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  • 26.11.2021 · IWW-Abrufnummer 226055

    Senator für Finanzen Bremen: Erlass vom 26.11.2021 – 900 - S 2144 - 1/2014 - 1/2020


    Schaffermahlzeit; Steuerliche Behandlung von Aufwendungen für deren Ausrichtung


    Die Schaffermahlzeit in Bremen ist weltweit das älteste fortbestehende, sich alljährlich wiederholende Brudermahl. Mit dieser Traditionsveranstaltung wird die Verbindung zwischen der Schifffahrt und den Kaufleuten bewahrt und symbolisiert. Das Schaffermahl wird von der Stiftung HAUS SEEFAHRT ausgerichtet und dient in erster Linie der Spendensammlung für ihren als gemeinnützig anerkannten Zweck der Fürsorge alter seemännischer Mitglieder sowie deren Ehefrauen und Witwen.
     
     
    An der Schaffermahlzeit nehmen jeweils 100 kaufmännische und seemännische Mitglieder der Stiftung teil. Dazu kommen etwa 100 weitere auswärtige Gäste aus Wirtschaft, Kultur, Politik und Verwaltung, die aber nur einmal in ihrem Leben an der Schaffermahlzeit teilnehmen dürfen.
     
     
    Die Stiftung wählt jedes Jahr drei neue kaufmännische Mitglieder als „Schaffer“, die nach der Satzung auch sämtliche durch das Schaffermahl entstehenden Kosten zu tragen haben. Hierdurch wird sichergestellt, dass die von den Teilnehmern anlässlich der Veranstaltung geleisteten Spenden vollständig dem Stiftungszweck zugutekommen.
     
     
    Es stellt sich deshalb die Frage, wie die von den kaufmännischen Schaffern übernommenen Kosten steuerlich zu behandeln sind.
     
     
    Rechtslage für bisherige Veranstaltungen für Jahre bis einschließlich 2021
     
     
    In der Vergangenheit wurden diese Aufwendungen als betrieblich/beruflich veranlasst angesehen und deshalb steuermindernd berücksichtigt. Begründet wurde diese Zuordnung damit, dass die getätigten Aufwendungen mit Beiträgen an Berufsverbänden vergleichbar seien und deshalb die private Lebensführung der Schaffer nicht berührt werde.
     
     
    Aufgrund der tatsächlichen Gegebenheiten kann an dieser rechtlichen Einordnung nicht weiter festgehalten werden.
     
     
    Ein Berufsverband ist eine Körperschaft des privaten Rechts, die sich als Interessenverband die Vertretung und Förderung der Belange eines bestimmten Berufsstandes zum Ziel setzt. Berufsverbände arbeiten nach außen hin unter der Annahme, dass die Bündelung der Interessen vieler Angehöriger eines bestimmten Berufsstandes die Möglichkeit verbessert, deren Interessen gegenüber Auftraggebern, öffentlicher Hand, Gesetzgeber und der Öffentlichkeit durchzusetzen. Nach innen verstehen sich Berufsverbände üblicherweise als ein Forum, auf denen allgemeine berufsspezifische Fragen aufgeworfen, diskutiert und geklärt werden können.
     
     
    Es ist festzustellen, dass die von der Stiftung verfolgten Ziele zur Unterstützung in Not geratener Seeleute in der Vergangenheit nicht zu den Geschäftsfeldern der von den jeweiligen Schaffern vertretenen Unternehmen gehören. Aus diesem Grund ist eine Berücksichtigung aufgrund der Vergleichbarkeit mit Beiträgen zu Berufsverbänden abzulehnen.
     
     
    Demgegenüber ist das in § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG enthaltene Abzugsverbot für Aufwendungen zu beachten, die die wirtschaftliche und gesellschaftliche Stellung des Steuerpflichtigen mit sich bringt. Selbst wenn derartige sog. Repräsentationskosten auch zur Förderung der beruflichen Betätigung erfolgen, greifen hier doch die beruflichen und privaten Veranlassungsstränge so stark ineinander, dass eine Trennung unmöglich wäre oder nur willkürlich erfolgen könnte. Es handelt sich dem Grunde nach um private Aufwendungen zur Förderung des gesellschaftlichen Ansehens der Schaffer, die nicht dadurch zu abziehbaren Betriebsausgaben/Werbungskosten werden, weil sie auch der Förderung des Berufs dienen.
     
     
    So kommt nach dem Urteil des Bundesfinanzhofes vom 08.07.2015 (BStBl. II 2015, 1013) selbst eine anteilige Berücksichtigung von Aufwendungen für eine Feier mit sowohl beruflichem als auch privatem Anlass dann nicht in Betracht, wenn es sich um einzelne, willkürlich ausgesuchte Gäste aus dem beruflichen Umfeld des Gastgebers handelt.
     
     
    Da nach den Gesamtumständen der bisherigen Ausrichtung der Schaffermahlzeit im Wesentlichen die private Lebensführung der Schaffer berührt ist, gehören die mit deren Ausrichtung im Zusammenhang stehenden Aufwendungen gemäß § 12 Nr. 1 S. 2 EStG als sog. Repräsentationskosten zu den steuerlich nicht abzugsfähigen Ausgaben. Demzufolge kommt eine Berücksichtigung als Betriebsausgaben/Werbungskosten nach der bisher gelebten Praxis nicht in Betracht.
     
     
    Rechtslage für zukünftige Veranstaltungen beginnend für Jahre ab 2022
     
     
    Die Stiftung HAUS SEEFAHRT hat mit Datum vom 05.10.2021 ein ergänzendes Statut zur Satzung für die Organisation und Durchführung der Schaffermahlzeit beschlossen. Nach diesem Statut soll die Veranstaltung eine grundlegend neue Ausrichtung erfahren.
     
     
    In Zukunft sollen nunmehr die durch die Schaffer vertretenen Unternehmen in den Vordergrund rücken und umfangreiche Möglichkeiten zur Werbung erhalten. Die öffentlichkeitswirksamen Termine im Zusammenhang mit der Veranstaltung sollen ausdrücklich diesem Zweck dienen. Geplant sind unter anderem:
     
     
    -     Die optische Präsenz des Firmennamens und des Logos des Unternehmens des Schaffers auf allen Pressekonferenzen und in allen Medien sowie in allen Marketingmaterialien der Schaffermahlzeit
    -     das uneingeschränkte Nutzungsrecht an Logo und Corporate Design der Schaffermahlzeit für alle Zwecke des Marketings und der Öffentlichkeitsarbeit der ausrichtenden Unternehmen
    -     die optische Präsenz des Firmennamens und des Logos des Unternehmens des Schaffers durch Hinweistafeln während der Veranstaltung
    -     die Nennung des Unternehmens des Schaffers und der Logoabdruck samt Firmendarstellung auf der Rückseite des an allen Plätzen ausgelegten Menü-, Ablauf- und Teilnehmerverzeichnisses
    -     die Nennung und das Logo des Unternehmens des Schaffers bei der Veranstaltungsankündigung für die jeweilige Schaffermahlzeit auf der Internetseite der Schaffermahlzeit
    -     die Möglichkeit für weitere Marketingaktivitäten und Werbeaktionen in Absprache und nach Genehmigung durch HAUS SEEFAHRT.
     
     
    Die Grundlage zur Durchführung dieser Maßnahmen bildet das oben bereits erwähnte Statut vom 05.10.2021, in welchem die bereits genannten Punkte und diverse weitere Möglichkeiten zum Bewerben der Unternehmen aufgeführt sind. Die gewählten Schaffer erklären außerdem für die von Ihnen vertretenen Unternehmen, dass die Grundsätze des Statuts akzeptiert werden.
     
     
    In Zukunft kommt für ab dem Jahr 2022 auf Grundlage der neuen statuarischen Bestimmungen durchgeführte Veranstaltungen und bei entsprechender Umsetzung der Maßnahmen eine Berücksichtigung der durch die Unternehmen der Schaffer getragenen Aufwendungen als Betriebsausgabe i.S.d. § 4 Abs. 4 EStG in Betracht, da es sich um sog. Sponsoring Aufwendungen handeln kann.
     
     
    Weiterhin nicht in Betracht kommt eine Berücksichtigung als Werbungskosten nach § 9 EStG im Rahmen der Anstellungsverhältnisse der jeweiligen zu Schaffern gewählten Unternehmer. Grundlage für eine nach den oben dargestellten Grundsätzen mögliche Abzugsfähigkeit der Aufwendungen ist der klare und unmissverständliche Fokus auf die Unternehmen, welche die Aufwendungen als Betriebsausgaben geltend machen.
     
     
    Dieser Erlass ersetzt den Erlass des SF Bremen vom 01.03.2021 ‒ 900 - S 2144 ‒ 1/2014 ‒ 1/2020.