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  • 20.02.2024 · IWW-Abrufnummer 239854

    Arbeitsgericht Paderborn: Urteil vom 12.10.2023 – 1 Ca 434/23

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Arbeitsgericht Paderborn 

    Urteil vom 12.10.2023


    Tenor:
    1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger die bisherige betriebliche Altersversorgung in Höhe von 11.805,45 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2023 zu zahlen.
    2. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger die bisherige betriebliche Altersversorgung in Höhe von 11.805,45 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2023 zu zahlen.
    3. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger die bisherige betriebliche Altersversorgung in Höhe von 11.805,45 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2023 zu zahlen.
    4. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger die bisherige betriebliche Altersversorgung in Höhe von 11.805,45 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2023 zu zahlen.
    5. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger die bisherige betriebliche Altersversorgung in Höhe von 11.805,45 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2023 zu zahlen.
    6. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger die bisherige betriebliche Altersversorgung in Höhe von 11.805,45 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2023 zu zahlen.
    7. Der Beklagte wird verurteilt, zukünftig monatlich 11.805,45 € brutto zahlbar jeweils zum ersten Tag des Folgemonats nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, gerechnet jeweils ab dem Monatszweiten des Folgemonats für die Zeit laufend ab dem 01.10.2023 zu zahlen.
    8. Der Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
    9. Der Wert des Streitgegenstandes wird auf 424.996,20 € festgesetzt.

    Tatbestand

    Der am 14.08.1955 geborene Kläger ist bei dem Beklagten seit dem 01.07.1981 zunächst als Dozent, seit dem 01.01.1991 als stellvertretender Geschäftsführer und seit dem 01.10.1994 als Geschäftsführer nach Maßgabe des Anstellungsvertrages vom 12.09.1994 beschäftigt. Das jährliche Bruttogehalt des Klägers betrug zuletzt 327.210,00 €.

    Der Beklagte ist ein eingetragener Verein mit Sitz in A. Sein Zweck ist die Förderung der schulischen Bildung, der Aus- und Weiterbildung sowie der hochschulischen Lehre und Forschung. Gemäß seiner Satzung verfolgt der Beklagte ausschließlich und unmittelbar gemeinnützige Zwecke im Sinne der Abgabenordnung. Dem Vorstand obliegt die unbeschränkte Geschäftsführung und Vertretung des Vereins. Der Geschäftsführung obliegt die Erledigung der ihr vom Vorstand übertragenen Geschäfte. Gemäß § 14 Ziffer 2 der Satzung darf der Verein keine Person durch Verwaltungsausgaben, die dem Zweck des Vereins fremd sind, oder durch unverhältnismäßig hohe Vergütungen begünstigen. Der Beklagte ist durch das zuständige Finanzamt A als gemeinnützig anerkannt und nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG von der Körperschafts- und nach § 3 Nr. 1 GewStG von der Gewerbesteuer befreit.

    In einer Stellungnahme der B AG vom 21.01.1994 (Bl. 211 f. d. A., Anlage B8) führt diese aus:

    "Der Vorstand des b.i.b. hat am 20. Dezember 1993 beschlossen, die stellvertretenden Geschäftsführer, Herrn C und Herrn D, mit Wirkung zum 1. Januar 1994 zu Geschäftsführern zu ernennen. Geschäftsführer (ordentlicher) war bis dahin allein Herr F. [...]

    Die Bezüge von Herrn C und Herrn D sollen mit Wirkung zum 1. Januar 1994 an die bisherigen Geschäftsführerbezüge (ausschließlich der Altersversorgung) von Herrn F angeglichen werden. [...]

    Es ist die Frage gestellt worden, ob durch die Höhe der Geschäftsführerbezüge im Einzelnen und durch die anpassungsbedingte Erhöhung der Geschäftsführerbezüge insgesamt die Gemeinnützigkeit des b.i.b. gefährdet sein könnte. [...]

    Sofern das b.i.b. darlegen kann, dass qualifizierte Geschäftsführer nur zu gewinnen sind, wenn ähnliche Vergütungen für vergleichbare Tätigkeiten gezahlt werden, dürften die Geschäftsführerbezüge schon von daher angemessen sein. [...]

    Die Anpassungen der Geschäftsführerbezüge von Herrn C und HerrnD an die Bezüge von Herrn F sind durch die Bestellungen zu (ordentlichen) Geschäftsführern bedingt; die zusätzlichen Aufgaben von Herrn F als Schulleiter können durch die nur ihm eingeräumte Altersversorgung als abgegolten gelten. Die absolute Höhe der Geschäftsführerbezüge im Einzelnen wie auch insgesamt hält u. E. einem Drittvergleich stand, insbesondere, wenn auf die Entwicklung des b.i.b. und auf dessen Größe und Bedeutung als Bildungseinrichtung abgestellt wird. Das Postulat der sparsamen Mittelverwendung bei gemeinnützigen Körperschaften wird durch die Höhe der Geschäftsführerbezüge nicht verletzt."

    Unter dem 21.11.2000 (Bl. 25 bis 27 d. A.) haben die Parteien eine Vereinbarung zur Altersversorgung getroffen. Gemäß § 5 dieser Vereinbarung beträgt das Ruhegeld des Klägers 10 % der rentenfähigen Bezüge gemäß § 6 der Vereinbarung zuzüglich 2,5 % der rentenfähigen Bezüge für jedes nach dem 01.07.1981 geleistete volle Jahr der Firmenzugehörigkeit bis zum Höchstbetrag von insgesamt 56 % der rentenfähigen Bezüge.

    Unter dem Datum des 07.08.2006 hat die G Management Consultants GmbH eine "Vergütungsanalyse für den Geschäftsführer des Bildungszentrum für informationsverarbeitende Berufe e.V." (Bl. 322 f. d. A.) durchgeführt. Darin heißt es:

    "[...] Unterhalb des vierköpfigen Vereinsvorstands wurde die operative Tätigkeit des b.i.b. bis zum 31.12.2005 durch ein zweiköpfiges Geschäftsführungsgremium geleitet. Seit 1.1.2006 ist der vormalige Finanzgeschäftsführer zum Alleingeschäftsführer berufen. Anlässlich der hieraus resultierenden zusätzlichen Aufgabenstellungen für den bisherigen Finanzgeschäftsführer, hat das b.i.b. die G Management Consultants GmbH beauftragt, durch einen externen Marktvergleich die marktübliche Vergütung ihres derzeitigen Alleingeschäftsführers zu ermitteln. Die Erhebung soll sich sowohl auf die Höhe als auf die Struktur der monetären Bezüge erstrecken und auch die wesentlichen Zusatzleistungen umfassen.

    [...]

    8.1 Höhe der Gesamtbezüge

    Bezogen auf die Marktwerte in vergleichbaren Non-Profit Organisationen liegen die Ist-Bezüge des Geschäftsführers des b.i.b. deutlich über dem oberen Quartil; dies gilt sowohl hinsichtlich des Grundgehalts (+ 38 %), wie im Hinblick auf die Gesamtbezüge (+ 84 %).

    In Relation zu den Marktwerten von Geschäftsführern vergleichbarer privatwirtschaftlicher Unternehmen liegen zumindest die gegenwärtigen Gesamtbezüge über dem oberen Quartil (+ 18 %). Die aktuellen Grundbezüge des Geschäftsführers des b.i.b. liegen dagegen knapp unterhalb des oberen Quartils und bewegen sich damit innerhalb der marktüblichen Bandbreite.

    Die derzeitigen Ist-Bezüge des b.i.b. Geschäftsführers bewegen sich somit im oberen Marktsegment von Geschäftsführern vergleichbarer privatwirtschaftlicher Unternehmen. Unter dem Gesichtspunkt der langfristigen Bindung eines qualifizierten Geschäftsführers an das Unternehmen unterliegt eine solche Vergütungspolitik keinen Einwänden. Im Hinblick auf die steuerlichen Aspekte der Gemeinnützigkeit ist aber darauf zu achten, dass sich die Gesamtbezüge zumindest nicht oberhalb des Marktrahmens bewegen. Dies gilt umso mehr, als die derzeitigen Gesamtbezüge den Marktrahmen in vergleichbaren Non-Profit Organisationen deutlich überschreiten. Auch vor dem Hintergrund der eventuellen Einstellung eines zweiten Geschäftsführers und den damit verbundenen Gehaltsaufwendungen ist insoweit Vorsicht geboten. [...]

    8.3 Ausstattung mit nicht-monetären Zusatzleistungen

    - Betrieblichen Altersversorgung

    [...]

    Gemäß der Ruhegeldvereinbarung vom 21.11.2000 beträgt der maximale Altersversorgungsanspruch 56 % des letzten aktiven Grundgehalts. Angerechnet werden insoweit Versorgungsleistungen aus der VBL-Rente, soweit diese auf Beiträgen beruhen, die vom b.i.b. getragen wurden. Die Höhe des Versorgungsanspruchs bewegt sich insoweit auf marktüblichem Niveau (vgl. Kap. 7).

    [...]

    Insgesamt ist daher die betriebliche Altersversorgung des Geschäftsführers des b.i.b. als großzügig einzustufen; sie liegt tendenziell oberhalb des Marktdurchschnitts.

    [...]

    8.4 Abschließende Bewertung der Ist-Vergütung

    Insgesamt betrachtet liegt das gegenwärtige Gesamtvergütungspaket des b.i.b. Geschäftsführers z. T. deutlich über dem marktüblichen Niveau. Dies gilt insbesondere in Relation zu Geschäftsführern in vergleichbaren Non-Profit Organisationen.

    Hinsichtlich der Neuausrichtung der monetären Bezüge verweisen wir auf die Ausführungen in Kapitel 8.1 und 8.2. Hinsichtlich der nichtmonetären Zusatzleistungen sollte dagegen von Modifikationen abgesehen werden, da die Abweichungen von der Marktüblichkeit nicht so wesentlich sind, dass eine Anpassung zwingend erforderlich schiene."

    Das Arbeitsverhältnis der Parteien endete nach zwei ordentliche Kündigungen sowie einer außerordentlichen und fristlosen Kündigung des Beklagten durch einen arbeitsgerichtlichen Vergleich vor dem Landesarbeitsgericht Hamm vom 23.07.2008. In diesem heißt es in Ziffer 6:

    "§ 5 Abs. 1 des zwischen den Parteien unter dem 21.11.2000 geschlossenen Vertrages wird insoweit geändert, dass für die Zeit bis zur Vollendung des 63. Lebensjahrs des Klägers der anzuwendende Prozentsatz 42,233 % statt 56 % beträgt. Damit beträgt die Höhe des als Übergangsgeld geschuldeten Ruhegeldes ab dem 01.01.2008 7.000,00 € brutto. Ab Vollendung des 63. Lebensjahres entfällt die Absenkung des Prozentsatzes des Ruhegeldes."

    Zuletzt für März 2023 zahlte der Beklagte an den Kläger ein monatliches Ruhegeld in Höhe von 11.805,45 € brutto. Seit April 2023 leistet der Beklagte an den Kläger keine Ruhegeldszahlungen mehr. Mit seiner am 05.05.2023 vor dem Arbeitsgericht Paderborn erhobenen Klage verlangt der Kläger von dem Beklagten die Zahlung des monatlichen Ruhegeldes ab April 2023 rückwirkend nebst Zinsen sowie für die Zukunft.

    Der Kläger verweist darauf, dass der Vorstand des Beklagten Vergütungsentscheidungen eigenständig und originär getroffen hat. Der Vorstand des Beklagten sei durchgehend mit kompetenten Wirtschaftsfachleuten besetzt gewesen. Der frühere Wirtschaftsprüfer des b.i.b., Herr Wetzstein, war nach seiner Pensionierung im Vorstand des b.i.b. ab Juli 1996 tätig. Ihm sei das Thema Gemeinnützigkeit immer ein zentrales Anliegen gewesen. Bereits um 1995 herum habe der Vorstand beschlossen, den Vertrag des Klägers und seine Vergütung schrittweise an die Konditionen seines Kollegen Sonntag heranzuführen. Nach einer zehnjährigen Zugehörigkeit zur Geschäftsführung sollte die gleiche Vergütung erreicht werden. Dies sei dann mit dem im Jahr 2000 abgeschlossenen Vertrag in 2001 erreicht worden, der die Ruhegehaltszusage beinhaltet. Sowohl die Verträge der Geschäftsführer wie auch die Pensionszusage an Herrn F wurden in einer Stellungnahme der Wirtschaftsprüfer B AG von 1994 geprüft und für angemessen befunden. Damit habe kein Zweifel bestanden, dass auch eine Anpassung der Verträge und Bezüge des Klägers an die von Herrn F nicht unangemessen war.

    Honoriert worden sei mit der Vergütung und dem Ruhegeld die Leistung des Klägers. Zusammen mit seinem Kollegen F habe der Kläger das Konzept des dualen Studiums entwickelt und realisiert und die Fachhochschule der Wirtschaft in NRW und die Fachhochschule für die Wirtschaft Hannover in Niedersachsen gegründet und etabliert. Er habe zahlreiche große Bauprojekte in A, H, I und J realisiert, in erheblichem Umfang stille Reserven gebildet und das Finanzanlagevermögen während seiner Verantwortungszeit nahezu verdoppelt. In den Jahren der Tätigkeit des Klägers sei der Beklagte geprüft worden. Der Jahresabschluss wurde geprüft, er wurde testiert. Es habe bei keiner Prüfung irgendwelche Beanstandungen hinsichtlich satzungsgemäßer Verstöße, steuerrechtlicher Gesichtspunkte o.ä. gegeben.

    Vor dem Landesarbeitsgericht Hamm habe der Kläger in dem Kündigungsschutzverfahren auf Forderungen wie beispielsweise eine Abfindung verzichtet. Wesentlich sei für den Kläger das Ruhegeld gewesen, das in dem geschlossenen Vergleich noch einmal ausdrücklich bestätigt und konstituiert worden sei.

    Der Kläger beantragt,

    1. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger die bisherige betriebliche Altersversorgung in Höhe von 11.805,45 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.05.2023 zu zahlen;

    2. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger die bisherige betriebliche Altersversorgung in Höhe von 11.805,45 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.06.2023 zu zahlen;

    3. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger die bisherige betriebliche Altersversorgung in Höhe von 11.805,45 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.07.2023 zu zahlen;

    4. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger die bisherige betriebliche Altersversorgung in Höhe von 11.805,45 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.08.2023 zu zahlen;

    5. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger die bisherige betriebliche Altersversorgung in Höhe von 11.805,45 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.09.2023 zu zahlen;

    6. den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger die bisherige betriebliche Altersversorgung in Höhe von 11.805,45 € brutto nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 01.10.2023 zu zahlen;

    7. den Beklagten zu verurteilen, zukünftig monatlich 11.805,45 € brutto zahlbar jeweils zum 01. des Folgemonats nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, gerechnet jeweils ab dem Monatszweiten des Folgemonats für die Zeit laufend ab dem 01.10.2023 zu zahlen.

    Der Beklagte beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    Der Beklagte vertritt die Rechtsauffassung, dass die dem Kläger erteilte Versorgungszusage sowohl materiell als auch der Höhe nach derart unangemessen ist, dass von ihrer Nichtigkeit auszugehen ist. Die Versorgungszusage stelle sich in materieller Hinsicht als unüblich dar. Auffällig sei insbesondere die Anrechnung zurückliegender Dienstzeiten sowie das Fehlen einer Altersdifferenzierungsklausel im Hinblick auf die Versorgung der deutlich jüngeren Ehefrau des Klägers. Es erschließe sich auch nicht, warum im Vorfeld der Zusage im Jahr 2000 kein externer Expertenrat eingeholt worden sei. Dies unterstreiche die Sorgfaltspflichtwidrigkeit der handelnden Vorstandsmitglieder und des Klägers.

    Die Höhe des Vergütungspakets des Klägers sei mit dem Selbstlosigkeitserfordernis des gemeinnützigen Beklagten nicht in Einklang zu bringen sind. Eine Untersuchung der Vergütung des Klägers habe ergeben, dass allein die Bruttovergütung des Klägers spätestens ab dem Jahr 2000 einem Fremdvergleich nicht standgehalten hat und daher unverhältnismäßig war. Bereits aus diesem Grund hätte die streitgegenständliche Versorgungszusage nach der Rechtsauffassung des Beklagten nicht erteilt werden dürfen. Insgesamt übersteige das Vergütungspaket (Bruttobezüge und Versorgungszusage) des Klägers die Grenze der Angemessenheit selbst bei wohlwollender Betrachtung um mindestens 71 %. Der seinerzeit handelnde Vorstand habe durch die Vergütungsentscheidung die Schwelle zu einer mindestens bedingt vorsätzlichen Untreue nach § 266 StGB überschritten. Der Kläger habe im Zusammenwirken mit dem früheren Geschäftsführer Sonntag über Jahre hinweg auf den Vorstand eingewirkt und die streitgegenständlichen Verträge maßgeblich vorbereitet. Hierbei sei ihm aufgrund seiner geschäftlichen Erfahrung im Bereich Finanzen und Controlling bekannt gewesen, dass das von ihm angestrebte Vergütungsniveau nicht mit der wirtschaftlichen Lage des Beklagten im Allgemeinen und dessen Gemeinnützigkeit im Besonderen vereinbar war und letztlich nur durch einen erheblichen Sorgfaltsverstoß des Vorstands realisiert werden konnte. Die Vermögensbetreuungspflicht des Klägers sei hier auch nicht eine bloß allgemeine arbeitsvertragliche Nebenpflicht, sondern eine vertragliche Hauptpflicht des Klägers als Geschäftsführer Finanzen gewesen. Trotzdem habe er die entsprechenden Vertragsentwürfe vorbereitet und immer wieder auf deren Abschluss gedrungen und diese schließlich in Kenntnis der Unverhältnismäßigkeit unterzeichnet. Hierdurch sei dem Beklagten ein Vermögensnachteil in Gestalt des bisher gezahlten Ruhegeldes in Höhe von insgesamt 655.835,55 € entstanden.

    Jedenfalls sei die Versorgungszusage nach § 138 Abs. 1 BGB unter dem Gesichtspunkt eines wucherähnlichen Geschäfts nichtig. Nach Auffassung des Beklagten liegt ein besonders grobes Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung vor, so dass das erforderliche subjektive Unrechtsmerkmal der verwerflichen Gesinnung nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vermutet wird. Nach dem Bundesgerichtshof genüge es zur Feststellung einer verwerflichen Gesinnung, wenn die Beteiligten die tatsächlichen Umstände gekannt haben, die die Sittenwidrigkeit begründen oder aber sich deren Kenntnis bewusst entzogen oder verschlossen haben. Sowohl der Kläger als auch der handelnde Vorstand des Beklagten wussten nach dem weiteren Vortrag des Beklagten um die Grenzen der Vergütungsentscheidung und waren sich der Unangemessenheit der Gesamtvergütung bewusst.

    Etwas Anderes ergebe sich auch nicht aus dem vor dem Landesarbeitsgericht Hamm geschlossenen Vergleich. Ziffer 6 des Vergleiches beziehe sich ausschließlich auf das auf Grundlage der Rentenformel berechnete Übergangsgeld bis zum Erreichen des Renteneintrittsalters und enthalte keine materielle Regelung zu der Altersversorgung als solcher.

    Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den vorgetragenen Inhalt der gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf die Sitzungsniederschriften ergänzend Bezug genommen.

    Entscheidungsgründe

    I.

    Die Klage ist begründet. Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung eines monatlichen Ruhegeldes seit April 2023 in Höhe von 11.805,45 € brutto nebst Zinsen für die bis einschließlich September 2023 nicht geleisteten Zahlungen.

    1.

    Der Antrag ist, soweit er auf eine zukünftige Leistung gerichtet ist, zulässig. Bei wiederkehrenden Leistungen, die - wie Betriebsrentenansprüche - von keiner Gegenleistung abhängen, kann gemäß § 258 ZPO grundsätzlich auch Klage auf künftige Entrichtung erhoben werden. Im systematischen Gegensatz zu § 259 ZPO muss nicht die Besorgnis bestehen, dass der Schuldner sich der rechtzeitigen Leistung entziehen wird (BAG, 14.03.2023, 3 AZR 175/22, juris). Für eine Klage gemäß § 258 ZPO wird kein besonderes Rechtsschutzbedürfnis verlangt.

    2.

    Die Klage ist auch begründet. Entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten ist die Vereinbarung der Parteien über eine betriebliche Altersvorsorge des Klägers nicht nichtig.

    a)
    Die Unwirksamkeit der Vereinbarung ergibt sich nicht aus § 134 BGB i. V. m. § 266 StGB. Nach § 134 BGB ist ein Rechtsgeschäft nichtig, dass gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, wenn sich nicht aus dem Gesetz etwas Anderes ergibt. Nach § 266 Abs. 1 StGB wird bestraft, wer die ihm durch Gesetz, behördlichen Auftrag oder Rechtsgeschäft eingeräumte Befugnis, über fremdes Vermögen zu verfügen oder einen anderen zu verpflichten, missbraucht oder die ihm kraft Gesetz, behördlichen Auftrags oder Rechtsgeschäfts oder eines Treueverhältnisses obliegende Pflicht, fremde Vermögensinteressen wahrzunehmen, verletzt und dadurch dem, dessen Vermögensinteressen er zu betreuen hat, Nachteil zufügt. Dabei kommt es für die Wirksamkeit des Vertrags darauf an, ob ein einseitiger oder beiderseitiger Verstoß vorliegt. Bezwecken beide Parteien mit dem Vertrag Untreue gegenüber einem Dritten, so ist der Vertrag nach § 134 BGB nichtig. Wenn dagegen nur einer der beiden Vertragspartner mit dem Abschluss eines Vertrags gegenüber einem Dritten Untreue begeht und der andere Vertragspartner nichts davon weiß, ergreift die Nichtigkeitsfolge des § 134 BGB weder das Kausalgeschäft noch das Erfüllungsgeschäft. Erforderlich ist somit für die Feststellung der Nichtigkeit gemäß § 134 BGB, § 266 StGB, dass vorliegend auch der Kläger Untreue gegenüber dem Beklagten bezweckte. Daran fehlt es vorliegend.

    Es kann dahin stehen, ob der Abschluss der streitgegenständlichen Ruhegeldsvereinbarung der Parteien vom 21.11.2000 die objektiven Voraussetzungen des Untreuetatbestandes erfüllt. Vorliegend muss auch nicht geprüft werden, ob dem Vorstand des Beklagten ein vorsätzliches Handeln unterstellt werden kann. Der Kläger war als Geschäftsführer insbesondere für die Finanzen des Beklagten verantwortlich. Insoweit war er auch an die Satzung des Beklagten gebunden, wonach der Verein keine Personen durch unverhältnismäßig hohe Vergütungen begünstigen darf. Er hatte die Pflicht, die Vermögensinteressen des Beklagten zu wahren. Diese Pflicht war keine Nebenpflicht aus dem Arbeitsverhältnis, sondern eine Hauptpflicht. Es ist aber nicht davon auszugehen, dass der Kläger mit dem Vorsatz gehandelt hat, seine Vermögensbetreuungspflicht zu missbrauchen und dadurch dem Beklagten einen Nachteil zuzufügen. Da es sich insoweit um eine innere Tatsache handelt, die der Kläger bestreitet, kommt es darauf an, ob ihr Vorliegen sich aus den Umständen schlussfolgern lässt. Der Vorsatz muss sich sowohl auf die Verletzung der Vermögensbetreuungspflicht als auch auf die damit verbundenen nachteiligen Folgen für das betreute Vermögen erstrecken. Für eine vorsätzliche Verletzung seiner gegenüber dem Arbeitgeber bestehenden Vermögensbetreuungspflicht muss der Täter die rechtlichen Wertungen in seiner Laiensphäre nachvollzogen haben und hierbei Verletzungen zumindest billigend in Kauf genommen haben. Bloß weil der Täter alle Umstände kennt, muss er sie noch lange nicht zutreffend rechtlich bewerten. Wer von der Rechtmäßigkeit seines Handelns ausgeht, handelt, auch im Fall grob fahrlässiger Fehlbeurteilung, nicht vorsätzlich. So stellt es sich vorliegend dar, wobei offenbleiben kann, ob es sich um einen Fall grob fahrlässiger Fehlbeurteilung handelt.

    Unstreitig war die Angemessenheit der Vergütung der Geschäftsführer ein Thema, mit dem sich der Vorstand und damit auch die Geschäftsführer des Beklagten befasst haben. Es wurden Gutachten namhafter Gesellschaften eingeholt, die, auch wenn sie nicht aus sich heraus nachvollziehbar sind, zu dem Schluss kamen, dass die Vergütung der Geschäftsführer einschließlich der Vergütung des Geschäftsführers F inklusive Altersversorgung, an die die Vergütung des Klägers angepasst wurde, angemessen ist. Zu berücksichtigen ist weiter, dass der ehemalige Wirtschaftsprüfer des Beklagten Vorstandsmitglied war zu dem Zeitpunkt als der streitgegenständliche Vertrag abgeschlossen wurde. Vor dem Hintergrund der eingeholten Gutachten und des Mitwirkens des ehemaligen Wirtschaftsprüfers bei Vertragsabschluss durfte der Kläger davon ausgehen, dass kein Straftatbestand verwirklicht wird. Umstände, die im Gegensatz auf ein vorsätzliches Verhalten des Klägers schließen lassen, liegen nicht vor. Zwar wurde vor Abschluss des streitgegenständlichen Ruhegeldsvertrages kein externes Gutachten eingeholt. Angesichts der früheren Gutachten und der Beteiligung des ehemaligen Wirtschaftsprüfers beim Abschluss des Vertrages musste sich ein etwaiger Verstoß gegen die Vermögensbetreuungspflicht dem Kläger aber keinesfalls aufdrängen.

    Darüber hinaus haben die Parteien bei Abschluss des gerichtlichen Vergleichs die Regelungen zur betrieblichen Altersvorsorge noch einmal bestätigt. Die Parteien stritten über zwei ordentliche Kündigungen sowie eine außerordentliche und fristlose Kündigung. Der zwischen den Parteien vereinbarte Vergleich enthält keine Abfindungsregelung, jedoch die Regelung zur betrieblichen Altersvorsorge des Klägers, die eine Absenkung des Übergangsgeldes beinhaltet. Ab Vollendung des 63. Lebensjahres entfällt nach dem Vergleich die Absenkung. Das bedeutet aber nichts Anderes, als dass der Beklagte nach Vollendung des 63. Lebensjahres das Ruhegeld in der vertraglich vereinbarten Höhe schuldet.

    b)
    Der zwischen den Parteien am 21.11.2000 geschlossene Vertrag ist auch nicht gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig. Nach § 138 Abs. 1 BGB ist ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, nichtig. Ein Rechtsgeschäft verstößt gegen die guten Sitten im Sinne von § 138 Abs. 1 BGB, wenn es nach seinem Inhalt oder Gesamtcharakter gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt (vgl. BGH, 16.07.2019, II ZR 426/17, juris; MüKoBGB/Armbrüster, 9. Aufl. 2021, BGB § 138 Rn 44). Maßgeblich ist die umfassende Würdigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck (LAG Mecklenburg-Vorpommern, 04.12.2018, 2 Sa 143 / 18, juris). Nach § 138 Abs. 2 BGB ist insbesondere ein Rechtsgeschäft nichtig, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

    Objektive Voraussetzung eines wucherähnlichen Geschäfts im Sinne von § 138 Abs. 1 BGB ist eine Äquivalenzstörung, die sich - ebenso wie in Abs. 2 für Wucher ausdrücklich vorgesehen - als auffälliges oder besonders grobes Leistungsmissverhältnis darstellt. Können auf beiden Seiten bewertbare Leistungen ins Auge gefasst werden, so sind diese grundsätzlich nach ihrem objektiven Wert zu veranschlagen. Für die Bestimmung dieses Werts ist grundsätzlich der Marktvergleich ein geeignetes Mittel (vgl. MüKoBGB/Armbrüster, 9. Aufl. 2021, BGB § 138 Rn. 206 mit weiteren Nachweisen).

    Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs reicht ein auffälliges Leistungsmissverhältnis als solches nicht für die Annahme von Sittenwidrigkeit aus. Damit Nichtigkeit ausgelöst wird, muss nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs bei einem wucherähnlichen Geschäft ein subjektives Moment hinzukommen. Bei einem objektiv nicht nur auffälligen, sondern besonders groben Missverhältnis kann allerdings eine verwerfliche Gesinnung vermutet werden (vgl. BGH, 24.01.2014, V ZR 249/12, juris). Maßgeblich für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit sind die Verhältnisse bei Vornahme des Rechtsgeschäfts. Es ist also der Zeitpunkt des Vertragsschlusses entscheidend (ArbG Berlin, 01.09.2023, 21 Ca 1751/23, juris).

    Die streitgegenständliche Vereinbarung vom 21.11.2000 ist bei einer Gesamtbetrachtung unter Berücksichtigung von Inhalt, Beweggrund und Zweck nicht sittenwidrig gemäß § 138 Abs. 1 BGB. Sie räumt dem Kläger mit Erreichen des 63. Lebensjahres einen Anspruch auf ein Ruhegeld ein. Darüber hinaus schränkt sie das Recht des Beklagten, das Arbeitsverhältnis ordentlich zu kündigen, nach einer Dienstzeit von mehr als 25 Jahren ein, da auch dann ein Ruhegeld zu zahlen ist, wenn der Beklagte das Arbeitsverhältnis kündigt, ohne dass dies durch einen ausschließlich durch den Kläger verschuldeten wichtigen Grund veranlasst ist. Die Zahlung einer betrieblichen Altersversorgung ist nicht unüblich. Gleiches gilt für eine Beschränkung des ordentlichen Kündigungsrecht nach einer Dienstzeit von 25 Jahren. Der Kläger wurde hierdurch finanziell gegen ein Arbeitsplatzrisiko abgesichert. Ein besonders grobes Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung ist nicht gegeben.

    II.

    Als unterlegene Partei hat der Beklagte die Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Der Wert des Streitgegenstandes entspricht dem Wert der betrieblichen Altersversorgung des Klägers für einen Zeitraum von 36 Monaten.

    RechtsgebietBGBVorschriften§ 138 Abs. 1 BGB