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  • · Fachbeitrag · Mittelverwendung

    Gründung einer gGmbH: Finanzämter versagen die Nutzung zeitnah zu verwendender Mittel!

    | Vor allem in größeren Vereinen ist es durchaus üblich, Zweckbetriebe in eine gemeinnützige Vorschalt-GmbH auszulagern. Die Gründung solcher rechtlich eigenständigen Betriebe hat organisatorische Vorteile und mindert die Haftungsrisiken für den Verein. Auch vereinsrechtlich bietet sie sich an, wenn das Registergericht eine zu umfängliche wirtschaftliche Betätigung des Vereins moniert und der Entzug der Rechtsfähigkeit droht. Eine neue Ansicht der Finanzverwaltung zur Mittelverwendung wird eine solche Ausgründung aber künftig erschweren und erfordert neue Strategien. |

    Kehrtwende in der Finanzverwaltung erfordert Umdenken

    Die OFD Rheinland hat nämlich darauf hingewiesen, dass eine gemeinnützige Einrichtung keine zeitnah zu verwendenden Mittel zur Ausstattung einer neu zu gründenden gGmbH bzw. zur Anschaffung von Anteilen an einer gGmbH einsetzen darf (OFD Rheinland, Schreiben vom 20.9.2012, Az. S 0174 - 2012/0005; Abruf-Nr. 130338).

     

    Finanzverwaltung moniert Verstoß gegen das Selbstlosigkeitsgebot

    In dem Erlass, der mit den obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder abgestimmt ist, wird die Auffassung vertreten, dass der Erwerb der Anteile an einer Kapitalgesellschaft unter Einsatz zeitnah zu verwendender Mittel gegen das Gebot der Selbstlosigkeit verstößt, die Mittel nur für satzungsmäßige Zwecke zu verwenden. Auch die Vorschrift des § 58 Nr. 2 AO - die sogenannte teilweise Mittelweitergabe - lässt, so die OFD, die Anschaffung von Anteilen an einer gGmbH nicht zu.

     

    Eine nähere Begründung liefert die OFD Rheinland für diese Auffassung nicht. Grundsätzlich ist auch nicht zwingend nachvollziehbar, warum für die Mittelausstattung einer gemeinnützigen GmbH in Form einer Beteiligung etwas anderes gelten soll als bei der Mittelweitergabe an eine bereits bestehende GmbH.

     

    Neue Auffassung widerspricht gängiger Praxis

    Die Finanzverwaltungen haben hier bisher auch teilweise eine explizit andere Meinung vertreten. Demnach sei der Einsatz von zeitnah zu verwendenden Mitteln zulässig, wenn die Empfängerkörperschaft die erhaltenen Mittel ebenfalls zeitnah für ihre steuerbegünstigten Zwecke einsetzt. Das Stammkapital der auszustattenden Körperschaft könne daher sogar durch Ausgliederung eines Zweckbetriebs finanziert werden, wenn dieser unmittelbar für die steuerbegünstigten Zwecke der auszustattenden Körperschaft eingesetzt wird (FinMin Brandenburg, Verfügung vom 22.12.2004, Az. 35 - S 0174 - 3/01; Abruf-Nr. 130339 und OFD Frankfurt, Verfügung vom 9.9.2003, Az. S 0174 A - 16 - St II 1.03).

     

    gGmbH-Beteiligung als Vermögensverwaltung

    Die Auffassung der OFD beruht offensichtlich darauf, dass die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft - auch wenn diese gemeinnützig ist - dem Bereich der Vermögensverwaltung zugerechnet wird. Die Mittel werden also nicht unmittelbar für die Verfolgung der eigenen satzungsmäßigen Zwecke eingesetzt.

     

    Grundsätzlich handelt es beim Erwerb von GmbH-Gesellschaftsanteilen um eine Vermögensumschichtung. Ist die GmbH nicht gemeinnützig, dürfen dazu keine zeitnah zu verwendenden Mittel eingesetzt werden, sondern nur freie Rücklagen (§ 58 Nr. 7 a AO), Vermögenszuführungen (§ 58 Nrn. 11 und 12. AO) oder Darlehen. Eine Bildung von Rücklagen zum Erwerb von Gesellschaftsrechten (§ 58 Nr. 7 b AO) kommt bei der Neugründung einer GmbH nicht in Frage (Anwendungserlass zur AO, Ziffer 7 zu § 58 Nr. 7).

     

    PRAXISHINWEIS | Auch bei einer Beteiligung an einer gGmbH werden die dafür verwendeten Mittel als Finanzanlagen im Vermögen gehalten. Sie können aber bei der GmbH zeitnah und zweckgebunden verwendet werden - durch die Anschaffung von Anlagevermögen, das im steuerbegünstigten Bereich genutzt wird. Insofern ist nicht nachvollziehbar, warum hier gegen das Gebot der Selbstlosigkeit verstoßen wird, weil die Mittel nicht für satzungsmäßige Zwecke verwendet würden. Was die zweckgebundene Verwendung der Mittel anbelangt, gilt hier ja nichts anderes als bei der Mittelweitergabe nach § 58 Nr. 1 und 2 AO.

    Keine Mittelweitergabe nach § 58 Nr. 2 AO

    Dass die Finanzverwaltung die Kapitalausstattung einer gGmbH auch nicht über eine teilweise Mittelweitergabe nach § 58 Nr. 2 AO zulassen will, liegt offensichtlich am Begriff der in dieser Regelung verwendet wird. Die weitergegebenen Mittel sollen „zugewendet“ werden, also ohne Gegenleistung ins Eigentum des Empfängers übergehen. Im Fall der Kapitalbeteiligung bleiben die Mittel aber im Vermögen des Beteiligungsinhabers.

     

    Im Gegensatz dazu ist in § 58 Nr. 1 AO (Sonderregelung für Förderkörperschaften) von der Beschaffung von Mitteln die Rede. Ein solche wäre auch in Form der Kapitalausstattung durch Beteiligung denkbar.

    Mögliche Wege für die Finanzierung von Ausgründungen

    Für die Stammkapitalausstattung einer neu zu gründenden gGmbH kommen nach der neuen Auffassung der Finanzverwaltung also nur Mittel in Frage, die nicht zeitnah zu verwenden sind. Wird diese Auffassung künftig allgemein angewendet - wovon mangels Rechtsprechung auszugehen ist - wird die Finanzierung von Ausgründungen deutlich erschwert. Gemeinnützige Organisationen müssen dann bei der gGmbH-Gründung auf andere Strategien der Mittelbeschaffung ausweichen. Fünf Möglichkeiten kommen in Frage.

     

    1. Vermögenszuführungen aus Spendenaufruf

    Die Bildung von Vermögen durch freie Rücklagen und Vermögenszuführung lässt sich in den meisten Fällen nur bedingt ausweiten. Sie ist entweder eine lediglich langfristige Option, weil nur ein kleiner Anteil der Überschüsse dafür verwendet werden darf (wie bei freien Rücklagen) oder hängt von äußeren Faktoren ab (wie bei Erbschaften oder Großspenden).

     

    PRAXISHINWEIS | Gestaltungsspielraum für eine kurzfristige Mittelbeschaffung bietet aber die Regelung des § 58 Nr. 11c AO. Danach dürfen Zuwendungen (Spenden) dem Vermögen zugeführt werden, wenn die Mittel aus einem Spendenaufruf stammen, bei dem ausdrücklich um Beträge zur Aufstockung des Vermögens gebeten wird. Solcherart eingenommene Mittel sind in vollem Umfang von der zeitnahen Verwendung freigestellt und können für den Erwerb einer GmbH-Beteiligung verwendet werden.

    2. Finanzierung der Beteiligung aus Darlehen

    Statt aus Zuwendungen kann die GmbH-Beteiligung auch aus einem Darlehen finanziert werden, das die Mutterorganisation aufnimmt. Da aus dem Darlehen eine Vermögensanlage angeschafft wird, sind die Aufwendungen dafür der Vermögensverwaltung zuzuordnen. Das bedeutet, dass Zinsen und Tilgung des Darlehens aus Mitteln der Vermögensverwaltung gedeckt werden müssen. Für die Tilgung können spätere Vermögenszuführungen verwendet werden. Eine zuvor versäumte Einstellung entsprechender Rücklagen kann also in die Zukunft verlagert werden.

     

    Wichtig | Damit kein gemeinnützigkeitsschädlicher Verlust entsteht, müssen die Zinsen aber aus Erträgen der Vermögensverwaltung gedeckt werden. Dazu gehören auch spätere Gewinnabführungen der GmbH an die Mutterorganisation.

     

    3. Mittelweitergabe statt Stammkapitalausstattung

    Da an eine bestehende gGmbH die Mittelweitergabe nach § 58 Nr. 2 AO zulässig ist, bietet sich auch folgendes Modell als Alternative zur Stammkapitalausstattung an: Die gGmbH wird mit möglichst geringem Stammkapital gegründet. Eventuell wird deswegen die Form der Unternehmergesellschaft (Mini-GmbH) gewählt. Die für den Betrieb nötigen Mittel werden dann als Zuwendungen nach § 58 Nr. 2 AO zugeführt. Auch Sachmittel können so zur Verfügung gestellt werden.

     

    PRAXISHINWEIS | Nach Auffassung der Finanzverwaltung darf dabei nicht nur die Hälfte der im jeweiligen Jahr zufließenden Mittel verwendet werden, sondern zusätzlich die Hälfte sämtlicher Vermögenswerte.

    4. Förderkörperschaft als viertes Modell?

    Interessanterweise hat die OFD Rheinland in ihrem Erlass die Beschaffung von Mitteln für die GmbH-Beteiligung nach § 58 Nr. 1 AO (Sonderregelung für Förderkörperschaften) nicht ausgeschlossen. Deshalb könnte die Nutzung der Förderkörpereigenschaft des § 58 Nr. 1 AO ein weiteres Modell sein, um die Ausgründung zu finanzieren.

     

    Die gemeinnützige Einrichtung müsste dazu ihre Satzung ändern und die Mittelweitergabe nach § 58 Nr. 1 AO als zusätzlichen Satzungszweck aufnehmen. Sie könnte dann unbeschränkt Mittel an andere gemeinnützige Organisationen weitergeben - auch wenn ein Beteiligungsverhältnis besteht.

     

    Beachten Sie | Die Aufnahme der Förderkörpereigenschaft in die Satzung ist aber eine Änderung des Satzungszwecks. Regelt die Satzung das nicht anders, ist dafür nach § 33 BGB die Zustimmung aller Mitglieder erforderlich. Das kann gerade in großen Vereinen eine unüberwindliche Hürde sein.

     

    PRAXISHINWEIS | In dem Fall wäre eine andere Gestaltungsmöglichkeit zu prüfen: Es wird ein eigener Förderverein gegründet, der nach § 58 Nr. 2 AO mit Mitteln ausgestattet wird. Dieser beteiligt sich dann an der GmbH. Anders als in § 58 Nr. 2 AO ist in § 58 Nr. 1 AO nicht von der Zuwendung, sondern von der Beschaffung von Mitteln die Rede. Die Stammkapitalbeteiligung muss als eine - den Vereinszweck erfüllende - Mittelbeschaffung gelten. Das Gleiche gilt für die leihweise Überlassung von Mitteln oder die Bereitstellung von Darlehen.

    Damit der Förderverein gemeinnützig bleibt, darf er sich nicht auf die einmalige Mittelbereitstellung beschränken. Sinnvoll ist dieses Gestaltungsmodell also nur, wenn der Förderverein auf Dauer Mittelakquise für gemeinnützige Zwecke betreibt. Da er sich per Satzung dabei nicht auf eine bestimmte Organisation, sondern auch auf einen oder mehrere konkrete steuerbegünstigte Zwecke festlegen kann, muss das kein grundlegendes Problem sein.

    Neues Gemeinnützigkeitsrecht soll Finanzierung erleichtern

    Eine Entschärfung des beschriebenen Finanzierungsdilemmas soll eine Ergänzung liefern, die der Finanzausschuss des Bundestags noch kurzfristig in das Gemeinnützigkeitsentbürokratisierungsgesetz eingefügt hat. Danach soll in § 58 AO ein neuer Absatz 3 eingefügt werden, der speziell die Vermögensausstattung anderer gemeinnütziger Körperschaften berücksichtigt. Zulässig soll es demnach sein, einer gemeinnützigen oder öffentlich-rechtlichen Körperschaft zur Vermögensausstattung folgende Mittel zuzuwenden:

     

    • Die Überschüsse und Gewinne aus der Vermögensverwaltung und aus wirtschaftlichen Geschäftsbetrieben ganz oder teilweise
    • bis zu 15 Prozent der sonstigen zeitnah zu verwendenden Mittel.

     

    Voraussetzung ist, dass die so finanzierte Einrichtung analoge Satzungszwecke hat und die Mittel nicht weitergibt. Damit würden die Finanzierungsmöglichkeiten bei der Ausgründung gemeinnütziger GmbHs erheblich verbessert. Im Einzelfall ist eine Kombination mit den unter 1 bis 3 genannten Möglichkeiten der Mittelbeschaffung möglich.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Über die weitreichenden Neuregelungen, die das „Gemeinnützigkeitsentbürokratisierungsgesetz“ nicht nur für die Vermögensausstattung anderer Körperschaften sondern für alle anderen Vereinsbereiche bringen wird, informieren wir Sie ausführlich ab der Ausgabe März 2013.
    Quelle: Ausgabe 02 / 2013 | Seite 10 | ID 37529290