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  • · Fachbeitrag · Außergewöhnliche Belastung

    Ehepaar im Pflegeheim: Darf das Finanzamt eine Haushaltsersparnis zweimal abziehen?

    | Darf das Finanzamt die als außergewöhnliche Belastung abzugsfähigen - selbst getragenen Pflegekosten - um eine doppelte Haushaltsersparnis kürzen, wenn ein Ehepaar in ein Pflegeheim umgezogen ist? Diese Frage hat ein Leser gestellt. WISO hat ausgewiesene Steuerexperten und das BMF gefragt. Ergebnis: Diese Konstellation schreit förmlich nach einer höchstrichterlichen Klärung durch den BFH. |

    Der konkrete Fall aus der Praxis

    Worum es geht, wird am besten deutlich, wenn man das fachliche Problem an einem konkreten Beispiel „durchdekliniert“.

     

    • Beispiel

    Erna und Franz Huber haben im Jahr 2014 krankheits- und pflegebedingt in einem Pflegeheim gelebt. In der Steuererklärung haben sie für die aus eigener Tasche gezahlten Pflegeheimkosten (25.000 Euro) den Abzug als außergewöhnliche Belastungen beantragt. Ihre Einkünfte lagen 2014 bei 50.000 Euro. Das Finanzamt ermittelt die außergewöhnliche Belastung wie folgt:

     

    Von den Eheleuten selbst gezahlte Heimkosten

    25.000 Euro

    ./.

    Haushaltsersparnis für Ehefrau

    8.354 Euro

    ./.

    Haushaltsersparnis für Ehemann

    8.354 Euro

    =

    Verbleibende Mehraufwendungen

    8.292 Euro

    ./.

    Zumutbare Belastung nach § 33 Abs. 3 EStG (5 % von 50.000 Euro)

    2.500 Euro

    =

    Als außergewöhnliche Belastung abziehbar

    5.792 Euro

     

    Folge: Hätte das Finanzamt die Haushaltsersparnis nur einmal abgezogen, könnte das Ehepaar eine außergewöhnliche Belastung in Höhe von 14.146 Euro statt nur 5.792 Euro abziehen.

     

    Der Beispielsfall ist keineswegs nur theoretischer Natur, sondern betrifft einen Leser von WISO. Er hat mittlerweile Klage beim FG Nürnberg eingelegt. Das Verfahren trägt das Az. 3 K 915/15.

    Das sagen ausgewählte Steuerexperten

    WISO hat das BMF sowie Steuerexperten aus Lohnsteuerhilfevereinen und Steuerberatungsgesellschaften gefragt, wie sie diesen Fall steuerlich beurteilen. Nachfolgend ein Auszug aus den verschiedenen Statements:

    Experten

    Aussage

    BMF, Pressestelle

    „Nach meinen Recherchen wurde diese Frage bisher nicht mit den obersten Finanzbehörden der Länder erörtert. Verwaltungsanweisungen, die die Haushaltsersparnis als personen- oder haushaltsbezogen definieren, sind mir ebenfalls nicht bekannt. Insoweit kann ich Ihnen aus steuerlicher Sicht leider nicht weiterhelfen.“

     

    Wertung: Neutral

    Uwe Rauhöft, Geschäfts-führer Neuer Verband der Lohnsteuerhilfevereine e.V., Berlin

    „Im seinem Urteil vom 14.11.2013 (Az. VI R 20/12, Abruf-Nr. 141043) hatte der BFH für ein in einem Pflegestift untergebrachtes Ehepaar die anteiligen Aufwendungen eines (pflegebedürftigen) Ehepartners als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt und eine Haushaltsersparnis abgezogen. Mit dieser Logik müsste, wenn für den anderen Ehepartner ebenfalls eine krankheits-/pflegebedürftige Unterbringung vorliegt, der auf ihn entfallende Teil der Unterbringungskosten ebenfalls berücksichtigt und ebenso eine Haushaltsersparnis abgezogen werden. Für eine Berücksichtigung der Haushaltsersparnis pro Ehegatten spricht auch, dass dieser in der Höhe dem Grundfreibetrag (pro Person) entspricht.“

     

    Wertung: Abzug der zweifachen Haushaltsersparnis klingt logisch.

    Karl Ferstl, Steuerberater und Wirtschaftsprüfer, Partner und Geschäfts-führer MTG Regensburg

    „Dass die Haushaltsersparnis abzuziehen ist, ist unstrittig. Ob dieser Kürzungsbetrag personenbezogen betrachtet werden muss, ist höchst umstritten. Vielmehr erscheint uns eine doppelte Kürzung um insgesamt 16.708 Euro für die beiden Ehegatten aus moralischen Gründen viel zu hoch, da nach realistischer Betrachtung die Lebenshaltungskosten von Senioren - im Vergleich zu jüngeren - wesentlich geringer ausfallen.“

     

    Wertung: Der Abzug der zweifachen Haushaltsersparnis führt zu einem steuerlich nicht korrekten Ergebnis.

    Bernhard Köstler, Diplom-Finanzwirt (FH), Schriftleiter WISO SteuerBrief

    „In einem Urteil des FG Baden-Württemberg (vom 3.12.2007, Az. 6 K 363/05, Abruf-Nr. 145618) finden sich interessante Überlegungen und Anmerkungen zur Haushaltsersparnis. Danach soll die Haushaltsersparnis den Kosten entsprechen, die der Steuerpflichtige auch ohne das außergewöhnliche Ereignis (Wohnen im Pflegeheim) zu tragen hätte. Die Richter verglichen die Haushaltsersparnis mit Werten aus dem Unterhaltsrecht und kamen für eine Einzelperson zur Erkenntnis, dass die Kürzung in Ordnung ist (unter anderem Miete 360 Euro pro Monat). Auf zwei Personen angewandt, würde der Vergleich allerdings aufgrund von Synergieeffekten zusammenlebender Eheleute nicht mehr funktionieren. Das wiederum spricht gegen eine Kürzung der außergewöhnlichen Belastung um eine doppelte Haushaltsersparnis.“

     

    Wertung: Der Abzug der doppelten Haushaltsersparnis kann weder einer gesetzlichen Fundstelle noch einer Anweisung aus der Finanzverwaltung entnommen werden. Es wäre deshalb begrüßenswert, wenn der Fall vor den BFH käme und dieser die Frage höchstrichterlich klären würde.

     

     

    FAZIT | Die Frage wird kontrovers diskutiert, ein einheitliches Meinungsbild gibt es nicht. Grund genug für WISO, dem Leser zu empfehlen, seine Klage unbedingt weiterzuverfolgen. Hier geht es ums Prinzip. Zudem wird durch eine gerichtliche Klärung vermieden, dass ein Sachbearbeiter im Finanzamt die Haushaltsersparnis zweimal abzieht und ein anderer Sachbearbeiter das nur einmal tut.

     

    Weiterführender Hinweis

    • Haben Sie Erfahrungen und Argumente, die dem Leser in seinem Klageverfahren hilfreich sein können? Dann teilen Sie diese WISO bitte mit. Mailen Sie einfach an wiso@iww.de.
    Quelle: Ausgabe 11 / 2015 | Seite 6 | ID 43665594

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