEREC usw.)?
     

    Weisen Sie Ihre Patienten bei der Terminvergabe darauf hin, dass während der Vertretungszeit ein Vertreter die Behandlung übernimmt. Erfahrungsgemäß werden viele Patienten den Vertreter nicht in Anspruch nehmen wollen, sondern sich einen Termin erst nach Ihrer Rückkehr geben lassen. So können Sie gleichzeitig feststellen, in welchem Umfang die Arbeitskapazität des Vertreters voraussichtlich ausgelastet sein dürfte. Das wiederum hilft bei der Einschätzung der wirtschaftlichen Konsequenzen einer Vertretung.

    Schließung der Praxis ist eine kostspielige Alternative

    Die Praxis zu schließen, birgt zwei Probleme. Das eine sind die Erwartungen der Patienten: Die meisten Patienten gehen davon aus, dass der Hauszahnarzt immer zur Verfügung zu stehen hat ‒ auch wenn sie selbst dreimal im Jahr für mehrere Wochen Urlaub machen. Urlaubszeiten von bis zu drei Wochen gelten in Patientenkreisen nach eigener Erfahrung als „hinnehmbar“, längerer Urlaub erntet Unverständnis und erhöht das Abwanderungsrisiko deutlich.

     

    PRAXISTIPP | Am besten eignen sich für den Jahresurlaub die letzten drei Wochen der Sommerferien. Dann sind auch diejenigen Patienten unterwegs, die in der zweiten Ferienhälfte in Urlaub sind, und noch diejenigen Patienten weg, die länger als drei Wochen Urlaub machen. Somit ist die Zahl der am Praxisort befindlichen Patienten dann am geringsten. In der ersten Woche nach den Schul-Sommerferien ist es in den Praxen meistens auch noch ruhig, weil nach der Rückkehr aus dem Urlaub zunächst einmal der Alltag allmählich anläuft und Zahnarztbesuche in der Beliebtheitsskala der Patienten nicht an vorderster Stelle stehen.

     

    Das andere Problem ist, dass die laufenden Kosten des Praxisbetriebs auch dann anfallen, wenn die Praxis geschlossen ist: Bei einem durchschnittlichen Kostenstundensatz von ca. 200 Euro und einem Fixkostenanteil von etwa 90 Prozent kostet Sie jeder Praxistag um die 1.500 Euro ‒ das dürfte wesentlich mehr sein, als Sie für Ihre Urlaubsreise pro Tag ausgeben. Der dreiwöchige Urlaub mit Familie schlägt also z. B. mit 6.000 bis 8.000 Euro zzgl. gut 20.000 Euro Praxisfixkosten zu Buche, wenn Sie die Praxis schließen.

     

    FAZIT | Vermeiden Sie Praxisvertretungen, wenn Sie es sich leisten können. Praxisschließungen schonen Ihre Nerven, belasten aber Ihren Geldbeutel.

     
    Quelle: Ausgabe 01 / 2020 | Seite 9 | ID 46098137