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  • 27.07.2011 · IWW-Abrufnummer 112513

    Oberlandesgericht München: Beschluss vom 21.06.2011 – 31 Wx 168/11

    Die Änderung der Satzung eines Vereins dahingehend, dass es zur Änderung des Vereinszwecks nicht der Zustimmung aller Mitglieder bedürfe, kann nur mit Zustimmung aller Mitglieder beschlossen werden.


    Tenor:
    I. Die Beschwerde gegen die Zwischenverfügung des Amtsgerichts Ingolstadt - Registergericht vom 2. März 2011 wird zurückgewiesen.

    II. Der Geschäftswert des Beschwerdeverfahrens wird auf 3.000 € festgesetzt.

    Gründe
    I. Zur Eintragung im Vereinsregister des Vereins "Förderkreis ... Kindergarten" ist die Neufassung der Satzung angemeldet, die von der Mitgliederversammlung am 1.12.2010 beschlossen wurde.

    § 8 Ziffer 4 Satz 3 sieht folgende Regelung vor:

    "Eine Änderung der Satzung bedarf einer Mehrheit von 3/4 der anwesenden Vereinsmitglieder; eine Änderung des Vereinszwecks der Mehrheit von 3/4 aller Vereinsmitglieder." Die bisherige Satzung des 1985 gegründeten Vereins enthält in § 11 Ziffer 1 eine Bestimmung zur Satzungsänderung ("Satzungsänderungen bedürfen einer 2/3-Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen") und keine gesonderte Regelung zur Änderung des Zwecks.

    Mit Zwischenverfügung vom 2.3.2011 hat das Registergericht aufgegeben, die Zustimmung der nicht erschienenen Mitglieder nachzuweisen. Eine Satzungsänderung des Inhalts, dass es zur Änderung des Zwecks des Vereins in Abweichung von § 33 Abs. 1 Satz 2 BGB nicht der Zustimmung aller Mitglieder bedürfe, stehe einer Änderung des Vereinszwecks gleich. Die Beschwerde wendet dagegen insbesondere ein, dass bis zur Entscheidung des Bundesgerichtshofs NJW 1986, 1053 (= BGHZ 96, 245) Klauseln, die für Satzungsänderungen eine bestimmte Mehrheit vorsahen, auch auf eine Zweckänderung angewendet worden seien.

    Im Übrigen habe jedes Mitglied die Möglichkeit, kürzestfristig aus dem Verein auszutreten.

    II. Die zulässige Beschwerde ist nicht begründet.

    1. Nach § 33 Abs. 1 Satz 2 BGB ist zur Änderung des Zweckes des Vereins die Zustimmung aller Mitglieder erforderlich. Die Satzung kann insoweit eine andere Regelung vorsehen (§ 40 Satz 1 BGB). Soll - wie hier - im Wege der Satzungsänderung bestimmt werden, dass es zur Änderung des Vereinszwecks in Abweichung von § 33 BGB nicht der Zustimmung aller Mitglieder bedarf, so kann diese Satzungsänderung ebenso wie eine solche, die unmittelbar eine Zweckänderung enthält, nur mit Zustimmung aller Mitglieder beschlossen werden, denn sonst könnte die Notwendigkeit der Einstimmigkeit für Zweckänderungen leicht umgangen werden (Staudinger/Weick BGB 2005, § 33 Rn. 7; MünchKomm BGB/Reuter 5. Aufl. § 33 Rn. 23 a. E.; Sauter/Schweyer/Waldner Der eingetragene Verein 19. Aufl. Rn. 146).

    2. Die Einwände der Beschwerde greifen nicht durch.

    Es besteht kein Anlass, einen vor der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 11.11.1985 (BGHZ 96, 245) gegründeten Verein anders zu behandeln als einen später gegründeten. Zum einen ist unerheblich, ob die Gründungsmitglieder von der Bestimmung in § 11 der Satzung nicht nur Satzungsänderungen, sondern auch Zweckänderungen umfasst sehen wollten.

    Vereinssatzungen sind lediglich aus ihrem Inhalt heraus auszulegen; Willensäußerungen oder Interessen der Gründer, sonstige tatsächliche Umstände aus der Entstehungsgeschichte oder der späteren Vereinsentwicklung dürfen hier gerade nicht verwertet werden (BGHZ 47, 172/180). Zum anderen war es auch zur Zeit der Gründung des Vereins herrschende Meinung, dass eine Vereinssatzung, die für Satzungsänderungen eine geringere Mehrheit vorschreibt, als sie das Gesetz verlangt, damit nicht auch die Zweckänderung meint (vgl. OLG Hamm OLGZ 1980, 326; Stöber Rpfleger 1976, 377 sowie die Nachweise bei BGHZ 96, 245/250; aA OLG Karlsruhe Rpfleger 1976, 396).

    Es geht auch nicht an, eine mit der Zweckänderung nicht einverstandene Minderheit auf die Möglichkeit des Austritts aus dem Verein zu verweisen. § 33 Abs. 1 Satz 2 BGB soll die einzelnen Mitglieder nicht nur vor möglicherweise mit einer Zweckänderung verbundenen Belastungen schützen, denen mit einem Austritt begegnet werden könnte, sondern auch vor einer Beeinträchtigung ideeller Interessen, die für das einzelne Mitglied die Zweckänderung als weniger hinnehmbar als die Auflösung des Vereins erscheinen lassen könnten (vgl. OLG Köln NJW-RR 1996, 1180).

    III. Die Festsetzung des Geschäftswerts beruht auf § 131 Abs. 4, § 30 Abs. 2 KostO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Rechtsbeschwerde liegen nicht vor.