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  • 01.07.2007 | Vereinsführung und Recht

    Der Geschäftsführer des Vereins: Welche rechtliche Stellung hat er zum Vorstand?

    Viele Vereine haben neben dem Vorstand einen Geschäftsführer. Dabei ist häufig nicht klar, welche rechtliche Stellung er im Verein hat, über welche Rechte, Pflichten und Befugnisse er verfügt. Gründe dafür sind eine fehlende satzungsmäßige Verankerung und fehlerhafte Verträge. Häufig besteht auch eine erhebliche Unkenntnis über die haftungsrechtlichen Risiken, die damit eingegangen werden.  

     

    Erfahren Sie deshalb im folgenden Beitrag, welche Folgen sich aus welcher konkreten Vertrags- bzw. Vereinskonstellation ergeben, damit Geschäftsführung und Verein wissen, woran sie sind und Haftungsrisiken vermieden werden. 

    Die typischen Gestaltungen der Vereinspraxis

    In der Praxis sind zwei Fallgestaltungen anzutreffen: 

     

    1. Geschäftsführer ist nicht Mitglied des BGB-Vorstands

    Hier gibt es unterschiedliche Varianten. Der Geschäftsführer ist 

    • nicht in der Satzung verankert, er hat also keine Organfunktion;
    • in der Satzung verankert, ohne dass seine rechtliche Stellung klar geregelt ist;
    • ehrenamtlich/hauptamtlich für den Verein tätig.

     

    2. Geschäftsführer ist Mitglied des Vorstands

    Dabei kann der Geschäftsführer 

    • Mitglied des Vorstands und in seiner Funktion als Geschäftsführer gleichzeitig Besonderer Vertreter nach § 30 BGB sein und
    • ehren- oder hauptamtlich handeln.

    Geschäftsführer als Besonderer Vertreter nach § 30 BGB

    Die Satzung kann regeln, dass der Verein neben dem Vorstand nach § 26 BGB einen Geschäftsführer (ehrenamtlich oder hauptamtlich) bestellen kann, dem bestimmte Aufgaben im Rahmen der Geschäftsführung zugewiesen werden, die damit nicht mehr Angelegenheiten des Vorstands sind (§§ 27 Absatz 3, 40, 30 BGB). 

     

    Wichtig: Im Rahmen dieser Aufgaben ist der Geschäftsführer nach § 30 Satz 2 BGB berechtigt, den Verein – wie der Vorstand nach § 26 BGB – nach außen im Rechtsgeschäftsverkehr zu vertreten. Der Verein haftet dann für die Handlungen dieses Geschäftsführers im Rahmen der Organhaftung des Vereins nach § 31 BGB

     

    Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Beschluss vom 5.5.1997, Az: 5 AZB 35/96) gilt ein Besonderer Vertreter eines e.V. nach § 30 BGB nicht als Arbeitnehmer nach § 5 Absatz 1 Arbeitsgerichtsgesetz, wenn seine Vertretungsmacht auf der Satzung beruht und die Satzung die Bestellung eines solchen Vertreters ausdrücklich vorsieht. Die gleiche Ansicht vertritt auch das Landesarbeitsgericht Berlin (Beschluss vom 28.4.2006, Az: 6 Ta 702/06). 

    Der Geschäftsführer als reiner Arbeitnehmer des Vereins

    Ein Geschäftsführer, der in der Satzung des Vereins nicht verankert ist, hat keine Organfunktion im Verein und handelt als Arbeitnehmer (Erfüllungshilfe) für den Vorstand. Grundlage ist ein reines Arbeitsverhältnis, in welcher Ausgestaltung auch immer. Es gelten die Vorschriften des Arbeitsrechts. Maßgebend ist der Arbeitsvertrag mit dem Verein. 

     

    Keine automatische Befugnis zur Rechtsvertretung nach außen

    Ein Arbeitnehmer-Geschäftsführer ist grundsätzlich nicht befugt, den Verein nach außen im Rechtsgeschäftsverkehr zu vertreten und für diesen zu handeln. Diese Aufgabe ist grundsätzlich dem Vorstand nach § 26 BGB vorbehalten.  

     

    Der Vorstand kann dem Geschäftsführer aber Einzelvollmachten pro Rechtsgeschäft erteilen. Eine Prokura oder Generalvertretungsvollmacht ist im Vereinsrecht nach der Rechtsprechung unzulässig (Oberlandesgericht [OLG] München, Urteil vom 27.9.1989, Az: 7 U 24389/89). 

    Fragen zur Gestaltung von Anpassungsprozessen

    Für Vereine, die ihre Organisation und die Strukturen verändern und in diesem Zusammenhang auch die Satzung anpassen oder ändern müssen, ist daher die Frage entscheidend, wie zum Beispiel der Geschäftsführer rechtlich verankert werden soll.  

     

    Dabei kommt es nicht selten vor, dass der bisherige Arbeitnehmer-Geschäftsführer eine Organfunktion erhält, verbunden mit der Außenvertretungsbefugnis für den Verein. Dabei wird häufig übersehen, dass sich dabei der vertragliche Status des Geschäftsführers verändern kann. Das belegen zwei Beispiele aus der aktuellen Rechtsprechung.  

     

    Kann das alte Arbeitsverhältnis des Geschäftsführers ruhen?

    Die Frage, ob ein Beschäftigungsverhältnis mit einem Mitarbeiter als Dienst- oder Arbeitsverhältnis zu qualifizieren ist, hat im Hinblick auf die Rechtsfolgen wie zum Beispiel die Anwendbarkeit des Kündigungsschutzgesetzes erhebliche praktische Bedeutung. 

     

    Das BAG hat zu diesem Problemkreis anlässlich der Kündigung eines GmbH-Geschäftsführers grundsätzliche Feststellungen getroffen, die auch für die Vereinspraxis relevant sind (Urteil vom 14.6.2006, Az: 5 AZR 592/05; Abruf-Nr. 062964). 

     

    Ein Mitarbeiter war schon viele Jahre für eine Firma tätig, mit der er im Zuge der Umwandlung der Firma am 22. Juni 1986 einen Dienstvertrag abschloss, der zum 1. Januar 1987 in Kraft trat. Damit wurde er als Geschäftsführer bestellt und zwar zunächst für fünf Jahre, mit einer Verlängerungsoption. Detailliert geregelt wurden außerdem das Gehalt, die Kündigungsmöglichkeiten, ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot sowie der Umstand, dass Änderungen und Ergänzungen des Vertrags der Schriftform bedürfen. 

     

    Mit Schreiben vom 20. Dezember 2002 erklärte die Firma die ordentliche Kündigung des Dienstverhältnisses. Drei Tage später wurde auch das bestehende Arbeitsverhältnis schriftlich gekündigt. 

     

    Vor Gericht stritten sich Parteien im Kern darum, ob zwischen ihnen ein Dienst- oder Arbeitsverhältnis bestanden hatte. Der Mitarbeiter war der Auffassung, dass sein mit der Firma einst begründetes Arbeitsverhältnis während der Bestellung zum Geschäftsführer quasi geruht habe und niemals aufgegeben war. Daher bestehe es auch jetzt fort. Da zum Kündigungszeitpunkt somit ein Arbeitsverhältnis bestanden habe, finde das Kündigungsschutzgesetz Anwendung. Die ausgesprochene Kündigung habe das Arbeitsverhältnis nicht beendet, vielmehr bestehe es fort.  

     

    Wie schon die Vorinstanzen entschied das BAG jedoch gegen den Geschäftsführer. Das einst begründete Arbeitsverhältnis habe während der Bestellung zum Geschäftsführer nicht geruht und sei zu keinem Zeitpunkt wieder aufgelebt. Vielmehr wurde der frühere Arbeitsvertrag durch den Dienstvertrag vom 22. Juni 1986 aufgehoben und abgelöst. 

     

    Begründung: Schließt ein angestellter Mitarbeiter mit seiner Firma einen Geschäftsführerdienstvertrag, so wird dadurch das bisherige Arbeitsverhältnis konkludent aufgehoben. Es ist dem Mitarbeiter klar, dass er mit Abschluss des Geschäftsführervertrags seine Stellung als Arbeitnehmer – mit allen Konsequenzen – aufgibt. Etwas anderes kann in einem Einzelfall nur dann gelten, wenn es dafür besondere Anhaltspunkte in der Fallgestaltung gibt. Das ist beispielsweise der Fall, wenn die Geschäftsführerbestellung bei sonst gleichen Bedingungen nur vorübergehend oder befristet erfolgt. 

     

    Fazit: Damit ist davon auszugehen, dass das vorherige Arbeitsverhältnis durch den neuen Dienstvertrag einvernehmlich aufgehoben wird. Wird der ehemalige Arbeitnehmer als Geschäftsführer abberufen, so lebt damit auch das vorherige Arbeitsverhältnis nicht wieder auf.  

     

    Widerruf der Bestellung als Geschäftsführer

    Auf den Vereinsvorstand übertragen lässt sich auch ein Fall, den das OLG Karlsruhe zu entscheiden hatte. Die Grundsätze des Urteils zeigen deutlich auf, dass zwischen der organschaftlichen Bestellung und dem Dienstvertrag kein Zusammenhang besteht (Urteil vom 22.3.2002, Az: 14 U 46/01; Abruf-Nr. 072108

     

    Im konkreten Fall ging es um die „Doppelstellung“ eines Geschäftsführers einer GmbH als Organträger und Angestellter. Er war in Kritik geraten und wurde durch Beschluss der Gesellschafterversammlung mit sofortiger Wirkung und vor Ablauf der vertraglich festgelegten Geltungsdauer von fünf Jahren als Geschäftsführer abberufen. Daraufhin kündigte der Geschäftsführer gegenüber der GmbH fristlos das Anstellungsverhältnis (Dienstvertrag) und bezog sich zur Begründung u.a. auf die Abberufung aus der Geschäftsführerposition. Daraufhin erhob er Klage gegen die GmbH und machte Schadenersatz nach § 628 Absatz 2 BGB gegen die GmbH geltend.  

     

    Diesen Schadenersatzanspruch hat das OLG verneint. Das Gericht stellte klar, dass die organschaftliche Abberufung als Geschäftsführer der GmbH kein vertragswidriges Verhalten der GmbH gewesen ist, unabhängig davon, ob der Geschäftsführer Anlass für seine Abberufung gegeben hatte oder nicht. Aus dem Gesetz (§ 38 GmbH-Gesetz) ergibt sich, dass ein Geschäftsführer jederzeit und ohne Vorliegen von Gründen abberufen werden kann.  

     

    Zu beachten ist nach dem Gericht aber der Umstand, das die Ablösung aus der Organstellung das der Bestellung zum Geschäftsführer zu Grunde liegende Rechtsverhältnis (hier: Dienstvertrag) nicht notwendigerweise beendet. Auch steht einer Abberufung aus der Organstellung nicht entgegen, dass der Dienstvertrag mit dem Geschäftsführer auf fünf Jahre abgeschlossen war. 

     

    Wichtig: Die Grundsätze des Urteils lassen sich auf den Vereinsvorstand übertragen und zeigen deutlich auf, dass zwischen der organschaftlichen Bestellung und dem Dienstvertrag kein Zusammenhang besteht. Einschlägig ist im Vereinsrecht die Regelung des § 27 Absatz 2 BGB. Danach ist die Bestellung des Vorstands jederzeit widerruflich, unbeschadet des Anspruchs auf die vertragsmäßige Vergütung.  

    Fazit

    Bezogen auf einen Vereinsvorstand oder Geschäftsführer mit Organstellung in einem e.V. ergeben sich folgende Grundsätze: 

     

    • Der Widerruf der Bestellung löst – von Fällen des Rechtsmissbrauchs abgesehen – keinen Schadenersatzanspruch des Vorstands oder Geschäftsführers nach § 628 Absatz 2 BGB aus.

     

    • Darauf, ob der Dienstverpflichtete Anlass für die Abberufung gegeben hat oder nicht, kommt es nicht an.

     

    • Kritische Äußerungen des Vereins als Dienstherr zur Geschäftsführung des Vorstands geben diesem keinen Schadenersatzanspruch nach § 628 Absatz 2 BGB. Eine Ausnahme gilt nur dann, wenn die Kritik keine Grundlage hatte oder maßlos oder grob beleidigend ist.
    Quelle: Ausgabe 07 / 2007 | Seite 9 | ID 111780