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  • · Fachbeitrag · Steuerstrafrecht

    FAQ ‒ Strafrechtliche Probleme beim Steuermandat

    von Rechtsassessor Dr. Matthias H. Gehm, Limburgerhof und Speyer

    | Für den Steuerberater stellt sich wie auch für andere Berufsgruppen die Frage, ob berufstypisches Verhalten stets straflos oder auch in diesem Zusammenhang es möglich ist, in einen strafrechtlich relevanten Bereich zu gelangen. Insofern hatte unlängst das FG Berlin-Brandenburg im Zusammenhang mit der Haftung nach § 71 AO entschieden, dass ein Steuerberater, der aus ersichtlichen Scheinrechnungen für seinen Mandanten Vorsteuer zieht, sich wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung strafbar macht (6.3.18, 9 K 9306/12 ‒ UStDD 18/21, S. 7 mit Anmerk. Janz/Kuhlmann). Daher will der folgende Beitrag einige praxisrelevante Fragen in diesem Zusammenhang anhand aktueller Entscheidungen beantworten. |

     

    • 15 FAQ zur Rolle des Steuerberaters bei Steuerhinterziehung
    • 1. Muss ein Steuerberater Mandanten ablehnen, die Steuern hinterzogen haben?
    • 2. Kann der Steuerberater nur Gehilfe bei der Steuerhinterziehung seines Mandanten sein?
    • 3. Ist berufstypisches Verhalten stets straflos?
    • 4. Muss die Beihilfe des Steuerberaters derart kausal für die Hinterziehungstat gewesen sein, dass ohne sie der Taterfolg nicht eingetreten wäre?
    • 5. Zu welchem Zeitpunkt kann der Steuerberater Beihilfe zur Hinterziehung seines Mandanten leisten?
    • 6. Ist die Strafbarkeit des Steuerberaters davon abhängig, dass er die Steuerhinterziehung seines Mandanten billigt?
    • 7. Wer soll die Erklärung übermitteln?
    • 8. Ist der Steuerberater nach § 153 AO zur Berichtigung verpflichtet?
    • 9. Welche Besonderheiten gibt es bei der Abgabe elektronischer Erklärungen?
    • 10. Ist das bloße Dabeisein bei einer Hinterziehungshandlung bereits strafbar?
    • 11. Können sich Probleme aus dem Mitwirkungsvermerk für den Berater ergeben?
    • 12. Begeht der Steuerberater eine leichtfertige Steuerverkürzung, wenn er eine unrichtige Erklärung vorbereitet?
    • 13. Beschränkt die Verschwiegenheitspflicht den Steuerberater im eigenen Strafverfahren?
    • 14. Gibt es zwischen dem Steuerstrafverfahren und den berufsrechtlichen Folgen für den Berater Zusammenhänge?
    • 15. Welche weiteren Folgen können sich für den Steuerberater aus seiner Beihilfetat ergeben?
     

    Frage 1: Muss ein Steuerberater Mandanten ablehnen, die Steuern hinterzogen haben?

    Strafrechtich gibt es kein Verbot mit Personen geschäftliche Beziehungen zu unterhalten, die Steuern hinterzogen haben. Insofern ist ein Steuerberater nicht verpflichtet, Personen als Mandanten abzulehnen, die bereits wegen Steuerhinterziehung verurteilt worden sind, zumal ja die strafrechtliche Sanktion gerade dazu führen kann, sich zukünftig gesetzeskonform zu verhalten.

     

    PRAXISTIPP | Allerdings ist der Steuerberater bei der Ausübung seines Berufes nicht per se von strafrechtlicher Verantwortung befreit, weshalb gegenüber dem Mandanten durchaus Vorsicht geboten sein kann, wie noch näher darzustellen sein wird.

     

    Frage 2: Kann der Steuerberater nur Gehilfe bei der Steuerhinterziehung seines Mandanten sein?

    Bei der Tatbestandsvariante des § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO, bei der es sich um ein Delikt handelt, das von jedermann begangen werden kann (sogenanntes Jedermann-Delikt) und es ausreicht, dass die Steuerhinterziehung zu Gunsten des Mandanten begangen wird, kann auch der Steuerberater Täter bzw. Mittäter bei dieser Tat sein. In Abgrenzung zu einer Beihilfe muss der Steuerberater dann die Tat als eigene wollen, etwa weil er ein Interesse an deren Verwirklichung hat und den Geschehensablauf beeinflussen kann (vgl. Gehm, Kompendium Steuerstrafrecht, 3. Aufl. 17, S. 156ff.).

     

    PRAXISTIPP | In der Praxis sind die Fälle der Täterschaft des Steuerberaters aber eher selten. Meistens liegt Beihilfe oder Anstiftung vor.

     

    Frage 3: Ist berufstypisches Verhalten stets straflos?

    Viele Berater sind überrascht, wenn gegen sie das Strafverfahren wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung eingeleitet wird, weil sie sich auf den Standpunt stellen, dass sie nur ihren Beruf ausgeübt hätten. Nun verhält es sich so, dass berufstypisches Verhalten nicht per se straflos ist.

     

    Die Drei-Stufen-Lösung des BGH

    Der BGH hat seit einiger Zeit hier folgende Drei-Stufen-Lösung entwickelt, was die Abgrenzung von straflosen zu strafbarem Verhalten anbelangt (BGH 15.5.18, 1 StR 159/17, BeckRS 2018, 24407, Rn. 181ff.; BGH 19.12.17, 1 StR 56/17, wistra 18, S. 342; BGH 21.8.14, 1 StR 13/14, BeckRS 2014, 17289; BGH 14.1.15, 1 StR 93/14, BeckRS 2015, 06008):

     

    • Zielt das Handeln des Haupttäters ausschließlich darauf ab, eine strafbare Handlung zu begehen und weiß dies der Hilfeleistende,ist sein Tatbeitrag immer eine strafbare Beihilfe. Denn sein Tun verliert stets den „Alltagscharakter“ und ist als „Solidarisierung“ mit dem Täter zu werten (1. Stufe).

     

    • Weiß der Hilfeleistende dagegen nicht, wie der von ihm geleistete Beitrag vom Haupttäter verwendet wird, hält er es lediglich für möglich, dass sein Tun zur Begehung einer Straftat genutzt wird, so ist sein Handeln regelmäßig noch nicht als strafbare Beihilfehandlung zu beurteilen (2. Stufe),

     

    • es sei denn, das von ihm erkannte Risiko strafbaren Verhaltens des von ihm Unterstützten war so hoch, dass er sich mit seiner Hilfeleistung „die Förderung eines erkennbar tatgeneigten Täters angelegen sein“ ließ (3. Stufe).

     

    Das benannte Risiko wird sich im Regelfall aus dem äußeren Geschehensablauf ergeben. Daraus wird in der Praxis letztlich der Rückschluss auf den subjektiven Tatbestand gezogen.

     

    Subjektive Komponente

    Hinsichtlich der subjektiven Komponente auf der 3. Stufe ‒ „Förderung eines tatgeneigten Täters angelegen sein lassen“ ‒ lässt es der BGH nicht ausreichen, wenn Einzelheiten der Steuerhinterziehung des Haupttäters noch nicht positiv bekannt waren und Steuervergehen „allgemein lediglich billigend in Kauf genommen“ werden, insofern befindet sich ein Steuerberater auch noch nicht im strafrechtlich relevanten Bereich, wenn er lediglich allgemeine Bedenken hat, sein Mandant könnte sich steuerunehrlich verhalten (BGH 21.12.16, 1 StR 112/16, NZWiSt 17, S. 362, Rn. 34). Jedoch hat der BGH auch hervorgehoben, „dass der Gehilfe nicht gewusst haben muss, dass das Handeln des Haupttäters ausschließlich darauf abzielt, eine strafbare Handlung zu begehen“ (BGH 15.5.18, 1 StR 159/17, BeckRS 2018, 24407, Rn. 186).

     

    • Beispiele zur Drei-Stufen-Lösung

    Handeln auf der ersten bzw. dritten Stufe:

    Richtet ein Steuerberater für seine Mandantschaft ein Stiftungs- bzw. Firmenkonstrukt ein, um deutsche Einkommensteuer zu hinterziehen, so besteht seine Beihilfehandlung sowohl in der Gründung der entsprechenden Firmen, der Übernahme der Geschäftsführung für die Firmen, der Vorbereitung des Stiftungskonstrukts und im Abschluss von Treuhandvereinbarungen (BGH 6.9.16, 1 StR 575/15, NStZ 17, S. 356) ‒ wiederum Handeln auf der ersten bzw. dritten Stufe.

     

    Des Weiteren macht sich ein Steuerberater, der aus ersichtlichen Scheinrechnungen für seinen Mandanten Vorsteuer zieht, wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung strafbar (FG Berlin-Brandenburg 6.3.18, 9 K 9306/12, UStDD 18/21, S. 7 mit Anmerk. Janz/Kuhlmann) ‒ Handeln auf der ersten bzw. dritten Stufe.

     

    Handeln auf der dritten Stufe:

    Insofern macht sich ein Steuerberater als Mittäter oder Teilnehmer an einer Steuerhinterziehung schuldig, wenn er bei der Erstellung der Umsatzsteuervoranmeldungen seines Mandanten mitwirkt, obwohl er um dessen fehlerhafter Buchführung weiß (FG Nürnberg 10.12.02, II 536/2000, DStRE 03, S. 1251) ‒ Handeln auf der dritten Stufe.

     

    Eine Beihilfe zur Steuerhinterziehung wurde auch darin gesehen, dass ein Steuerfachgehilfe die Betriebseinnahmen einfach schätzt, ohne dies offenzulegen und insofern unrichtige Steuerklärungen fertigt (FG Münster 29.9.06, 5 K 4518/02 U, EFG 07, S. 488) ‒Handeln auf der dritten Stufe.

     

    Einkommensteuer-Vorauszahlungen:

    Auch macht sich ein Berater strafbar, der wissentlich unrichtige Herabsetzungsanträgen bezüglich Einkommensteuer-Vorauszahlungen stellt (FG Niedersachsen 18.12.06, 10 K 316/00, EFG 07, S. 1840 wobei im Fall sogar von einer täterschaftlichen Begehung ausgegangen wurde).

    Umsatzsteuerkarussel:

    Entsprechend der Drei-Stufen-Lösung muss bei vom Steuerberater in einem Umsatzsteuerkarussell abgegebenen unrichtigen Umsatzsteuervoranmeldungen dessen Kenntnisstand und die Rollenverteilung zwischen ihm und dem Mandanten von den Strafverfolgungsorganen abgeklärt werden, um überhaupt zu seiner Strafbarkeit gelangen zu können (OLG Karlsruhe 16.3.15, 1 [4] Ss 560/14, NZWiSt 15, S. 233 mit Anmerk. Bülte). Hinsichtlich der Mittäterschaft einer Steuerberaterin am Umsatzsteuerkarussellgeschäft ihrer Mandanten stellte der BGH auf die wirtschaftlichen Interessen der Steuerberaterin an dem Karussell, der Unterschriftleistung unter die bekannt unrichtigen Umsatzsteuervoranmeldungen und bewusst falsche Auskünfte in einer Umsatzsteuersonderprüfung ab (BGH 30.6.05, 5 StR 12/05, wistra 05, S. 380).

     

    PRAXISTIPP | Es sei aber klargestellt, dass den Steuerberater (grundsätzlich) keine Pflicht trifft, ihm vom Steuerpflichtigen überlassenen Belege für die Erstellung der Buchführung auf ihre Richtigkeit hin zu überprüfen (Wenzel, NWB 11, S. 3449, 3453).

     

    Frage 4: Muss die Beihilfe des Steuerberaters derart kausal für die Hinterziehungstat gewesen sein, dass ohne sie der Taterfolg nicht eingetreten wäre?

    Zwar ist für eine Beihilfe erforderlich, dass die Haupttat, also die Steuerhinterziehung des Mandanten, durch den Steuerberater gefördert wurde, nicht Voraussetzung ist jedoch, dass die Beihilfe conditio sine qua non für den Erfolg des Haupttäters ist. D.h. hätte der Mandant auch ohne die Hilfe seines Beraters die Tat begehen können, liegt dennoch eine strafbare Beihilfehandlung vor (BGH 1.8.00, 5 StR 624/99, wistra 00, S. 340).

     

    Hinsichtlich der Strafzumessung bei der Beihilfe zur Steuerhinterziehung ist jedoch darauf abzustellen, in welcher konkreten Höhe der Gehilfe die Steuerverkürzung gefördert hat (BGH 24.6.09, 1 StR 229/09, wistra 09, S. 396).

    Frage 5: Zu welchem Zeitpunkt kann der Steuerberater Beihilfe zur Hinterziehung seines Mandanten leisten?

    Da die strafbare Beihilfe bereits im Vorbereitungsstadium der Haupttat geleistet werden kann, kann sich ein Steuerberater insofern schuldig machen, wenn er seinen Mandanten vor dessen eigentlichen Hinterziehungshandlung Tipps gibt, wie er bei der Steuerhinterziehung verfahren soll, z. B. indem der Mandant beraten wird, welche Staaten dem deutschen Fiskus keine Auskunft über Kapitalerträge geben. Erwähnt werden soll aber in diesem Zusammenhang, dass der BFH es unter Beachtung von § 42 AO als legal betrachtet, wenn in der Beratung darauf hingewiesen wird, dass Tafelpapiere im Ausland zinsabschlagsteuerfrei eingelöst werden können, denn es handle sich hierbei nur um „Hinweise auf die bestehende Rechtslage (…), die die Rechtsposition (…)“ des Beratenden „ (…) nicht berühren“ (BFH 17.2.10, I R 85/08, BStBl II 11, S. 758).

     

    Nutzt der Mandant diesen Rat, um über mehrere Jahre hinweg Steuern zu hinterziehen, ist das strafrechtliche Risiko für den Steuerberater überhaupt nicht mehr kalkulierbar, denn wenn auch nur eine einzige Unterstützungshandlung der Förderung mehrerer Haupttaten dient, so liegt nur eine Beihilfe i. S. v. § 52 StGB zu all diesen später erfolgenden Haupttaten vor (BGH 1.8.00, 5 StR 624/99, wistra 00, S. 340; BGH 4.3.08, 5 StR 594/07, wistra 08, S. 217; Jäger, wistra 00, S. 344, 346; BGH 27.10.99, 2 StR 451/99, NStZ 00, S. 83; Bilsdorfer, NJW 10, S. 1431, 1433). Die Haupttaten selbst stehen dabei in Tatmehrheit gem. § 53 StGB zueinander (BGH 14.10.15, 1 StR 521/14, NZWiSt 16, S. 23 mit Anmerk. Gehm).

     

    PRAXISTIPP | Eine täterschaftlich durch den Steuerberater begangene Steuerhinterziehung zugunsten seines Mandanten erfordert nicht, dass dieser schon von Anfang an in den Tatplan einbezogen war (BGH 30.6.05, 5 StR 12/05, NStZ 06, S. 44).

     

    Frage 6: Ist die Strafbarkeit des Steuerberaters davon abhängig, dass er die Steuerhinterziehung seines Mandanten billigt?

    Im Unterschied zu einer täterschaftlich begangenen Steuerhinterziehung, bei der der Steuerberater gerade die Tat als eigene will, liegt der Beihilfevorsatz bereits vor, wenn der Gehilfe die Haupttat in ihren wesentlichen Merkmalen kennt und in dem Bewusstsein handelt, durch seine Beihilfe das Vorhaben des Haupttäters zu fördern. Er braucht hierbei die Einzelheiten der Haupttat nicht zu kennen. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Gehilfe den Erfolg der Haupttat wünscht oder ihn lieber vermeiden würde oder die Tat ausdrücklich missbilligt. Es genügt, dass die Hilfe an sich geeignet ist, die fremde Haupttat zu fördern oder zu erleichtern und der Hilfeleistende dies weiß. Unter diesen Voraussetzungen ist der Vorsatz auch dann nicht in Frage gestellt, wenn der Gehilfe dem Täter ausdrücklich erklärt, er missbillige die Haupttat (FG Nürnberg 10.12.02, II 536/2000, DStRE 03, S. 1251; BGH 9.5.17, 1 StR 265/16, NZWiSt 18, S. 379; Gehm, Kompendium Steuerstrafrecht, 3. Aufl. 17, S. 159).

     

    PRAXISTIPP | Auch reicht es hinsichtlich des Gehilfenvorsatzes aus, wenn der Steuerberater bewusst die Augen verschließt, obwohl sich ihm die Tat aufdrängt (Wenzel, NWB 11, S. 3449, 3452; BGH 19.12.17, 1 StR 56/17, wistra 18, S. 342).

     

    Frage 7: Wer soll die Erklärung übermitteln?

    Teilweise wird die Meinung vertreten, dass der Steuerberater aus der strafrechtlichen Verantwortung entlassen sei, wenn er es dem Steuerpflichtigen selbst überlasse, die Erklärung auf den Weg zu bringen. Denn dann handelte es sich um eine Erklärung des Mandaten (Müller, StBp 05, S. 195).

     

    In gewisser Weise kann sich diese Meinung auf Rspr. des BFH berufen, wobei der BFH darauf abstellt, dass „durch die Einreichung der vom Steuerpflichtigen unterzeichneten Steuererklärung (…) nicht der Steuerberater, sondern der Steuerpflichtige entsprechend seiner steuerrechtlichen Verpflichtung Angaben gegenüber dem FA gemacht“ habe. Somit sei es die Erklärung des Mandanten, „für die er mit seiner Unterschrift die Verantwortung übernommen hat, nicht die des Steuerberaters“. Dies gelte auch „im Falle eines sog. Mitwirkungsvermerks des Steuerberaters, weil sich die Mitwirkung bei der Anfertigung der Steuererklärung auf die Vorbereitung der Steuererklärung des Steuerpflichtigen beschränkt und eine vom Steuerberater gegenüber seinem Mandanten geschuldete und erbrachte Leistung darstellt“ (BFH 29.10.13, VIII R 27/10, BStBl II 2014, S. 295). Dem lässt sich aber entgegenhalten, dass Beihilfe zur Haupttat, wie bereits dargestellt, auch im Vorbereitungsstadium geleistet werden kann. Insofern kann der Steuerberater entsprechend der Drei-Stufen-Theorie auch durch die Vorbereitung der Erklärung, die der Mandant abgibt, Beihilfe zu dessen Steuerhinterziehung leisten.

    Frage 8: Ist der Steuerberater nach § 153 AO zur Berichtigung verpflichtet?

    Mangels eigener Berichtigungspflicht nach § 153 AO kann sich ein Steuerberater keiner Steuerhinterziehung gemäß § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO schuldig machen bei versehentlich falschen Angaben, dies gilt auch für den Fall, dass er entsprechende Erklärungen für seinen Mandanten selbst unterschreibt bzw. elektronisch auf den Weg bringt, wie dies z. B. bei der Umsatzsteuervoranmeldung möglich ist ‒ eine Strafbarkeit ist auch nicht über § 13 StGB gegeben (Gehm, Kompendium Steuerstrafrecht, 3. Auf. 17, S. 72 m.w.N.; Rätke in: Klein, AO, 14. Aufl. 18, § 153, Rn. 6; Nr. 4 AEAO zu § 153).

     

    PRAXISTIPP | Da den Steuerberater keine solche Berichtigungspflicht trifft und er auch sonst nicht in eigener Person im Mandatsverhältnis verpflichtet ist, Steuererklärungen abzugeben, kann er nie Täter bei einer Unterlassens-Tat nach § 370 Abs. 1 Nr. 2 AO sein, sondern bestenfalls Gehilfen oder Anstifter (BGH 23.8.17, 1 StR 33/17, wistra 18, S. 80; BGH 25.4.17, 1 StR 606/16, wistra 17, S. 400; BGH 9.4.13, 1 StR 586/12, NZWiSt 13, S. 311 mit Anmerk. Gehm; BGH 22.5.03, 5 StR 520/02, NStZ 04, S. 578; Madauß, NZWiSt 16, S. 268).

     

    Frage 9: Welche Besonderheiten gibt es bei der Abgabe elektronischer Erklärungen?

    Bei der Abgabe von elektronischen Erklärungen ist fraglich, wem unrichtige Erklärungen zuzurechnen sind. Hier wäre es verfehlt beim rein mechanischen Vorgang der Betätigung der Freigabetaste stehen zu bleiben. Vielmehr ist auf die Erklärungsherrschaft abzustellen, sodass der Steuerberater, sofern er keinen Argwohn hegt, insofern regelmäßig nur ein gutgläubiges Werkzeug für den hinter der Erklärung stehenden Mandanten als Steuerpflichtigen ist (Beyer, NWB 16, S. 1304 und 1508, 1511; Gehm, Kompendium Steuerstrafrecht, 3. Aufl. 17, S. 199f.). Insbesondere wird eine gewisse Einschränkung der strafrechtlichen Verantwortung des Beraters gesehen bezüglich des neuen Freizeichnungsdokuments bei elektronischen Erklärungen, in denen der Mandant versichert, die Erklärung auf Richtigkeit geprüft zu haben (Beyer, NWB 18, S. 499).

    Frage 10: Ist das bloße Dabeisein bei einer Hinterziehungshandlung bereits strafbar?

    Gerade bei der Begleitung von Betriebsprüfungen kann sich die Frage auftun, ob sich der Steuerberater bereits einer Beteiligung an der Tat des Mandanten schuldig macht, wenn er zugegen ist, wenn der Mandant sich falsch zu steuererheblichen Sachverhalten einlässt.

     

    In der Rspr. des BGH ist geklärt, dass das passive Zugegensein des Beraters oder sein bloßes Wissen um die Steuerhinterziehung seines Mandanten keine eigene steuerstrafrechtliche Verantwortlichkeit begründet (BGH 15.5.18, 1 StR 159/17, BeckRS 2018, 24407, Rn. 203; Beukelmann, NJW-Spezial 16, S. 248). Anders verhält sich dies nur, wenn die Anwesenheit des Beraters die Tat erleichtert hat, etwa der Steuerberater wissend um die falschen Einlassungen seines Mandanten diesem eine psychische Stütze war, weil dieser damit rechnen konnte, dass sein Berater Rückfragen der Finanzverwaltung kontern würde, ihm also durch die Anwesenheit seines Steuerberaters eine gewisse Sicherheit vermittelt wird (FG Nürnberg 10.12.02, II 536/2000, DStRE 03, S. 1251).

     

    PRAXISTIPP | Ggf. muss also dem Mandanten überlassen bleiben, selbst gegenüber der Steuerverwaltung den Sachverhalt zu schildern. Insofern sollten Steuerberater auch nicht den Eindruck erwecken, dass sie sich Darstellungen ihres Mandanten zu eigen machen, wenn Zweifel bestehen. Schon gar nicht sollte gegenüber der Finanzverwaltung dann kommuniziert werden, man habe die entsprechenden Sachverhalte überprüft und könne sie bestätigen. Letztlich sollte immer klar bleiben, es handelt sich um Erklärungen des Mandanten.

     

    Frage 11: Können sich Probleme aus dem Mitwirkungsvermerk für den Berater ergeben?

    Der BFH sieht in Mitwirkungsvermerken nur eine Erklärung des Inhalts, dass der Steuerberater im Vorfeld tätig geworden ist, nicht jedoch, dass er irgendwie für die Richtigkeit der Angaben des Mandanten eintritt (BFH 29.10.13, VIII R 27/10, BStBl II 14, S. 295; a.A. FG Nürnberg 10.12.02, II 536/2000, DStRE 03, S. 1251; hierdurch würde der Anschein der Richtigkeit erweckt).

    Frage 12: Begeht der Steuerberater eine leichtfertige Steuerverkürzung, wenn er eine unrichtige Erklärung vorbereitet?

    Das OLG Zweibrücken (23.10.08, 1 Ss 140/08, wistra 09, S. 127) hat unter Abgrenzung zu älterer Rechtsprechung des BFH (19.12.02, IV R 37/01, BStBl II 03, S. 385) entschieden, dass ein Steuerberater, der lediglich die Erklärung eines Mandanten vorbereitet und diese vom Mandanten unterschrieben sowie eingereicht wird, keine Ordnungswidrigkeit gemäß § 378 Abs. 1 S. 1 AO begeht, wenn den Berater der Vorwurf der Leichtfertigkeit trifft. Inzwischen hat sich er BFH dieser Rspr. des OLG Zweibrücken angeschlossen (BFH 29.10.13, VIII R 27/10, NZWiSt 15, S. 31 mit Anmerk. Gehm). Das OLG Zweibrücken begründet seine Sichtweise damit, dass keine eigenen Angaben des Steuerberaters gegenüber der Finanzbehörde vorliegen. Die entsprechenden Angaben hat vielmehr der Mandant als Steuerpflichtiger gemacht, weil er durch seine Unterschrift die Verantwortung für die Richtigkeit der Angaben übernommen hat.

     

    Die Besonderheit ‒ so auch vom OLG Zweibrücken selbst herausgestellt ‒ gegenüber der Beihilfe bzw. Anstiftung respektive Mittäterschaft oder mittelbarer Täterschaft des Steuerberaters bei bzw. zu einem Delikt gemäß § 370 AO liegt darin, dass bei einer Ordnungswidrigkeit wie § 378 AO gerade kein vorsätzliches Handeln gegeben ist, was jedoch bei den entsprechenden Formen der Beteiligung gemäß §§ 25, 26 und 27 StGB erforderlich wäre. Ein wissentliches Einfügen in einen deliktischen Plan ist somit nicht gegeben. D. h. die Ansicht des OLG Zweibrücken ist nicht auf eine entsprechende strafrechtliche Verantwortung übertragbar. Zuzugeben ist der Entscheidung, dass man nicht auf § 14 OWiG zur Begründung einer Verantwortlichkeit zurückgreifen kann, da die dort benannten Beteiligungsformen ein vorsätzliches Verhalten voraussetzen (Weidemann, wistra 09, S. 128). Der Steuerberater ist regelmäßig auch nicht nach § 9 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 OWiG verantwortlich, da er nicht nach außen hin auftritt, sondern nur die jeweiligen steuerlichen Erklärungen des Steuerpflichtigen vorbereitet (BFH 29.10.13, VIII R 27/10, NZWiSt 15, S. 31 mit Anmerk. Gehm).

     

    PRAXISTIPP | Hervorgehoben werden soll, dass Täter einer leichtfertigen Steuerverkürzung i. S. d. § 378 AO grundsätzlich auch derjenige sein kann, der die Angelegenheiten eines Steuerpflichtigen als dessen Berater bzw. Rechtsanwalt wahrnimmt. Insofern enthält § 378 AO auch eine Präzisierung des Täterkreises aber auch eine Einschränkung gegenüber § 370 Abs. 1 Nr. 1 AO als „Jedermanns-Delikt“ (OLG Zweibrücken 23.10.08, 1 Ss 140/08, wistra 09, S. 127).

     

    Frage 13: Beschränkt die Verschwiegenheitspflicht den Steuerberater im eigenen Strafverfahren?

    Für den Berater ergibt sich das Problem bei seiner eigenen Verteidigung gegen den Vorwurf der Beihilfe zur Steuerhinterziehung, ob er hierbei eine unerlaubte Verletzung von Schweigepflichten begehen könnte. Insofern ist er jedoch durch § 34 StGB gerechtfertigt (Guntermann, Stbg 14, S. 38, 41ff.).

    Frage 14: Gibt es zwischen dem Steuerstrafverfahren und den berufsrechtlichen Folgen für den Berater Zusammenhänge?

    In einem berufsrechtlichen Verfahren gegen einen Steuerberater sind die tatsächlichen Feststellungen in einem Straf- oder Bußgeldverfahren gemäß § 109 Abs. 3 S. 1 StBerG bindend (BGH 11.12.13, StbSt [R] 1/15, NZWiSt 17, S. 107 mit Anmerk. Krug). Ansonsten steht natürlich die Gefahr eines Berufsverbots nach § 70 StGB im Raum.

    Frage 15: Welche weiteren Folgen können sich für den Steuerberater aus seiner Beihilfetat ergeben?

    Neben einer Haftung gemäß § 71 AO für die hinterzogene Steuer des Mandanten kann in zivilrechtlicher Hinsicht ein Steuerberater zum Schadensersatz verpflichtet sein, wenn sein Mandant wegen Steuerhinterziehung zu einer Geldstrafe verurteilt wird (BGH 15.4.10, IX ZR 189/09, DStR 10, S. 1695).

     

    FAZIT | Auch im Mandatsverhältnis kann sich ein Steuerberater nach der Drei-Stufen-Lösung des BGH wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung strafbar machen, denn berufstypisches Verhalten ist nicht per se straflos. Insofern kann es sich anbieten, Belehrungen des Mandanten bzw. dessen Versicherungen über die Richtigkeit des steuerrelevanten Sachverhalts aktenkundig zu machen.

     
    Quelle: ID 45629426

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