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  • 02.12.2016 · IWW-Abrufnummer 190317

    Finanzgericht München: Urteil vom 25.07.2016 – 7 K 2859/14

    Diese Entscheidung enthält keinen zur Veröffentlichung bestimmten Leitsatz.


    Finanzgericht München

    Urt. v. 25.07.2016

    Az.: 7 K 2859/14

    In der Streitsache

    wegen
    Widerruf der Anerkennung der Gemeinnützigkeit
    Körperschaftsteuer 2009 bis 2011

    hat der 7. Senat des Finanzgerichts München durch
    ohne mündliche Verhandlung am 25. Juli 2016 für Recht erkannt:

    Tenor:

    1. Die Klage wird abgewiesen.
    2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

    Gründe

    I.

    Streitig ist, ob der Kläger nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) i.V.m. § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7, Nr. 16 und Nr. 24 der Abgabenordnung (AO) als gemeinnützig anzuerkennen ist.

    Der Kläger ist ein Verein, der am 17. Februar 1999 in München errichtet und am 19. April 1999 im Vereinsregister beim Amtsgericht München unter VR 16460 eingetragen ist. Der Vereinszweck wird in der Überschrift von § 2 der Satzung mit der "Zugänglichmachung informationeller Infrastruktur" beschrieben und besteht in Volksbildung, Verbraucherschutz und Demokratieförderung. § 2 Abs. 2 der Satzung lautet wie folgt:

    Der Vereinszweck wird insbesondere verfolgt durch das unentgeltliche Zugänglichmachen, Schaffen und die rechtliche Absicherung von öffentlichen Informationswerken verfolgt, d.h. Informationswerken, auf die folgende Kriterien bestmöglich zutreffen:

    I. Freie Verfügbarkeit: Jeder kann über die Information verfügen (z.B. sie verwenden, weiterentwickeln und weiterverteilen, zumindest sofern dabei die hier aufgelisteten Gemeinnützigkeitsbedingungen gewahrt bleiben), ohne dafür der Zustimmung eventueller Eigentümer (z.B. Inhaber von Urheber-, Kopier-, Patent-, Verwertungs- oder sonstigen Rechten) bedürfen.

    II. Quelloffenheit: Die Information liegt in Quellform (primärer Form) vor, d.h. in derjenigen Form, in der ihr Urheber selbst sie konzipiert hat und weiterentwickeln würde. Jeder hat die Chance, die Initiative zur Weiterentwicklung des Informationswerks an sich zu reißen. Der Weg dazu ist nicht durch unnötige Hürden erschwert. Zur Weiterentwicklung sind keine nicht frei verfügbaren Entwicklungswerkzeuge erforderlich.

    III. Schnittstellenoffenheit: Die Information kann unabhängig von anderen Informationswerken verwendet und weiterentwickelt werden, insbesondere unabhängig von Softwareprodukten, die nicht die obigen beiden Kriterien erfüllen. Alle "Systemvoraussetzungen" des Informationswerkes sind offen spezifiziert, d.h. nicht in Form von Hersteller- oder Produktnahmen sondern in Form von Verweisen zu frei verfügbaren Beschreibungen frei implementierbarer Schnittstellen ....

    IV. Bildungswert: Die Information eröffnet den Zugang zu bisher verschlossenem Wissen und Können. Sie ist geeignet, die Leistungsfähigkeit ihrer Nutzer zu steigern. Sie enthält keine antiaufklärerischen Elemente (z.B. Produktwerbung, Pornographie und Hasspropaganda).

    Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Satzung des Vereins (Dauerunterlagen des Finanzamts) verwiesen.

    Der Kläger wurde zuletzt mit Freistellungsbescheid vom 24. März 2010 für die Jahre 2006 bis 2008 als gemeinnützigen Zwecken im Sinne der §§ 51 ff Abgabenordnung (AO) dienende Körperschaft anerkannt. Da für die Jahre 2009 bis 2011 keine Steuererklärungen, Einnahmen-Ausgabe-Rechnungen und Tätigkeitsberichte eingereicht worden waren, schätzte das Finanzamt die Besteuerungsgrundlagen zur Körperschaftsteuer gemäß § 162 AO und setzte die Körperschaftsteuer für die Jahre 2009 bis 2011 mit Bescheid vom 5. Juli 2013 jeweils auf 0 € unter dem Vorbehalt der Nachprüfung fest. Die Anerkennung der Gemeinnützigkeit vom 24. März 2010 wurde widerrufen. Die dagegen gerichteten Einsprüche wurden nicht begründet und mit Einspruchsentscheidung vom 24. September 2014 als unbegründet zurückgewiesen. Außerdem hob das Finanzamt jeweils den Vorbehalt der Nachprüfung auf.

    Mit der dagegen erhobenen Klage wendet sich der Kläger gegen den Widerruf der Gemeinnützigkeit. Im Hinblick auf die nunmehr eingereichten Unterlagen, insbesondere die Körperschaftsteuererklärung 2011, die Jahresabschlüsse 2009 bis 2011, die Tätigkeitsberichte 2009 bis 2011, die aktuelle Satzung des Klägers sowie das Protokoll der Mitgliederversammlung vom 13. Dezember 2009 ergebe sich, dass der Kläger die Allgemeinheit auf geistigem bzw. sittlichem Gebiet selbstlos gefördert habe. Nach Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs sei es ausreichend, wenn sich die satzungsmäßigen Voraussetzungen für die Steuervergünstigungen aufgrund einer Auslegung aller Satzungsbestimmungen ergäben. Der Satzungszweck des Klägers erschöpfe sich somit nicht in den in §§ 2 und 3 der Satzung direkt genannten Themen "politische Bildung" und "Verbraucherschutz", sondern lasse bei verständnisvoller Würdigung erkennen, dass sich der Kläger für die grundrechtlich verbrieften Rechte auf freie Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 des Grundgesetz -GG) und informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 GG) einsetze und damit auch das demokratische Staatswesen gemäß § 52 Abs. 2 S. 1 Nr. 24 AO fördere. So lasse insbesondere der Verbraucherschutz eine seinem weiten Bereich entsprechende Vielzahl von verschiedenartigen und vielgestaltigen Tätigkeiten zu, ohne dass die nach seinem Inhalt gegebenen Grenzen überschritten würden.

    Für den Kläger habe in den Jahren 2009 bis 2011 die Aufklärung der Bevölkerung vor den Gefahren und Risiken der Softwarepatentrichtlinie im Vordergrund gestanden, die sonstigen Aktivitäten in anderen Bereichen seien daher vorübergehend und teilweise zurückgetreten. Die Softwarepatentrichtlinie wäre geeignet gewesen, den freien Wettbewerb zwischen den Unternehmen sowie den freien Meinungsaustausch und die informationelle Selbstbestimmung in ganz erheblichen Umfang einzuschränken, da Monopolbildung und die Verhinderung des freien Meinungsaustausches durch die Patentierung der zur Kommunikation notwendigen Softwaretechniken zu befürchten gewesen wären. Der Kläger habe durch sein Eintreten gegen die Softwarepatentrichtlinie weder den in seinem Satzungszweck liegenden Bereich noch sein satzungsmäßiges Eintreten für den Verbraucherschutz verlassen. Nur weil die begünstigte Tätigkeit zwangsläufig mit einer gewissen politischen Zielsetzung verbunden sei, führe dies noch lange nicht zum Ausschluss der Gemeinnützigkeit. Die Tatsache, dass der Kläger in die Diskussion über die Vor- und Nachteile der Softwarepatentrichtlinie eingreife, ergebe sich zwangsweise aus dem grundsätzlichen Interessenwiderstreit, der aus dem Anspruch der Unternehmen auf Schutz des geistigen Eigentums zum einen und dem Schutz der Verbraucher und der Meinungsfreiheit auf der anderen Seite entstehe. Neben den Aktivitäten im Zusammenhang mit der geplanten Einführung der Softwarepatentrichtlinie habe sich die Tätigkeit des Vereins auch auf den freien Informationsaustausch im Sinne der so genannten "open source" gerichtet, d.h. auf frei verfügbares Wissen und Informationen im Allgemeinen.

    Im Übrigen mache der Umstand, dass er seine Auffassung durch kritische öffentliche Information und Diskussion der Öffentlichkeit und auch Politikern und Unternehmen nahe bringt, den Kläger noch nicht zu einem Lobbyisten. Gegenüber der Förderung des Verbraucherschutzes und des demokratischen Staatswesens trete in diesem Fall die unmittelbare Einwirkung auf politische Kräfte und der staatlichen Willensbildung weit in den Hintergrund und sei kaum nach Umfang und Erfolg zu erfassen.

    Der Kläger betreibe nicht nur eine Homepage, sondern richte auch sehr engagiert eigene Veranstaltungen und Vorträge aus, beispielsweise .... Keinesfalls werde Lobbyarbeit für Wirtschaftsunternehmen betrieben. Mit diesen Aktivitäten und Angeboten wende sich der Kläger an eine Vielzahl von Interessen- und Personengruppen, unter anderem auch bei einem wöchentlich stattfindenden offenen Stammtisch.

    Der Einwand des Finanzamts, dass anhand der Einnahmen und Ausgaben keine satzungsgemäße Vereinstätigkeit festgestellt werden könne, sei nicht nachvollziehbar. Es liege in der Natur eines gemeinnützigen Vereins, dass eine Vielzahl der Tätigkeiten ehrenamtlich von den Mitgliedern übernommen würde. Auch beim Kläger erhielten die Mitglieder für ihre Vorträge in der Regel keine Honorare. Nur in Ausnahmefällen würde ein Ersatz der Reisekosten geleistet. Inzwischen hätten sich mehr als 100.000 Personen in eine digitale Unterstützerliste des Vereins eingetragen, dabei handle es sich nur um circa 8.570 Unternehmer.

    Soweit das Finanzamt dem Kläger vorhalte, dass er sich für die wirtschaftlichen Interessen bestimmter Personengruppen einsetze, weil er sich bei dem Projekt ... engagiert habe, stelle er klar, dass er sich an diesem Projekt nur kurzfristig im Jahr 2005 beteiligt habe. Anschließend habe er sich aus diesem Projekt zurückgezogen.

    Der Kläger beantragt,

    unter Aufhebung der Körperschaftsteuerbescheide für 2009, 2010 und 2011 jeweils vom 5. Juli 2013 und der Einspruchsentscheidung vom 24. September 2014 das Finanzamt zu verpflichten, Freistellungsbescheide wegen Gemeinnützigkeit für die Jahre 2009, 2010 und 2011 zu erlassen, hilfsweise beantragt er, die Revision zum Bundesfinanzhof zuzulassen.

    Das Finanzamt beantragt,

    die Klage abzuweisen, hilfsweise wird beantragt, die Revision zum Bundesfinanzhof zuzulassen.

    Das Finanzamt trägt vor, dass der Kläger auch im Hinblick auf die im Klageverfahren eingereichten Unterlagen und seinen Internetauftritt nicht als gemeinnützigen Zwecken i.S.d. § 51 ff AO dienende Körperschaft anerkannt werden könne, da er nicht in erster Linie im Sinne der in der Satzung genannten Zwecke der Volksbildung (§ 52 Abs. 2 Nr. 7 AO) und des Verbraucherschutzes (§ 52 Abs. 2 Nr. 16 AO) tätig werde. Die tatsächliche Geschäftsführung entspreche nicht den Vorgaben der Satzung (§ 59 AO). Vielmehr bezwecke der Kläger vor allem die Einwirkung insbesondere durch Information und Kampagnen auf politische und wirtschaftliche Entscheidungsträger, um Fehlregulierungen in der Informationstechnologie für kleine und mittelständische Unternehmen und der freien Software entgegenzuwirken und deren wirtschaftliche Interessen zu wahren. Zur Verwirklichung der Einflussnahme betreibe er Büros in ..., da sich dort die maßgeblichen Entscheidungsträger befänden.

    Die Öffentlichkeitsarbeit, die insbesondere mittels der Informationen auf der Homepage erfolge, könne nicht als Bildung bezeichnet werden, sondern sei unmittelbar als Verfolgung des jeweiligen Zwecks, d.h. der Verhinderung von Fehlregulierungen in der Informationstechnologie und der entsprechenden Einwirkung auf Entscheidungsträger einzuordnen. Die mit diesem Zweck im Zusammenhang stehende Öffentlichkeitsarbeit stelle keinen hiervon abgrenzbaren eigenen gemeinnützigen Zweck der Volksbildung und des Verbraucherschutzes dar, sondern sei vielmehr Teil des verwirklichten Zwecks.

    Auch soweit der Kläger auf seiner Homepage Vorgänge darstelle oder Begriffe definiere, sei dies Teil der Öffentlichkeitsarbeit und informiere lediglich über die Tätigkeit des Vereins. Dabei könne nicht von "Bildung" gesprochen werden, ebenso wenig wie im Zusammenhang mit der unentgeltlichen Zurverfügungstellung von Software (Tätigkeitsbericht 2010, Gridcalender). Insoweit lägen auch keine Maßnahmen des Verbraucherschutzes vor. Darüber hinaus seien aus den Einnahme/Ausgaberechnungen keine Aufwendungen für Veranstaltungen bzw. für die Teilnahme an Veranstaltungen ersichtlich. Auch Einnahmen aus Vortragstätigkeiten seien nicht erzielt worden. Es bleibe unklar, ob die Klägerin tatsächlich im Jahr 2009 eine Veranstaltung in ... organisiert habe.

    Informationen über die Tätigkeiten in Bezug auf einen nicht gemeinnützigen Zweck könnten nicht zur gemeinnützigen Volksbildung und zum gemeinnützigen Verbraucherschutz führen. Es könne dahin gestellt bleiben, ob die Tätigkeit des Klägers darauf gerichtet sei, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigen oder sittlichen Gebiet selbstlos zu fördern (§ 52 Abs. 1 Satz 1 AO). Zweifel an der Förderung der Allgemeinheit ergäben sich aus der Formulierungen "die Folgen einer möglichen Fehlregulierung in der Informationstechnologie für kleine und mittelständische Unternehmen und der Freien Software" sowie der Unterstützung der Initiative ..., bei der es sich um eine Initiative von Unternehmen handle, die sich gegen Softwarepatente ausgesprochen haben.

    Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Finanzamts-Akten, die im Verfahren gewechselten Schriftsätze sowie auf die Niederschrift über den Erörterungstermin vom 3. Juni 2016 Bezug genommen.

    Die Beteiligten haben auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet (§ 90 Absatz 2 der Finanzgerichtsordnung - FGO -).

    II.

    Die Klage ist unbegründet. Gegen den Widerruf der Gemeinnützigkeit mit Bescheid vom 24. März 2010 bestehen keine Bedenken, da die in den Streitjahren ausgeübte Geschäftsführung nicht den Vorgaben i.S.d. § 59 AO i.V.m. § 52 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 7, Nr. 16 und Nr. 24 AO entsprochen hat.

    1. Nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 Satz 1 KStG sind Körperschaften, Personenvereinigungen und Vermögensmassen, die nach der Satzung, dem Stiftungsgeschäft oder der sonstigen Verfassung und nach der tatsächlichen Geschäftsführung ausschließlich und unmittelbar gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken dienen (§§ 51 bis 68 der Abgabenordnung - AO -) von der Körperschaftsteuer befreit. Eine Körperschaft verfolgt gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf gerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern (§ 52 Abs. 1 S. 1 AO). Gemäß § 52 Abs. 1 S. 2 AO ist eine Förderung der Allgemeinheit nicht gegeben, wenn der Kreis der Personen, dem die Förderung zugutekommt, fest abgeschlossen ist, d.h. wenn vorrangig Individual- oder Gruppeninteressen gefördert werden (Hüttemann, Gemeinnützigkeits- und Spendenrecht, 3. Auflage, Tz. 3.55 m.w.N.). Zur Förderung der Allgemeinheit zählen unter den Voraussetzungen des § 52 Abs. 1 AO die Förderung der Erziehung, Volks- und Berufsbildung einschließlich der Studentenhilfe (§ 52 Abs. 2 Nr. 7 AO), die Förderung von Verbraucherberatung und Verbraucherschutz (§ 52 Abs. 2 Nr. 16 AO) sowie die allgemeine Förderung des demokratischen Staatswesens im Geltungsbereich dieses Gesetzes, hierzu gehören nicht Bestrebungen, die nur bestimmte Einzelinteressen staatsbürgerlicher Art verfolgen oder die auf den kommunalpolitischen Bereich beschränkt sind (§ 52 Abs. 2 Nr. 24 AO).

    Gemäß § 63 Abs. 1 AO muss die tatsächliche Geschäftsführung der Körperschaft auf die ausschließliche und unmittelbare Erfüllung der steuerbegünstigten Zwecke gerichtet sein und den Bestimmungen entsprechen, die die Satzung über die Voraussetzungen für Steuervergünstigungen enthält. Die tatsächliche Geschäftsführung muss diesen Erfordernissen bei der Körperschaftsteuer während des ganzen Veranlagungszeitraums entsprechen (vgl. § 63 Abs. 2 i.V.m. § 60 Abs. 2 AO). Gemäß § 63 Abs. 3 AO hat die Körperschaft den Nachweis, dass ihre tatsächliche Geschäftsführung den Erfordernissen des § 63 Abs. 1 AO entspricht, durch ordnungsmäßige Aufzeichnungen über ihre Einnahmen und Ausgaben zu führen. Die Körperschaft trägt die Feststellungslast dafür, ob ihre tatsächliche Geschäftsführung den Erfordernissen des § 63 Abs. 1 AO entsprach (Urteil des Bundesfinanzhofs - BFH - vom 23. Juli 2003 I R 29/02, BFHE 203, 251, BStBl II 2003, 930, [BFH 23.07.2003 - I R 29/02] unter II.3., m.w.N.). Bei seiner Prüfung, ob die tatsächliche Geschäftsführung des Vereins ausschließlich auf die Verwirklichung satzungsmäßiger Ziele gerichtet war (§ 56 AO), darf das Finanzgericht auch die Selbstdarstellung des Vereins auf seiner Internetseite heranziehen (BFH-Urteil vom 9. Februar 2011 I R 19/10, BFH/NV 2011, 1113).

    2. Der Senat konnte im Streitfall nicht die Überzeugung gewinnen, dass die tatsächliche Geschäftsführung des Vereins auf die Förderung der Allgemeinheit i.S.d. § 52 Abs. 1 Satz 1 AO gerichtet war. Vielmehr stand vorrangig die Förderung von Gruppeninteressen im Vordergrund (vgl. Hüttemann, a.a.O. Tz. 3.55 m.w.N.).

    2.1. Wie sich aus dem Vortrag des Klägervertreters im Erörterungstermin, den vorgelegten Unterlagen und dem Internetauftritt des Klägers ergibt (vgl. BFH-Urteil vom 9. Februar 2011 I R 19/10, BFH/NV 2011, 1113), stand für den Kläger in den streitgegenständlichen Jahren 2009 bis 2011 die Aufklärung der Bevölkerung vor den - aus seiner Sicht bestehenden - Gefahren und Risiken der Patentierung von Software sowie - entsprechend seiner Namensgebung - die Förderung des freien Internets im Vordergrund seiner tatsächlichen Geschäftsführung. Zur Ermöglichung eines ungehinderten Informationsaustausches im Sinne der so genannten "open source" sollte die Verbreitung von Software, deren Quelltext öffentlich und von Dritten eingesetzt werden kann, gefördert werden (" frei verfügbares Wissen und Informationen im Allgemeinen", vgl. Definition von "open source" bei Wikipedia). Nach Ansicht des Klägers wäre die Einführung einer so genannten Softwarepatentrichtlinie geeignet gewesen, den freien Wettbewerb zwischen den Unternehmen einerseits sowie den freien Meinungsaustausch und die informationelle Selbstbestimmung wegen einer drohenden Monopolbildung einzuschränken, da die Patentierung der zur Kommunikation notwendigen Softwaretechniken den freien Meinungsaustausch in ganz erheblichen Umfang behindert hätte.

    Diese Bestrebungen sind jedoch nicht als gemeinnützig anzuerkennen. Es kann dahingestellt bleiben, ob schon aufgrund des Engagements bei dem Projekt ..., bei dem es sich um eine Vertretung von Unternehmern handelt, die sich gegen Softwarepatente ausgesprochen haben, nicht mehr von einer Verfolgung von der Allgemeinheit dienenden Zwecken auszugehen ist, da dieses Engagement ausschließlich im Jahr 2005 erfolgt ist.

    Im Streitfall stellt der Kläger auf seiner Homepage dar, dass er sich dafür einsetzt, die wirtschaftlichen Interessen gegenüber der Erteilung von neuen Softwarepatenten durch europäische Patentämter zu vertreten. Damit hat der Kläger gerade nicht dargelegt, dass er seine satzungsmäßigen Zwecke selbstlos und damit im Interesse der Allgemeinheit verfolgt.

    Bei der Auslegung des § 52 Abs. 1 AO ist darüber hinaus sowohl nach höchstrichterlicher Rechtsprechung als auch nach der herrschenden Meinung in der Literatur bei der Beurteilung einer der Allgemeinheit dienenden Tätigkeit die "herrschende Rechts- und Wirtschaftsverfassung" zu berücksichtigen (vgl. BFH-Urteil vom 13. Dezember 1978 I R 39/78, BStBl II 1979, 482, Hüttemann, a.a.O. Tz. 3.62 m.w.N.). So kann in der preisgünstigen Versorgung der Bevölkerung mit Gütern und Dienstleistungen grundsätzlich kein gemeinnütziger Zweck gesehen werden, da die Steuervergünstigungen im Zusammenhang mit der Gemeinnützigkeit nach § 52 AO ihre Grenze im Wettbewerbsgedanken finden. Soweit nicht begünstigte Betriebe dieselben oder vergleichbare Produkte anbieten, fehlt ein sachlicher Grund für die Gewährung von Steuervergünstigungen, wie sich im Übrigen aus der Vorschrift des § 65 Nr. 3 AO ergibt (vgl. BFH-Urteil vom 12. Juni 2008 V R 33/05, BStBl II 2009, 221 zu Leistungen eines Car-Sharing-Vereins). Eine Förderung der Allgemeinheit ist daher nur dann anzuerkennen, wenn das privatwirtschaftliche Güter- und Dienstleistungsangebot bestimmte Bevölkerungsschichten, beispielsweise wegen ihrer finanziellen oder wirtschaftlichen Hilfebedürftigkeit nicht erreicht (vgl. §§ 53, 66, 68 AO) oder es sich um Güter und Dienstleistungen, beispielsweise im Bereich der Bildung oder Kultur handelt, die von erwerbswirtschaftlichen Unternehmern nur unzureichend angeboten werden (vgl. § 68 Nr. 7 und 8 AO).

    Die Zurverfügungstellung, der Verbreitung von Software sowie seinem Eintreten für einen ungehinderten Zugang i.S.d. "open access" stellt sich als Maßnahme dar, die der preisgünstigen Versorgung der Bevölkerung mit Wirtschaftsgütern und Dienstleistungen aus dem Bereich der informationellen Infrastruktur dient. Dies stellt keine Verfolgung eines gemeinnützigen Zwecks dar, sondern es handelt sich um die Förderung privater bzw. geschäftlicher Interessen (vgl. auch OFD Münster vom 6. Februar 1996, DB 1996, 656, BFH-Urteile vom 28. August 1968 I 242/65, BStBl II 1969, 145 und vom 19. Juni 1974 I R 14/72, BStBl II 1974, 664). Unter der Berücksichtigung des Wettbewerbsgedanken kann in der preisgünstigen Versorgung der Bevölkerung mit Gütern und Dienstleistungen kein sachlicher Grund für die Gewährung von Steuervergünstigungen gesehen werden. Im Übrigen kann auch aus der Überlegung, dass kleinere und mittlere Unternehmen wegen ihrer unzureichenden Kapitalausstattung oder Innovationskraft im Allgemeinen "förderungsbedürftiger" als Großunternehmen sind, nicht auf die Gemeinnützigkeit des Klägers hinsichtlich seines Eintretens für kleine und mittelständische Unternehmen geschlossen werden Hüttemann, a.a.O. Tz. 3.67 m.w.N.). Eine solche Wertung lässt sich nicht aus dem Beispielskatalog des § 52 AO entnehmen.

    2.2. Hinzu kommt, dass die in der Satzung des Klägers beschriebenen gemeinnützigen Zwecke nicht im Vordergrund der von ihm ausgeübten Geschäftsführung stehen. So handelt es sich es sich bei der vom Kläger ausgeübten Geschäftsführung nicht um Maßnahmen der Erziehung, Volks- und Berufsbildung i.s.d. § 52 Abs. 2 Nr. 7 AO.

    Unter dem Begriff "Bildung" i.S.d. § 52 Abs. 2 Nr. 7 AO ist die Vermehrung der Kenntnisse und Fähigkeiten des Einzelnen und sowohl die Allgemeinbildung als auch die Berufsaus- oder Fortbildung einschließlich eines Studiums zu verstehen (Seer in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 1. Aufl. 2006, 143. Lieferung 01.2016, § 52 AO Rz 27 m.w.N.). Dabei beschränkt sich "Bildung" nicht auf Jugendliche, sondern umfasst gerade auch die Erwachsenenbildung. Der Inhalt der Bildungsarbeit muss dazu geeignet sein, die Allgemeinheit zu fördern (Urteil des Finanzgerichts Kiel vom 22. März 1996 I 535/92, EFG 1996, 940). Im Vordergrund muss dabei die Vermittlung von Kenntnissen stehen. Dabei findet aber keine Niveaukontrolle in der Weise statt, dass ein bestimmtes Bildungskonzept zu verlangen ist (Hüttemann, a.a.O. Tz. 3.101). Auch ein "pädagogisches Konzept" ist nach Ansicht des Senats für eine gemeinnützige Bildungsarbeit grundsätzlich nicht erforderlich (vgl. Hüttemann, a.a.O. Tz. 3.101 unter Berufung auf das Urteil des Finanzgerichts Hamburg vom 8. Dezember 1997 II 98/95, EFG 1998, 916).

    Soweit der Kläger auf seiner Homepage Informationen mit weiterführenden Links zur Verfügung stellt, genügt dies nicht den genannten Voraussetzungen. Insbesondere vermittelt der Kläger insoweit keine Kenntnisse oder Bildungsinhalte, sondern veröffentlicht lediglich den Meinungsstand bzw. die aktuelle Entwicklung im Zusammenhang mit der Patentierung von Software (Gesetzesvorlagen etc.), vergleichbar mit einer Nachrichtenseite für Informationen zu einem bestimmten Thema. Auf seine satzungsmäßigen Zwecke "Volksbildung" wird hingegen kein Bezug genommen (vgl. Anlage 5 zum Schriftsatz des Klägers vom 27. April 2015).

    Auch mit der Vortragstätigkeit durch Vorstandsmitglieder bei verschiedenen Veranstaltungen werden keine Bildungszwecke i.S.d. § 52 Abs. 2 Nr. 7 AO verfolgt. Soweit das Mitglied X auf der Veranstaltung ... vom 24. bis 27. September 2009 einen Vortrag zum Thema "Software Patente: die unendliche Geschichte geht weiter" gehalten hat, berichtete er ausweislich des Internetauftritts des Klägers zu Fragen der Patentierbarkeit von Software und erläuterte die Position des Klägers zu diesem Thema. Dabei handelt es sich aber nicht um Maßnahmen der Erziehung und Bildung, sondern um eine Berichterstattung und Stellungnahme. Ähnlich verhält es sich im Zusammenhang mit den übrigen Vorträgen, an denen Vorstandsmitglieder des Klägers teilgenommen haben (vgl. Tätigkeitsliste des Klägers, Anlage 1 zum Schriftsatz vom 26. Januar 2016). Auch soweit der Kläger durch Y auf dem Aktionstag am 15. April 2009 und von anderen - namentlich nicht genannten Mitgliedern - bei Veranstaltungen im In- und Ausland vertreten wurde, stand die Information über die Tätigkeit des Vereins und sein Anliegen, die "Zugänglichmachung informationeller Infrastruktur" bzw. sein Eintreten gegen die Softwarepatentrichtlinie im Vordergrund, nicht aber die Vermittlung von Kenntnissen. Es liegen daher keine Bildungsmaßnahmen vor.

    2.3. Mit den vom Kläger beschriebenen Maßnahmen der Geschäftstätigkeit wurden auch keine der Verbraucherberatung und des Verbraucherschutzes dienenden Zwecke i.S.d. § 52 Abs. 2 Nr. 16 AO verfolgt.

    Verbraucherberatung soll die Stellung des Verbrauchers im Rechts- und Wirtschaftsverkehr durch Beratung und Aufklärung verbessern (vgl. Hüttemann, a.a.O. Tz. 3.115, Seer in: Tipke/Kruse, AO/FGO, 1. Aufl. 2006, 143. Lieferung 01.2016, § 52 AO Rz. 39). Der Verbraucherschutz geht über die Beratung hinaus und umfasst auch die Verbreitung von Informationen über das Marktgeschehen, Qualitäts- und Leistungsvergleiche sowie die Vertretung der Verbraucherinteressen bezüglich Qualität, Preis und Sicherheit.

    Im Streitfall fördert der Kläger jedoch nicht vorrangig die Verbraucherinteressen. Die von ihm verfolgten Interessen beziehen sich nicht auf die Stellung der Verbraucher als solche. Gefördert werden vielmehr bestimmte Interessengruppen, die aus der freien Verfügbarkeit der informationellen Infrastruktur Nutzen ziehen. Auch wenn der Kläger zweifelsohne auf seiner Homepage und mit der Teilnahme an sonstigen Veranstaltungen über die Entwicklung der so genannten "open source" und der Patentierung von Software informiert, kann gerade nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger seinen satzungsmäßigen Zweck "Verbraucherschutz" selbstlos und damit im Interesse der Allgemeinheit verfolgt. Bei seiner Prüfung, ob die tatsächliche Geschäftsführung des Vereins ausschließlich auf die Verwirklichung satzungsmäßiger Ziele gerichtet war (§ 56 AO), darf das Finanzgericht auch die Selbstdarstellung des Vereins auf seiner Internetseite heranziehen (BFH-Urteil vom 9. Februar 2011 I R 19/10, BFH/NV 2011, 1113). Wie unter 2.1. dargestellt wirbt der Kläger auf seiner Homepage für seinen Einsatz für die wirtschaftlichen Interessen gegenüber der Erteilung neuer Softwarepatenten (vgl. Anlage 5 zum Schriftsatz des Klägers vom 27. April 2015). Damit hat der Kläger jedoch gerade nicht dargelegt, dass er seinen satzungsmäßigen Zweck "Verbraucherschutz" selbstlos und damit im Interesse der Allgemeinheit verfolgt.

    2.4. Auch ein Eintreten für die allgemeine Förderung des demokratischen Staatswesens i.s.d. § 52 Abs. 2 Nr. 24 AO kann nicht festgestellt werden.

    Der Rechtsbegriff "Demokratisches Staatswesen" ist nicht identisch mit den "Grundprinzipien des Grundgesetzes", die als Normen nicht "gefördert" werden können (vgl. Leisner-Egensperger in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, 10. Aufl. 1951, 236. Lieferung 01.2016, § 52 AO Rz. 248 m.w.N.). Die allgemeine Förderung des demokratischen Staatswesens erfolgt durch aktiv werbendes Eintreten insbesondere für die Grundrechte, vor allem die Meinungsfreiheit sowie die organisatorischen Grundsätze: Gewaltenteilung, Wahlrecht, Mehrparteienregime, staatlicher Aufbau, Föderalismus, Rechts- und Sozialstaatlichkeit. Auch die Förderung einer freiheitlichen Wirtschaftsordnung ist möglicherweise gemeinnützig. Da die Förderung dem demokratischen Gemeinwesen "allgemein" dienen muss, ist eine objektive und parteipolitisch neutrale Aktivität Voraussetzung (vgl. Leisner-Egensperger in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO/FGO, 10. Aufl. 1951, 236. Lieferung 01.2016, § 52 AO Rz. 248 m.w.N., Hüttemann, a.a.O., Tz. 3.144).

    Die vom Kläger durchgeführten Maßnahmen richteten sich jedoch nicht auf eine Förderung des demokratischen Gemeinwesens, sondern in erster Linie auf die Ermöglichung eines ungehinderten Informationsaustausches im Sinne der so genannten "open source" sowie die Verhinderung einer Softwarepatentrichtlinie. Von einer umfassenden Befassung mit den demokratischen Grundprinzipien kann insoweit nicht die Rede sein (vgl. BFH-Urteil vom 23. September 1999 - XI R 63/98, BStBl II 2000, 200). Dass das vom Kläger verfolgte Ziel eines ungehinderten und unkontrollierten Zugangs zu fremden Netzwerken und die Nutzung der dort verfügbaren Informationen eine primär auf Förderung von Gemeinwohlzwecken im Sinne der Demokratieförderung gerichtete Tätigkeit darstellt, kann der Senat nicht erkennen.

    3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO).

    4. Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der in § 115 Abs. 2 FGO genannten Gründe ersichtlich ist.

    RechtsgebietKStGVorschriften§ 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG