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  • · Fachbeitrag · Zugewinnausgleich

    Lottogewinn ist auszugleichen

    von VRiOLG Dieter Büte, Bad Bodenteich/Celle

    • 1.Der Lottogewinn eines Ehegatten ist bei der Berechnung des Zugewinnausgleichs nicht seinem Anfangsvermögen nach § 1374 Abs. 2 BGB hinzuzurechnen.
    • 2.Dass der Lottogewinn längere Zeit nach der Trennung erzielt worden ist, rechtfertigt für sich genommen auch keine grobe Unbilligkeit i.S. von § 1381 Abs. 1 BGB.

    (BGH 16.10.13, XII ZB 277/12, n.v., Abruf-Nr. 133421)

     

    Sachverhalt

    Die Beteiligten streiten darüber, ob ein vom Antragsgegner im Zeitpunkt des Getrenntlebens erzielter Lottogewinn dem Zugewinnausgleich (ZGA) unterfällt. Die Ehegatten trennten sich im August 00. Spätestens seit dem Jahr 01 lebt der Antragsgegner mit seiner jetzigen Partnerin zusammen. Im November 08 erzielte er zusammen mit ihr einen Lottogewinn. Die Zustellung des Scheidungsantrags erfolgte am 31.1.09. Im vorliegenden Verfahren verlangt die Antragstellerin ZGA unter Berücksichtigung der Hälfte des auf den Antragsgegner entfallenden Anteils an dem Lottogewinn. Das AG hat dem Antrag stattgegeben. Auf die Beschwerde des Antragsgegners hat das OLG die erstinstanzliche Entscheidung abgeändert. Die Antragstellerin begehrt erfolgreich mit der Rechtsbeschwerde die Wiederherstellung der amtsgerichtlichen Entscheidung.

     

    Entscheidungsgründe

    Da der Vermögenszuwachs vor Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags erfolgt ist, ist er dem Endvermögen (EV) zuzurechnen. Eine analoge Anwendung des § 1374 Abs. 2 BGB ist nicht statthaft. Soweit vereinzelt in der Literatur die Auffassung vertreten wird, dass ein während der Zeit des Getrenntlebens eingetretener Vermögenszuwachs, der nicht auf einer gemeinsamen Lebensleistung der Ehegatten beruht, in entsprechender Anwendung des § 1374 Abs. 2 BGB dem Anfangsvermögen (AV) zugerechnet werden solle, hat sich der Senat in Fortführung seiner früheren Rechtsprechung gegen eine ausdehnende Anwendung der Vorschrift im Wege der Analogie ausgesprochen. Die Fälle des § 1374 Abs. 2 BGB stellen Ausnahmen von dem gesetzlichen Prinzip dar, wonach es für den ZGA grundsätzlich nicht darauf ankommt, ob und in welcher Weise der ZGA fordernde Ehegatte zur Entstehung des Zugewinns beigetragen hat. Grund für die gesetzliche Ausnahmeregelung ist es, dass die von § 1374 Abs. 2 BGB erfassten Zuwendungen meist auf persönlichen Beziehungen des erwerbenden Ehegatten zu dem Zuwendenden oder auf ähnlichen besonderen Umständen beruhen. Dieses kennzeichnende Merkmal ist aber bei einem Lottogewinn nicht gegeben.

     

    Soweit das Beschwerdegericht § 1381 Abs. 1 BGB angewandt hat, kann dem nicht gefolgt werden. Für die Anwendung der Vorschrift ist es nicht ausreichend, dass sich die Unbilligkeit allein aus dem vom Gesetzgeber im Interesse der Rechtssicherheit und Praktikabilität festgelegten pauschalisierenden und schematischen Berechnungssystem ergibt. Voraussetzung für die Anwendung ist, dass die Gewährung des Ausgleichsanspruchs in der vom Gesetz vorgesehenen Art und Weise dem Gerechtigkeitsempfinden in unerträglicher Weise widersprechen würde (vgl. auch BGH 9.10.13, XII ZR 125/12, n.v., Abruf-Nr. 133655). Abs. 1 der Vorschrift setzt dabei kein Verschulden des den Ausgleich verlangenden Ehegatten voraus.

     

    Vorzunehmen ist eine umfassende Abwägung aller relevanten Umstände. Für sich allein betrachtet genügt es nicht, dass der für den ZGA maßgebliche Vermögenszuwachs zu einem Zeitpunkt erfolgt ist, zu dem die Ehegatten bereits längere Zeit getrennt gelebt haben. Auch die Herkunft des Zugewinns ist im Rahmen des § 1381 BGB grundsätzlich ohne Bedeutung. Denn die vom Gesetz vorgesehene pauschalierende Berechnungsweise differenziert nicht danach, in welchem Umfang die Ehegatten zum Vermögenserwerb während der Ehe beigetragen haben. Deshalb kann die Vorschrift nicht etwa dann eingreifen, wenn ein ausgleichsberechtigter Ehegatte keinen Beitrag zur Entstehung des Zugewinns geleistet hat. Auch die Gesamtschau beider Umstände führt nicht zur Anwendung des § 1381 BGB.

     

    In der vom Beschwerdegericht in Bezug genommenen Entscheidung (FamRZ 02, 606) sind besondere Umstände gegeben gewesen. Die Parteien des damaligen Rechtsstreits hatten lediglich 3 Jahre in eheähnlicher Gemeinschaft und bis zur Rechtshängigkeit des Scheidungsantrags mehr als 17 Jahre getrennt gelebt. Hinzugekommen sind besondere Umstände bei der Trennung der damaligen Ehegatten. Im vorliegenden Fall hatten die Beteiligten bei einer (bis zum Anfall des Lottogewinns) 8-jährigen Trennungszeit immerhin 29 Jahre in ehelicher Gemeinschaft gelebt. Aus der Ehe sind drei mittlerweile erwachsene Kinder hervorgegangen. Der maßgebliche Vermögenszuwachs beruht nicht auf besonderen persönlichen Anstrengungen des Ausgleichspflichtigen während der Trennungszeit.

     

    Praxishinweis

    Die Entscheidung verdeutlicht, dass zunächst jeder am Stichtag des § 1384 BGB vorhandene Vermögenswert in das Endvermögen einzustellen ist.

     

    Nach wie vor lehnt der BGH eine analoge Anwendung des § 1374 Abs. 2 BGB und damit die Neutralisierung eines erzielten Zugewinns auch ab, wenn jeglicher Bezug zur ehelichen Gemeinschaft fehlt. Als einzige Korrekturmöglichkeit bleibt die Berufung auf § 1381 BGB, dessen Voraussetzungen allerdings selten vorliegen.

     

    Weiterführende Hinweise

    • Möller, Die Gütergemeinschaft im Wandel der Gesellschaft 2010, 157, ff., zur Kritik an der BGH-Rechtsprechung zu § 1374 Abs. 2 BGB, insbesondere zur Teilhabe eines Ehegatten an einem eheneutralen Erwerb des anderen Ehegatten wie dem Schmerzensgeld
    Quelle: Ausgabe 01 / 2014 | Seite 2 | ID 42425532