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  • 30.03.2020 · IWW-Abrufnummer 215014

    Oberlandesgericht München: Urteil vom 18.02.1998 – 3 U 4897/97

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Oberlandesgericht München

    Urteil vom 18.02.1998


    Wirksame Begründung einer vereinsrechtlichen Mitgliederpflicht zur Erhebung eines Geldbetrags gegen Ausgabe von Verzehrbons durch Satzungsänderung

    Prozessführer

    1. -

    2. -

    Prozessgegner

    In dem Rechtsstreit
    erläßt der 3. Zivilsenat des Oberlandesgerichts München
    durch
    den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht ...,
    den Richter am Oberlandesgericht ... und die Richterin am Oberlandesgericht ...
    aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 18. Februar 1998

    folgendes ENDURTEIL:

    Tenor:

    I. Die Berufung des Beklagten gegen das Endurteil des Landgerichts Traunstein vom 10. Juli 1997 wird zurückgewiesen.
    II. Der Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
    III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
    IV. Der Wert der Beschwer des Beklagten im Berufungsverfahren übersteigt 60.000,00 DM nicht.

    Tatbestand

    1

    Die beiden Kläger sind ordentliche Mitglieder des ... des Beklagten. Der Beklagte verfolgt gemäß § 1 Abs. 3 der Vereinssatzung die Pflege und Förderung des Golfsports. Dieser Zweck wird insbesondere verwirklicht durch die Förderung sportlicher Übungen und Leistungen. Wegen des Inhalts der geltenden Vereinssatzung wird Bezug genommen auf die Anlage K 2 zur Klageschrift sowie auf den Auszug aus dem Vereinsregister des Amtsgerichts Rosenheim (Anlage B 5 zu Bl. 85/90 d.A.).

    2

    In der Mitgliederversammlung vom 1. März 1996 beschloß die Mehrheit der anwesenden Mitglieder, daß jedes ordentliche Mitglied an den Beklagten neben den ordentlichen Monatsbeiträgen von 200,00 DM einen zusätzlichen Umlagebeitrag von 200,00 DM jährlich zu bezahlen habe. Als Gegenleistung wurden den Mitgliedern Verzehrbons ausgehändigt, die diese während des Kalenderjahres 1996 im Restaurant der Golfanlage einlösen konnten. Der Beklagte hat die Bewirtschaftung der Golfanlage einschließlich des Restaurants auf eine Betriebs-GmbH übertragen. Die Betriebs-GmbH verpachtete ihrerseits die Gaststätte weiter. Da der Beklagte die zur Benutzung der Golfanlage notwendigen Mitgliedsausweise nur gegen Bezahlung der 200,00 DM an seine Mitglieder aushändigte, bezahlten die Kläger im Jahre 1996 diesen Betrag. Am 9. Dezember 1996 wurde in einer außerordentlichen Mitgliederversammlung eine Satzungsänderung beschlossen, deren Inhalt die Einfügung eines Buchstaben "I) Umlagen" in § 8 Abs. 1 der Vereinssatzung war. Diese Satzungsänderung wurde am 16. Juli 1997 in das Vereinsregister eingetragen. Mit Beschluß der Mitgliederversammlung vom 17. März 1997 wurde für das Jahr 1997 eine Umlage von 200,00 DM gegen Aushändigung entsprechender Verzehrbons beschlossen. Ohne Zahlung dieser Umlage verweigerte der Beklagte wiederum die Ausstellung und Herausgabe der Mitgliedsausweise 1997.

    3

    Die Kläger sind der Ansicht, der Umlagebeschluß vom 17. März 1997 verstoße gegen elementare Rechtsgrundsätze des Vereinsrechts und gegen die guten Sitten. Der Beschluß sei schon formell unwirksam und entbehre der satzungsrechtlichen Grundlage, weil keine Umlage im technischen Sinn erhoben werde, sondern ein zusätzlicher Vereinsbeitrag. Ein Vereinszweck werde nicht erfüllt. Es gehe vielmehr lediglich darum, den Gaststättenpächtern einen Mindestumsatz zu gewährleisten, den die Betriebs-GmbH im Pachtvertrag garantiert habe.

    4

    Die Kläger haben beantragt:

    Es wird festgestellt, daß der Beschluß der Mitgliederversammlung des Beklagten vom 17. März 1997 zu TOP 10, wonach ordentliche Mitglieder (ohne Jugendliche und passive Mitglieder frei) 200,00 DM für einen Verzehrbon zu bezahlen haben, nichtig ist.

    5

    Der Beklagte hat beantragt,

    die Klage abzuweisen.

    6

    Nach seiner Auffassung ist der Beschluß der Mitgliederversammlung vom 17. März 1997 zu TOP 10 (jährlicher Umlagebetrag von 200,00 DM für einen Verzehrbon) wirksam. Er beruhe auf der durch Beschluß vom 9. Dezember 1996 entsprechend geänderten Satzung. Der Text der Satzung sei drucktechnisch noch nicht neu gefaßt worden und deshalb sei eine Eintragung im Vereinsregister zum Zeitpunkt der erstinstanzlichen Verhandlung noch nicht erfolgt. Auch der Beschluß vom 17. März 1997 sei formell wirksam. Selbst wenn die Einladung der gekündigten Mitglieder Albrecht unterblieben sei, fehle der erforderliche Nachweis der Kausalität dieses Unterlassens für das Beschlußergebnis.

    7

    Im übrigen sei die Verpflichtung von Mitgliedern zur Sonderleistung unter bestimmten Kriterien zulässig. Die Umlage von 200,00 DM pro Jahr führe nicht zu einer unverhältnismäßigen Belastung der Mitglieder und wegen der Gegenleistung des Verzehrbons stelle sie auch nicht einen Eingriff in Art. 14 GG dar. Eine so geringfügige Umlage bedürfe eigentlich keiner satzungsmäßigen Grundlage.

    8

    Das Erstgericht hat die Klage in vollem Umfang zugesprochen. Gemäß § 543 Abs. 2 ZPO wird auf das Ersturteil Bezug genommen (Bl. 68/73 d.A.).

    9

    Hiergegen wendet sich der Beklagte mit seiner Berufung. Wegen der einzuhaltenden Formalien wird verwiesen auf die Feststellungen in der mündlichen Verhandlung vom 18. Februar 1998 (Bl. 125 d.A.).

    10

    Der Beklagte trägt vor, die Satzungsänderung vom 9. Dezember 1996 sei inzwischen in das Vereinsregister eingetragen worden. Damit sei rückwirkend die rechtliche Grundlage für die Umlage und den Beschluß vom 17. März 1997 geschaffen worden. Die Umlage diene der angemessenen gastronomischen Versorgung der Clubmitglieder und ihrer Gäste. Sie sei eine notwendige Sonderleistung, die im weitesten Sinne auch dem Vereinszweck diene. Gehe man nicht von einer Umlage aus, so sei eine jederzeit mögliche Beitragserhöhung gegeben.

    11

    Der Beklagte beantragt:

    I. Das Urteil des Landgerichts Traunstein vom 10. Juli 1997 (Az.: 7 O 1285/97) wird aufgehoben.

    II. Die Klage wird abgewiesen.

    12

    Die Kläger beantragen,

    die Berufung zurückzuweisen.

    13

    Sie wenden ein, daß selbst wenn die Satzungsänderung vom 9. Dezember 1996 rückwirkend in Kraft getreten sei, der Beklagte für die Kosten der Berufungsinstanz hafte, wenn deswegen die Klage abgewiesen werde.

    14

    Eine Umlage sei darüber hinaus nicht gegeben. Die Zahlungspflicht diene nicht der Erfüllung eines Vereinszwecks. Da die Golfanlage von einer Betreibergesellschaft bewirtschaftet werde, die auch den Gastronomiebetrieb verpachtet habe, hätten der Beklagte und seine Mitglieder nichts mehr damit zu tun. Die Kläger seien im Gegensatz zu vielen anderen Vereinsmitgliedern nicht an der Betreibergesellschaft beteiligt. Sie könnten nicht über die Umlage zur Unterstützung der Betriebsgesellschaft und deren Vertragspartnern gezwungen werden. Der satzungsändernde Beschluß vom 9. Dezember 1996 sei auch unwirksam, weil nicht alle Mitglieder geladen worden seien. Auch zur Mitgliederversammlung vom 17. März 1997 sei nicht ordentlich geladen worden.

    15

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf die Schriftsätze vom 30. Oktober 1997 (Bl. 85/90 d.A.), 29. Januar 1998 (Bl. 95/117 d.A.) und 16. Februar 1998 (Bl. 118/123 d.A.) Bezug genommen.

    Entscheidungsgründe:

    16

    I.

    Die zulässige Berufung ist unbegründet.

    17

    1)

    Hinsichtlich des zu bejahenden Feststellungsinteresses der Kläger wird verwiesen auf die Ausführungen in den Entscheidungsgründen des Ersturteils Seite 4 (Bl. 71/72 d.A.).

    18

    2)

    Es kann dahinstehen, ob die Satzungsänderung vom 9. Dezember 1996 rückwirkend mit der Eintragung im Vereinsregister am 16. Juli 1997 wirksam wurde. Die Rückwirkung der Eintragung läßt sich nicht vereinbaren mit ihrer konstitutiven Wirkung (Reichert/van Look, Handbuch des Vereins- und Verbandsrechts, 6. Aufl., Rz. 455). In der Regel wird aber von einer aufschiebend bedingten Beschlußfassung für die Beschlüsse der Mitgliederversammlung auszugehen sein, deren Grundlage bereits die geänderte Satzung ist. Der Beschluß vom 17. März 1997 zu TOP 10 ist aber nichtig, da auch die geänderte Satzung keine ausreichende Rechtsgrundlage für die Erhebung des Betrages von 200,00 DM gegen Ausgabe von Verzehrbons an die ordentlichen Mitglieder des Vereins ist. Mitgliederpflichten können nur innerhalb der Grenzen der §§ 134, 138, 242 BGB, des Vereinszweckes und der vereinsrechtlichen Prinzipien wirksam begründet werden.

    19

    a)

    Die Ermächtigung der Mitgliederversammlung in § 8 Abs. 1 I zur Beschlußfassung über Umlagen ist in ihrer Pauschalität zu unbestimmt. Aus Gründen des Mitgliederschutzes muß die Satzung die Voraussetzungen der Umlageerhebung hinreichend bestimmt regeln und eine Obergrenze, gegebenenfalls auch einen Berechnungsmodus, festlegen (Reichert/van Look a.a.O., Rz. 585). Eine Umlage ist nur möglich, sofern sie weitestgehend dem Vertragszweck dient. Sie kann erhoben werden zur Deckung eines größeren Finanzbedarfs, der mit den regelmäßigen Beiträgen nicht erfüllt werden kann (Müller, MDR 92, 924 ff.; Sauter/Schweyer, Der eingetragene Verein, 16. Aufl. 1997, Rz. 120; Reichert/van Look a.a.O., Rz. 595). Die Ermächtigungsgrundlage in der Satzung des Beklagten stellt lediglich eine Kompetenzzuweisung dar. Eine Konkretisierung dahingehend, für welche Zwecke und in welcher Höhe die Umlage beschlossen werden darf, fehlt hingegen. Wegen dieser Pauschalität konnte auch die geänderte Satzung die Mitgliederversammlung nicht zu dem Beschluß vom 17. März 1997 zu TOP 10 berechtigen.

    20

    b)

    Die Zahlungspflicht kann nicht auf die allgemeine Beitragspflicht in § 5 der Vereinssatzung gestützt werden. Die Beitragspflicht betrifft die Leistung der laufenden Beiträge. Hingegen kann damit nicht verlangt werden, daß neben dem monatlichen Mitgliedsbeitrag ein 13. Monatsbeitrag geleistet wird, der einem Sonderzweck dient. Die wesentlichen Rechte und Pflichten der Vereinsmitglieder müssen aus der Satzung zu entnehmen sein, sofern die Mitglieder nicht unerheblich betroffen werden. Der Beschluß vom 17. März 1997 zu TOP 10 betrifft die Mitglieder erheblich, da die Hinausgabe der Mitgliedsausweise an die Zahlung gebunden ist. Auch wenn der zu zahlende Betrag mit einer Gegenleistung verbunden ist, kann nicht von einer unerheblichen Einschränkung ausgegangen werden, da das einzelne Vereinsmitglied in seiner freien Handlungsweise durch die Zahlungspflicht und den Verzehrzwang eingeschränkt wird, ohne daß diese Einschränkung bereits durch den Vereinszweck gerechtfertigt wäre. Das Vereinsmitglied hat sich deshalb insoweit auch nicht durch seinen Vereinseintritt dem Zugriff durch den Verein unterworfen. Die Zahlungspflicht dient der Unterstützung der Pächter der Golfgaststätte. Auch wenn eine gastronomische Versorgung der Clubmitglieder und ihrer Gäste, sowie die Bereitstellung eines angemessenen Rahmens für Feiern nach Turnierveranstaltungen, dem Vereinszweck im weitesten Sinne noch dienen mag, ist dies im konkreten Fall nicht gegeben, da insoweit der Verein bereits durch die Übertragung dieser Aufgaben auf die Betreibergesellschaft Vorsorge getroffen hat. Es ist nicht dargetan, daß die Betreibergesellschaft selbst aufgrund einer nicht erfüllten Umsatzgarantie gegenüber den Pächtern der Gaststätte in finanzielle Bedrängnis geraten ist und ihre Aufgabe deshalb nicht mehr erfüllen könnte. Eine Verpflichtung eines Vereinsmitgliedes, eine finanzielle Zuwendung an den Vertragspartner der Betreibergesellschaft zu finanzieren, ist vom Vereinszweck nicht mehr gedeckt.

    21

    Die Berufung war deshalb zurückzuweisen.

    22

    II.

    Nebenentscheidungen: §§ 97, 708 Nr. 10, 546 Abs. 2 ZPO.

    Streitwertbeschluss:

    Der Wert der Beschwer des Beklagten im Berufungsverfahren übersteigt 60.000,00 DM nicht.

    RechtsgebietBGBVorschriften§ 242 BGB