08.01.2010
Finanzgericht Hamburg: Urteil vom 16.01.2000 – II 417/98
Aufwendungen eines Verlagsangestellten für die Ausbildung zum Berufspiloten können nicht als Fortbildungskosten in seinem erlernten und ausgeübten Beruf eingestuft werden.
Tatbestand
Streitig ist, ob Aufwendungen für die Instrumentenflugberechtigung als Ausbildungs- oder Fortbildungskosten zu behandeln sind.
Der 1966 geborene ledige Kläger war bis zum 30. 9. 1996 Verlagsangestellter; sein Bruttoarbeitslohn betrug im Streitjahr ... Tsd. DM. Daneben betrieb der Kläger einen Vertrieb für Satellitenanlagen und Textilien, mit dem er seit Jahren Verluste erzielte (im Streitjahre 6.820 DM). Für die Zeit vom 29. 10. 1996 bis zum 31. 12. 1996 bezog der Kläger Arbeitslosengeld in Höhe von ... Tsd. DM; auch im gesamten Folgejahr 1997 bezog der Kläger Arbeitslosengeld bzw. -hilfe.
Im Jahre 1991 hatte der Kläger die Privatpilotenlizenz (PPLA) erworben. Im Jahre 1996 begann der Kläger bei der Fliegerschule A GmbH (im Folgenden A) eine Ausbildung zum Berufspiloten (CPL); laut Bescheinigung der Wirtschaftsbehörde vom 7. 1. 1997 bestand er die theoretische Prüfung am 6. 1. 1997. Darüber hinaus absolvierte der Kläger bei der A eine Ausbildung, mit der er 1997 die Instrumentenflugberechtigung (IFR) erlangte; dazu wurde eine Kostenrechnung des Luftfahrtbundesamtes vom 24. 3. 1997 eingereicht, wonach IFR-SIM- und Flugprüfungen am 3. 2. und 3. 3. 1997 abgenommen worden waren. Nach den vorgelegten Kontoauszügen der B-Bank vom 1. 11. 1996 und 3. 1. 1997 überwies der Kläger an die A am 2. 10. 1996 („IFR-CPL-Ausbildung”) 8.000 DM und am 27. 12. 1996 25.000 DM. Nach einem Schreiben der A vom 11. 2. 1997 sind dem Kläger 1996 für seine „Ausbildung zum Berufsflugzeugführer mit Instrumenten-Flugberechtigung” 9.000 DM (CPL) und 29.800 DM (IFR) in Rechnung gestellt worden. Auf die angeführten Unterlagen wird Bezug genommen.
Nach einer vom Kläger vorgelegten Bestätigung des Herrn H vom 17. 3. 1997 beabsichtigte dieser, dem Kläger „ab Mitte 1997 als Pilot auf unserer Cessna 411 A auf Freelance-Basis zu beschäftigen”; auf das Schreiben wird Bezug genommen. In der Einkommensteuererklärung 1997 hat der Kläger aus Pilotentätigkeit bei Erlösen von 3.000 DM einen Gewinn von 1.221,97 DM erklärt; auf die Erklärung nebst Anlagen wird Bezug genommen. Im Jahre 1998 hat der Kläger nach seiner Darstellung auch die Berechtigung erlangt, große Verkehrsmaschinen zu führen (ATPL). In dem - am 19. 3. 1999 eingereichten - Antrag auf Lohnsteuerermäßigung 1999 hat der Kläger eine Erstanstellung am 25. 1. 1999 mit einem voraussichtlichen Bruttoarbeitslohn von 4.200 DM angegeben; auf den Antrag wird ebenfalls Bezug genommen.
In der am 14. 3. 1997 eingereichten Einkommensteuererklärung 1996 machte der Kläger bei den Sonderausgaben Aufwendungen für „Berufsflugzeugführer-Umschulung / Weiterbildung, Untersuchung, Literatur” 39.437 DM geltend; auf die Erklärung nebst Anlagen und Nachträgen wird Bezug genommen.
Mit Einkommensteuerbescheid 1996 vom 20. 5. 1997 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. 10. 1998 setzte der Beklagte die Einkommensteuer 1996 auf ... Tsd. DM fest; er berücksichtigte dabei die geltend gemachten Aufwendungen für die Aus-/Weiterbildung zum Berufspiloten mit dem Höchstbetrag von 1.800 DM. Auf den Bescheid, auf den Schriftwechsel im Einspruchsverfahren und auf die Einspruchsentscheidung wird Bezug genommen.
Zur Begründung der dagegen am 5. 11. 1998 erhobenen Klage trägt der Kläger im Wesentlichen vor:
Zu Recht habe der Beklagte zwar den Aufwand zur Erlangung der CPL als Ausbildungskosten - nur - mit dem Höchstbetrag angesetzt. Zu Unrecht habe er aber den Abzug der darüber hinaus gehenden Kosten für die Fortbildung zur IFR als - vorweggenommene - Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben versagt; die dazu erforderlichen Voraussetzungen seien vollständig erfüllt. Mit Erlangung der Berufspilotenlizenz CPL sei die eigentliche Berufsausbildung zum Piloten abgeschlossen gewesen (Beweis: Sachverständigengutachten); im Hinblick auf die allgemein besseren Berufschancen, aber auch mit Rücksicht auf die konkreten Gespräche zum Beispiel mit Herrn H, ihm dann Aufträge zu erteilen, sei die berufliche Fortbildung zur Erlangung der IFR durchgeführt worden (Beweis: Zeuge H).
Wegen des weiteren Vorbringens des Klägers im Einzelnen wird auf dessen Schriftsätze vom 5. 11. 1998 sowie vom 2. 2., 12. 4., 25. 5. und 23. 9. 1999 nebst Anlagen Bezug genommen.
Der Kläger beantragt,
den Einkommensteuerbescheid 1996 vom 20. 5. 1997 in der Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 2. 10. 1998 mit der Maßgabe zu ändern, dass Aufwendungen in Höhe von 25.000 DM als Werbungskosten oder Betriebsausgaben aus Pilotentätigkeit berücksichtigt werden und die Einkommensteuer 1996 entsprechend herabgesetzt werden.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung bezieht sich der Beklagte im Wesentlichen auf seine Einspruchsentscheidung; wegen des ergänzenden Vorbringens des Beklagten wird auf dessen Schriftsätze vom 18. 12. 1998 sowie vom 18. 3., 31. 3., 3. 5., 15. 6. und 7. 10. 1999 nebst Anlagen Bezug genommen.
Auf das Schreiben des Berichterstatters vom 31. 5. 1999 wird hingewiesen; die darin erbetenen Unterlagen und Auskünfte hat der Kläger nur teilweise mit dem Bemerken erbracht, weitere stünden ihm nicht zur Verfügung.
Die Sachakten des Beklagten (1 Band Einkommensteuerakte I und 1 Band Rechtsbehelfsakten) haben vorgelegen.
Die Beteiligten haben zugestimmt, dass der Berichterstatter als Einzelrichter entscheidet.
Gründe
I.
Die Entscheidung ergeht gemäß § 79 a Absätze 3 und 4 FGO durch den Berichterstatter als Einzelrichter, und zwar gemäß § 90 a FGO durch Gerichtsbescheid.
II.
Die - zulässige - Klage ist nicht begründet.
Zu Recht hat der Beklagte die geltend gemachten Aufwendungen nur als Sonderausgaben mit dem dafür vorgesehenen Höchstbetrag von 1.800 DM angesetzt. Die Voraussetzungen für den vom Kläger erstrebten unbegrenzten Abzug als Werbungskosten oder Betriebsausgaben sind nicht erfüllt.
1. Sonderausgaben sind u. a. Aufwendungen des Steuerpflichtigen für seine Berufsausbildung oder seine Weiterbildung in einem nicht ausgeübten Beruf bis zu 18.000 DM im Kalenderjahr (§ 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG). Abzugrenzen sind sie von den sog. Fortbildungskosten, d. h. den beruflich veranlassten Weiterbildungskosten in einem erlernten und ausgeübten Beruf, die als Werbungskosten oder als Betriebsausgaben zu berücksichtigen sind (vgl. Heinicke in Schmidt, EStG, 18. Aufl. 1999, § 10 Rdz. 122 m. w. N.); sie dienen dazu, in einem bereits ausgeübten Beruf besser vorwärts zu kommen (vgl. Drenseck in Schmidt aaO. § 19 Rdz. 60 Stichwort ,Ausbildungskosten' m. w. N.). Die Gegenüberstellung zeigt, dass die Grundsätze über vorweggenommene Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben allenfalls in einem ganz eng umrissenen - im Streitfall nicht gegebenen - Umfang herangezogen werden können; anderenfalls wären Berufsausbildungskosten regelmäßig vorweggenommene Werbungskosten oder Betriebsausgaben, was sie indes ausweislich der Sonderausgabenregelung des § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG gerade nicht sein sollen.
2. Auf der Grundlage dieser Erwägungen ergibt sich für den Streitfall, dass dem Kläger der begehrte Werbungskosten- bzw. Betriebsausgabenabzug nicht zusteht. Was die 1996 erbrachten Aufwendungen anbelangt, handelt es sich insgesamt um nur begrenzt abziehbare Sonderausgaben.
a) Der Kläger war - wie in den Vorjahren - noch im Streitjahr 1996 als Verlagsangestellter sowie als Vertreiber von Waren tätig. Es liegt auf der Hand, dass die Ausbildung zum Berufspiloten, mit welcher Qualifikation auch immer, nicht als Fortbildungskosten in seinem erlernten und ausgeübten bisherigen Beruf eingestuft werden könne. Es handelte sich vielmehr um das Erlernen eines völlig neuen Berufes.
b) für die Grundqualifikation (CPL) hat der Kläger dies auch bereits im Verlaufe des Einspruchsverfahrens eingesehen. Im Streitfall gilt Entsprechendes aber auch für die weitergehende Qualifikation IFR.
aa) Selbst wenn der Darstellung des Klägers gefolgt würde, zunächst sei die berufliche Grundqualifikation (CPL) abgeschlossen und erst danach die darauf aufbauende Zusatzqualifikation (IFR) aufgenommen worden, würde es für einen Werbungskosten- oder Betriebsausgabenabzug daran fehlen, dass es nicht um die Fortbildung in einem bereits ausgeübten Beruf ging. Unstreitig war der Kläger nämlich nach Erlangung der Grundqualifikation (CPL) und vor Beginn der Zusatzqualifikation (IFR) nicht als Berufspilot tätig geworden. Nach seiner eigenen Darstellung und nach der eingereichten Bescheinigung des Herrn H vom 17. 3. 1997 war eine Berufsaufnahme als Pilot erst für Mitte 1997 in Aussicht genommen.
bb) Darüber hinaus ist nach den eingereichten Unterlagen davon auszugehen, dass der Kläger jedenfalls in dem hier maßgeblichen Streitjahr 1996 eine zeitlich und sachlich zusammenhängende Ausbildung zum Berufspiloten (CPL) mit Instrumentenberechtigung (IFR) aufgenommen und durchgeführt hatte. Schon in der ersten Überweisung des Klägers an die A vom 2. 10. 1996 sprach er selbst von einer „IFR-CPL-Ausbildung”; zur Zeit der zweiten Überweisung vom 27. 12. 1996 hatte der Kläger weder die CPL- noch die IFR- Ausbildung abgeschlossen; erst im ersten Quartal 1997 erfolgten Prüfungen sowohl im CPL- als auch im IFR-Bereich. Zudem bezeichnete die A in ihrem Schreiben vom 11. 2. 1997 die Ausbildung als eine solche „zum Berufsflugzeugführer mit Instrumentenberechtigung”. Schließlich hat der Kläger auch in seiner Einkommensteuererklärung 1996 die Aufwendungen ohne Unterteilung zusammengefasst - als Sonderausgaben - eingesetzt.
3. Vor diesem Hintergrund braucht auf die Beweisangebote des Klägers nicht eingegangen zu werden. Zugunsten des Klägers kann als wahr unterstellt werden, dass im Allgemeinen auch die bloße Qualifikation CPL eine berufliche Betätigung als Pilot erlaubt und dass im Übrigen Herr H dem Kläger konkret in Aussicht gestellt hat, ihn nach Erhalt der IFR-Berechtigung Aufträge zu erteilen. Die im Schriftsatz vom 12. 4. 1999 benannte Zeugin T braucht schon deshalb nicht gehört zu werden, weil die in ihr Wissen gestellte Behauptung (Privatpilotenlizenz reicht nicht für eine Berufspilotentätigkeit) weder streitig noch für dieses Verfahren erheblich ist.
4. Auch ansonsten sind keine Umstände vorgetragen oder ersichtlich, aus denen sich Anhaltspunkte dafür ergäben, dass die Einkommensteuer 1996 zum Nachteil des Klägers zu hoch festgesetzt sein könnte. Da das Gericht nicht befugt ist, die festgesetzte Steuer zu erhöhen, braucht auch nicht darauf eingegangen zu werden, ob die negativen Einkünfte aus Gewerbebetrieb (Gewinnerzielungsabsicht?) zu Recht steuermindernd berücksichtigt wurden.
III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 Abs. 1 FGO.
Die Revision wurde nicht zugelassen, weil die dafür erforderlichen Voraussetzungen des § 115 FGO nicht erfüllt sind.