08.01.2010
Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern: Urteil vom 16.06.2004 – 1 K 729/01
Die entgeltliche Nutzungsüberlassung eines medizinischen Großgerätes (hier: eines Magnetresonanztomographen) einschließlich der Zurverfügungstellung qualifizierten, medizinisch-technischen Personals durch ein gemeinnütziges Krankenhaus an eine ärztliche Praxisgemeinschaft erfolgt nicht im Rahmen eines Zweckbetriebes, sondern wird im Rahmen eines von der Steuerbefreiung ausgenommenen wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes erbracht.
URTEIL
IM NAMEN DES VOLKES
In der Rechtssache
wegen:Körperschaftsteuer 1994 – 1996 und Gewerbesteuermessbescheide 1994 – 1996
hat das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern, 1. Senat, aufgrund der mündlichen Verhandlung vom16. Juni 2004 unter Mitwirkung des Richters am Finanzgericht … als Vorsitzenden, der Richterin am Finanzgericht … und des Richters am Finanzgericht … sowie der ehrenamtlichen Richter … und …
für Recht erkannt:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert beträgt 48.650,00 e.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin mit der entgeltlichen Nutzungsüberlassung eines medizinischen Großgerätes – MRT-Gerätes – einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb i. S. der §§ 14, 64 Abgabenordnung (AO) begründet hat.
Die Klägerin ist eine vom Finanzamt als gemeinnützig anerkannte Körperschaft, die nach ihrer Satzung die Förderung der öffentlichen Gesundheitspflege verwirklicht. § 2 Nr. 3 der Satzung der Klägerin lautet wie folgt:
„Die Gesellschaft dient durch die Unterhaltung von Krankenhäusern zur Behandlung und Pflege von Kranken ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen und kirchlichen Zwecken i. S. der §§ 51 ff. AO. Die Gesellschaft ist selbstlos tätig; sie verfolgt in erster Linie eigenwirtschaftliche Ziele. Etwaige Mittel dürfen nur für satzungsmäßige Zwecke verwendet werden. Die Gesellschafter dürfen keinen Gewinnanteil und auch keine sonstigen Zuwendungen aus Mitteln der Gesellschaft erhalten. Die Gesellschaft darf keine Personen durch Verwaltungsaufgaben, die dem Zweck der Gesellschaft fremd sind, oder durch unverhältnismäßig hohe Vergütungen begünstigen.”
Die Klägerin ist nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 S. 1 Körperschaftsteuergesetz – KStG – von der Körperschaftsteuer befreit. Die Befreiung ist jedoch ausgeschlossen, soweit ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb unterhalten wird (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 S. 2 KStG).
Am 01.08.1994 schaffte die Klägerin einen Magnetresonanztomographen – MRT-Gerät – an. Die tatsächlichen Anschaffungskosten des MRT-Gerätes einschließlich der öffentlichen Förderungsmittel betrugen rd. 5 Mill. DM. Für dieses Gerät liegt eine Standortgenehmigung gemäß § 10 KHG des Sozialministers des Landes Mecklenburg-Vorpommern vor. Danach hat der Großgeräteausschuss des Landes M-V dem Standort … in Kooperation mit dem ambulanten Bereich und zwar mit der Gemeinschaftspraxis für Radiologie Dr. …, DM … zugestimmt.
Mit Vertrag vom 22. März 1994 hat die Klägerin das MRT-Gerät entgeltlich zur Mitbenutzung an die ärztliche Gemeinschaftspraxis für Radiologie und Nuklearmedizin zur Mitbenutzung überlassen.
Die Kooperationsvereinbarung sieht u. a. vor, dass die Klägerin für die Dauer der Nutzung durch die Gemeinschaftspraxis qualifiziertes nicht ärztliches medizinisch-technisches Personal zur Verfügung stellt (§ 1 Nr. 4) und dass Filme und sonstiges untersuchungsbedingtes typisches Verbrauchsmaterial von der Klägerin gestellt wird (§ 1 Nr. 5).
Die aus der zeitweiligen Mitbenutzung des MRT-Gerätes durch die Gemeinschaftspraxis erzielten Einkünfte betrugen unstreitig für die Jahre:
1994 | … DM |
1995 | … DM |
1996 | … DM. |
Im einzelnen wurden die Ergebnisse aus der Sachmittelgestellung des MRT-Gerätes wie folgt ermittelt:
1994 | |
Erlöse: | … DM |
Sachkosten: | |
Energie: | … DM |
Instandhaltung: | … DM |
Materialeinsatz: | … DM |
Abschreibung: | … DM |
Versicherung: | … DM |
Personalkosten: | … DM |
Verwaltungsaufwand: | … DM |
Ergebnis: | … DM |
1995 | |
Erlöse: | … DM |
Sachkosten: | |
Energie: | … DM |
Instandhaltung: | … DM |
Materialeinsatz: | … DM |
Abschreibung: | … DM |
Versicherung: | … DM |
Personalkosten: | … DM |
Verwaltungsaufwand: | … DM |
Ergebnis: | … DM |
1996 | |
Erlöse: | … DM |
Sachkosten: | |
Energie: | … DM |
Instandhaltung: | … DM |
Materialeinsatz: | … DM |
Abschreibung: | … DM |
Zinsen: | … DM |
Versicherung: | … DM |
Personalkosten: | … DM |
Verwaltungsaufwand: | … DM |
Ergebnis: | … DM |
Die Klägerin sah die zeitweilige Nutzungsüberlassung des Großgerätes an die ärztliche Gemeinschaftspraxis steuerlich als zum Zweckbetrieb des Krankenhauses nach § 67 AO gehörend an.
Bei einer vom 09.11. bis 03.12.1998 durchgeführten Betriebsprüfung rechnete der Prüfer die Tätigkeit aus der Überlassung zur Mitbenutzung des medizinischen Großgerätes dem steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb i. S. der §§ 14, 64 AO zu.
Das Finanzamt schloss sich der Auffassung des Prüfers an und erließ am 26.11.1999 unter anderem geänderte Bescheide über Körperschaftsteuer sowie den Gewerbesteuermessbetrag für die Kalenderjahre 1994 bis einschließlich 1996.
Gegen diese Bescheide legte die Klägerin am 16.12.1999 Einspruch ein. Dieser richtete sich unter anderem gegen die Einbeziehung der Einkünfte aus der Überlassung zur Mitbenutzung des MRT-Gerätes an die Gemeinschaftspraxis in den steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb der Klägerin. Im Verlaufe des Einspruchsverfahrens wurden durch das Finanzamt die Körperschaftsteuer- und Gewerbesteuermessbetragsbescheide vom 26.11.1999 für die Kalenderjahre 1995 und 1996 am 15.10.2001 aus hier nicht streitigen Gründen zugunsten der Klägerin geändert.
Mit der Einspruchsentscheidung vom 22.10.2001 lehnte das Finanzamt jedoch eine weitere Änderung der angefochtenen Steuerbescheide ab.
Am 19.11.2001 hat die Klägerin Klage erhoben.
Zur Begründung trägt sie vor,
die zeitweilige Überlassung des medizinischen Großgerätes zur Mitbenutzung an die Gemeinschaftspraxis erfolge noch im Rahmen des steuerbegünstigten Zweckbetriebes Krankenhaus nach § 67 AO. Da bezogen auf die Umsatzsteuer auch die Großgeräteüberlassung durch ein Krankenhaus eine typische Leistung eines Krankenhauses sei, sei diese Leistung auch körperschaftsteuerrechtlich gemäß § 67 Abs. 1 AO in den Zweckbetrieb Krankenhaus einzuordnen. So fielen unter die Umsatzsteuerbefreiung des § 4 Nr. 16 Umsatzsteuergesetz – UStG – alle eng mit dem Betrieb der Krankenhäuser verbundenen Umsätze. Zu diesen eng verbundenen Umsätzen gemäß § 4 Nr. 16 UStG gehörten unter anderem die Überlassung von medizinisch-technischen Großgeräten an angestellte Ärzte für deren selbständige Tätigkeit, an Krankenhäuser und an niedergelassene Ärzte zur Mitbenutzung (vgl. Abschnitt 100 Abs. 2 Nr. 8 UStR). Somit knüpften die Abgabenordnung wie auch das Umsatzsteuergesetz an typische Krankenhausleistungen an, wenn es sich um ein Krankenhaus i. S. von § 2 Nr. 1 KHG handeln würde.
Für die Einbeziehung der eng mit dem Krankenhausbetrieb verbundenen Leistungen in den Bereich des § 67 AO spreche des weiteren der Wille des Gesetzgebers, Selbstversorgungseinrichtungen eines Krankenhauses in den Zweckbetrieb einzubeziehen, wenn die Lieferungen und sonstigen Leistungen dieser Einrichtung an Außenstehende dem Wert nach 20 % der gesamten Lieferungen und sonstigen Leistungen dieses Betriebes nicht übersteigen würden (§ 68 Nr. 2 AO). In der zeitweiligen Überlassung von Großgeräten zur Mitbenutzung sei ein wesentlich engerer Bezug zu den Krankenhausleistungen zu sehen, als es bei Selbstversorgungseinrichtungen der Fall sei.
Die zeitweilige Überlassung zur Mitbenutzung des MRT-Gerätes stelle nur einen Ausfluss der Tätigkeit eines Krankenhauses dar. Die Nutzung medizinischer Großgeräte zur ärztlichen Hilfeleistung sei unstreitig eine typische Leistung eines Krankenhauses. Gerade bei medizinischen Großgeräten sei es volkswirtschaftlich geboten, eine volle Auslastung zu erreichen, selbst dann wenn dieses nur durch die zeitweilige Mitbenutzung durch eine Gemeinschaftspraxis erfolge. Die Leistungen würden unmittelbar dem Patienten zugute kommen, unabhängig davon, ob die Leistungen durch die Klägerin oder durch die Gemeinschaftspraxis erbracht worden seien.
Darüber hinaus seien durch die Vermietung des MRT-Gerätes auch die Voraussetzungen für einen Zweckbetrieb nach § 65 AO erfüllt.
In der Überlassung des medizinischen Großgerätes zur Mitbenutzung spiegele sich ebenfalls die satzungsmäßige gemeinnützige Zielstellung der Förderung des Gesundheitswesens wider. Weder die Gemeinschaftspraxis noch das Krankenhaus allein wären in der Lage gewesen, das Großgerät wirtschaftlich auszulasten. Damit wäre eine Investition wahrscheinlich nicht zustande gekommen und eine ganze Region hätte auf ein solches fortschrittliches medizinisches Großgerät verzichten müssen. Somit sei gerade durch die Großgerätekooperation ein weiter Patientenkreis erfasst, der konkret die Segnungen des medizinischen Fortschrittes in der Region erleben dürfe.
Für ihre Rechtsauffassung spreche auch das BMF-Schreiben vom 25.03.1987 (IV B 4-S-22-46-7/87). In diesem Schreiben werde die ertragsteuerliche Behandlung der Überlassung von Nutzungszeiten an einem medizinischen Großgerät von niedergelassenen Ärzten an ein Krankenhaus gegen Entgelt behandelt. Danach gingen die Vertreter der obersten Finanzbehörden der Länder davon aus, dass es sich bei dem von einem Krankenhaus gezahlten Nutzungsentgelt auch dann nicht um Einnahmen aus Gewerbebetrieb handele, wenn in dem Entgelt ein Gewinnaufschlag enthalten sei. Nichts anderes könne daher im umgekehrten Fall gelten.
Die Klägerin beantragt,
abweichend von den Bescheiden über Körperschaftsteuer und Gewerbesteuermessbetrag für 1994 vom 26. November 1999, den geänderten Bescheiden über Körperschaftsteuer und Gewerbesteuermessbetrag für 1995 und den Gewerbesteuermessbetrag für 1996 vom 15. Oktober 2001 in Gestalt der Einspruchsentscheidungen vom 22. Oktober 2001 und dem geänderten Bescheid für 1996 über Körperschaftsteuer vom 17. Juni 2003 bei der Ermittlung des zu versteuernden Einkommens die Einkünfte aus der Überlassung des MRT-Gerätes für 1994 i. H. v. … DM, für 1995 i. H. v. … DM und für 1996 i. H. v. … DM nicht zu berücksichtigen und die Körperschaftsteuer sowie die einheitlichen Gewerbesteuermessbeträge entsprechend niedriger festzusetzen
und
die Zuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren für notwendig zu erklären.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung trägt er vor,
die Klägerin habe mit der Sachmittelgestellung einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb i. S. der §§ 14, 64 AO begründet. Die begünstigenden Voraussetzungen eines Zweckbetriebes nach den §§ 65, 67 AO seien nicht erfüllt.
Unterhalte eine nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 S. 1 KStG steuerbefreite Körperschaft einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 14 AO), der keinen Zweckbetrieb i. S. der §§ 65 bis 68 AO sei, dann sei die Steuerbefreiung insoweit ausgeschlossen (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 S. 2 und 3 KStG).
Mit der entgeltlichen Nutzungsüberlassung des MRT-Gerätes an die Gemeinschaftspraxis übe die Klägerin eine selbständige nachhaltige Tätigkeit aus, durch die sie Einnahmen erzielt habe und die über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgegangen sei. Die Überlassungstätigkeit sei selbständig i. S. des § 14 AO gewesen, weil sie über die Verwendung der erwirtschafteten Gewinne hinaus keinen weiteren unmittelbaren Bezug zur gemeinnützigen Tätigkeit der Klägerin aufgewiesen habe.
Die Tätigkeit sei auch über den Rahmen der Vermögensverwaltung hinausgegangen. Die nicht steuerpflichtige, steuerunschädliche vermögensverwaltende Tätigkeit sei durch die Nutzung des Vereinsvermögens der Körperschaft durch Dritte gegen Entgelt gekennzeichnet. Sie bestehe in der Regel darin, dass Kapitalvermögen verzinslich oder in Anteilspapieren angelegt, unbewegliches Vermögen vermietet oder verpachtet werde, Rechte entgeltlich übertragen werden.
Im Streitfall habe die Klägerin solche über die Vermietungstätigkeit hinausgehenden, ins Gewicht fallenden Zusatz- bzw. Sonderleistungen erbracht. Der Materialeinsatz gemäß § 1 Nr. 5 der Kooperationsvereinbarung zwischen der Klägerin und der Gemeinschaftspraxis vom 22.03.1994 (Filme und sonstiges untersuchungsbedingtes typisches Verbrauchsmaterial) sowie die Personalgestellung nach § 1 Nr. 4 des Vertrages (qualifiziertes, nicht ärztliches medizinisch-technisches Personal) gehörten nicht zu den Leistungen, die dem Vermieter üblicherweise, wie Pflege, Wartung und Versicherung des Objektes obliegen würden.
Da die Gemeinschaftspraxis nach der Kooperationsvereinbarung berechtigt sei, das Gerät je nach Arbeitstag zwischen 6 bis 7 Stunden zu nutzen, handele es sich bei der entgeltlichen Nutzungsüberlassung um ein nicht unwesentliches vertragliches Benutzungsrecht.
Die Vermietung erfolge auch nicht im Rahmen des Zweckbetriebes Krankenhaus.
Krankenhäuser könnten nur mit ihren ärztlichen oder pflegerischen Leistungen einen Zweckbetrieb i. S. des § 67 AO begründen. Der Begriff „Krankenhaus” sei weder in § 67 AO noch in sonstigen Steuergesetzen definiert. § 2 Nr. 1 KHG definiere Krankenhäuser als „Einrichtungen”, in denen durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistungen Krankheiten, Leiden oder Körperschäden festgestellt, geheilt oder gelindert werden sollten oder Geburtshilfe geleistet werde und in denen die zu versorgenden Personen untergebracht oder verpflegt werden können. Diese Definition gelte allgemein im Steuerrecht. Nur in diesem Umfang sei § 67 AO Spezialregelung zur allgemeinen Definition des Zweckbetriebes durch § 65 AO. Folglich sei die Umsatzsteuerbefreiung gemäß § 4 Nr. 16 UStG unbeachtlich. Die entgeltliche Nutzungsüberlassung des Großgerätes der Klägerin an die Gemeinschaftspraxis sei keine ärztliche oder pflegerische Leistung im eigentlichen Sinne des § 2 Nr. 1 KHG. Sie sei daher nicht dem Zweckbetrieb „Krankenhaus” i. S. von § 67 AO zuzuordnen.
Auch in Bezug auf die Vermietung des MRT-Gerätes sei kein Zweckbetrieb i. S. von § 65 AO gegeben. Die Annahme eines Zweckbetriebes nach § 65 AO setze voraus, dass er in seiner Gesamtrichtung tatsächlich und unmittelbar die steuerbegünstigten Zwecke verwirkliche.
Unmittelbarkeit setze eine Leistung voraus, durch die der Zweck gefördert oder erfüllt werde, ohne dass eine weitere Leistung dazwischengeschaltet worden sei (BFH-Urteil vom 26.10.1989, V R 25/84 BStBl II 1990, 98). Dies bedeute, dass die zu beurteilende wirtschaftliche Tätigkeit selbst und nicht nur die durch sie erzielten Einnahmen der Verwirklichung der in der Satzung festgelegten steuerbegünstigten Zwecke dienen müssten. Eine entgeltliche Überlassung sei immer dann als steuerpflichtiger wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb nach § 65 AO einzustufen, wenn die „übernehmende” Person oder Einrichtung mit den gestellten Sachmitteln eigenwirtschaftliche Zwecke verfolgen würde. Dann könne die Überlassung bereits dem Grunde nach nicht als Verfolgung steuerbegünstigter Zwecke beurteilt werden. Die Überlassung des MRT-Gerätes sowie die zur Verfügungstellung des Personals erfolge unmittelbar gegenüber der behandelnden Gemeinschaftspraxis, die damit ihre eigenwirtschaftlichen Zwecke verfolgen würde. Folglich würden die Sachmittel und das Personal letztlich nur mittelbar für die Versorgung der betreffenden Patienten eingesetzt. Es fehle insoweit an einer unmittelbaren eigenen steuerbegünstigten Tätigkeit des Krankenhauses. Allein die Tatsache, dass die Nutzungsüberlassung die Verwirklichung der satzungsmäßigen Zwecke (§ 2 Nr. 3 der Satzung) erleichtere und ihnen dienlich sei, führe nicht zu deren unmittelbaren Verwirklichung.
Schließlich sei der Beklagte auch an eine verwaltungsinterne Regelung der Oberfinanzdirektion Rostock gebunden, die im Streitfall besage, dass die entgeltliche Nutzungsüberlassung eines medizinischen Großgerätes zur Mitbenutzung durch eine Gemeinschaftspraxis einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb i. S. der §§ 14, 64 AO darstelle (Bl. 127 ff. Streitakte).
Dem Gericht lagen zur Entscheidung 1 Band Körperschaftsteuerakten, 1 Band Gewerbesteuerakten, 1 Band Betriebsprüfungsakten, 1 Band Akten zur gesonderten Feststellung des verwendbaren Eigenkapitals, 1 Band Bilanzakten, 1 Band Vertragsakten, sowie 2 Ordner Sonderakten zur Entscheidung vor.
Gründe
1.
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
Nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 S. 1 KStG ist eine Körperschaft von der Körperschaftsteuer befreit, wenn sie nach der Satzung und der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dient (§§ 51 bis 68 AO). Die Klägerin ist vom Finanzamt als gemeinnützig in diesem Sinne anerkannt, sodass sie mit ihren Einkünften grundsätzlich nicht der Besteuerung unterliegt.
Unterhält die Körperschaft jedoch einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb (§ 14 AO), der kein Zweckbetrieb i. S. der §§ 65 bis 68 AO und auch kein selbstbewirtschafteter Forstbetrieb ist, dann ist die Steuerbefreiung insoweit ausgeschlossen (§ 5 Abs. 1 Nr. 9 S. 2 und 3 KStG).
Nach § 14 Satz 1 AO ist eine selbständige nachhaltige Tätigkeit, durch die Einnahmen oder sonstige wirtschaftliche Vorteile erzielt werden, nur dann ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb, wenn die Tätigkeit über den Rahmen einer Vermögensverwaltung hinausgeht. Eine vermögensverwaltende Tätigkeit verstößt nicht gegen das Ausschließlichkeitsgebot der §§ 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 KStG, 56 AO (vgl. BFH-Urteil vom 23. Oktober 1991 I R 19/91, BFHE 165, 484, BStBl II 1992, 62).
Die Überlassung des MRT-Gerätes einschließlich der Zurverfügungstellung des Personals stellt einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb i. S. des § 14 AO dar. Die Überlassung des MRT-Gerätes an die Gemeinschaftspraxis wird nachhaltig betrieben, ist entgeltlich und geht über den Rahmen der Vermögensverwaltung hinaus.
In der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes sind verschiedene Abgrenzungskriterien entwickelt worden, wann die Vermietung einzelner beweglicher Gegenstände die Voraussetzungen einer gewerblichen Tätigkeit erfüllt und wann von Vermögensverwaltung auszugehen ist. Danach erfüllt das Vermieten einzelner beweglicher Gegenstände grundsätzlich die Voraussetzungen des § 15 Abs. 2 Einkommensteuergesetz – EStG –, geht aber in der Regel über den Rahmen einer privaten Vermögensverwaltung nicht hinaus. Eine gewerbliche Vermietungstätigkeit ist erst dann anzunehmen, wenn nach dem Gesamtbild der Verhältnisse im Einzelfall besondere Umstände hinzutreten, die der Tätigkeit als Ganzes das Gepräge einer selbständigen nachhaltigen, von Gewinnstreben getragenen Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr geben, hinter der die eigentliche Gebrauchsüberlassung des Gegenstandes in den Hintergrund tritt (vgl. BFH-Urteil vom 18. Mai 1999 III R 65/97, BFHE 188, 490, BStBl II 1999, 619, m. w. N. – Vermietung einer Segelyacht).
Weitere Abgrenzungskriterien sind in der Rechtsprechung insbesondere im Zusammenhang mit der Vermietung einzelner Ferienwohnungen entwickelt worden (vgl. BFH-Urteil v. 25.06. 1976 III R 167/73, BStBl II 1976, 728 zu § 1 Abs. 1 InvZulG 1969). Nicht jede Sonderleistung über die bloße Zurverfügungstellung von Wohnraum hinaus nimmt danach der Betätigung ihren Charakter als Vermögensverwaltung. Voraussetzung für die Annahme eines Gewerbebetriebes ist vielmehr insbesondere die Bereitstellung einer mit einem gewerblichen Beherbergungsunternehmen vergleichbaren unternehmerischen Organisation.
Unter Berücksichtigung dieser von der Rechtsprechung entwickelten Kriterien ist die Überlassung des MRT-Gerätes keine Vermögensverwaltung mehr, denn die Klägerin erbringt über die reine Vermietungstätigkeit hinaus erhebliche Sonderleistungen. So stellt sie gemäß § 4 Nr. 1 der Kooperationsvereinbarung vom 22.03.1994 für die Dauer der Nutzung durch die Gemeinschaftspraxis qualifiziertes nicht ärztliches medizinisch-technisches Personal zur Verfügung, gleiches gilt für das Verbrauchsmaterial.
Die Höhe der Sonderleistungen „Personalgestellung und Verbrauchsmaterial hat 1994 23.380,80 DM, 1995 137.201,00 DM und 1996 155.516,00 DM betragen. Die Sonderleistungen belaufen sich somit auf 26 % bis 28 % der erzielten Umsätze aus der Überlassung des MRT-Gerätes von
… DM | im Jahre 1994, |
… DM | im Jahre 1995, |
… DM | im Jahre 1996 |
und nehmen damit einen nicht nur geringfügigen Umfang an.
Die entgeltliche Leistung der Überlassung des MRT-Gerätes wurde somit im Rahmen eines wirtschaftlichen Geschäftsbetriebes i. S. d. § 14 AO ausgeführt.
2.
Im Streitfall liegt auch kein Zweckbetrieb vor, dem die Steuervergünstigung erhalten bleibt, (§ 64 Abs. 1 AO).
§ 64 AO sieht folgendes vor:
Schließt das Gesetz die Steuervergünstigung insoweit aus, als ein wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb (§ 14 AO) unterhalten wird, so verliert die Körperschaft die Steuervergünstigung für die dem Geschäftsbetrieb zuzuordnenden Besteuerungsgrundlagen (Einkünfte, Umsätze, Vermögen), soweit der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb kein Zweckbetrieb (§§ 65 bis 68 AO) ist.
Die Überlassung des MRT-Gerätes findet nicht im Rahmen des Zweckbetriebes „Krankenhaus” statt.
Nach § 67 Abs. 1 AO ist ein Krankenhaus, das in den Anwendungsbereich der Bundespflegesatzverordnung – BPflV – fällt, ein Zweckbetrieb, wenn mindestens 40 v. H. der jährlichen Pflegetage auf Patienten entfallen, bei denen nur Entgelte für allgemeine Krankenhausleistungen (§§ 5, 6 und 21 BPflV) berechnet werden. Zwischen den Beteiligten ist unstreitig, dass die Voraussetzungen dieser Norm gegeben sind.
Der Begriff „Krankenhaus” ist weder in § 67 AO noch in sonstigen Steuergesetzen definiert. Die Definition des Krankenhauses ergibt sich aus dem Krankenhausfinanzierungsgesetz vom 29.06.1972 – KHG – (BGBl I 1972, 1009). § 2 Nr. 1 KHG definiert Krankenhäuser als Einrichtungen, in denen durch ärztliche und pflegerische Hilfeleistungen Krankheiten, Leiden oder Körperschäden festgestellt, geheilt oder gelindert werden sollen oder Geburtshilfe geleistet wird und in denen die zu versorgenden Personen untergebracht oder verpflegt werden können. Diese Definition gilt allgemein im Steuerrecht. Nur in diesem Umfang ist § 67 AO Spezialregelung zur allgemeinen Definition des Zweckbetriebes durch § 65 AO. Eine wirtschaftliche Betätigung mit anderem Gegenstand führt als wirtschaftlicher Geschäftsbetrieb insoweit jedenfalls zur Steuerpflicht bzw. zur Anwendung des vollen Steuersatzes nach den einschlägigen Vorschriften (vgl. BFH-Urteil vom 18.10.1990 V R 35/85, BStBl II 1991, 157).
Bei Zugrundelegen der Definition des § 2 Nr. 1 KHG begründen Krankenhäuser nur mit ihren ärztlichen oder pflegerischen Leistungen einen Zweckbetrieb i. S. des § 67 AO. Zu dem Zweckbetrieb Krankenhaus gehören daher alle Einnahmen und Ausgaben, Umsätze und Vermögensgegenstände, die mit den Leistungen an die Patienten als Benutzer des jeweiligen Krankenhauses zusammenhängen. Sonstige Tätigkeiten eines Krankenhauses fallen nicht in den Bereich des Begriffs „Krankenhaus”.
Im Streitfall ist die Überlassung des MRT-Gerätes einschließlich des nichtärztlichen medizinisch-technischen Personals weder als ärztliche noch als pflegerische Leistung zu qualifizieren. Die entgeltliche Überlassung des MRT-Gerätes dient eigenwirtschaftlichen Zwecken der Klägerin, sowie der Praxisgemeinschaft, die dieses Gerät nutzt und damit ihrerseits wiederum Einnahmen aus selbständiger Arbeit erzielt.
Dass aus Sicht der Klägerin nach heutigem Verständnis bzw. heutiger Verkehrsanschauung auch die entgeltliche Überlassung von medizinischen Großgeräten zum Zweckbetrieb eines Krankenhaus gehört, führt nicht zu einer anderen rechtlichen Wertung. Eine Verkehrsanschauung kann bei der Auslegung des Begriffs „Krankenhaus” nur dann eine Rolle spielen, wenn sich aus den hier einschlägigen Vorschriften – § 2 KHG – selbst ergibt, dass für eine Begriffsbestimmung eine Verkehrsanschauung maßgebend sein sollte. Dies ist jedoch nach § 2 KHG nicht der Fall.
Der Hinweis der Klägerin auf die Umsatzsteuerbefreiung der Vermietungsleistung gem. § 4 Nr. 16 UStG, Abschnitt 100 Abs. 2 Nr. 8 UStR führt nicht zu einer anderen rechtlichen Beurteilung, da im Bereich des Gemeinnützigkeitsrechts ertrags- und umsatzsteuerrechtliche Regelungen nicht aufeinander abgestimmt sind.
3.
Die Vermietung des MRT-Gerätes kann auch nicht als Zweckbetrieb (§ 65 AO) von der Besteuerung ausgenommen werden.
Nach dieser Vorschrift ist ein Zweckbetrieb gegeben, wenn
der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb in seiner Gesamtrichtung dazu dient, die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Körperschaft zu verwirklichen,
die Zwecke nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden können und
der wirtschaftliche Geschäftsbetrieb zu nicht begünstigten Betrieben derselben oder ähnlichen Art nicht in größerem Umfang in Wettbewerb tritt, als es bei Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist.
Ein Zweckbetrieb ist nur anzunehmen, wenn die Voraussetzungen des § 65 Nr. 1 bis 3 AO kumulativ vorliegen (BFH vom 13.03.1991 I R 8/88, BStBl II 1992, 101).
Der Senat kann im Streitfall offenlassen, ob die Voraussetzungen des § 65 Nr. 1 AO gegeben sind, weil – so der Vortrag der Klägerin – die Vermietung des MRT-Gerätes in ihrer Gesamtrichtung dazu dient, den in der Satzung in § 2 Nr. 3 festgelegten Zweck „Behandlung von Kranken”, zu verwirklichen.
Die Tatbestandsvoraussetzung des § 65 Nr. 2 AO, wonach ein Zweckbetrieb nur dann gegeben ist, wenn „die Zwecke nur durch einen solchen Geschäftsbetrieb erreicht werden können”, liegt im Streitfall nicht vor.
Die Verwirklichung des in der Satzung der Klägerin niedergelegten gemeinnützigen Zwecks ist auch ohne Unterhaltung eines wirtschaftlichen Zweckbetriebs durch Vermietung des MRT-Gerätes möglich und wird auch gegenwärtig realisiert. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat hierzu in der mündlichen Verhandlung mitgeteilt, dass das MRT-Gerät derzeit nicht an die Gemeinschaftspraxis vermietet ist.
Die Vermietung des MRT-Gerätes bildet somit nicht das einzige Mittel, den Satzungszweck zu erfüllen. Die Geräteanschaffung mag als solche eine Maßnahme der Verwirklichung des Satzungszweckes sein, die Vermietung des Gerätes gegen Entgelt ist es hingegen nicht.
Zwar trifft es zu, dass die Klägerin im Hinblick auf ihren Satzungszweck auf finanzielle Mittel angewiesen ist. Dennoch erweist sich die Vermietung nicht als unentbehrliches Hilfsmittel zur Erfüllung des begünstigten satzungsmäßigen Zweckes der Klägerin (vgl. BFH-Beschluss vom 06. Juni 2000 – V B 159/99, BFH/NV 2000, 1506). Dies gilt auch dann, wenn die durch die Vermietung erzielten Einnahmen den Satzungszweck maßgeblich unterstützen.
Auch aus der Standortgenehmigung gem. § 10 KHG für das MRT-Gerät lässt sich nicht herleiten, dass nur durch die Nutzungsüberlassung des Gerätes an die Gemeinschaftspraxis die steuerbegünstigten satzungsmäßigen Zwecke der Klägerin erreicht werden können. Gem. § 10 KHG i. d. F. des Streitjahres (§ 10 KHG ist seit 01.01.1997 aufgehoben) war die Anschaffung, Nutzung oder Mitbenutzung medizinisch-technischer Großgeräte unter Berücksichtigung der regionalen Versorgungsbedürfnisse, insbesondere der Leistungserfordernisse benachbarter Krankenhäuser sowie der niedergelassenen Ärzte, mit der zuständigen Landesbehörde abzustimmen, um einen wirtschaftlichen Einsatz der Geräte sicherzustellen. Insgesamt bezweckten die Großgerätevorschriften des KHG überflüssige Kapazitäten zu vermeiden, die für eine medizinische ausreichende und zweckmäßige, qualitativ hochwertige Patientenversorgung notwendigen Großgeräte rationell und wirtschaftlich einzusetzen und hierbei in humaner Weise den richtigen Weg zwischen zuwendungsorientierter und technischer Medizin zu finden (vgl. Brandecker/Dietz/Bofinger KHG § 10 Rz. B 26).
Die Genehmigung des Sozialministers des Landes M-V bezieht sich nur auf den Standort „…”. Dass der Klägerin die Genehmigung für die Anschaffung eines MRT-Gerätes nicht erteilt worden wäre, wenn sie sich nicht gleichzeitig zur entgeltlichen Überlassung des MRT-Gerätes verpflichtet hätte, ergibt sich nicht aus dem Wortlaut der Standortgenehmigung vom 10.10.1991. Hier heißt es lediglich:
„Der Großgeräteausschuss des Landes Mecklenburg-Vorpommern hat Ihren Antrag beraten und einvernehmlich dem Standort … in Kooperation mit dem ambulanten Bereich, und zwar mit der Gemeinschaftspraxis für Radiologie Dr. …, DM … zugestimmt.
Aus diesem Grunde bin ich mit der kooperativen Nutzung eines Magnetresonanztomographen gem. § 10 KHG am … einverstanden.”
Die Genehmigung steht damit nicht unter der Bedingung oder dem Widerrufsvorbehalt, dass das MRT-Gerät entgeltlich an die Gemeinschaftspraxis überlassen wird.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.
Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen (§ 115 Abs. 2 Nr. 1 FGO).
Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 13 Abs. 1 Satz 1, 25 Gerichtskostengesetz – GKG –.