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  • · Fachbeitrag · Steuerstrafrecht

    Die strafrechtliche Verantwortung des Steuerberaters im Mandatsverhältnis

    von Rechtsassessor Dr. Matthias H. Gehm, Limburgerhof und Speyer

    | In einem Fall der gemeinschaftlich durch Steuerberater und Mandant versuchten Steuerhinterziehung hat der BGH darüber entschieden, ob bei der Strafzumessung erwartete berufsrechtliche Konsequenzen für den Steuerberater mildernd zu berücksichtigen sind ( BGH 27.7.16, 1 StR 256/16, Abruf-Nr. 188379 ). Die Entscheidung soll Anlass sein, sich mit der Frage auseinanderzusetzen, wann sich ein Steuerberater im Mandatsverhältnis der Gefahr von steuerstrafrechtlichen oder steuerordnungswidrigkeits-rechtlichen Sanktionen ausgesetzt sieht. |

    Abgrenzung erlaubtes zu strafrechtlich relevantem Verhalten

    Gerade im steuerlichen Mandat stellt sich die Frage, wo die noch erlaubte steuerliche Gestaltung mit dem Ziel der Steuerminimierung endet und wo die Steuerhinterziehung beginnt. Es ist allgemein anerkannt, dass der Steuerberater im Zuge des Mandatsverhältnisses nicht zum Garanten für den Steueranspruch des Fiskus wird (Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015, § 370, Rn. 524). Der Steuerberater wird nur in wenigen Fällen der strafrechtlichen Relevanz als Täter i. S. von § 25 StGB der Steuerhinterziehung in Betracht kommen. Es wird vielmehr regelmäßig um die Frage der Beihilfe nach § 27 StGB zur diesbezüglichen Tat des Mandanten gehen (Schulz, Festschrift für Imme Roxin, 2012, 394). Allerdings kann der Berater in der Tatbestandsalternative des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO sehr wohl auch Täter einer Steuerhinterziehung zugunsten seines Mandanten sein.

     

    Es gibt kein Verhalten, das derart berufstypisch ist, dass eine strafrechtliche Relevanz von vornherein ausscheidet. Der BGH und die h. M. haben vielmehr bei der Abgrenzung von beruflich erlaubter Tätigkeit zur strafbaren Beihilfe folgenden Drei-Stufen-Ansatz erarbeitet (BGH 21.8.14, 1 StR 13/14, Abruf-Nr. 151697; BGH 14.1.15, 1 StR 93/14, Abruf-Nr. 176016):

     

    • Zielt das Handeln des Haupttäters ausschließlich darauf ab, eine strafbare Handlung zu begehen und weiß dies der Hilfeleistende, ist sein Tatbeitrag in jedem Fall als strafbare Beihilfe zu werten. Denn sein Tun verliert stets den „Alltagscharakter“ und ist als „Solidarisierung“ mit dem Täter zu werten (1. Stufe).

     

    • Weiß der Hilfeleistende dagegen nicht, wie der von ihm geleistete Beitrag vom Haupttäter verwendet wird und hält es lediglich für möglich, dass sein Tun zur Begehung einer Straftat genutzt wird, ist sein Handeln regelmäßig noch nicht als strafbare Beihilfehandlung zu beurteilen (2. Stufe).

     

    • Anders verhält es sich, wenn das vom Hilfeleistenden erkannte Risiko strafbaren Verhaltens des von ihm Unterstützten derart hoch war, dass er mit seiner Hilfeleistung „die Förderung eines erkennbar tatgeneigten Täters angelegen sein ließ“ (3. Stufe). Das Risiko wird sich im Regelfall aus dem äußeren Geschehensablauf ergeben. Daraus wird in der Praxis letztlich auch der Rückschluss auf den subjektiven Tatbestand gezogen.

     

    Ein strafrechtlich nicht relevantes Verhalten wird demgegenüber auch angenommen, wenn sich der Steuerberater nicht derart in den Tatplan des Mandanten einbinden lässt, dass sein Verhalten das Risiko der Steuerverkürzung erhöht. Daher macht sich der Berater auch nicht strafbar, wenn er die Besteuerungsgrundlagen zutreffend ermittelt, aber davon ausgeht, dass der Mandant diese noch manipulieren wird (Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015, § 370, Rn. 524).

     

    • Beispiel

    A fragt seinen Steuerberater B, wie er einen anonymen Kapitaltransfer ins Ausland gestalten kann. Dabei gibt er als Grund für seine Anfrage vor, bei einer Scheidung von seiner Frau zumindest Vermögensteile außerhalb ihrer Zugriffsmöglichkeit sicher wissen zu wollen. Ob dies der wirkliche Grund ist oder ob A auf diese Weise Steuern verkürzen will, weiß B nicht. Die Rechtsprechung geht in diesem Zusammenhang davon aus, dass es keinen allgemeinen Erfahrungssatz gibt, dass, wer Kapital anonym ins Ausland verbringt, auch in der Steuererklärung unrichtige Angaben hinsichtlich der daraus erzielten Erträge macht (BFH 15.1.13, VIII R 22/10, Abruf-Nr. 131234). B befindet sich bei Heranziehen dieser Rechtsprechung auf der 2. Stufe, wenn er A entsprechende Informationen gibt. Er befindet sich also noch nicht im strafbaren Bereich.

     

    Gehilfenvorsatz/Gehilfenhandlung

    Der Gehilfenvorsatz ist ein doppelter: Einmal muss er sich auf das Vorliegen der Haupttat und sodann auf die eigene Beihilfehandlung beziehen (Simon/Vogelberg, Steuerstrafrecht, 3. Aufl. 2011, 31). Für die Beihilfe zur Steuerhinterziehung genügt es, dass der Gehilfe weiß, dass sein Beitrag zur Haupttat diese fördert bzw. erleichtert - sein Verhalten muss keine conditio sine qua non für die Haupttat sein. Nicht erforderlich ist, dass es ihm gerade darauf ankommt, dass die Haupttat von Erfolg gekrönt ist (BGH 22.7.15, 1 StR 447/14, Abruf-Nr. 178949).

     

    Für den Gehilfenvorsatz genügt es weiterhin, wenn der Steuerberater bewusst die Augen vor der Steuerhinterziehung seines Mandanten verschließt, obwohl sich ihm die Tat aufdrängt (Wenzel, NWB 11, 3449, 3452). Der BGH formuliert in diesem Zusammenhang: „Maßgeblich ist, ob es für den Angeklagten Anhaltspunkte gab, die es zumindest als sehr wahrscheinlich erscheinen ließen, dass […] das gesamte durch ihn geförderte Tun der Haupttäter auf die Begehung […] angelegt war […]“ (BGH 22.1.14, 5 StR 468/12, NZWiSt 14, 139 unter Rn. 32; hierzu Franke-Roericht, PStR 15, 173).

    Praxisbeispiele für die Strafbarkeit des Beraters

    Insofern macht sich ein Steuerberater als Mittäter oder Teilnehmer an einer Steuerhinterziehung seines Mandanten schuldig, wenn er bei der Erstellung der Umsatzsteuervoranmeldungen seines Mandanten mitwirkt, obwohl er um dessen fehlerhafte Aufzeichnungen weiß (FG Nürnberg 10.12.02, II 536/2000, DStRE 03, 1251). Entsprechendes gilt, wenn ein Steuerfachgehilfe die Betriebseinnahmen einfach schätzt - ohne dies offenzulegen - und insofern unrichtige Steuererklärungen fertigt (BFH 13.8.07, VII B 345/06, BFH/NV 08, 23). Des Weiteren kann sich der Steuerberater der Steuerhinterziehung schuldig machen, wenn er unrichtige Herabsetzungsanträge zu Einkommensteuer-Vorauszahlungen stellt, wissend, dass der hierbei vorgetragene Sachverhalt unvollständig ist (FG Niedersachsen 18.12.06, 10 K 316/00, EFG 07, 1840; Jäger/Klein, Abgabenordnung: AO, Kommentar, 13. Aufl. 2016, § 370, Rn. 225).

    Sonderproblem Mitwirkungsvermerk des Steuerberaters

    In der Praxis stellt sich die Frage, ob der Steuerberater durch seinen Mitwirkungsvermerk respektive Kanzleistempel eine besondere Verantwortung für die Richtigkeit der Erklärung seines Mandanten übernimmt, sodass sich hieraus eine strafrechtliche Verantwortung ergibt. Dahinter verbirgt sich die Frage, ob hierdurch bei der Finanzverwaltung der Eindruck erweckt wird, er habe die Angaben des Mandanten auf Richtigkeit hin geprüft. Bezüglich eines Steuerberaters, der um die unzureichenden steuerlichen Aufzeichnungen seines Mandanten wusste, führt das FG Nürnberg (10.12.02, II 536/2000, DStRE 03, 1251) aus, dass dieser durch seinen Kanzleistempel „den Anschein der Richtigkeit“ erweckt habe, der falschen Erklärung also „gleichsam der Stempel der Glaubwürdigkeit aufgedrückt wurde“. Zu Recht verneint der BFH eine solche Interpretation. Der Stempel enthält vielmehr nur eine ganz allgemeine Erklärung, dass der Steuerberater im Vorfeld tätig geworden ist (BFH 29.10.13, VIII R 27/10, Abruf-Nr. 133946).

     

    Es sei somit auch klargestellt, dass den Steuerberater (grundsätzlich) keine Pflicht trifft, die ihm vom Steuerpflichtigen überlassenen Belege für die Erstellung der Buchführung auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen (Wenzel, NWB 11, 3449, 3453). Er darf damit der Richtigkeit der Ausführungen des Mandanten vertrauen, muss aber um weitere Sachverhaltsaufklärung bemüht sein, wenn er feststellt, dass steuerlich relevante Umstände noch nicht vollständig vom Mandanten offenbart wurden (Schulz, Festschrift für Imme Roxin, 2012, 395).

    Sonderproblem Anwesenheit bei der Steuerhinterziehung

    Für den steuerlichen Berater ergibt sich gerade im Zuge von Betriebsprüfungen das Problem, ob er sich bereits einer Beteiligung an der Hinterziehung des Mandanten schuldig macht, wenn er zugegen ist, wenn sich der Mandant gegenüber dem Betriebsprüfer falsch zu steuererheblichen Tatsachen einlässt. Auch wenn dann regelmäßig bereits eine in der Vergangenheit verwirklichte Steuerhinterziehung vorliegt, verleiht dieser Umstand dem Steuerpflichtigen nicht das Recht zur weiteren Täuschung (BGH 26.10.98, 5 StR 746/97, wistra 99, 103; Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015, § 393, Rn. 45). Allerdings handelt es sich mit Blick auf die bereits zuvor begangene Steuerverkürzung für den Steuerpflichtigen selbst dann um eine mitbestrafte Nachtat. Dieser kommt für den Steuerpflichtigen nur strafrechtliche Relevanz zu, wenn die Vortat strafverfolgungsverjährt wäre.

     

    Eine bloße Anwesenheit ohne jeglichen Erklärungswert bei dieser Nachtat ist allerdings nach h. M. keine strafbare Handlung (BGH 20.12.95, 5 StR 412/95, NStZ 96, 563). Anders verhält es sich aber, wenn die Anwesenheit des Beraters die Tat für den Steuerpflichtigen (psychologisch) erleichtert hat (FG Nürnberg 10.12.02, II 536/2000, DStRE 03, 1251). Dies wäre der Fall, wenn sich der Mandant nur in Gegenwart des Steuerberaters traut, die entsprechenden unrichtigen Ausführungen zu machen, oder der Steuerberater bestärkend mit dem Kopf nickt und damit gegenüber dem Betriebsprüfer den Eindruck erweckt, er habe die Ausführungen des Mandanten auf deren Richtigkeit hin überprüft (BGH 29.11.11, 1 StR 287/11, wistra 12, 180).

     

    Hat sich der Berater einer Beihilfe zur Steuerhinterziehung schuldig gemacht, scheitert die Strafbarkeit der Begünstigung nach § 369 Abs. 1 Nr. 4 AO i. V. mit § 257 StGB an § 257 Abs. 3 S. 1 StGB. Würde man beim Haupttäter keine weitere Steuerhinterziehung annehmen wollen, so käme dann für den Steuerberater eine Strafbarkeit wegen Begünstigung in Betracht.

    Sonderproblem abweichende Rechtsauffassung

    Weiß der Berater, dass er bei der steuerlichen Würdigung eines Sachverhalts eine von der Verwaltungsmeinung in Richtlinien oder Verfügungen bzw. Erlassen abweichende Rechtsauffassung vertritt bzw. von der Rechtsprechung abweicht, der sich die Finanzverwaltung angeschlossen hat, darf er nicht einfach den Sachverhalt unterdrücken, der zu einer Kontroverse mit der Finanzverwaltung führen wird. Vielmehr muss er insofern die Tatsachen schildern und dann ggf. im Rechtsbehelfsverfahren versuchen, seine Rechtsauffassung durchzufechten. Stellt er den Sachverhalt allerdings nicht entsprechend dar, bewegt er sich im strafbaren Bereich (Jäger/Klein, Abgabenordnung: AO, Kommentar, 13. Aufl. 2016, § 370, Rn. 226; Simon/Vogelberg, Steuerstrafrecht, 3. Aufl. 2011, 156 ff.).

    Sonderproblem Gestaltungsmissbrauch

    Dass der Berater für seinen Mandanten eine ungewöhnliche Gestaltung sucht, die ggf. an § 42 AO scheitert, ist allein nicht strafbar. Eine Strafbarkeit ergibt sich vielmehr erst, wenn der steuererhebliche Sachverhalt gegenüber der Finanzverwaltung unrichtig wiedergegeben, verschleiert oder die Nachprüfung erschwert wird (Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015, § 370, Rn. 198).

    Beihilfe zu mehreren Steuerhinterziehungen

    Dient eine einzige Unterstützungshandlung der Förderung mehrerer Haupttaten, liegt nur eine Beihilfe i. S. von § 52 StGB vor (BGH 1.8.00, 5 StR 624/99, Abruf-Nr. 0009313; 4.3.08, 5 StR 594/07, Abruf-Nr. 081182; 27.10.99, 2 StR 451/99, NStZ 00, 83). Dies kann sich beispielsweise daraus ergeben, dass der Steuerberater bösgläubig einen anonymen Kapitaltransfer seines Mandaten ins Ausland mit ermöglicht, um zukünftig Einkommensteuer auf Kapitalerträge zu verkürzen. Das kann schon dadurch geschehen, dass er berät, welche Staaten den deutschen Steuerbehörden keine Amtshilfe leisten. Die Haupttaten stehen dabei in Tatmehrheit gemäß § 53 StGB zueinander (BGH 14.10.15, 1 StR 521/14, Abruf-Nr. 180881).

    Täterschaftliche Begehung einer Steuerhinterziehung

    Der Steuerberater kann zugunsten seines Mandanten als Allein- oder Mittäter eine Steuerhinterziehung begehen (Jäger/Klein, Abgabenordnung: AO, Kommentar, 13. Aufl. 2016, § 370, Rn. 30). Dies gilt allerdings nur bei der Tatbestandsalternative des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO, da die Tatbestandsalternative des Unterlassens nach§ 370 Abs. 1 Nr. 2 AO eine eigene Erklärungspflicht verlangt, die der Steuerberater gerade nicht hat. Für ihn ergibt sich auch über § 153 AO keine solche Verpflichtung (Jäger/Klein, Abgabenordnung: AO, Kommentar, 13. Aufl. 2016, § 370, Rn. 31; Simon/Vogelberg, Steuerstrafrecht, 3. Aufl. 2011, 149).

     

    Die Täterschaft kann sich für den Steuerberater daraus ergeben, dass er ein besonderes Interesse am Taterfolg hat - etwa weil er erhofft, sich den Mandanten auch zukünftig gewogen zu halten, oder er an dem Verkürzungsbetrag partizipiert. Auch ist er Täter, wenn der Eintritt des Taterfolgs von seinem Willen abhängt. Das ist z. B. der Fall, wenn der Mandant gutgläubig ist - der Berater also Alleintäter ist (Stahlschmidt, Steuerstrafrecht, 2004, 52 f.).

    Strafzumessung

    Hinsichtlich der Strafzumessung bei der Beihilfe zur Steuerhinterziehung ist darauf abzustellen, in welcher Höhe der Gehilfe die Steuerverkürzung gefördert hat (BGH 24.6.09, 1 StR 229/09, Abruf-Nr. 092722). Bei der Strafzumessung gemäß § 46 StGB ist auch zu beachten, welche Gesamtbelastung dem Täter oder Teilnehmer aus der Tat erwächst. Dies sieht auch die Finanzverwaltung so und bestimmt in Nr. 77 Anweisungen für das Straf- und Bußgeldverfahren (Steuer) - AStBV (St), dass die wirtschaftlichen oder sonstigen Nachteile wie berufsrechtliche Sanktionen strafmildernd zu berücksichtigen sind.

     

    Der BGH hat insofern entschieden, dass bei der Verurteilung eines Rechtsanwalts strafmildernd zu berücksichtigen ist, ob er seine anwaltliche Zulassung aufgrund der begangenen und zur Aburteilung anstehenden Tat nach § 114 Abs. 1 Nr. 4 bzw. Nr. 5 BRAO verliert bzw. zu verlieren droht (BGH 11.4.13, 2 StR 506/12, NStZ 13, 522). Entsprechendes gilt, wenn ein Steuerberater Gefahr läuft, aufgrund der mit der Tat verbundenen Berufspflichtverletzung wegen Ausschlusses aus seinem Beruf gemäß § 89 Abs. 1, § 80 Abs. 1 Nr. 5 StBerG seine berufliche oder wirtschaftliche Existenz zu verlieren (BGH 27.7.16, 1 StR 256/16, Abruf-Nr. 188379; 29.9.15, 1 StR 412/15, Abruf-Nr. 180390; Jäger/Klein, Abgabenordnung: AO, Kommentar, 13. Aufl. 2016, § 370, Rn. 30).

    Weitere Folgen für den Steuerberater

    Es ist zu beachten, dass nach § 109 Abs. 3 S. 1 StBerG die tatsächlichen Feststellungen im Strafverfahren, auf denen die dortige gerichtliche Entscheidung beruht, auch für das berufsrechtliche Verfahren bindend sind (BGH 28.9.15, StbSt (R) 2/15, Abruf-Nr. 180434; Jäger/Klein, Abgabenordnung: AO, Kommentar, 13. Aufl. 2016, § 370, Rn. 30). Dies muss bereits bei der Strafverteidigung bedacht werden. Die Steuerberaterkammer erfährt dabei nach § 10 StBerG von dem strafrechtlichen bzw. bußgeldrechtlichen Vorwurf (vgl. Nr. 137 Abs. 2 AStBV (St); § 24 MiStra). Nach § 411 AO wird sie im Bußgeldverfahren sogar frühzeitig - d. h. vor Erlass eines Bußgeldbescheids - in Kenntnis gesetzt. Darüber hinaus kann der Berater nach § 71 AO für die zugunsten seines Mandanten verkürzten Steuern zur Haftung herangezogen werden.

     

    In zivilrechtlicher Hinsicht kann ein Steuerberater zum Schadenersatz verpflichtet sein, wenn sein Mandant wegen Steuerhinterziehung zu einer Geldstrafe verurteilt wird (BGH 15.4.10, IX ZR 189/09, Abruf-Nr. 101629). Ist der Steuerberater der Teilnahme verdächtig, dürfen bei ihm auch die das Mandatsverhältnis betreffenden Unterlagen nach § 97 Abs. 2 S. 3 StPO beschlagnahmt werden (Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015, § 399, Rn. 56).

    Verschwiegenheitspflicht und eigene Strafverteidigung

    Für den Berater ergibt sich bei seiner eigenen Verteidigung gegen den Vorwurf der Beihilfe zur Steuerhinterziehung die Frage, ob er dabei nicht eine unerlaubte Verletzung von Schweigepflichten, die aus seinem Mandatsverhältnis herrühren, begeht. Die h. M. stellt insofern jedoch auf eine Rechtfertigung nach § 34 StGB ab (vgl. Guntermann, Stbg 2014, 38, 41 ff.).

    Leichtfertige Steuerverkürzung

    Grundsätzlich kann der Steuerberater auch hinsichtlich der Steueranmeldungen oder Steuererklärungen seines Mandanten eine leichtfertige Steuerverkürzung i. S. von § 378 AO begehen (Joecks/Jäger/Randt, Steuerstrafrecht, 8. Aufl. 2015, § 378, Rn. 52 ff.). Der BFH verneint aber eine bußgeldrechtliche Verantwortung des Steuerberaters nach § 378 AO, wenn er lediglich die Erklärung vorbereitet und der Steuerpflichtige diese selbst unterzeichnet sowie beim FA abgibt, denn es fehlt in dieser Sachverhaltskonstellation an einer eigenen Erklärung des Beraters gegenüber der Finanzverwaltung (BFH 29.10.13, VIII R 27/10, Abruf-Nr. 133946). Bei der elektronischen Signatur ergeben sich allerdings Probleme, da der Steuerberater die Erklärungen direkt für seinen Mandanten abgibt (Beyer, NWB 2016, 1304, 1508).

    Konsequenzen für die Praxis

    Da die Finanzverwaltung seit einigen Jahren auch die Berater in den Fokus ihrer strafrechtlichen Ermittlungen nimmt, muss sich der Steuerberater bereits bei der Wahrnehmung des Mandats Gedanken machen, wo für ihn die rote Linie verläuft, die er auf keinen Fall überschreiten darf. Ein nie strafbares berufstypisches Verhalten gibt es nicht. Da viele Mandanten, wenn es zum Steuerstrafverfahren kommt, versuchen, die Verantwortung auf ihren Berater zu verlagern, sollten Belehrungen des Mandanten hinreichend dokumentiert sein. Auch durch eine dokumentierte Auftragsbegrenzung kann der strafrechtliche Vorwurf widerlegt werden (Simon/Vogelberg, Steuerstrafrecht, 3. Aufl. 2011, S. 151 f.). Der Berater verstößt nicht gegen berufliche Verschwiegenheitspflichten, wenn er sich entsprechend verteidigt.

    Quelle: Ausgabe 04 / 2017 | Seite 71 | ID 44252857

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