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  • 22.02.2021 · IWW-Abrufnummer 220696

    Landgericht Bonn: Urteil vom 13.10.2020 – 5 S 56/20

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Landgericht Bonn


    Tenor:

    Auf die Berufung des Klägers hin wird unter Zurückweisung seines weitergehenden Rechtsmittels das Urteil des Amtsgerichts Bonn vom 21.04.2020 (114 C 197/19) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

    Das Versäumnisurteil des Amtsgerichts Bonn vom 08.10.2019 (114 C 197/19) wird aufrechterhalten. Die Widerklage wird als unzulässig abgewiesen.

    Die Kosten des Rechtsstreits 1. Instanz werden gegeneinander aufgehoben, mit Ausnahme der Kosten die durch die Säumnis entstanden sind, die der Kläger zu tragen hat. Die Kosten des Rechtstreits 2. Instanz trägt der Kläger zu 67 % und der Beklagte zu 33%.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

    Die Revision wird nicht zugelassen.

    Der Streitwert wird für die 1. Instanz auf 1.016 € und für die 2. Instanz auf 616 € festgesetzt.

    1

    Gründe

    2

    I.

    3

    Von einer Darstellung des Sach- und Streitstandes sowie der Anträge wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 Satz 1 ZPO abgesehen.

    4

    II.

    5

    Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Amtsgerichts Bonn vom 21.04.2020 (114 C 197/19) wurde form- und fristgerecht eingelegt und begründet. Die Berufung hat in der Sache teilweise Erfolg, so dass die angegriffene Entscheidung entsprechend dem Antrag des Klägers teilweise abzuändern war.

    6

    1.

    7

    Zu Recht rügt der Kläger das Vorliegen einer Überraschungsentscheidung und damit einen Verstoß gegen den Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 GG), weil das Amtsgericht ausweislich des Protokolls vom 10.03.2020 (Bl. ### ff. d.e.A. AG) nicht auf seine nach dem Richterwechsel gegenüber dem zuvor erteilten Hinweis geänderte Rechtsauffassung zur Anwendung der Vorschriften der Rechtsordnung des X e.V. hingewiesen hat. Auf diesem Verstoß beruht das Urteil aber nicht, weil das Amtsgericht die Klage in der Sache zu Recht abgewiesen hat.

    8

    Dem Kläger steht kein Zahlungsanspruch in Höhe von insgesamt 416 € aus den Beschlüssen vom 01.05.2018 iVm den Kostenrechnungen vom 03.05.2018 WBV- RA (2017) 2/2018. 3/2018, 4/2018 und 5/2018 iVm §§ 13, 34 der Satzung des Klägers idF vom 24.06.2017 und §§ 1, 4 der Rechtsordnung des Klägers idF vom 05.05.2007 gegen den Beklagten zu.

    9

    Das Amtsgericht hat zu Recht ausgeführt, dass ein solcher Anspruch des Klägers unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt gegen den Beklagten besteht. Die Beschlüsse vom 01.05.2018 iVm den Kostenrechnungen vom 03.05.2018 sind nichtig und dem Beklagten ist es aus dem Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht verwehrt, diesen Einwand im hier vorliegenden Zahlungsrechtsstreit geltend zu machen.

    10

    a)

    11

    Entgegen der Ansicht des Klägers ist der Beklagte als dessen Mitglied nicht den Regeln des dem Kläger übergeordneten Verbandes, Y e.V (Y) unterworfen, in dem der Beklagte selbst nicht Mitglied ist. Eine solche Unterwerfung folgt nicht aus der Satzung des Klägers oder deren im Rang nachgeordneten Rechtsordnung.

    12

    Grundsätzlich gelten Regeln eines übergeordneten Verbandes nur, wenn sie in die Satzung einbezogen sind. Das Amtsgericht hat in rechtlich nicht zu beanstandender Weise auf die Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 20.09.2016 (Urteil, II UR 25/15 = juris) abgestellt und die vorliegende Sachverhaltskonstellation mit dem dort entschiedenen Sachverhalt als vergleichbar angesehen.

    13

    Der Bundesgerichtshof hat in der zuvor genannten Entscheidung folgende Grundsätze zur Nichtigkeit eines Vereinsbeschluss, um den es sich bei den vier Beschlüssen iVm den Kostenrechnungen des Klägers vom 01./03.05.2018 handelt, aufgestellt:

    14

    Ein Vereinsbeschluss ist nichtig, wenn die Beschlussfassung gegen das Gesetz, die guten Sitten oder zwingende Vorschriften der Satzung verstößt. Beschlüsse, die in Ausübung der aus der Vereinsautonomie gemäß Art. 9 GG hergeleiteten Sanktionsgewalt Disziplinarmaßnahmen zum Gegenstand haben, bedürfen einer hinreichend bestimmten Grundlage, damit der Regelunterworfene einen eventuell drohenden Rechtsnachteil erkennen und entscheiden kann, ob er diesen hinnehmen beziehungsweise ob er sein Verhalten danach einrichten will. Dies gilt unabhängig davon, ob die Unterwerfung unter die Disziplinargewalt kraft Vereinsmitgliedschaft unmittelbar aus der Satzung des Vereins oder - etwa bei Maßnahmen gegenüber Nichtmitgliedern - aus einer Unterwerfung durch rechtsgeschäftlichen Einzelakt folgt (BGH, aaO = juris Rn. 37).

    15

    Bezüglich der Geltung von Regeln ‒ wie im vorliegenden Fall die §§ 7, 28, 29 Y-RO idF von 2005 (Bl. ## ff. d.e.A.) ‒ eines übergeordneten Verbandes auf die Mitglieder des nachgeordneten Vereins hat der Bundesgerichtshof entscheiden, dass diese sich nicht allein aufgrund der Mitgliedschaft auf diese erstrecken. Es bedürfe entweder einer Grundlage in der Satzung des nachgeordneten Vereins oder einer sonstigen Anerkennung dieser Möglichkeit durch dessen Mitglied. Dabei ist es durchaus möglich, entsprechende Klauseln in die Satzung des jeweiligen Vereins aufzunehmen, nach denen bestimmte Regeln aus der Satzung des übergeordneten Verbands auch für und gegen die Mitglieder des nachgeordneten Vereins gelten sollen. Das muss aber - jedenfalls wenn die Vereinsdisziplinargewalt betroffen ist - ausdrücklich geschehen. Denn nur so kann die nötige Transparenz hergestellt werden. Enthält die Satzung des untergeordneten Vereins dagegen keine entsprechenden Klauseln, fehlt es für eine Maßnahme der Vereinsdisziplinargewalt an der erforderlichen Transparenz. Einem Vereinsmitglied kann dann nicht angesonnen werden, nicht nur die Satzung seines Vereins zur Kenntnis zu nehmen, sondern sich auch noch die Satzung des übergeordneten Verbands - möglicherweise auch einer dritten Ebene - zu beschaffen und zu lesen (BGH, aaO = juris Rn. 42).

    16

    Die Kammer folgt der rechtlichen Bewertung des Amtsgerichts, dass diese Grundsätze nicht nur für die Disziplinargewalt eines Vereins, sondern auch für die Belastung mit Kosten aus der Durchführung oder auch nur Einleitung eines vereinsinternen Rechtsstreits gelten müssen. Das Amtsgericht hat rechtlich überzeugend darauf abgestellt, dass solche Kostenfolgen von einer Bedeutung sind, die bei der Entscheidungsfindung des Mitglieds, ob der Rechtsweg beschritten werden sollte, berücksichtigt werden können und deshalb nach den oben aufgeführten Grundsätzen des Bundesgerichtshofs in der Satzung transparent verankert sein müssen. Die klägerische Ansicht im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 28.09.2020, dass bei der Prüfung der Einhaltung des Transparenzgebots im Vereinsrecht auf die entsprechende Rechtsprechung und die Regelungen zur Kontrolle von Allgemeinen Geschäftsbedingungen (§§ 307 Abs. 1 S. 2, 310 Abs. 3 BGB) zurückgegriffen werden soll, vermag die Kammer nicht zu überzeugen. Der Bundesgerichtshof hat sich in der zuvor genannten Entscheidung vom 20.09.2016 ‒ wie der Kläger selbst ausführt ‒ gerade nicht auf das AGB-Recht gestützt, sondern auf das Vereinsrecht selbst und die aus Art. 9 GG folgende Vereinsautonomie. Es liegen keine vergleichbaren Sachverhaltskonstellationen vor. Zutreffend hat das Amtsgericht auch die in der Satzung des Klägers und dessen Rechtsordnung enthaltenen Vorschriften als nach diesen Grundsätzen nicht hinreichende Grundlage für die Kostenforderungen aus den Beschlüssen vom 01.05.2018 iVm den Kostenrechnungen vom 03.05.2018 erachtet. Dies gilt sowohl hinsichtlich §§ 6 Abs. 1, 7 Abs. 5, 13 Abs. 2 und 34 der Satzung des Klägers als auch für § 4 Abs. 1 der Rechtsordnung des Klägers idF vom 05.05.2007. Diesen Bestimmungen ist weder die Verpflichtung zur Zahlung einer Verfahrensgebühr, noch zur Kostentragung bei Nichteinzahlung dieser Gebühr oder zu deren Höhe bzw. deren Ermäßigung oder deren Wegfalls bei Nichtweiterbetreibens des Verfahrens zu entnehmen. Dabei verkennt die Kammer nicht, dass es nach der Rechtsprechung ‒ wie das Amtsgericht Heidelberg in seiner Entscheidung vom 21.01.2016 (Urteil, 29 C 230/15 = juris Rn. 40 ff.) unter Bezugnahme auf die entsprechende obergerichtliche Rechtsprechung ausführte ‒ zwar grundsätzlich möglich ist, vereinsinterne Detailregelungen in Nebenordnungen auszulagern, um eine Überfrachtung der Satzung, mehr Flexibilität bei kleineren Änderungen und eine Vermeidung häufiger Neueintragungen von Satzungsänderungen in das Vereinsregister nach deren Sinn und Zweck zu vermeiden. Die Möglichkeit der Auslagerung von Detailregelungen in Nebenordnungen findet ihre Schranke jedoch in dem Grundsatz, dass die das Vereinsleben bestimmenden Grundentscheidungen des Vereins in der Satzung selbst verankert sein müssen (Vgl. AG Heidelberg, aaO = juris Rn. 40 f. mwN). Weder die Satzung des Klägers, noch dessen Rechtsordnung enthalten aber überhaupt ‒ wie oben bereits ausgeführt ‒ Regelungen zur Kostenlast und Kostenhöhe. Lediglich die Regelung des § 4 Abs. 1 der Rechtsordnung des Klägers idF vom 05.05.2007 enthält eine Generalklausel, wonach Entscheidungen kostenpflichtig und damit nicht kostenfrei sind. Zudem ermäßigt sich die Gebühr iHv jeweils 104 € für die Verfahrenseinleitung vor der ersten Rechtsinstanz gemäß § 28 Abs. 5 Y-RO auch nicht, wenn das Verfahren mangels Einzahlung der Verfahrensgebühr nicht weiterbetrieben und damit nach § 7 Y-RO unzulässig wird. Im Gerichtsverfahren ermäßigt sich die Gerichtsgebühr von drei Gebühren auf eine Gebühr bei Nichtzahlung des Kostenvorschusses (Vgl. NK-Gerichtskosten, 1. Auflage 2014, § 26 Abs. 8 KostVfg). Der vorliegende Fall ist daher entgegen der klägerischen Ansicht mit dem seitens des Amtsgerichts Heidelberg entschiedenen Sachverhalt vergleichbar.

    17

    Das Amtsgericht stellt insofern auch zutreffend auf die Regelung des § 58 Nr. 2 BGB und die diesbezüglich ergangene Rechtsprechung (Vgl. statt Vieler: BGH, Urteil vom 24.09.2007 ,II ZR 91/06 = juris Rn. 11 ff.) zur Ausgestaltung der Satzung hinsichtlich der aus dieser heraus bestimmt oder objektiv bestimmbaren Obergrenze bezüglich finanzieller Belastungen, die über die reguläre Beitragsschuld hinausgehen, sowie deren Vergleichbarkeit für die Kosten der Inanspruchnahme des verbandsinternen Rechtswegs ab.

    18

    b)

    19

    Eine Unterwerfung des Beklagten unter die Regelung der Y-RO folgt auch nicht aus dem Aufnahmeantrag vom 01.11.2005 (Bl. ## d.e.A. AG), in dem in Satz 2 aufgeführt wird, dass die „Satzungen die Ordnungen des P e.V. und die des Y e.V“ anerkannt werden.

    20

    Der Bundesgerichtshof hat bezüglich der vertraglichen Unterwerfung unter die Regelungen eines übergeordneten Verbandes ausgeführt, dass zwar eine Unterstellung unter die Disziplinargewalt eines Vereins durch vertragliche Vereinbarung grundsätzlich möglich ist. Der Vertrag aber dann keine hinreichend bestimmte Grundlage darstellt, wenn der Regelunterworfene diesem nicht hinreichend bestimmt und ohne Zweifel im Voraus entnehmen konnte, welcher Rechtsnachteil ihm im Falle der Nichteinhaltung droht (BGH, Urteil vom 20.09.2016, aaO = juris Rn. 51 f.).

    21

    Der pauschale Verweis auf die Anerkennung der Satzung und Ordnung des Y e.V. in dem Aufnahmeantrag, der durch Beschluss des klägerischen Verbandsvorstandes am 07.11.2005 angenommen wurde, genügt aber entgegen der klägerischen Ansicht nicht diesen Grundsätzen. Der Beklagte kann dem Aufnahmeantrag nicht entnehmen, welche Rechtsnachteile beispielsweise in Form von Kostenfolgen ihm im Falle der Inanspruchnahme des vereinsinternen Rechtswegs drohen. Zudem würde die Zulassung ‒ unter Hinweis auf die rechtsgeschäftliche Unterwerfung ‒ eines solchen pauschalen Verweises in dem Aufnahmevertrag zur Umgehung des Satzungsgebots und der entsprechenden rechtlichen Anforderungen an die Satzung wie u.a. das Transparenzgebot führen.

    22

    c)

    23

    Dem Beklagten ist es auch nicht mangels Ausschöpfung des verbandsinternen Rechtswegs nach den Grundsätzen von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB verwehrt, sich auf die Nichtigkeit der vier Beschlüsse vom 01.05.2018 iVm den Kostenrechnungen vom 03.05.2018 gegenüber dem Kläger zu berufen.

    24

    Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshof ist zwar daran festzuhalten, dass die gerichtliche Nachprüfung eines vereinsrechtlichen Beschlusses grundsätzlich nur zulässig ist, wenn das Mitglied die satzungsmäßigen Rechtsmittel ausgeschöpft hat; denn es muss vermieden werden, dass die Gerichte unnötig angerufen werden und dass sie in die Selbstverwaltung des Vereins eingreifen, solange keine abschließende Entscheidung der zuständigen Vereinsorgane zustande gekommen ist. Dieser Gedanke rechtfertigte es, das Mitglied zunächst auf das vereinsinterne Verfahren zu verweisen, es sei denn, dies wäre ihm im Einzelfall aus besonderen Gründen nicht zuzumuten. Dieses Ergebnis lasse sich aber nur rechtfertigen, wenn sich das Vereinsmitglied durch Einblick in die Vereinssatzung die Erkenntnis verschaffen kann, ihm drohe ein solcher Rechtsverlust. Insoweit besteht ein Bedürfnis, die Mitglieder zu schützen. Sie müssen, wenn sie die Satzung kennen, in der Lage sein, sich zu entscheiden, ob sie den Rechtsnachteil hinnehmen wollen oder nicht, und sie müssen ihr Verhalten danach einrichten können. Das setze voraus, dass die Satzung für jedes Mitglied auch ohne juristische Beratung deutlich erkennen lässt, dass und unter welchen Umständen jene Rechtsfolge eintritt (Vgl. BGH, Entscheidung v. 06.03.1967, II ZR 231/64 = juris Rn. 22, 24 mwN).

    25

    Gemessen an diesen Grundsätzen hat das Amtsgericht zu Recht darauf abgestellt, dass die Satzung und die Rechtsordnung des Klägers keine den Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten vor Beschreitung des verbandsinternen Rechtswegs ausschließende Regelung enthalten. Da es sich auch bei dieser Rechtsvorgabe um eine von zentraler und wesentlicher Bedeutung für ein Vereinsmitglied mit entsprechenden rechtlichen Konsequenzen handelt, muss sie hinreichend transparent in der Satzung des eigenen Vereins verankert sein. Ein pauschaler Verweis auf die Satzung oder die Rechtsordnung eines übergeordneten Verbandes ist ‒ wie oben bereits ausgeführt ‒ nicht ausreichend. Dies gilt im vorliegenden Fall bereits deshalb, weil die Satzung des Klägers idF vom 24.06.2017 erst in § 34 Abs. 1 WBV darauf hinweist, dass die Verbandsgerichtsbarkeit vom Rechtsausschuss nach den Bestimmungen der Rechtsordnungen des Y und des WBV ausgeübt wird, obwohl weder die Rechtsordnung als auch die Satzung des Y in der als abschließend anzusehende Aufzählungen der neben der Satzung geltenden Verbandsordnungen in § 13 Abs. 2 WBV nicht aufgeführt werden.

    26

    Zudem könnte der Beklagte sich selbst dann auf die Nichtigkeit der vier Beschlüsse vom 01.05.2018 iVm den Kostenrechnungen vom 03.05.2018 berufen, wenn die entsprechenden Bestimmungen der Y-RO betreffend den Rechtswegausschluss zu den ordentlichen Gerichten wirksam in der Satzung des Klägers verankert wären. Denn die Bestimmungen des Y sind für die Mitglieder unklar. In § 18 Abs. 6 Y-RO wird die Unzulässigkeit eines beschränkten Rechtsmittels gegen die Entscheidung über Kosten und Gebühren angeordnet. In den Rechtsbehelfsbelehrungen zu den vier Kostenbeschlüsse vom 03.05.2018 (Vgl. Bl. ## ff. d.e.A. AG) wird aber auf den Rechtsbehelf der Überprüfung in § 29 Abs. 2 Y-RO hingewiesen. Dies ist für einen juristischen Laien ‒ und auf diesen Maßstab ist im Vereinsrecht abzustellen ‒ nicht nachvollziehbar.

    27

    Auch hat der Beklagte nicht sein Recht auf die Geltendmachung von Einwänden gegen die vier Kostenbeschlüsse verwirkt. Die Verwirkung ‒ als Unterfall der unzulässigen Rechtsausübung wegen der illoyal verspäteten Geltendmachung von Rechten ‒ setzt neben einem Zeitmoment, für das die maßgebliche Frist mit dem Zugang der Kostenbeschlüsse zu laufen beginnt, ein Umstandsmoment voraus. Ein Recht ist demnach verwirkt, wenn sich der Schuldner wegen der Untätigkeit seines Gläubigers über einen gewissen Zeitraum hin bei objektiver Beurteilung darauf einrichten darf und eingerichtet hat, dieser werde sein Recht nicht mehr geltend machen, so dass die verspätete Geltendmachung gegen das Gebot von Treu und Glauben verstößt. Zeit- und Umstandsmoment können nicht unabhängig voneinander betrachtet werden, sondern stehen in einer Wechselwirkung. Je länger der Inhaber des Rechts untätig bleibt, desto mehr wird der Gegner in seinem Vertrauen schutzwürdig, das Recht werde nicht mehr ausgeübt werden. Zu dem Zeitablauf müssen besondere, auf dem Verhalten des Berechtigten beruhende Umstände hinzutreten, die das Vertrauen des Verpflichteten rechtfertigen, der Berechtigte werde sein Recht nicht mehr geltend machen. Ob eine Verwirkung vorliegt, richtet sich letztlich nach den vom Tatrichter festzustellenden und zu würdigenden Umständen des Einzelfalls (Vgl. statt Vieler beispielsweise zum Darlehensvertrag BGH, Urt. v. 16.10.2018 ‒ XI ZR 45/18, BKR 2019, 132 mwN). Der Kläger hat die Klage knapp 1 Jahr nach Erlass der Beschlüsse mit Schriftsatz vom 18.04.2019 erhoben. Der Beklagte hat sich mit der Klageerwiderung vom 14.05.2019 gegen die Klage verteidigt. Bei diesem kurzen Zeitablauf ist das Zeitmoment nicht erfüllt. Zudem führten die Parteien ausweislich des als Anlage Bf 12 vorgelegten Urteils des Amtsgerichts Duisburgs (Bl. ### ff. d.e.A.) bereits im Jahr 2017/2018 einen Rechtstreit betreffend einen vergleichbaren Sachverhalt, woraus der Kläger erkennen konnte, dass der Beklagte seine Rechtsauffassung nicht teilt und er mit dessen Verteidigung im Falle der gerichtlichen Geltendmachung der Zahlbeträge rechnen musste.

    28

    2.

    29

    Der mit der Berufung angegriffene und durch das Amtsgericht als zulässig und begründet erachtete Widerklageantrag zu 1) ist gemäß § 261 Abs. 3 Nr. 1 ZPO unzulässig.

    30

    Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs geht der Leistungsanspruch über das Ziel einer bloßen Feststellung des streitigen Rechtsverhältnisses hinaus, weil auch die eine Durchsetzung des Anspruchs ermöglichende Verurteilung zur Zahlung verlangt wird. Deshalb begründet eine negative Feststellungsklage keine Rechtshängigkeitssperre für eine später erhobene Leistungsklage. Anders verhält es sich jedoch in dem umgekehrten Fall einer später als die Leistungsklage erhobenen negativen Feststellungsklage über denselben Anspruch. Für diesen Fall ist anerkannt, dass der Streitgegenstand der Leistungsklage auch den der späteren negativen Feststellungsklage umfasst, da der Antrag auf Verurteilung zur Leistung zugleich den engeren Feststellungsantrag enthält, dass der Anspruch besteht (Vgl. BGH, Urteil v. 20.01.1989, V ZR 173/87 = juris Rn. 15 mwN; Zöller/Greger, ZPO 33. Aufl. 2020, § 33 Rn. 22, § 256 Rn. 7 d und 16).

    31

    Gemessen an diesen Grundsätzen rügt der Kläger mit seiner Berufung zu Recht, dass der Widerklageantrag zu 1) unzulässig ist, da er denselben Streitgegenstand des mit der Klage verfolgten Zahlungsantrags hat. Die Kammer hat im Rahmen der vom Kläger erhobenen Leistungsklage (II. 1.) die Nichtigkeit der vier Beschlüsse vom 01.05.2018 iVm den Kostenrechnungen vom 03.05.2018 WBV- RA (2017) 2/2018. 3/2018, 4/2018 und 5/2018 und damit das Nichtbestehen des Anspruchs festgestellt.

    32

    III.

    33

    Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 Abs. 1, 97 ZPO. Sie entspricht dem Erfolg bzw. Misserfolg der Parteien in Bezug auf den Klageantrag und die Widerklageanträge. Zum anderen Teil waren die Kosten der Säumnis in dem Termin vom 08.10.2019 gemäß § 344 ZPO dem Kläger aufzuerlegen.

    34

    Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

    35

    Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht gegeben sind. Die Rechtssache hat weder eine grundsätzliche Bedeutung noch erfordern die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts.

    36

    Das Vorbringen im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 28.09.2020 gibt keinen Anlass die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen.